sich zu ewiger Treue verschwören und kühn und wild andere bekämpfen. Abenteuer wrt- tert um ihre Bünde, ihre Pläne und Unter­nehmungen, die Phantasie schwingt sich un­gehemmt über Straßen und Häuser der Stadt, über Raum und Zeit, und Ahnung von technischen Wundern und Erfüllungen berauscht ihre Seele, taucht aus, verschwin­det wieder, eine jagt die andere im Wirbel des überhasteten Lebens.

Zu schwer und zu tief aber ist das Dorf­kind mit der Natur verwachsen, in seinem Boden verwurzelt, zu schwer hängt ihm der Boden an den Füßen, als daß es im glei­chen Maße die Schwingen der Phantasie heben könnte. Zu hart und ernst ist die Wirklichkeit, als daß in seinem Auge das Licht des Abenteuers einen so Hellen Wider­schein fände, zu gegenständlich und handfest sind die Erscheinungen der Nähe, als daß es sein Interesse so rasch der Ferne schenken könnte, zu eng sieht es die Seinen mit den Arbeiten und Sorgen des Tages verkettet, als daß es so rasch sein Ohr dem, leihen könnte, was aus vergangenen Tagen ruft oder die Zukunft künden möchte.

Aber mit all den Dingen seines Tages und des bäuerlichen Lebens, mit den Ge­heimnissen des Wachsens und Werdens, mit dem Boden, darauf es steht, und mit dem Himmel, der darüber gewölbt ist, geht es inniger und anhaltender um, gibt sich tiefer mit ihnen ab. wird ganz von ihnen erfüllt- und darum wachsen die Kräfte seines Geistes und Gemütes vielleicht lang­sam. aber vielleicht auch sicherer heran, in

göttlich beschenkter

und

esch

-stille. Langsamer und verhaltener aber geht es den Dingen entgegen, die außerhalb seines Hauses und Hofes, seiner Felder und Wiesen, ferner Sorgen und Arbeiten im Jahrlauf der Vauernarbeit stehen.

scheu Lichtstuben wollen »ister Dirlingei

linger noch be-

»MD

Am Svmnrädl«

Gpmn-tuben

Bon Sans Kehlung

Man hört heute davon reden, die Spinn­stuben in den Dörsern wieder aufleben zu lassen, als Mittelpunkt für allerhand bäuer­liche Handfertigkeiten und als Hort für Er­haltung bäuerlichen Brauchtums, bäuer­licher Sitte und bäuerlicher Art. Darüber soll noch ein besonderes Wort gesagt wer­den. Zunächst wollen wir uns fragen, wie es früher gewesen ist.

Es war später Herbst geworden. Die letz­ten Fuhren Kartoffeln, Rüben und Kohlraben waren längst von den Feldern heimgeführt worden. Ter Pflug hat die letzte Furche ge­zogen. Die düsteren Nebel und die dunklen Abendschatten drängten immer stärker und immer früher ins Torf herein. Aus den Scheunen scholl der Dreschertakt und gab seine eintönige Losung von Haus zu Haus gaßentlang weiter. Die Menschen hatten sich in die Häuser zurückgezogen. Nicht' mehr draußen auf dem Feld kreuzten sich die Wege der Menschen, kein Wagen fuhr mehr aus dem Dorf auf die Flur hinaus. Man sah einander viel zu wenig, und doch drängt es den Menschen immer wieder zum Men­schen. Es kam die Zeit des Spinnens, Strik- kens, Nähens u. a. winterlicher häuslicher Arbeiten. Tie Nachbarin besuchte nun die Nachbarin, andere kamen dazu, man ging ,,z' Stube", brachte Kunkel und Spinnrädle init oder die Nähet. Großartig sah es in der Stube aus, wenn drei oder vier oder gar noch mehr Kunkeln und Rädchen herumstan­den, das Kunkelhaupt mit allerhand Ver­zierungen, farbig angemalt, der Kunkelstock mit eingelegten Metallplüttchen oder vom Drechsler gedrehten Ringen, das aufgemachte Werg umschlungen von einem bunten Band. Ha. war das ein Staat, der Wald dieser ragenden Kunkeln, dazu die gefälligen nie­deren Spinnrädle und nun schnurrten diese Rädchen- lustig zusammen, flink spannen die Finger den Faden, immer zum Anfeuchten hineintauchend in das Netzschüssele. Und wie der Faden vom Werg sich spann, so ging die Rede von Mund zu Mund, von die­sen! und jenem im Tages- und Jahreslaus, von Arbeit und Sorge, von Kindern und Männern, von Frauenleben und Frauen­schicksal. Da und dort war eine dabei, deren Reden und Denken tiefer ging, sie spann den Faden der Unterhaltung in ihre Hand und führte ihn auf ihre Weise, und die an­deren lauschten, und alle miteinander fühl­ten sich nun verbunden irgend einer Sache, die die Herzen bewegte, sie einander näher brachte und menschlich znsammengab. Viel­leicht war es ein Begebnis aus der eigenen -Familie, das schicksalbestimmend wurde, oder aus einer anderen Familie des Tor­fes. Vielleicht ein funkelndes Märchen oder eine, schaurige Sage von Muotes Heer oder von einer gestohlenen Glocke, von einem ver- wunschenen Fräulein oder einem Mark- steinversetzer. der geistweis gehen muß. Und aus einmal standen die Rädlein still, die , Köpfe neigten sich zusammen, und unhörbar ging es durch den Raum:Es war ein­mal ... Es war einmal . . ." Vielleicht war eine Großmutter dabei, die eben mehr wußte als die Jüngeren.

DasZ'Stubengehen" gab man heim, und so kam den Winter durch immer wieder eine Gruppe zusammen, da und dort aber auch abends. Das war dann die Lichtstube, die aber, namentlich bei den Jungen, die jahrgangweise kamen, besondere Formen hatte und den Winter hindurch immer im gleichen Hause sich sammelte. Doch wurden die Mädchen auch jahrgangweise für den Nachmittag zum Stubengehen da und dort eingeladen, etwa von der Base oder Tote eines der Mädchen. Das war dann immer ein schönes Bild, wenn so drei, vier, fünf

oder gar noch mehr Mädchen, Kunkel und Rädle in schräger Stellung an einer Hand tragend (die durch das Rädchen hindurch­gestreckte Rechte faßte die Kunkel) in saube­ren Schürzen zwischen hohen Schneewehen hintereinander durchs Dorf schritten und von der dunklen Oeffnung einer Haustüre nacheinander verschlungen wurden. Droben in der Stube ging «s dann lebhafter zu, als wenn ältere Frauen z' Stuben waren. Scherzend wurden die Rädlein in Gang ge­setzt. Munter flössen die Reden, Neckwort und Anspielung blitzte auf, Trümpfe wurden ausgespielt:Man hat dich wohl gesehen, Annele, am Brunnen gestern abend, beim Ja­kob." Und das Annele wurde rot, ließ aber alles nicht gelten, und die Hausfrau bot zeitig Most und Brot an, war's um die Weihnachtszeit, so mußte man das Schnitz­brot versuchen. Darunter hinein blühte auch einmal ein Lied auf, ein zahmes zunächst noch, die feinstenSchelmenlieder" so hieß man ja die Volkslieder hob man für den Abend auf. Aber eine warme und frohe Stimmung war auch bei diesemZ'Stuben­gehen" am Nachmittag, und wenn die gast­gebende Hausfrau das nötige Nichtrings­gefühl hatte, konnte sie dem Nachmittag ihr Gesicht geben, und die Mädchen konnten allerhand fürs Leben mitnehmen.

Neber die abendli wir uns von Altmei. sonders berichten lasten.

Aus der Oberndorfer Gegend berichtet er:

Die Lichtstuben werden von den jungen Leuten beiderlei Geschlechts besucht. Die Mädchen setzen sich rund um das Licht und erhalten von der den Vorsitz" führenden anerkannt Tüchtigsten ihre Aufgaben im Spinnen, Nahen, Stricken usw. Zur Unterhaltung wird ge- sungen, gelacht undgrausige" Geschichten erzählt; die Burschen haben ihren Platz hinter den Mädchen, dürfen sie necken, vom Geschäfte abzuhalten suchen, müssen sich's aber gefallen lassen, wenn das Mädchen seine schlag­fertige Hand in derbe Berüh­rung mit ihren Gesichtern bringt. Will einer sich unanständig auf- führen, so winkt der Hausherr dem nächsten, und augenblicklich wird der Schuldige hinausgewor­fen und darf den ganzen Winter bei keiner öffentlichen Gelegen­heit sich mehr zeigen. Diese Licht­stuben dürfen nur von solchen Buben besucht werden, die in ihrem Geschäfte als tüchtige Leute anerkannt sind, und diese dürfen auch rauchen. Hierzu ge­hören auch Soldaten. Kommt aber ein Lasse, der noch zu jung ist oder nichts gelernt hat, so wird er hinausgeworfen; raucht er aber gar, so wird ihm die Pfeife aus dem Mund geschlagen, zertreten, ein Leintuch oder Kinderwindel ihm umgehüngt und er sofort an den Ofen gestellt als Zielscheibe des Spottes, wobei ihm die Mädchen einen Schlozer in den Mund stecken."

Aus der Rottenburger Gegend:

Namen für die Spinnstuben sind: Karz, Kaz, Lichtkarz, Netze, Heimgarten, Vorsitz, Horerlaus. Dementsprechend gibt es einen Lichtgang, Lichten, Z'Lichtgehen, zum Rocken­licht gehen, in den Rocken fahren, in die Kunkel gehen usw.

Eine beliebte Sitte ist das Angelnschütteln, es ist ein Vorzug des Geliebten oder des Wohlgelittenen. Jede Spinnerin hat in ge­wissen Orten ihren Abschättler, der muß beim Schlüsse der Spinnstube im Frühjahr etwas bezahlen.

In einigen Gegenden Schwabens wurde früher häufig dasSchuhschoppen" gespielt. Man saß im Kreis in der Stube herum, zog einem Mädchen einen Schuh aus, einem andern wurden die Augen verbunden. Die Mädchen (Burschen durften nicht dabei sein) zogen die Füße etwas auf, und durch die so entstandenen Kniewinkel wurde der Schuh von einer der andern zugeschoben. Die Blinde mußte suchen, und bei welchem Mäd­chen sie den Schuh fand, das mußte heraus und sie durfte hinein, worauf jener die Augen verbunden wurden. Dieses Blindekuh­spiel konnte oft wiederholt werden.

Martba Welsch

In der Svlmrstnb«

Erich Rotzrhirsch

Am Svkmrüöle /

Kennst du 's Lindebaure Mädle?

Vor dr Kunkel, vor 'm Rädle Sitzt se dra', guckt et krumm num,

's Rädle goht im Ringle rum,

Woidle mutz des Rädle gao,

Z' Frühling will se Haozig hao'.

Am Kunkelhaupt sind Glückte dra',

Und Werg, was ma' verwickle ka'

Und drom rom goht a nobels Band, Wie's halt so Brauch im Schwobaland. Woidle mutz des Rädle gao,

Z' Frühling will se Haozig hao'.

Wie send die Finger gschickt und flenk. Des Mädle schafft, geit oim koin Denk Em Frieder, wenn der käm in d' Lair 's ka sei, 's ka sei, dem gäb se Ghair. Woidle mutz des Rädle gao,

Z' Frühling will se Haozig hao'.

Bon Sans Retzhing

's ist so um Johanne gwea,

Do Hot se'n s' allerairst mol gseah,

Und wenn man nett ist beieinander Und so dischgriert, do geit oins 's ander. Woidle mutz des Rädle gao,

Z' Frühling will se Ha zig hao'.

Und seit drher, dui schöne Zeit!

Dr Haozigtag ist nemme weit,

Wo's Mädle volle Stolz und Freud Da Haozigsstaat und 's Kränzle trait. Woidle mutz des Rädle gao,

Z' Frühling Will se Haozig hao'.

Ha, z' Frühling, wenn die Finke schlaget, Ha, z' Frühling, Wenns zum More taget, Des Rädle surret, grad drei nei,

Und sui spinnt 's Glück in Fade nei', WoMe mutz des Rädle gao,

Z' Frühling will se Haozig hao'.

Im Oberamt Blaubeuren waren die Licht- stuben, von beiderlei Geschlecht besucht, ver­boten. Scharwächter und Landjäger hatten den Auftrag, nachzusehen. Wurde eine solche Gesellschaft beisammen gefunden, so war gegen 3 bis 4 Gulden Strafe auf den Kopf gesetzt. Im Unterland drunten muß da und dort die Hausfrau für die gute Aufführung der Spinnerinnen im Borsitz haften. Die Strafe des Zuwiderhandelns trifft nicht die Mädchen, sondern die Frau selbst."

I ÄMmhae

mzählt Michtle in dr Lichlitub

Die in der Lichtstube beisaminensitzenden Mädchen holen die Ahne herbei.

Urschel und Ameile (die Ahne herein- führend): Ahne, Ihr müasset no e bißle bei ao's bleibe.

Ahne (gebückt, an einem Stock): Ach Gott, ach Gott, was soll e alts Weible bei ui junge Leut.

Alle miteinander: E Gschichtle müasset r verzähle, e Gschichtle! Do sitzet na'k (Sie setzen sie in den herbeigerückten Lehnsessel und nehmen auf Stühlen um sie her Platz.)

Ahne: Ja, was soll i verzähle, ihr glaubet mr's jo doch net ond lachet mi no aus.

Urschel: Ganz gwiß et. Mr glaube älles und lache net.

Ahne: Ma' därf au net lache, währle. Mei Aehne, 's ist e Schäfer gwea, der Hot au net an so Gschichte glaubt, an de Schim­melreiter et und et ans Motes Heer. Zmst wöll'r oin sehe und dem Schimmel aufhebe. No Hot r emol spot im November z'Witt­linge ghüat, det unter de Buache. mo's ge Saiburg nagoht. Grad Hot r so um zehne rom de Pferch noregschlage, do ist e Sturm laosgange, daß em's de Mantel mit oim Staoß in d'Haie griffe Hot wie en Flügel. Und uo Hots Pfiffe und gjohlet. daß em's ganz drüber nei woare ist. Uf mmol Hot en oiner von vbera am Mantelkrage gnvmme, Hot en mitgschloist über Stoi und Stumpe und älles und Hot e gstaoße und Pritscht, daß r nix mai von sich gwißt Hot. Am andre Morge ist r uf eine Felse duß ver­wachet, seine Schof hänt em schao in d' Aohre neigschrie. In dr Seite Hot r bloe Mol ghet, wie vom e Huafeife. D'Hälfte von feine Schof Hots de Verg na gnvmme, e paar stnd hi' gwea. Der Hot se aber ninune gravß gmachet, ist uagleage, wenn's Motesheer komme ist, und hat e Vaterunser betet, wies von alters hear Brauch gwea ist.

Urschel: Hairet emol, Schüferahne, was ist des eigentlich mit dem Motesheer und dem Mote? (Leise.) Ist denn des dr . . . dr . . . Gottseibeiuns! (Alle fahren zusam­men und machen erschrockene Gesichter.)

Ahne: Des kan i selber et sage. Ma froget am beste gar et. D' Leut müasset et älles gwißt hao.' De oine Leut saget, r sei e Baiser, dr Mote, de andere e Gunter. Jede- fall muaß ma Respekt hao vor em und darf se net graotz mache, noch tuat r oim nix. Neberhä'upt, Mädle. 's geit so viel Dinger, uw d'Lent et wisset und wisse könnet, aber, Mädle, nomol sag i's, de schuldige Respekt muaß ma vor dene Sache hao. ma woiß et, was älls drhinterstecket. Wenn ma de Kern von re Sach no it gsel>e Hot. ist no it bewiese, daß se koin Hot. Jedesall aber müasset ins MoteS Heer älle mit, mo ao' selig gstoroe sind, alle, die mo goiste müasset, do hübe, der Schlvßherr von Hofe bei Grabestette. Test jo a ganz Baiser gwea und Hot d' Baura arg plaget, d' Haut hält r en no razoge, wenn r'S könne hätt, und emol Hot e arms Bäuerle, des seine Kinder d'Mäuler kaum Hot stopfe könne, d'Zeahtgarbe so nagricht, daß dr Schloßherr de kleine kriegt hätt. To Hot der d'Garbegabel gnvmme und Hot de Banre verstockt Der muaß heut uo om Grabe­stette goiste und em wilde Heer mit, und alle die. mo oin ombrocht hänt, mo bschisse hänt. mo en Markstoi verseht hänt.

Urschel: Io. d' Markstoiversetzer, des ist an so e Kapitel. Mei Vater sait aber, an des glaub r au ne:.

Ahne (mit beiden Händen die^Lehne ge­faßt und sich vorbeugend, eifrig): So, glaub r an net? Mei Vater Hots au net'glaubt^Ter Hots brav glernet. Als jung Hot r in Wür- tinge ghüat und Hot de Pferch ghet uf em e Acker, mo an oiner de Markstoi versetzt ghet Hot. Bei Nacht um zwölfe Hot r de Pferch noregschlage. Do ist e Liachtle in dr Furch zwische dene boide Aecker raus und na gwack- let. No Hot r mit cm e Stoi noch em gheit. no isch verlösche. In dr andere Nacht ist r in sei'm Pferchkarre gleage und Hot gschlofe. Uf oimol ist r am e fürchtige We'd auf- gwachet. sei' Pserchkarretür ist vffe gstande, und e schwarze Katz mit fuirige Auge Hot zu em rei'gucket. Er Hot se nimme verrege könne, und de Schwoiß hotS em uo so raus» triebe. Jetzt Hots u? em Kircheturm in Wür- tinge vis gschlage, no ist des Tier us oimol verfchwuude. In dr dritte Nacht Hot r sei' Tür dopplet verrieglet. Schlose Hot r et könne. Do schläts zwölfe, und do klopfets uf oimal an seiner Karretür - -'s klopfet 's zwoitmol , , , 's klopfet 's drittmol . . . (Man hört an der Stnbentür stark klopfen. Die Mädchen fahren mit einem Uh-Schrei ans. Burschen treten herein.)

(Ans Hans Nchhing, D' Schäferlies.)

Im Auftrag des Vereins Volksbildung fii» die heransgegeben vor! Han