Samstag, 16. Dezember
Jahrgang 1933
Ver Eazlöler. alleiniger BezirksaWisSlslt. WildSader RS-Prefse
2. KnM
HeneaalSerTaglllatt. Birkevfeldek Tagblatt. LalmbacherLagblav
Wir melde» Windftärke a«i...
Eine Skizze von Frederik Lund
,Lichtung, Achtung, hier sind der Deutschlandsender und der Deutsche Kurzwellensender! Wir kommen mit dem Seewetterbericht. Borkum meldet Windstärke 10, Sturm bei noch auffrischenden Winden aus west-südwestlicher Richtung. Zweite Sturmwarnung. Emden..."
„Ach, Herbert, stell' doch solange einen anderen Sender ein! Diese langweiligen Wetterberichte, die interessieren doch keinen Menschen. Wir wollen doch tanzen und lustig sein!" Herbert, der getreue Ehemann, aber drehte an den Knöpfen seines neuen Apparates, bis Rauschen und Pfeifen in die Klänge eines schmiegsamen Wiener Malzes übergingen.
„Wunderschön", rief die junge Frau und erhob sich, um den Gästen das Zeichen zur Fortsetzung des Tanzes zu geben. Die Paare drehten sich im Kreise. Vergessen waren für sie die Nöte und Gefahren auf den Wogen der Meere...
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„Du, Ja??" — „Was denn?" — „Wie spät mag's denn sein?" — „Keine Ahnung, Bootsmann, aber so gegen elf Uhr ist es bestimmt!"
„Also schwimmen wir in diesem elenden Kahn seit sechs Stunden!" Der andere nickte nur, während er seine von Salzwasser und Müdigkeit geröteten Augen aufs neue in die dunkle Nacht bohrte. Aber zu sehen war nichts außer dem tiefschwarzen Himmel, an dem die Wolken geisterhaft wie die Reiter der Apokalypse dahinstürmten. Nur sekundenlang tauchte der Mond hinter den geballten Massen hervor, doch selbst dieser Schein half den beiden nicht, denn die Armbanduhr, die Jan um sein Handgelenk trug, war auf fünf Uhr stehen geblieben, als sie die erste Bekanntschaft mit der Nordsee gemacht hatte. Die beiden Seeleute gehörten zu der Besatzung des kleinen Bremer Damvsers „Holger", der am Vortage mit Decksladung von Antwerpen aus in See gegangen war. Kurs Heimat. Aber das altersschwache Schiff hatte den nachts aufkommenden Sturm nicht überstanden. Zuerst war es tapfer gegen die hohen Wellen angedampft und hatte auch die freie See gewonnen, nachdem man tagsüber in Sicht der Küste gefahren war, aber bald hatte es dem Ruder kaum mehr gehorcht. Und das war der Anfang vom Ende gewesen! Eine besonders mächtige See hatte das Schiff guer geworfen, die Decksladung ins Rutschen gebracht und die Schrauben- wclle gebrochen.
Noch hatte man den Kampf gegen die Natnrgewalten nicht anfgegebcn, denn Kapitän und Mannschaft waren ans friesischem Holz geschnitzt. Mit mächtigen Stricken angeseilt, hatte die Deckswache angefangen, die Ladung über Bord zu werfen, um wenigstens das Schlimmste — das Kentern — zu verhüten. Während dieses schwierigen Manövers versuchten Kapitän und Steuermann immer wieder, durch den Druck des Ruders das Schiff gegen die Wellen herumzuwerfen, aber ohne Maschinenkraft war ihr Beginnen vergebens. Hilfe herbeizu- rnfen, schien unmöglich, denn der kleine, nur für Küstenschifffahrt eingerichtete Dampfer hatte keine Fnnkentelegraphie an Bord und Leuchtraketen abznschießen. war sinnlos, da sich in der Nähe kaum ein anderes Schiff aufhielt. Der Kapitän biß sich auf die Lippen. Jetzt rächte sich die verfluchte Sparsamkeit, die ihn ohne Funkanlage auf Fahrt gehen hieß, sonst hätte man auch am Vortage die Sturmwarnungen der Seewarte rechtzeitig anfgefangen und einen der kleinen holländischen Häfen anlaufen können. Nun war es zu spät! Das sah der erfahrene Seemann ein: und als schließlich die Kräfte seiner besten Leute im Kampf mit den Elementen erlahmten, wußte er, was kommen würde. „Jungs, es hat keinen Zweck!"
Xarlsrulier' Oironil^
Eisbrecher im Rheinhafe» — Geschloffene Arbeitsfürsorge
— 1. Braune Weihnachtsmeffe — Weihnacht in der
Landesbibliothek — Romeo gestorben — 25 Jahre Residenz-Lichtspiele
Infolge der starken Kälte ist auch das gesamte Rheinhafengebiet zugefroren. In den äußeren Becken haben sich dicke Eisplatten zusammengeschoben und den Dampferverkehr unmöglich gemacht. Da aber zahlreiche Dampfer und Frachtkähne für Löschung im Karlsruher Hafen unterwegs sind, so wäre eine Unterbrechung des Warenumschlags von größtem wirtschaftlichen Schaden. Die Stadt Karlsruhe hat daher seit einigen Tagen zwei große Eisbrecher in Tätigkeit gesetzt, die Tag und Nacht das Hafengebiet befahren. Unter ihrem mächtigen Gewicht werden die Eisdecken gespalten und zerrissen. So konnte die Aus- und Einfahrt der Handelsdampfer ungehindert durchgeführt werden. Glücklicherweise führt der Rhein noch kein Treibeis, so daß eine Unterbrechung der Rheinschiffahrt noch nicht bevorsteht. Die Strecke von Mannheim bis Straßburg ist noch in vollem Betrieb. Auf der Strecke gegen Basel zu mußte der Verkehr jedoch wegen geringen Wasserstandes eingestellt werden. Für den Fall, daß der Oberrhein plötzlich Treibeis meldet, sind im Karlsruher Hafen Vorkehrungen getroffen, den davon überraschten Schiffen eine Zufluchtsstätte zu bieten. Die Arbeiten am Stichkanal werden daher auch jetzt noch fortgeführt, so daß eine ungehinderte Ein- und Ausfahrt für die Zukunft sichergestellt ist. ,
Eine der schwersten Ueberwachungen und Bedürftigkeitsprüfungen für die Fürsorgcämter der Stadt bildeten die alleinstehenden und jugendlichen Personen. Vielfach wurden die erhaltenen Unterstützungssätze in ganz ungeeigneter Weise ausgegeben, gleichzeitig bildete die Zahl der Schwarzarbeiter gerade bei alleinstehenden Personen den höchsten Satz. Die Stadt geht daher jetzt dazu über, den unerläßlichen Lebensunterhalt durch die Einweisung in besondere städtische Heime zu bestreiten; und von jedem Insassen eine angemessene Arbeitsleistung zu verlangen. Damit wird die öffentliche Fürsorgelast der Stadt wesentlich verringert. Eine unberechtigte Inanspruchnahme der Fürsorge oder eine gleichzeitige andere Arbeitsleistung, ist damit unmöglich geworden. Die tägliche Arbeitsleistung in den Heimen soll 5 Stunden betragen. Die Freizeit wird durch geeignete Betreuung ausgefüllt. Mangelnder Arbeitswille hat den Ausschluß aus der Fürsorge zur Folge. Ebenso wird schlechte Arbeitsleistung mit Ausweisung bestraft. Durch diese Maßnahme erhält der arbeitswillige Unterstützungsempfänger sein ihm gebührendes Recht auf Achtung seiner Mitmenschen zurück, das seither durch Einzelsälle arbeitsscheuer Elemente in Mißachtung ausgeartet und auf alle übertragen worden war. Als Leiter der Heime werden geeignete Personen, wenn möglich aus den Reihen der Unterstützungsempfänger, zugszogen. Die Einrichtung der Heime
rief er gegen den Sturm an und ließ von Mann zu Mann durchsagen: „Boote klar!" Kaum hatte er den Entschluß gefaßt und den Befehl ausgegeben, da schien es, als Habe die unbarmherzige See verstanden, daß man an Deck die Waffen streckte. Zischend und brausend stürzten neue, immer Höhere Wogen heran und wirbelten das Schiff herum. Schließlich gehorchte das Steuer überhaupt nicht, und langsam trieb es in Richtung der Küste zurück.
Jetzt gab der Kapitän doch den Befehl, Raketen abzu- schietzen. Eine nach der anderen erhob sich zischend zum grauen Himmel, zerplatzte, rieselte in buntem Farbenspiel herab. Aber nichts ließ darauf schließen, daß man irgendwo das Signal gesehen hätte. Allmählich drang auch durch die Luken und schlecht schließenden Bullaugen Wasser ins Schiff, das sich immer mehr zur Seite neigte, und dann war der Augenblick da, daß der Kapitän befahl, in die Boote zu gehen. Der Bootsmann und der Vollmatrose Jan Sievcrs machten gemäß der Schiffsordnung das Dingi klar, um den Kapitän und den Ersten Steuermann an Bord zu nehmen. Aber kaum batten die beiden das leichte Beiboot flott gemacht, als die dünnen Taue rissen, die es mit dem Schiff verbanden und die nächste Welle den Kahn davanhob.
Fünf Uhr nachmittags war es. als sie die Mastspitzen des „Holger" zuletzt über der Kimme eines Wellenberges anf- tanchen sahen; nie wieder hat ein Mensch etwas von dem Schirr und der anderen Besatzung gehört...
Und jetzt, gegen elf Uhr nachts, bohrten sich die Blicke der Leiden in die Ferne. Plötzlich schrie Jan laut auf: „Bootsmann, ein grünes Licht dort voraus!" - und wenig später: „Jetzt rot und weiß. Man hält auf uns zu!" Auch der Bootsmann hatte die Lichter gesichtet, und die Männer brüllten ans Leibeskräften gegen den tosenden Sturm an. Von Bord des Hapagdampfers hatten sckiarfe Augen das Boot längst erkannt. Wenige Minuten später war der mächtige Ozeanriese, der selbst bei dieser Windstärke nur wenig schlingerte, herangedampst, dann stoppten die Maschinen, und hilfreiche Hände warfen Stricke über Bord. Man zog die Ueöer- lebenden des „Holger" hinauf, während das kleine Boot, das keine Pflicht erfüllt hatte, krachend gegen die hohe Wand des Dampfers schlug und zerschellte. Der Bootsmann und Jan wurden von dem Schiffsarzt erwartet, der Befehl gab, beide ins Lazarett zu tragen. Während Matrosen die jungen Seeleute aufhoben und durch die dichtgeballten Massen der neugierig sich dränaenden Fahrgäste trugen, fielen den Schiffbrüchigen vor Müdigkeit die Augen zu. Das letzte, was Jan im Einschlafen sah. war in dem strahlend Weißen und blitzenden Schiffsgang eine Uhr, die genau 22 Uhr 69 Minuten zeigte... ^
„Willy, stelle doch bitte jetzt den Deutschlandsender wieder ein. die Tanzmusik war so hübsch, ehe der olle Wetterbericht kam." Der folgsame Ehemann gehorchte. Er drehte an den Knöpfen der Skala, bis er den Sender fand. Und schon erklang die Stimme des Ansagers: „Pillan. Windstärke 8. auffrischender Wind. Himmel wolkig und regnerisch. Unser Seewetterbpricht ist zu Ende. Wir kommen programmgemäß in einer halben Minute mit unserer Tanzmusik wieder..."
Hus Well uns L.eden
Der Planet Erde leuchtet blau. Die Weltraumfahrer der Zukunft, die auf andere Planeten losschießen, werden die Erde in der Ferne als bläulichen Stern sehen. Jeder Stern hat seine eigene Farbe, die Venns leuchtet weiß, der Mars rot usw. Die Farbe der Erde konnte man folgendermaßen feststellen: Bei Neumond ist außer der Mondsichel auch der übrige Teil
wird nach den Erfahrungen anderer Städte und der dort gemachten Erkenntnisse durchgeführt.
Vom 2.-12. Dezember ist in der Städt. Ausstellungshalle die 1. Braune Messe eingezogen. Es ist damit die Möglichkeit gegeben, seine Weihnachtsgeschenke in Ruhe und mit Ueber- sicht auszuwählen und einzukaufcn. Da nur deutsche Waren der hiesigen und benachbarten Geschäfte ausgestellt sind, ist damit eine Hebung des Marktes einheimischer Arbeit gegeben. Der Verkauf ist sehr zufriedenstellend, so daß dieser ersten Verkaufsausstellung ein ganz guter Erfolg versprochen werden kann. Seit einigen Tagen ist zur Freude aller Besucher im Ausstellungsraum ein Tonfilmkino eingerichtet worden, das mit seinem Inständigen unterhaltenden Programm unentgeltlich für jeden geöffnet ist. Mittags findet für die Damenwelt eine Mode-Vorführung statt. Die ersten Spezialgeschäfte sind daran beteiligt. Die Bewirtschaftung im zweiten Stock hat wieder die Frauenschaft in vorbildlicher Weise übernommen. Die Preise für Kaffee und Kuchen sind sehr niedrig gehalten, so daß man sich von der Arbeit des Geldansgebens wieder in aller Gemütlichkeit erholen kann.
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Mit dem neuen Direktor Dr. Karl Preisendanz — Preisen- danz ist in dem benachbarten Ellmendingen bei Pforzheim im Jahre 1883 geboren — ist ein hervorragender Gelehrter alter Handschriften an die Bad. Landesbibliothek berufen worden. Seine wissenschaftlichen Arbeiten über die griechischägyptischen Papyrusfunde -Forschungen haben ihm Weltruhm cingebracht. Nun hat Dr. Preisendanz aus den Beständen der alten Handschriften und Drucke eine Weihnachtsausstellung eröffnet, die die Weihnachtsgeschichte von der Verkündigung bis zur Anbetung der Könige enthält. Eine schlichte Welt, voll göttlicher Hingabe und Frömmigkeit, spricht aus diesen alten Pergamenten zu uns; die in Gold und Farbe gezierten Anfangsbuchstaben sind Miniaturbilder von der höchsten künstlerischen Schönheit. Immer ist damit der Inhalt der ganzen Seite erfaßt. Und wie herrlich und eigenartig sind diese gemalten Schriftsätze. Da ist ein Evangelium aus dem 11. Jahrhundert, das aus dem Kloster St. Peter stammt. Der Untergrund der Anfangsbuchstaben ist in gehämmertem Gold ansgeführt. Eines der schönsten Blätter ist ein Teil aus dem Speierer Evangeliar, Wohl der kostbarste Schatz der Laudesbibliothek. Einige Pergamente in Reproduktion aus der Markus-Bibliothek zu Venedig finden allgemeine Bewunderung. Mit seinem Naturempfinden hat der Künstler ganze Schriftseiten mit Blumen, Schmetterlingen, Raupen, Blattgewinden verziert und ausgefüllt. Der Besuch der Ausstellung ist unentgeltlich und jedem Bücherfreund zu empfehlen.
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Am 8. Dezember ist der Karlsruher Lokalpoet Fritz Röm- hildt, als Dialektdichter der fränkisch-pfälzischen Mundart, in der Literaturwelt unter dem Namen „Romeo" bekannt, im Alter von 76 Jahren gestorben. In sprudelnder Laune hat er fast zwei Dutzend Bänd» Gedichte in Karlsruher Mundart
der Mondscheibe in schattenhaften Umrissen zu sehen. In diesem Zustand beobachten wir den Mond bei „Voll-Erde-Beleuch- tung". Für das unbewaffnete Auge ist das von der Erde auf den Mond geworfene Licht aschgrau, doch ergaben spektrogra- Phische Untersuchungen, daß in diesem „Erdlicht" die blauen Strahlen vorherrschen. — So weit die Wissenschaft. Sie scheint bei ihren scharfsinnigen Betrachtungen jedoch zu übersehen, daß nicht das Licht der Erde, sondern ihr Schatten den Mond blau färbt. Und daß der Schatten von roten, grünen, gelben Körpern blau sein kann, das können wir tagtäglich auf der Erde selbst beobachten. Die blaue Erdfarbe gehört vielleicht ins Reich der blauen Wunder!
„An das Standesamt! Ich bitte freundlich, lieber Herr, In ein thüringisches Standesamt lief eines Tages folgender Brief ein:
schicken Sie mir doch die Großeltern von meiner Großmutter. Selbige ist in T. getraut mit N. N. Da Großmutter tot ist, bitte ich die Kirchengemeinde um die Eltern meiner lieben Großmutter. Bitte schicken Sie mir dieselben per Postnachnahme an die unterstehende Adresse..."
„Eigentlich, Herr Assessor, möchte ich Sie nicht als meinen Schwiegersohn sehen..
„Machen Sie sich deswegen keine Sorgen, gnädige Frau. Ich habe nämlich Aussicht, im Falle meiner Verheiratung weit versetzt zu werden."
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Deutschlands größter Tank wird ansgestellt
Eine ganz aus Holz bestehende Nrchbildung des Tanks „FV 5", der mit 23 Mann Besatzung der größte Tank Deutschlands im Weltkriege war, wird jetzt in der Ausstellung „Die Front" in Berlin gezeigt.
erscheinen lassen. Daneben zeigen seine lyrischen Gedichte eine scharf gesehene Naturbeobachtung. Am besten gelungen sind seine typischen Gestaltungen von Karlsruher Originalen und die seine Art einer Herausstellung von Situationskomik, wobei von allen zuerst seine: „Bas von Brette", „Die Dande von Durlach" und „Der Karle Ochs" zu nennen sind.
Besonders schön gedachte der Schwarzwaldverein des ver- storbenen Sängers der Schwarzwälder-Heimat. Der Ehrenpräsident des Schwarzwaldvereins legte einen aus Reisern des Schwarzwaldes gebundenen Kranz auf seinem Grabe nieder. Mit welch tiefempfundenen Schilderungen erzählte auch Romeo in seinen Gedichten von den Bergen, wie verstand er die Sprache des Waldes, des murmelnden Bächleins und die der leichtbeschwingten Sänger. „Nun ist sein Mund verstummt, der einst so liederfrohe, Sein Herz steht still, das jauchzend, fröhlich schlug." Unter den guten Dialektdichtern wird Romeo seinen Namen auch weiterhin unvergessen erhalten.
Am 12. Dezember konnten die Residenz-Lichtspiele auf ihr 25jähriges Bestehen zurückblicken. Der damalige erste Kinoraum in Karlsruhe bestand aus einem schmalen Ladenraum mit ungefähr 100 Sitzplätzen. Sein Gründer Otto Kasper verstand es aber, die dem Kino anhaftenden Meßgerüche sehr rasch zu beseitigen. Für die damalige Zeit war ein Umbau auf eine Bestuhlung von 300 Sitzplätzen ein gewagtes Unternehmen. Aber die Zeit hatte Otto Kasper Recht gegeben. Die anfänglich zurückhaltende Karlsruher Ges/kk- schaft fand bald Gefallen an den immer mehr verbesserten Kinovorstellungen. Otto Kasper gründete zu dieser Zeit den Verein süddeutscher Kinematographenbesitzer, dessen Ziele die Hebung des Standes der Kinobesitzer war, unter gleichzeitiger wirtschaftlicher Stützung der Unternehmen. Im Jahre 1925 erfolgte der 3. Umbau des Resi. Die Kinos waren bereits zu einem Volksunterhaltnngsinstitut von ganz gewaltigem Einfluß geworden. Im Frühjahr 1930 wurde die Umstellung auf den Tonfilm vollzogen. Die Geschichte des Rest ist somit gleichzeitig die Kulturgeschichte der Entwicklung der Kinematographie von ihren primitivsten Anfängen an bis zum heutigen hochwertigen Kunstfilm, und der für politische Erziehung von den höchsten Reichsstellen gedrehten Kultur- und Propagandafilme. Das Kino ist neben der Feder eine Macht geworden. Und der Sohn des Gründers der Karlsruher Residenz-Lichtspiele hat die Tradition seines Vaters und das Ansehen seines Unternehmens weitergeführt. 1931 erfolgte eine allen Anforderungen eines modernen Spieltheaters gerechtwerdende neue Bestuhlung und völliger Ausbau des Raumes. Als voriges Jahr eine Plötzliche Erkrankung den eifrigen Leiter mitten aus der Arbeit herausriß, übernahm dessen ältester Sohn, nach dem Großvater wieder Otto benannt, die Führung des Hauses. Auch sein Kampf wird nicht leicht sein. Es gilt heute dem Wandel des Geschmacks rasch zu folgen und durch Aufnahme der geeigneten Filme den Namen des Resi in der vordersten Reihe zu halten. Auch hier gilt der Spruch: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um ei zu besitzen".