Sm slebenbllrgW'MMkli Bauernhaus
Die Wohnhäuser sind zum weitaus grö> Heren Teile aus Ziegeln erbaui und damit gedeckt und verraten Wohlhabenheit des Be- sitzers. der immer darauf hält, daß sein
bei der Krönung als Wehrgehäng tragen könnte.
Vorn, links am Fenster, steht der massive eichene Tisch mit einem Deckel von weichem
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Sächsische Bauernstube ,AnS
.Siebenbürgen, Land JolenhanS,
de? SegenS' Stuttgart).
von Karl Götz, Vertag Holland und
Haus sauber und nett aussieht. Die Szekler Nachbarn spotten über die viele Mühe, die der Sachse semer Wohnstätte zuwendet. Sie sagen: ..Wenn der Sachse nichts zu tun hat. reißt er sein Haus ab und baut ein neues. Brennt ihm ein Strohdach ab. so baut er eines mit Schindeln: brennt auch dieses ab. so baut er eines mit Ziegeln; brennt auch dieses, io deckt er mit Kupfer; ja. es ist ihm nicht zu trauen, daß er noch mit Silber und Gold decken wird, wenn das Kupferdach auch nicht aushält!"
Wie die Torfanlage, so ist auch die Hos. anlage und der Hausbau fränkisch. Sie sind aus der Urheimat, vom Niederrhein, mitgebracht. Das alte Wohnhaus kehrt uns die schmale Gassenfront zu. Von der Gasse in den Hof führt ein Gassentürchen und ein Tor, von einem gemauerten Torbogen überwölbt der so hoch sein soll, daß der Reiter im Steigbügel des Sattelpserdes sich auf- richlend mit der Peitsche oben nicht anlangt. Die breitere Seite sieht in den Hof, damit der Bauer dje Wirtschaftsgebäude und die Arbeit der Hausgenossen im Hof besser übersehen kann.
tlnier enicm Borsprung befindet sich der Eingang zum Keller. Auf vierseitig behauenen eichenen Trämen liegen zweireihig die Weinfässer, gestillt mit dem „flüssigen Gold" der siebenbürgischen Rebe.
Ter weite Raum, in den wir von der Laube aus eintreten. heißt ..Vorhaus". Er trennt das Hans querüber in zwei Hälften. Von den zwei gegenüberstehenden Türen führt die eine ins vordere, größere, die andere ins Hintere, kleine Wohnzimmer. Neben dem kleinen Zimmer befindet sich die Speckkammer. Weil diese Kammer in der Regel ansehnliche Mengen von Speck enthält, den der Bauer gerne und häufig ißt. so nennen uns unsere Mitvölker, wenn sie übel gelaunt sind - was nicht selten vorkommt — ..Specksachsen", aber nicht darum, weil sie den Speck nicht auch gerne äßen!
Das Vorhalis enthält wenige Einrichtungsstücke. Es dient zur Aufbewahrung von mancherlei Dingen, die man schnell zur Hand haben muß. weil man sie oft braucht. Da stehen gefüllte Weizensäcke. die der Bauer zur Mühle fahren soll, oder Mehlsäcke, die er eben aus derselben geholt hat. Denn zum Speck muß man viel Brot essen. Und die Bäuerin backt gutes und nahrhaftes.
Treten wir hinein ins größere, der Gasse zugekehrte Zimmer! Suche nicht Sofa und seingepolsterte Stühle! Die ganze Hauseinrichtung besteht aus welchem Holz, das mit bunten, den Einfluß des nahen Morgenlandes verratenden Blumen bemalt ist. Die bunten Möbel werden m Mediasch und Schäßburg angefertigt, wobei der Schreiner- merster aus Tannenholz das Möbelstück herstellt. dessen Frau und Töchter dann darauf den bunten Anstrich mit den flott gemalten Blumensträußen besorgen. Rechts von der Türe in einer Ecke des Zimmers, steht die Bettstatt: darauf liegen Strohsack. Federbett und Polster, deren Neberzüge mit Fleiß und Sorgfalt ausgenäht sind. Darüber die weiße, mit Börteln durchsetzte Bettdecke für den Sommer und die aus dicker Schafswolle gefertigte für den Winter. — Auf einer zweiten, selten benützten Bettstatt türmt die Bäuerin als Aussteuer für Söhne und Töchter Bett aus Bett. Polster auf Polster bis zur Zimmerdecke hinaus. Dieses Bett ist der Stolz der Bäuerin.
Dem Bett gegenüber, in der anderen Ecke des Zimmers. ' steht der mächtige „luthe- rische" Ofen. Ten übrigen Raum an den Seitenwänden des Zimmers nehmen lange, buntbemalte Truhen ein. in denen Wäsche und Kleidungsstücke aufbewahrt werden. — An selbstgefertkgter Wäsche hat die Bäuerin ansehnliche Vorräte, denn es gilt für eine Schande nur so viel zu haben, daß man jährlich mehr als dreimal die große Wüsche vornehmen muß. — Schmuck findest du nicht viel beim sächsischen Bauern. Wo er aber als altes Erbgut vorhanden ist. da ist er interessant und wertvoll. Besieh' dir den schönen Gürtel da von vergoldetem Silber, den die Braut trägt! Mancher ist so schon gearbeitet, daß ihn ein Kaiser oder König
Holz, der Sonntags weggehoben wird und im Tischblatt die schmale Geldritze sehen läßt, die einst blanke Zwanziger und harte Taler in die Geldlade hineinrutschen ließ. Unter dem Geldlädchen ist eine größere Schublade zur Aufnahme von Tischzeug, Brot. Löffeln. Gabeln und Messer.
Ringsherum an den Wänden laufen lange, buntbemalte hölzerne Rahmen, mit fünfzig bis hundert größeren und kleineren Tonkrügen besetzt, die nur bei Hochzeiten in Gebrauch kommen. Ueber den Krügen, von schmalem Geländer getragen, stehen Schüsseln und Teller von Zinn und Ton.
Tie Zimmerdecke wird von starken, kunstvoll gearbeiteten Querbalken getragen, ausgefüllt mit zierlichem Getäfel von Tannenholz. Tie Querbalken liegen aus einem der Länge nach liegenden, gewaltigen Tragbalken. der als Familienarchiv benützt wird indem Kalender. Kaufzettel. Vorladungen und andere wichtige Papiere daran befestigt werden, den Fliegen ern friedlicher Ruheplatz.
Die übrigen Bücher und wichtigen Papiere. Bibel und Gesangbuch liegen in der Truhe neben den Sonntagskleidern. Ein kleiner bescheidener Spiegel ziert die Wand; ein Luther- und Melanchthonbild vollenden den einfachen Zimmerschmuck. Ueber dem Tisch hängt die Schwarzwälder Uhr mit dem heiseren Kuckucksschrei.
Das kleinere Hintere Zimmer ist ähnlich eingerichtet wie das vordere. Hieher zieht sich der Bauer zurück, wenn er lebenssatt zu werden beginnt, und räumt dem verheirateten Sohne oder Schwiegersöhne das vordere Zimmer ein. — Aus dem Vorhaus führt eine Treppe oder Leiter aus den Aufboden, wo Früchte, namentlich Welschkorn, aufbewahrt werden.
Fr. Fronius.
Bruder-, Schwestern- und Rachbarschasten
Besondere Formen süMcher BoikögemeilMalt
Wie ist eS möglich, daß die Siebenbürger Sachsen in dieser vollkommenen Weise ein geschlossenes Volk haben bleiben können? Sc fragt man sich immer wieder. Es ist der völkische Selbsterhaltungstrieb. Tie innere Pflicht und der Gewissensruf zum Volk, die Sprache und das ausgeprägte, durch Jahi- hunderte treu erhaltene und gepflegte Volks
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Bäuerinnen a«S Trevve« i« Siebenbürgen irr Trauertracht Die Frauen selbst stecken einander die weihen Schleier kunstvoll auf.
tum sind die geistigen Träger, das geschichtliche Schicksal, die unerbittlich formende Kraft. Von höchster Wichtigkeit ist deshalb die Pflege des Volkstums die Erziehung und Bildung, deren tragender Mittelpunkt ja die Kirche ist. Eine bewußte Erziehung zu Volk und Volksgemeinschaft wird in den Bruder». Schwestern, und Nachbarschaften geleistet, feinen und tief durchdachten, aber strengen Formen des Gemeinschaftslebens, alle drei kirchliche Verbände. Tie gesamte erwachsene Jugend muß sich nach der Konfirmation in die Bruder- bzw. Schwesternschaften ausnehmeu lassen, die unter der Aufsicht des Pfarrers und der Gemerndeältesten stehen, sich aber selbst verwalten dürfen. Tie Satzungen des Kron- stadter Bezirkes umschreiben die Ausgabe dieser Verbände. Bruderschaft und Schwesterschaft sind auf religiösem, sittlichem Grund Vereinigungen zur Betätigung lebendigen Christentums und kirchlichen Sinnes, warmer Vaterlandsliebe und sittlichen Gemein- sinnes. wahrer Herzensbildung und edler Geselligkeit. Feierlich ist die Aufnahme des langen Knechtes iBuriche) oder der jungen Magd (Mädchen) in die Bruder- bzw. Schwesternschaft. Die Pflichten der Brüder- und Schwe- sternschasten sind vor allem regelmäßiger Besuch des Gottesdienstes wobei ihnen ihr besonderer Platz zugewiesen wird. Tie Kirchentracht ist vorgeschrreben und während de? Gottesdienstes werden sie beaufsichtigt. Ge- meiniam müssen sie am Abendmahl teilnehmen am Begräbnis eines Bruders oder einer Schwester, müssen sich an festlichen Umzügen beteiligen, wie an der Einholung eines neuen Pfarrers oder Lehrers, müssen für Ehrbarkeit und Ordnung im täglichen Leben, vor
allem bei Lustbarkeiten und geselligen Veranstaltungen. sorgen, in der Spinnstube und beim Tanz. Pfarrer und Lehrer haben sich durch -Einführung gemeinsamen Turnens. Singens durch Leseabende, Theaterauftüh- rungen. Ausflüge, gegenseitige Besuche. Besichtigung städtischer Anstalten und Betriebe um die jungen Leute bemüht, die sich dadurch für das spätere Leben erzogen. daß sie ihre Vereinigungen selbst verwalteten.
Von der Nachbarschaft sagen die Satzungen des Kronstadter Bezirks: „Sie dient dem Zweck gegenseitige Selbsthilfe der Nachbarn zu fördern, nachbarlich-brüderliche Gesinnung zu pflegen, ehrbare evangelische Lebensführung und gute, sächsische Sitte unter den Gemeindegliedern ausrecht zu erhalten, den Stolz und die Freude ebenso an dem ererbten väterlichen Besitz, wie an der Zugehörigkeit zur Volks- und Kirchengemeinschaft und an der Heimat zu wecken und zu beleben, überhaupt alle auf die Volkswohlfahrt und Heimatpflege gerichteten Bestrebungen der Behörden, Vereine und Genossenschaften des Heimatortes fördern zu helfen." (Schullerus, Siebenbürgisch-sächsische Volkskunde). Auch die Nachbarschaft steht im Rahmen des kirchlichen Lebens. In der Kirche sitzt man zwar nach dem Alter, aber nachbarschaftsweise geht man nach vorhergehendem Versöhnabend zum Abendmahl. Die Nachbarschaft hat die Pflicht, dem toten Nachbarn das Grab zu bereiten und ihm das letzte Geleite zu geben. Sie muß Handlangerdienste leisten bei Kirchen-, Pfarrhof- und Schulbauten. Tie Vorsteher der Nachbarschaft, der „Nachbarvaler" und der „Aelteste" beaufsichtigen das sittliche Verhalten der Nachbarn, müssen durch geschicktes, persönliches Eintreten Ehestreitigkeiten schlichten. Auch die Armen- und Krankenpflege ist eine Aufgabe der Nachbarschaft. Auch der Eintritt in die Nachbarschaft ist eine Pflicht und geschieht gegen eine kleine Gebühr sofort nach der Hochzeit. „Wer sich den Anordnungen der Nachbarschaft nicht fügt," heißt es in einem alten Kronstädter Artikel, „soll so lange derselben müßig gehen, bis er in ihren Willen kommt," das heißt, daß er den Brunnen, das Backhaus und den Bach nicht benützen darf. Der Siebenbürger Bolksmann Roth umschreibt das Wesen der Nachbarschaft trefflich „Die aus einem Brunnen tranken, Brot aus die die Nachthut für die sich die Wohnhäuser aus gemeinschaft licher Kraft auflichteten in Krankheit und Unglückssällen den Willen der Anverwandten hatten, die endlich aus derselben Toten- bank ruhten, die sich einander ihre Gräber
gruben, eigenhändig ihre Toren auf den Gut- tesacker trugen und die letzte traurige Ehre der Leichenbegleitung als eine Gemeinsamkeit erwiesen beim Trän°nbrot des Verschiedenen Verdienste rühmten und aus nachbarlichem Vermögen und Berus kür Witwen und Wai- sen sorgten — diese brüderliche Gesellschaft, durch Qertlichkeij bezeichnet nannte sich die „Nahen", die Nachbarschaft."
Dis Tracht, ein völkisches Symbol
Die Tracht ist nicht nur Schutz des Leibes, sondern, wie alles, was unter der formenden Hand der Menschen und Geschlechter entsteht, auch Ausdruck der seelischen Haltung.
Die Tracht wächst rus dem Volke heraus und mit dem Volke, sie ist ine Angelegenheit der Gemeinschaft, denn die Gemeinschaft und nicht der einzelne bestimmt Form, Farbe, Schnitt und Billigkeit für di Geschlechter, für die Altersstufen, kür Amt und Rang, für Fest und Alltag, für Trauer und Geselligkeil.
In den vielen deutschen Dörfern Siebenbürgens, in denen noch wirklich Tracht gelragen wird, gehört sie dem Gemeinschaftswillen an, ist sie Trägerin der Gemeinschaft und Ausdruck ihrer mannigfaltigen Gliederung. Aber noch mehr! Sie sondert den einzelnen ab vom Volksfremden, der in demselben Dorf wohnt, und oft schon seit vielen Jahrzehnten, ohne daß er in die Volksgemeinschaft ausgenommen wurde. Wer in die Stadt wandert, die Tracht ablegt und das Allerweltskleid anzieht, „kleidet sich aus". „Sich anskleidcn" aber bedeutet nicht nur das Abcegen der Tracht sond.rn das Ablegen der Wertungen, me in der Gemeinschaft (Hel- tung haben, das Ablegen der Empfindungen für Rang, Stufung, Würde, für Herkommen, Ehrfurcht, für Zusammenge,örigkeit. Wer „sich auskleidet", en!kleidet sich der Kräfte, die ihn in der Gemeinschaft irugen, on denen er Anteil hatte und ohne die er haltlos wird und im Völ- kergemisch der siebenbürgischen Städte allzu leicht untergehen kann.
Die Tracht ist ein Ausdruck des völkischen Trennungswillens. Es ziemt 'ich nicht, in der Tracht der Madjaren oder Rumänen je öffentlich aufzutreten, außer in Volksspielen, wo der Rumäne „der Hirte" und der Ungar „der Husar" ist, die völkische Würde könute leiden. Und das ist das Eigenartige, daß der kernige Bauer Siebenbürgens ein überaus zart aus- gebildetes Empfinden für die Würde und Rang- stufung auch der Bester hat, nicht nur für die der einzelnen oder die der Sippen. Und dies zeigt ganz offensichtlich die Tracht.
Zur untersten Rangstufuntz gehört der Zigeuner, weit darüber stehen die Rumänen und Madjaren, aber erst die führenden Sippen des eigenen Volkes geben das Matz ab, sie sind maßgebend, an ihnen wird germssen. Auch die- ses hat die Tracht zu zeigen Daher gebührt dem Orts- und Kirchenrat nicht nur ein gesonderter Platz in der Kirche, sonde.n auch ein besonderes Festkleid oder eine besondere Zusammensetzung der Festkleider.
Wenn in der Hermannstädter Gegend das Schulmädchen ein buntes Häubchen trägt und die konfirmierte Maid den schwarzen Sammetborten mit-den langen Bändern, die verheiratete junge Frau den zarten Schleier umlegt, die „Bockelung" mit den vergoldeten und steinbesey- ten Silbernadeln, und die alte Frau das gesteifte, weiße, bauschige Knüpftuch so sind die Altersstufen klar geschieden. (Borten s. Bild u.)
Und wenn am Hochzeitstag im Harbachml um Mitternacht der „Borten" der Braut von einem der nächsten Anverwandten unter feierlicher Rede abgenommen wird, das Ehrenzeichen der unbescl oltenen Maid, und die zarie, genetzte, weiße Haube aufgesetzt wird, und das Mädchen nun buchstäblich unter die Haube kommt, w ist das eine sinnbildhafte Handlung, denn es wird nicht vergessen zu erwähnen, daß die unbekümmerte Jugendzeit zu Ende ist und die „Kinderschuhe" ausgezogen werden und das schützende Nest des Elternhauses verlassen wird.
Aus der echten Tracht wird plötzlich ein vielhundertjähriges Geschehen lebendig, weil es noch vom Leben getragen wird, und ein Schimmer längst vergangener Zeiten leuchtet heute
Eine Schwesternschaft beim Gottesdienst Kopfbedeckung der Mädchen: Der Borten
einem Ofen aßen, einander hielten,
noch aus und deutet auf einstige Hochgezciten im Erleb",, des Volkes.
(Aus: Hans Retzlaff, Bildnis eines deutschen Bauernvolkes, Verlag Grenze und Ausland.)
HerauSgeaeben im Auftrag der tcmbera von Ha»s Nevbin
BS.-Presie WNrt- , IUI-- «. D->-