MattDer kaMler

Jahrgang 1934 Nr. 176

Mittwoch» 1. August

Brief aus Pforzheim

Mittagsstille und stille Saison Zu viel gut Ratz! Der neue Polizeidirektor Sportler in Front.

Die Stadt hat jetzt eine gewisse Eigenart verloren, die man ihr nachsagte, nämlich den Berkehr an den Mittagen. Seit der Einfüh­rung der neuen Arbeitszeit sind die Leute, die sonst aus beruflichen oder selbstverständlichen Gründen in Frandenverkehrswerbung machen, furchtbar in Verlegenheit nnd aus dem bereits geplanten Hotelneubau wird es unter diesen Umständen Wohl nichts. Die Straßen der Stadt, sonst von den versichedcntlichsten Arten auswärtigen Volkes belebt, machen einen trost­losen Eindruck. Die Straßenkehrer stellen fest, daß etliche Waggons Papierschnitzel und ähn­liches dem Stadthaushalt dadurch entzogen find, denn der Goldschmied, der bisher zwischen dem Leopolds- und Marktplatz sein Vesperbrot verdrückte, um nachher das Einwickelpapier wegzuwerfen, bereichert jetzt die geschäftliche Klause mit den Ueberresten seiner halbstün­digen Mahlzeit. Außer ihnen klagen auch noch aridere Leute die Wirte, die jetzt ihre Küchen den Bedürfnissen der Hungerkünstler entspre­chend einrichten wollen. Bis dahin ist aber noch ein langer Weg und vorerst sinds wenig­stens noch die Pforzheimer Bürger, die sichs bei einem Glas Biergütlich" tun, um mit unter LenKurblern" der Wirtschaft zu sein.

Inzwischen haben sich die alljährlich hier gastierenden Tegernsser von ihren Stamm- und Eintagegästen verabschiedet. Tränen gab es keine, dafür aber nach der letzten Vorstel­lung recht viele Blumen und sehr lebhaften Beifall. Das wird den anspruchslosen Tegern- seer genügt haben, sonst wären sie nicht am Tage darauf schon abgereist. Sicher wollten sie sich nicht der Gefahr preisgeben, in einer Großstadt und bei angehendem Fremdenbetrieb ihr Geld wieder nach Art der Glücksspieler zu verlieren. Bezeichnend fürs letzte Wochenende war ein von der Hitlerjugend veranstalteter Bunter Abend. Den Anlaß zum Heraustreten aus dem sonst üblichen Menst bot die Kapelle der HI-, die in letzter Zeit unter Weißerts Leitung ein gutes Studium hatte und daher die Veranstaltung eines Konzerts als zwin­gende Notwendigkeit fühlte. Während die ver­schiedenartigen Klänge der Musikkörper weit­hin vernehmbar wurden, wandelte ein auf seine Art begeistertes Publikum mit Lampions versehen durch den Stadtgarten, dem das nächtliche Treiben kurios vorgekommen sein mag. An sich Lot der Bunte Abend nichts be­sonderes die Besucher hatten sich mit ihren Erwartungen verkalkuliert und mußten sich nach Beendigung der Nachtpromenade mit ab­gebrannten Lampionkerzen und einer primi­tiven Papierumhüllung zufriedengeben.

Umsomehr Begeisterung und Jubel löste ein von der Arbeitsgemeinschaft Pforzheimer Schwimmer inszenierter Städtekampf zwischen Heidelberg und Pforzheim aus. Leider wurde die Veranstaltung übermäßig benäßt von oben nämlich, wo sich die himmlischen Heer­scharen als Zeitvertreib für einen Sonntag­mittag dasWasserpantschen" ausgewählt hat­ten, von dem sich die Schwimmer sonst Wasser und Regen besonders gewöhnt stark betroffen fühlten. So war es natürlich, daß dem Besuch des Städtekampfes, der übrigens von Heidelberg gewonnen wurde, ein solcher der Kinos und Lokalitäten vorgezogen wurde.

So hieß auch die Devise der vergangenen Tage, an denen sich in den Kinohäusern dank des großartigenLa Bataille"-Filmes und desSpringers von Pontresina" die Besucher wieder einmal stauten. Trotzdem konnte der

I Betrieb, der nur gegenüber dem sonst üblichen außergewöhnlich gut war, von dem Personal bewältigt werden. Dagegen befürchteten die Wirte, ihren Betrieb einschränken zu müssen, da die Zeit der Mittagsmahlzeiten am Ver­gehen ist. Es werden Heuer nur noch an den Sonntagen Geschirrspülerinnen benötigt die Woche über solls kaum mehr Vorkommen, daß sich ein richtigerVerdienstesser" in den Schloßkeller oder ins Beckh verirrt. Die Ueberreste, die man nach der Einnahme der jetzigen Mahlzeiten in den Tellern feststellt, kann der Ventilator an der Decke oder im Nebenzimmer ins Freie befördern.

In feierlicher Weise und so ganz anders als ehemals empfing Pforzheim jetzt auch sei­nen neuen Polizeigewaltigeri. Dem ersten Akt vor der Oeffentlichkeit, der offiziellen Einfüh­rung in sein Amt durch seinen bisherigen Vorgesetzten in Karlsruhe, dem Junenminister Pflaumer, wohnten die städtischen und staat­lichen Behörden ausnahmslos bei mit ihnen zusammen anwesend war die parteipoli­tische Behörde. Die Reden, die anläßlich der Einführung Wehrles gesprochen wurden, be­schränkten sich aufs wesentlichste, sodaß sie nicht zu viel, eher zu wenig über den alten Parteikämpfer sagten. Die Zeitungen ver­gaßen ihrerseits zu erwähnen, daß Wehrles Vater schon lange Jahre in Pforzheim bei einer Schwiegertochter wohnt und von Berufs wegen ein Gerichtsvollzieher war.

Sichtbare Anzeichen lassen gegenwärtig darauf schließen, daß sich Pforzheim wieder einmal unter die Allgemeinbeachteten mischt. Nämlich in Nürnberg bei den Kampfspielen, wo zwei seiner guten Sportler, die Leichtath­leten Stahl nnd Mosterts unter der Masse der Olhmpiker tätig sind. Die Söhne der Goldstadt erwarten ihre Vertreter in Front und wenn die Anzeichen, die leider nie was anderes sind, nicht trügen, gelingt der Sprung. Die Pforzheimer Sportler halten dieserhalb schon tagelang die Daumen. Ein Nichtpforzheimer, der zufällig dahinter kam, will nun das Gerücht verbreiten, die Pforz­heimer besäßen alle keine Daumen mehr, -r-

Mns Familien obdachlos

Großbrand bei Biberach

Ochsenhausen, OA. Biberach, 30. Juli. In einem größeren Wohnhaus, das von süns Familien bewohnt war. brach Plötzlich gegen 2 Uhr morgens Feuer aus. Nur mit Mühe konnten sich die aus dem Dachstock wohnen­den Leute in Sicherheit bringen, da sich das Feuer mit rasender Geschwindigkeit aus­breitete. Der Feuerwehr und den zur Hilfe­leistung herbeigeeilten Nachbarn gelang es, einen Teil des Inventars zu retten. Die Brandbekämpfung war deshalb anfangs erf­olglos, weil das Feuer in den auf der Bühne lagernden Holz- und Neisigvorräten eine vrllkommene Nahrung fand. Bis jetzt hat nan die Brandursache noch nicht ausfindig nachen können.

Freche Siebe

Während eine Familie bei der Hochzeit ihrer Tochter weilte, wurde in ihrer Woh­nung in Neu Hausen, OA. Urach ein­gebrochen. Der Einbrecher gelangte durch Eindrücken eines Fensters in die Wohnung, durchstöberte Schränke, Schubladen, Betten und so weiter, wobei ihm ein der Braut ge­hörender Geldbeutel mit etwa 26 RM. In­halt in die Hände fiel. Dank der Beobach­tung von Nachbarsleuten und dem raschen Eingreifen des Oberlandjägers konnte der Dieb festgestellt werden, wobei ihm noch 2,91 NM. abgenommen werden konnten. Als Täter wurde ein von seiner Frau getrennt lebender Mann ermittelt.

Einem Göppinger Landwirt, der über Nacht in seinem Garten zweiSchafe lau­fen ließ, wurde von bis jetzt noch unbekann­ten Tätern eines der Tiere gestohlen. Die Diebe hatten das Schaf bereits ge­tötet und wurden dann anscheinend an ihrem unsauberen Handwerk gestört, so daß sie ihre Beute im Blut liegend zurücklassen mußten.

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Eine der gewaltigste« Brücke«

wird in Dänemark gebaut. Sie führt über den Kleinen Belt und verbindet das Festland (Jütland) mit der Insel Fünen.

AmLsruW der Butteryreiss

Berlin, 27. Juli. Die Berliner Butter­notierungskommission hat mit Wirkung vom 27. Juli 1934 folgende Butterpreise notiert: Deutsche Markenbutter 1,30 RM., Deutsche feine Molkereibutter 1,27 RM. und Deutsche Molkereibutter 1,23 RM. Die Preise ver- stehen sich ab Molkerei einschließlich Faß. Mit dieser Preisfestsetzung erreichen die Butterpreise wieder den Stand, den sie am 8. April d. I. hatten, jedoch mit der Ein- schränkung, daß seinerzeit die Kosten des Fasses noch hinzukamen.

Es handelt sich bei der Preisänderung keineswegs um eine Butterverteuerung schlechthin, sondern vielmehr. um eine ge- rechte Anpassung an die jahres­zeitlich bedingten Schwankun­gen des Butteranfalls. Um jegliche Ueber- vorteilung der Verbraucher auch in der butterknappen Zeit zu verhindern, darf bei der Abgabe an den Verbraucher der Preis für die beste Buttersorte, nämlich die Deutsche Markenbutter, nirgendshöher sein als 1,60 RM. je Pfund. Die Kleinverkaufspreise der übrigen Buttersorten halten sich ihren Einstandspreisen ent­sprechend unter den Kleinverkaufspreisen für Markenbutter. Bei Landbutter und Kochbutter wird vorerst von einer Notierung abgesehen.

BMaftiglingszwang und Kündigungsschutz für alle Kampfer?

Berlin, 24. Juli.

Das Ziel der Sonderaktion in der Arbeits­vermittlung, die alten Kämpfer wieder in Lohn und Brot zu bringen, ist bis zum 1. Mai d. I. im wesentlichen erreicht worden. Bei der Durchführung dieser Aktion hat sich, wie Dr. Zangel in derNS.-SozialPolitik" erklärt, gezeigt, daß in fast allen Kreisen des deutschen Volkes volles Verständnis für die Lage der alten Kämpfer vorhanden ist. Es komme nur darauf an, sie auf ihren Arbeitsplätzen zu halten. Das Ziel der Sonderaktion sei gewesen, die alten Kämpfer dauernd in das Wirtschaftsleben einzuglie­dern. Das nationalsozialistische Deutschland, so erklärt der Verfasser in dem Organ des Leiters des Sozialamts der Deutschen Ar­beitsfront. müsse mit allen Mitteln dafür sorgen, daß diejenigen, die das Dritte Reich erkämpft haben, in diesem auch einen Ar­beitsplatz erhalten. Es werde deshalb zu erwägen sein, die Wiedereingliederung der alten Kämpfer in das Wirtschaftsleben durch Einführung de ^Beschäftigung s- zwanges und eines besonderen Kündigungsschutzes in entsprechen- der Anwendung der Vorschriften des Schwer- beschädigtengesetzes zu unterstützen. Aller­dings könne dies nur für diejenigen alten

Der Treuhänder Dr. Daeschner-Ber­lin hat für alle in der Provinz Branden­burg, der Grenzmark Posen-Westpreußen und in Berlin beschäftigten Hausgehilfinnen einheitliche Tarifregelungen durchgeführt.

Wichtg ist vor allen Dingen, daß jetzt sämtliche Hausangestellten nach 6monatiger Tätigkeit Anspruch auf 4 Tage Urlaub haben. Dieser Urlaub soll nach einer Tätig­keit von 3 Jahren 14 Tage betragen.

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Donnerstag, 2. August

5.35 Vanernfunk 5:45 Choral

Zeitangabe, Wetterbericht

5.50 Gymnastik l

5.45 Frllhmnsik

6.44 Frühmcldungen, Wetterbericht

6.55 Frübkonzert

8.15 Gymnastik H

8.35 Funkstille 9.009.16 Frauenfunk 10.00 Nachrichten

10.10 Sommerfrische i« Len Berge»!

10.40 Eroica

HI. Symphonie i» ES-Dur von Beethoven

11.25 Wcrbungskouzert irr Reichsvoft

41.40 Ausgaben -er Wasserwirtschaft nnd Lau-eSkullur i« uationalsozialisti scheu Staat

1ASS Wetterbericht

42.0S MittasSkouzert

ILO» Zeitangabe, Saaröienst

13,05 Nachrichten, Wetterbericht

43.20WaS mau vor 20 Jahre« saug'

18.80 Zeitangabe. Nachrichten

14.0014.30 Deutschlands Sonne, steig herauf!

15.«) Kruderstundc:SO Grab Celsius im Schatten"

16.08 Nachmittagskonzert

17.30Hirten und Waldläufer in den stedenviirgische« Aloen"

17.50 Südamcrikanische Volksmnsik (Schallolatten)

18.15 Familie und Nasse

18.25 Spanischer SvraKnnterricht

18.45 Unterhaltungskonzert

18.30 Saarnmschau

10.40 Zeitangabe, Wetterbericht. Bauernfunk

20.00 Nachrichtendienst

20.15 Avendkonzert

21.40Im Jemandsland"

22.00 Vortrag über Oesterreich

22.20 Zeitangabe. Nachrichten,

22.35 Wetter- und Sportbericht

22.50 Klaviermusik von Karl Hcrrmann

23.20Kleine Avendmusik"

24.001.00 Nachtmusik

Freitag. Z. August

5.35 Bauernfnnk

5.45 Choral

Zeitangabe. Wetterbericht 5.58 Gymnastik I

6.15 Frübmnstk

6.40 Friibmelüungen. Wetterbericht

6.55 Frübkonzert

8.15 Gymnastik II

8.35 Funkstille 8.009.15 Frauenfunk

10.00 Nachrichten 10.10 Berühmte Li-derkiinger

10.40 Dnettc für Sopran und Alt 11.00 Minna Revcrelli, Jodlcrkönigi«

11.25 Werbnugskouzcrt der Reichsvvst

11.55 Wetterbericht

12.00 Labt «ns eins gemütlich singe«! 13.00 Zeitangabe, Saardienst 13.05 Nachrichten, Wetterbericht

13.20 Beliebte Opernsänger

1 3 .5 6 Zettoiuiobe, 'Nachrichten 14.0014.30 Fortsetzung des Schall­plattenkonzerts

15.30 Deutsche Volkslieder 16.06 Nachmitt,igskonzcrt

17.30Der Sternenhimmel im August und September."

17.45 Tangomnstk lSchallplaitcu)

18.00 Hitlerjugcnd-Fnnk Lonis Trenkcr"

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Gans durch eine Baumschule" Heitere Mustrierstnnde Wetterbericht, Banernfnuk Politischer Kurzbericht Nachrichtendienst Reichssendnng: Stuude der Nation Lüderitz-Bncht Operettenkonzert Zithermnstk

Nachrichten, Wetter- und Sport­bericht

Sportvorschan Tanzmusik - 1.00 Nachtmusik

Samstag, 4. August

5.35 Bauernfunk

5.45 Choral

Zeitangabe, Wetterbericht

5.50 Gymnastik l

6.15 Frühmnsik

6.40 Frühmeldungeu. Wetterbericht 6.55 Frübkonzert

8.15 Gymnastik II

8.35 Funkstille 10.00 Nachrichten

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10.10

10.50 11.25 11.65 12.00 13.00 13.05

13.20

13.50 14.00

14.30 15.10

16.30 16.00 18.00

18.20 18.45 18.00 19.55 20.00 20.05 20.15 32.00

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1.80

Wochenend! Wochenend! Mozart-Klaviermnstk WcrbnngSkourert der NeichSpost Wetterbericht

Bei 20 Grad im Schatte«! Zeitangabe, Saardieust Nachrichten, Wetterbericht Mittagskonzert Zeitangabe. Nachrichten Mittagskonzert (Fortsetzung) Hitleringeud-Fnnk Lernt morsen!

Blumenstnnd«

Bnnter Nachmittag Stimme der Grenze Tanzmusik (Schallplatte«)

Knnt Hamsun

Venezianisches Zwischenspiel" Zeitangabe, Wetterbericht Nachrichtendienst Saarländische Umschau Allgäuer Feieraveud Wetter- und Sportbericht Zeitan gabe. Nachrichten Allgäuer Feierabend (Fortfetzuna) Nachtmusik

-2.00 ..Alte, frohe Heimat"

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