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er Enztäler

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Amtsblatt für das Oberamt Fleuenbürg

«r.178

Dienstag den 31. Juli 1934

92. Jahrgang

Eia Sämpser aas England

an die «Verteidiger- der österreichischen NnabhSngigkeit

klr. Berlin, 30. Juli.

Während die italienische und ein Teil der französischen Presse noch immer aufgeregt Um die angeblich vom Deutschen Reiche be­drohteUnabhängigkeit Oesterreichs" herum­gackert, hat der britische Außenminister Sir John Simon im englischen Unterhaus jenen Jnterventionssreunden eine klare Absage erteilt. In der Montagsitzung des Unterhauses wurde die erwartete Anfrage svegen der Vorgänge in Oesterreich gestellt, die Sir Simon umgehend beantwortete.

Es bestehe, so erklärte der britische Außen­minister, keine Absicht, eine Sondertagung des Völkerbundrates wegen Oesterreich ein­zuberufen. Schon im Februar habe er dem österreichischen Gesandten mitgeteilt, daß die britische Negierung nicht die Ab­sicht habe, in die Angelegen- heitenirgendeines anderenLan- !des einzugreifen. Diese Ansicht der britischen Regierung hat sich nicht geändert.

! Weitere Anfragen beantwortete der ! Außenminister mit der Erklärung, daß noch i vereinzelte Kämpfe in entfern­teren Bezirken Oesterreichs im i Gange seien. Auf die Frage, welche Schritte die britische Negierung zur Wah- ^ rung der Unabhängigkeit Oesterreichs unter- 1 nehme oder zu unternehmen beabsichtige, er- , klärte der Außenminister:

Die Negierung verfolgt weiterhin sorg­fältig die Lage. Es ist aber von seiten der Regierung keine Aktion erforderlich oder in Erwägung."

Italienische Walaasbrüche

' E Berlin. 30. JE.

s Man hat schon am ersten Tag nach dem . Handstreich im Wiener Bundeskanzleramt ! das Sichüberschlagen des Hasses und Zornes ^ der italienischen Presse nicht verstehen kön- ^ neu. Ohne den geringsten Anlaß ergingen ! sich die italienischen Blätter in Ausfällen , gegen das Deutsche Reich, das wohl alles ^ getan hatte, um seine Nichteinmischung in die innerösterreichischen Vorgänge unter Beweis j. zu stellen, Ausfälle, die an Gehässigkeit und ^ Geschmacklosigkeit auch nicht durch die Tem- ^ Peramentsansbrüche im Mai 1915 übertrof- ^ fen werden können. Es hat nichts mehr mit ! der Vertretung politischer oder nationaler ^ Interessen und nichts mit der Anteilnahme am Geschick eines Nachbarstaates zu tun, wenn z. B. derMessagero" schreibt:Siehe da, wie das wilde Tier zu seiner wahren Natur zurückkehrt,' es denkt an neue Blut­taten, an Verfolgungen und Rache!", oder wennPopolo d'Jtalia" von den Deutschen behauptet:In ihren trüben Seelen sind dieselben Instinkte und der Blutdurst wieder erwacht, den die römische Kultur in zwei ! Jahrtausenden des Christentums in ihren ) Nomadenseelen abgedämpft hatte. Die Natio- > nalsozialisten sind Mörder und Päderasten, ! nur das und nichts anderes!" Auf diesen ! Ton überhaupt zu erwidern, ist unter der ! Würde der deutschen Presse. Darüber mag Das deutsche Volk und die ganze Welt selbst urteilen.

Die Wutausbrüche gegen das Deutsche Reich sollen angebliche Verteidigungen der Unabhängigkeit Oestereichs sein. Wie man sich diese Unabhängigkeit Oesterreichs in Italien vorstellt, geht aus folgender Zusam­menstellung der Hauptgesichtspunkte Ita­liens in dieser Frage, die dasGiornale d'Jtalia" veröffentlicht hat, hervor:

1. Die Unabhängigkeit Oesterreichs sei gesichert Vor allem durch den Willen des Volkes (!). Heer, Heimwehr und Vaterlän- ! discho Front ständen hinter der Regierung. ! Bei den Ausständen in Tirol, Steiermark ! und Kärnten handele es sich um vereinzelte Versuche.

2. Wenn der Nationalsozialismus in Oesterreich wirklich die Macht erhalten , Wie, die ihm von verschiedenen nachgesagt Worden sei, dann würden die Rückwirkungen im. Volke, arosi und tief aeweien sein.

3. Italien 'werde keine diplomatischen Schritte unternehmen und sich auch nicht an einem etwaigen Kollektivschritt beteiligen. Das sei nicht faschistischer Stil. Italien ziehe die konkreten, direkten Aktionen vor, die den Horizont geklärt hätten.

4. In der Nachkriegszeit habe Italien gegenüber Oesterreich eine Linie der Freund­schaft und Zusammenarbeit verfolgt, der sich überhaupt alle besiegten Staaten seitens Italiens erfreut hätten. Italien sei der erste Nachfolgestaat des alten österreich-un­garischen Reiches und es sei die siegreiche Macht, die die höchsten moralischen Titel für seine Politik der Gerechtigkeit gegen alle habe. Es sei auch die Macht, die die Kraft und den Willen habe, allen Eventualitäten entgegentreten zu können.

5. Oesterreichs Unabhängigkeit sei eine der Bedingungen des Friedens in Europa. Deutschland könne zurückerwerben, was es für gut und Plausibel erachte, im Okzident, im Orient, im Norden und in den Kolonien, aber es könne keine Rechte, weder aus dem Kriege noch aus dem Frieden auf Oesterreich herleiten. DaS sei ein unabhängiger und souveräner Staat gewesen und werde es bleiben."

Kleine Enkenke droht mit Mobilmachung

Zu den aus englischer Quelle stammenden Gerüchten, daß man in gewissen österreichischen Kreisen ernstlich an die Wiederherstellung der Monarchie denke, bemerkt dasEcho de Paris": Die französische Negierung hat sich mit der Kleinen Entente vor einigen Wochen dahin verständigt, daß die Wie­dereinsetzung der Habsburger ausgeschlossen sei. Sie würde ihre Ansicht hierüber nicht ändern können, ohne ihre Beziehungen zur Tschechoslowakei. Süd- slawien und Rumänien zu gefährden, d i'e nicht zögern würden, mobil zu machen, wenn die Lösung der Frage durch Wiedereinsetzung der Habsburger Gestalt an­nehmen sollte.

Die südslawische Gesandtschaft inBerlin teilt mit:

Gegenüber den Ereignissen in Oesterreich

ist der Standpunkt der südslawischen Behör­den vollständig korrekt. Es wird eine strenge Kontrolle an der Grenze vorgenommen und von irgendwelchen Zwischenfäl­len oder Provokationen kann keine Rede sein. Bisher sind 700 öster­reichische Flüchtlinge auf der Linie Maribor- Dravograd (Marbürg-Drauburg) mit 200 Gewehren, einem Maschinengewehr und eini­gen Revolvern, sestgenommen, sofort ent­waffnet und interniert worden. Es handelt sich durchweg um Leute jüngeren Alters.

Prager Unbehagen

Auch in der tschechoslowakischen Negie­rungspresse beginnt sich die Besorgnis gegen­über einem wachsenden Einfluß Italiens in Oesterreich abzuzeichnen. So gibt der be­kannte Leitartikler der dem Prager Außen­ministerium nahestehendenLidove Noviny", Hubert Ripka, einen großen Teil Der Schuld an der Entwicklung in Oesterreich der Tatsache, daß sich durch italieni­schen Einfluß das Regime Doll­fuß dem Austro-Fafchismus in d i e A r m e g e w o r f e n h a b e.

Eine bemerkenswerte schwedische Stimme

Svenska Dagbladet", das führende konser­vative Organ Schwedens, das vor allem in der österreichischen Frage durchaus . nicht deutsch­freundlich eingestellt ist, bringt in einem Leit­artikel sehr bemerkenswerte Ausführungen zu der Frage der Unabhängigkeit Oesterreichs. Es weist darauf hin, daß von einer wirklichen Un­abhängigkeit des Landes gegenwärtig keines­wegs die Rede sein könne und sagt wörtlich hierüber:

Es ist sestznstellen, daß die von Mussolini unterstützte und Wohl auch in großem Umfang finanzierte Heimwehr ebenfalls den Totalitäts­anspruch erhoben hat. Gleichzeitig ist es be­merkenswert, daß man in der hitzigen Debatte über Oesterreich so eindeutig den Nationalsozia­lismus im Auge gehabt hat, daß man fast ganz vergaß, d i ß Italien sich im glei­chen Umfange aber ohne jede Grundlage in der Bevölkerung in die inneren Angelegenheiten Oesterreichs eingemischt hat. Die Heimwehr Starhem­bergs vielfach wenig besser als reine Bandi­tenhorden habe in vielen Orten nach Belie­ben Hausen können, weil man auf Seiten der Regierung ihre Verbindungen mit Rom kannte unh selbst ans Mussolinis Unterstützung ange­wiesen war.

Die neue österreichische Regierung

Dr. Schuschnigg Bundeskanzler Vier Heimwehr-Minister

Wien, 30. Juli. Amtlich wird gemeldet: Bundespräsident Miklas hat heute (Montag) morgen 2 Uhr Len bisherigen Bundesminister für Unterricht, Dr. Kurt Schuschnigg, zum Bundeskanzler ernannt und die von ihm vor­gelegte Liste der Mitglieder der neuen Regie­rung genehmigt. Die Liste der neuen Re­gierungsmitglieder lautet: '

Bundeskanzler Dr. Kurt Schuschnigg, der glei<^eitig das Bundesministerium für Lan­desverteidigung, für Unterricht und für Ju­stiz führt;

Vizekanzler Ernst Rüdiger Starhemberg, der gleichzeitig mit der Führung des gesamten Sicherhe-itswesens betraut wird;

Bundesminister Egon Berger-Waldenegg (auswärtige Angelegenheiten);

Bundesminister Major a. D. Emil Feh (Generalstaatskommissär und innere Ver­waltung);

Finanzen: Dr. Karl Buresch;

Handel und Verkehr: Fritz Stockinger;

Soziale Verwaltung: Odo Neustüdter- Stürmer, dem überdies die Angelegenheiten der berufsständischen Neuordnung Angewiesen werden.

Dr. Tauschitz ist aus seinen Posten auf die Berliner Gesandtschaft zurückgekehrt. Sonnt ist überhaupt keine andere Gesinnungsgruppe mehr als die Ehristlich-soziale und die Heim- Wehr-Gruppe im Kabinett vertreten. Heim- wehrminister im neuen Kabinett sind Star- Hemberg, Egon Berger-Waldenegg, Feh, Odo Neustädter-Stürmer.

Verewigung des Kabinetts Schuschnigg

Die Vereidigung des um 2 Uhr morgens ernannten Kabinetts Dr. Schuschnigg erfolgte noch in den Nachtstunden. Bundes­präsident Niklas hielt dabei eine längere An­sprache, in der er die Regierungsmitglieder aufforderte, das Erbe des Dr. Dollfuß in Ehren, in seinem Sinn und seinem Geist weiterzusühren.

Der neuen Regierung fehlt ein Moment des vorherigen Kabinetts: Der Mann, der die nicht immer gleich st rebi- gen Kräfte zusammenhält. Der neue Bundeskanzler wird es nicht immer leicht haben, die Gegensätze auszugleichen, jedenfalls schwerer als Dr. Dollfuß, da Dr. Schuschnigg als Gründer der sehr häufig in schwere Gegensätze mit der Heimwehr ver­wickelten Ostmärkischen Sturmscharen selbst Partei ist.

Eine sichere Prognose über die Politik des neuen Kabinetts ist infolge seiner Zusam­mensetzung und der Person seines Führers nicht zu stellen. Schuschnigg galt als 30jähriger Nationalratsabgeordneter in den Zeiten des Verfassungskampses 1929 als Kronprinz" Dr. Seipels. Seine Erziehung im JesuitengymnafiumStella Matutina" in Feldkirch hat er auch in seiner politischen Laichbah« nicht verleugnet. Er war einer der ersten, der vor Jahren, kaum daß die

NSDAP, zur politischen Kraft geworden war, ihr sehr scharf entaeaentrat.

Das zwischen Star h e in berg und Feh bestehende Mißtrauen kommt deutlich darin zum Ausdruck, daß Starhemberg den Vorsitz im Ministerausschuß zur Bekämpfung staats­feindlicher Bestrebungen an sich gerissen hat, wie andererseits Dr. Schuschnigg sich gehütet hat, Starhemberg mit dem Sicherheitswesen auch das Bundesheer auszuliefern.

Ein fast unbeschriebenes Blatt ist der neue Außenminister Berger- Wa l d e n e g g. Er war kleiner Unterführer des Steirischen Heimatschutzes und nach dessen Unterstellung unter Adolf Hitler eine der zwei letzten Säulen Starhembergs in Steiermark. In Politischen Kreisen war er bis zu seiner Er­nennung zum Landeshauptmann-Stellver­treter in Steiermark ein Unbekannter.

Der Wille zur Entspannung

Wien, 30. Juli. In hiesigen diplomatischen Kreisen wird die Weiterentwicklung der durch die Ereignisse in Oesterreich geschaffenen Lage mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Der Eindruck scheint sich zu verstärken, daß eine

Entspannung eingetreten ist und daß auch Lei der österreichischen Regierung der Wille vorliegt, zu einer baldigen und be­friedigenden Lösung der österreichischen Frage

zu gelangen. Ob diese Auffassung der ge­nannten Kreise zutrifft, wird die Entwicklung der nächsten Tage erst lehren können. Weiter wird versichert, Laß von verschiedenen Groß­mächten bei der österreichischen Regierung Schritte in der Richtung einer baldigen Ge­währung des Agreements für Herrn v. Papen erfolgt seien, um damit den von Reichskanzler Adolf Hitler in seinem Schreiben an v. Papen zum Ausdruck gebrachten Wunsch nach Wie­derherstellung normaler freundschaftlicher Be­ziehungen zwischen Oesterreich und Deutsch­land in die Wege zu leiten. Eine Bestätigung dieser Nachricht liegt allerdings auch noch nicht vor.

Die Ernennung des Bundeskanzlers Dr. Schuschnigg, dem man Verständnis für Len Ernst der internationalen Lage nachsagt, wird in diplomatischen Kreisen Wiens nicht ungün­stig beurteilt. Ob es ihm allerdings gelingen werde, einen inneren Ausgleich durch Heran­ziehung insbesondere der breiteren nationa­len Schichten üurchzusetzen, ist fraglich. Mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt man in Wien naturgemäß

die Haltung der italienischen Regierung, die zweifellos von entscheidender Be­deutung

für die Weiterentwicklung der internationalen Lage sein werde.

Von der Londoner Regierung erwartet man, daß sie auch weiterhin die gleiche Zu­rückhaltung übe und ihrerseits die notwen­digen Schritte tun werde, uni keine Verschär­fung der Lage zuzulassen. Auch die Rückkehr des früheren Staatssekretärs für Aeußeres, des Gesandten Tauschnitz, nach Berlin, wird in nicht ungünstigem Sinne ansgelegt.

Mißlungener Enlführungsversuch Dr. Rintelens

Besonders gespannt ist man auf die Verneh­mung des Dr. Rintelen, der am Montag in das Gefangenenkrankenhaus übergeführt wurde. Das Befinden Dr. Rintelens soll sich verschlechtert haben.

Kurz darauf stellte es sich heraus, daß Dr. Rintelen nicht ins Gefangenenkrankenhaus übergeführt wurde, sondern daß es sich um einen Versuch, Dr. Rintelen aus dem Kran­kenhaus zu entführen, handelte. Tatsächlich hat sich in der Nacht zum Montag folgender Vorfall abgespielt: Vor dem allgemeinen Krankenhaus, in dem Dr. Rintelen liegt, fuhr ein Krankenkraftwagen vor, der mit Männern besetzt war, die die Uniform von Wachleuten trugen. Die Leute gaben vor, be­auftragt zu sein, Dr. Rintelen in dasLan­desgerichtliche Jnquisitenspital" zu überfüh­ren. Den diensthabenden Aerzten kam die Sache verdächtig vor. Außerdem war der Gesundheitszustand Dr. Rintelens derart, daß eine Uebersührung nicht ratsam schien. Da wurden die Leute wieder weggeschickt. Eine spätere Anfrage ergab, daß ein Auf­trag zur Uebersührung Dr. Rintelens ins Landesgericht nicht erteilt worden war. Es liegt also zweifellos ein mißlungener Lnt- iübrunasversucki vor.