Noch in der Nacht vom Sonntag auf Montag ist eine Einigung zwischen Hitler und Hugenberg nicht erzielt. Fg, es heißt in eingeweihten Kreisen, daß die Verhandlungen nnt Hitler endgültig gescheitert sind.
Kein Wunder, daß bei solcher Sachlage die Gerüchte sich zu wilden Nachrichten über einen Militärput,ch verdichten, mit dem Ziele, den Reichspräsidenten abzusetzen, nach Neudeck zu eskortieren und den Sohn, Oberst von Hindenburg, sowie Herrn von Papen und andere seiner Freunde zn verhaften.
Unglückseliger Träger solcher Nachrichten, die sogar von einer Verwicklung der Generäle von Schleicher und bon Hammerstein in den Putsch wissen wollen, ist unter anderen der uns schon bekannte Werner von Alvensleben, der hier kein Meisterstück einer günstigen Vermittlung vollbringt, sondern unverantwortlichen Staatsstreichplänen das Wort redet.
Göring schenkt diesen Nachrichten Glauben. Alarmiert um 11 Uhr nachts den als Zuschauer bei dem grossen Reitturnier in den Ausstellungshallen sich anfhaltenden Staatssekretär Meißner. Der mißtraut den Nachrichten sofort und erkennt sie als baltloses Geschwätz. Immerhin werden Hitler und
Vapen benachrichtigt. . , . ..
Ruhig spielt an diesem Abend Staatssekretär Planck mit dem Verfasser beim Rittmeister a. D. Mopzischcwitz, der während der Regierungen Papen und Schleicher im besonderen Aufträge das bekannte, ans privater Initiative entstandene Büro in den Zelten geleitet hat, Bridge. Allerdings wird er alle zehn Minuten ans Telefon gerufen. Das findet seine Erklärung in dem Umstand, daß er sich von dem Gang der Verhandlungen zwischen den Vertretern der Harzbnrger Front und Papen orientieren lassen muß. Jedenfalls rechtfertigt solch harmoser Aufenthalt in Gesellschaft kaum die Annahme, daß Planck irgendwie in den angeblichen Putsch verwickelt oder auch nur von diesen Plänen unterrichtet sein konnte. *
Ein Gutes zeitigt die fieberhaft gesteigerte Nervosität. Nämlich die Ueberzeugung bei den über das Konzentrationskabinett verhandelnden, verantwortungsbewußten Persönlichkeiten, daß eine Beschleunigung dieser Verhandlungen zum Zwecke eines endgültigen Ergebnisses durchaus am Platze sei.
Eine Ueberlegung, die in der entscheidenden Stunde am Montag im Zimmer des Staatssekretärs Meißner zwar nicht ausschlaggebend ist, aber doch eine gewisse Wirkung nicht verfehlt.
Am Montag den 30. Januar, um 12 Uhr, sollen Papen und Hitler beim Reichspräsidenten gemeinsam zum Vortrag erscheinen, soll dort die Entscheidung fallen.
Vorher, um 11 Uhr, ist beim Staatssekretär Meißner die erwähnte Sitzung, an der, außer diesem, Papen. Hitler, Göring, Hugenberg, Seldte und Dnesterberg teilnehmen.
Hier droht noch einmal der fast schon znsammengefügte Bail der Einigkeit wieder auseinanderznbrechen. Hugenberg, starrer als der entgegenkommendere Hitler, kann sich mit ihm nicht über die gegebenenfalls notwendigen Maßnahmen der Auflösung des Reichstages und der Ausschreibung der Neuwahlen einigen. Hugenberg besteht bei Auflösung auf der Erklärung des Staatsnotstandes und lehnt Neuwahlen ab. Hitler dagegen erkennt die damit verbundene Gefahr einer Präsidialkrisis und der übrigen Rückwirkungen eines Verfassuugs- bruches und will Neuwahlen.
Da greift Staatssekretär Meißner ein und weist'auf die drohende Gewitterwolke eines Generalstreiks hin, die sich am westlichen Himmel Deutschlands schon deutlich zeigt und die bei weiterer Uneinigkeit der nationalen Front und den damit verbundenen Regicrnngsschwierigkeiten ihren bedenklichen Niederschlag finden müsse. *
Auch Papen appelliert ii: bewegten Worten an das nationale Gewissen Hilgenbergs.
Mit einer großartigen, warmherzigen Bewegung streckt Hitler Hilgenberg die Hand entgegen. Dieser stellt seine Bedenken zurück — und schlägt -ün.
Wenige Minuten später stehen Hitler und Papen vor dem Reichspräsidenten, der Staatssekretär Meißner an seiner Seite hat.
Hindenburg setzt Hitler in klaren und einfachen Worten auseinander, warum er bisher gezögert habe, ihm die Kanzlerschaft zu übertragen und daß er nunmehr, bei der veränderteil Sachlage einer geeinigten nationalen Front, bereit sei, ihm das Vertrauen zu schenken, das die Besetzung des höchsten Postens im Deutschen Reiche erfordere.
Hand in Hand stehen der Generalfeldmarschall des Weltkrieges und der einfache Frontsoldat.
Hindenburg und Adolf Hitler.
Reichspräsident und ernannter Reichskanzler.
Hakenkreuz und schwaez-weitz-rots Flaggen über Deutschland
rv. Berlin, 6. März. Nach den heute abend eingegangenen Meldungen wurden im Laufe des Tages Hakenkreuz- und schwarz-wciß-rote Flaggen auf öffentlichen Gebäuden auch m Recklinghausen, Pforzheim, Bruchsal, Schwetzingen und Moers gehißt. In Moers hatte das Einheitspreisgeschäft EPA heute geschlossen.
rv- Karlsruhe, 6. März. Auf dem Turm des ehemaligen Residenzschlosses wurde heute vormittag die Hakenkreuzfahne aufgezogen.
Mannheim, 6. März. Ein größeres Aufgebot von SA., SS. und Stahlhelmern zog heute früh kurz nach 7 llhr vor dem hiesigen Rathaus auf lind hißte aus dem Turm die Haken- krenzfahne und die schwarz-weiß-rote Flagge. Zu Zwischenfällen ist es nicht gekommen. Der Oberbürgermeister der Stadt hat an den Führer der Mannheimer SA. in dieser Angelegenheit ein Protestschrciben gerichtet.
rv- Darmstadt, 6. März. Mit dem Einbruch der Dunkelheit sammelten sich immer mehr Menschen an, die in der Rheinstraße auf- und abwanderten und sich vor dem Ministerium und dem Landtag stauten. Gegen 7 Uhr wurde ans dem Innenministerium die Hakenkreuzsahne gehißt. Bei dem Hochziehen der Fahne brach die Menge in stürmische Heilrufe aus, daun zog die Menge vor das Stadthaus in der Rhcinstraße und erzwang auch hier das Aufziehen der Hakenkrenzfahne. Auch auf den anderen städtischen Gebäuden wurde das gleiche Begehren durchgeführt.
In der Nähe der Ministerien kam es heute zu Ansammlungen. In den frühen Morgenstunden wurde eine schwarzrotgoldene Fahne auf dem Luisenplatz vor dem Landtagsgebäude verbrannt. Auf dem Landtagsgebäude selbst wurde die Haken- kreuzfahue gehißt. Auch wurde versucht, zu Minister Lcnschner vorzudringen, doch verhinderte die Polizei das Eindrillgen in das Ministerium. Zn irgendwelchen Zwischenfällen ernsterer Natur ist es nicht gekommen.
rv. Dessau, 6. März. Heute mittag 13 Uhr wurden auf dem Dessauer Regierungsgebäudc in Gegenwart von Ministerpräsident Frchberg, Staatsminister Dr. Knorr und des Stahlhelmführers vom Gau Anhalt die schwarz-weiß-rote Flagge und die Hakenkreuzfahne gehißt. Dem feierlichen Akt wohnte eine vieltausendköpfige Menge bei.
rv- Münster i. W., 6. März. SA.-, SS.- und Stahlhelmgruppen hißten hcnte abend auf dem hiesigen Rathaus eine Hakenkreuz- und eine schwarz-weiß-rote Fahne. Nach Hissung der Flaggen teilte der Kreisleiter der NSDAP., Aschoff, der vgr dem Rathaus versammelten Menge mit, daß der Schlüssel zum Rathaus erst mit Gewalt vom Oberbürgermeister habe geholt werden müssen. Noch heute würde ein Telegramm an Innenminister Göring abgesandt werden, in dem um Beurlaubung des Oberbürgermeisters und um Entsendung eines Staatskommissars für Münster gebeten wurde.
rv. Hagen, 6. März. SA.-Leute haben heute nachmittag ans dem hiesigen Rathaus die Hakenkreuzfahne gehißt.
rv- Oppeln, 0. März. Oberpräsident Dr. Lukaschek hat einem Wunsche der Bevölkerung entsprechend die Hakenkreuzfahne und gleichzeitig die schwarz-weiß-rote Fahne auf dem Regierungsgebäudc hissen lassen. Auch ans kommunalen Gebäuden der Städte Oberschlesiens weht hcnte die Hakenkreuzfahne.
Die badische Regierung zu dem Flaggenhissen
Karlsruhe, 6. März. (Eig. Meid.) Von der Pressestelle beim Staatsministerium wird mitgeteilt: „Im Laufe des Montags sind, ohne daß dies irgendwie vorauszusehen war, von der Volksmenge auf einigen staatlichen Gebäude Partci- fahuen gehißt worden. Die Regierung ist diesen Aktionen deshalb nicht mit Gewalt entgegengetreteu, weil ihr bekannt war, daß unter der Bevölkerung das irrige Gerücht verbreitet wor, die Reichsregieruug habe das Hissen dieser Flaggen angeordnet.
Um die Wiederherstellung geordneter Zustände ohne Blutvergießen zu erreichen, habe die badische Regierung sich einerseits an Staatssekretär Dr. Meißner beim Herrn Reichspräsidenten gewandt, andererseits nationalsozialistische Mitglieder der Reichsregierung gebeten, die Nationalsozialistische Partei in Baden und ihre Anhänger über die Unrichtigkeit dieser Gerüchte aufzuklären, und dann die Gauleitung der Nationalsozialistischen Partei in Baden veranlaßt, darauf hinzuwirken, daß weitere Parteifahnen nicht mehr gehißt und die gehißten noch am gleichen Tage entfernt werden. Die örtlichen Polizeibehörden werden in den nächsten Tagen, soweit die Voraus
setzungen des Artikels 123 Abs. 2 der Reichsverfassung gegeben sind, Versammlungen unter freiem Himmel und Umzüge unter freiem Himmel nicht gestatten.
Göring zum Hissen von Hakenkreuzfahnen und schwarz- weitz-roten Flaggen
Berlin, 6 . März, (Eig- Meld.) Wie wir erfahren, hat Reichsminister Göring, Reichskommissar für das Preußische Ministerium des Innern, an die Oberpräsidenten und Regierungspräsidenten in Preußen das Ersuchen gerichtet, dem Hissen von Hakenkrenzfahnen und schwarzweißroten Flaggen auf öffentlichen Gebäuden in diesen Tagen keinen Widerstand entgegenzusetzen.
Schwere BrandMungeaimKreiSeVergherm
11 Kommunisten unter Tatverdacht festgenommen
vv- Köln, 6. März. Die Regierungspressestclle teilt unter anderem mit: In der Nacht vom Sonntag auf Montag brach in den Sindorfer Glaswerken im Kreise Bergheim ein Groß- scuer aus. Das Feuer brach gleichzeitig an mehreren Stellen unter Detonationen aus. Der herbeieilende Nachtwächter wurde von den flüchtenden Brandstiftern beschossen. Ein Ucber- grcifen auf die eigentliche Glashütte konnte verhindert werden. Das Hauptlagergebäude brannte restlos nieder. Sieben Kommunisten wurden unter dem Verdacht der Brandstiftung festgenommen.
In der Nacht vom 4. zum o. März wurde in Zieverich das Gehöft eines protestantischen Geistlichen von Kommunisten an- gezüudct. Vier Kommunisten wurden festgenommen und dem Untersuchungsrichter vorgeführt.
Ungefähr zur gleichen Zeit versuchten bisher unbekannte Täter auf Schloß Schlenderhan in Bergheim ebenfalls einen Brand anzulegen. Als die Brandstifter von einem Angehörigen des Stahlhelms überrascht wurden, schossen sie und schlugen den Stahlhelmer zu Boden. Die Täter flüchteten.
In Köln kam es in einem Straßenviertel in der Gegend der Alten Mauer am Bach zu Ausschreitungen. Dort wurden von unbekannten Tätern die Sicherungen für die elektrische Straßenbeleuchtung hcrausgenommen und die Lampen teilweise beschädigt.
Domäne in Mammen
Eschwege, 6. März. Die Domäne Wellingerode bei Sontra im Kreise Eschwege steht in Flammen. Es liegt Brandstiftung vor. Nach einer Mitteilung der Regierung in Kassel sind linksradikale Elemente der Brandstiftung verdächtig. Durch den Brand in der Domäne Wellingerode sind die umfangreichen Wirtschaftsgebäude mit Inhalt eingeäschert worden. Das Vieh konnte gerettet werden. Drei Kommunisten aus Sontra, die kurz vor Ausbruch des Feuers in der Domäne anwesend waren, sind als vermutliche Brandstifter verhaftet worden.
UedeesM M VsMer Md SA.-Kolonnen
3 Tote, 14 Schwerverletzte
Altona, <!. März. (Eig. Meld.) In der Freiheit am Münzmarkt und am Gaehlersplatz ist es heute abend gegen 22 Uhr zu schweren Schießereien gekommen, die augenblicklich noch andauern. Einstweilen liegen darüber nur nicht nachprüfbare Berichte von privater Seite vor. Danach wurden von Kommunisten planmäßig Ueberfälle auf Polizei und SA.- Kolonnen unternommen. Die Polizei habe zur Abwehr der Angreifer schließlich Panzerwagen einsetzen müssen. Die Kämpfe zogen sich durch mehrere Straßen im Gebiet der Stadt- grenze hin. Da in der gleichen Zeit auch im benachbarten Hamburger Stadtteil Eimsbüttel vereinzelt Schüsse fielen, so nimmt man an, Saß es sich um eine Aktion von linksradikaler Seite handelt. Die Polizei ist mit starken Kräften unter Einsatz aller verfügbaren Schnellwagen unterwegs, und hält die Grenze zwischen Hamburg und Altona abgeriegelt.
Nach den bisher vorliegenden Meldungen sind Lei den Schießereien im Altonaer Grenzgebiet bis Mitternacht 3 Tote und 14 Verletzte festgestellt worden. — Der amtliche Bericht über die Vorgänge liegt noch nicht vor.
Die Schießerei war um 23 Uhr zu Ende. Vereinzelt fielen aber immer noch Schüsse. Die Patrouillen der Polizei sind mit Karabinern und Stahlhelm ausgerüstet. Nachdem die SA-- Abteilungen die Absperrung übernommen hatten, nahm die Polizei systematische Durchsuchungen der Hänser vor, wobei zahlreiche Verdächtige festgenommen wurden. Bis 23 Uhr waren zwei Tote und acht Schwerverletzte, darunter vier Polizeibeamte, gemeldet.
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(4. Fortsetzung.)
Die Erregung, mit der er das sagte, und die ganze Art seines Auftretens, flößte ihr Mitleid mit ihm ein. „Selbstverständlich können Sie gehen," beschied sie freundlich. „Die Koffer meiner Tochter sind wohl noch an der Bahn?"
. Nein, gnädige Frau! Sie stehen bereits auf dem Zimmer des Fräuiein Doktor!"
„Wer hat sie gebracht?"
„Ich selbst! — Während der Mittagspause!" erklärte er. „Es war Wust niemand abkömmlich. Sie später zu holen, hätte Zestverlust bedeutet."
Da sie ihn nur ansah und ihm zunickte, hielt er dies für eine Entlassung, oerneigte sich und drückte die Türe hinter sich zu
Sie blieb an den Schreibtisch gelehnt stehen und blickte noch immer nach der Richtung, in welcher er gestanden hatte. Komisch, daß sie beinahe etwas wie Liebe für diesen Mann ,empfand Nicht Weibes-, aber Mutterliebe, so daß sich ihre Gedanken immer wieder daran verloren, wie glücklich sie wäre, wenn sein und Lenores Herz sich finden würde. Er war, wie er ihr selbst gesagt hatte, zwar völlig mittellos, aber hatte zwei nimmermüde Hände, die den Mangel an Geld reichlich wettzumachen vermochten.
„Ich stehe vollkommen allein und besitze keinerlei Ver- r andte mehr," hatte er ihr auf eine diesbezügliche Frage geantwortet, ihr Erstaunen bemerkt und ein feines Rot auf die Wangen bekommen. Dann hatte er ihr, wenn auch zögernd, Einblick in seine Verhältnisse gegeben. Sein Vater war Prokurist eines kleinen Handelshauses in Hamburg gewesen und in dem Jahre gestorben, in welchem er seine Matura am Gymnasium abgelegt hatte. Er hatte dann vier Semester Medizin studiert und war, um der Mutter nicht länger zur Last zu fallen, an eine landwirtschaftliche Hochschule gegangen Seither hatte er immer mit kurzen Unterbrechungen auf verschiedenen Gütern Stellungen inne gehabt.
Frau von Recklinhausen kam es erst in diesem Moment zum Bewußtsein, daß sie ihn gar nicht gefragt hatte, ob auch seine Mutter gestorben war. Jedenfalls, sonst würde er doch nicht gesagt haben, er stehe vollkommen allein.
Ais sie das Zimmer verließ, um nach der Küche zu gehen, sah sie ihn m dunklem Anzug über den Hof kommen und durch das Tor treten. Tessa, die Hündin, sprang an chm hoch und empfing eine schmeichelnde Liebkosung. Dettermanns kleiner Neffe, der auf der Straße stand, reichte ihm das Händchen und ging mit ihm über die Wiesen, der Station zu.
„Alles liebt ihn!" dachte Frau von Recklmhausen und verfolgte Malnows Gestalt. Es gab niemand, der ihm nicht zugetan war. Er war sicher ein guter Mensch und ein feinfühliger Charakter Wenn Lenore nur einigermaßen guten Willen hatte und vergessen konnre, würde sie sehr glücklich mit ihm werden
Plötzlich rissen sich ihre Gedanken von Malnow los Sie lief in ihr Zimmer zurück, wo Hans Jürgens Brief noch immer zwischen der übrigen Korrespondenz lag Was wür- . den ihre Kinder sagen, wenn sie einmal mit dieser Nemgkest vor sie hintrat?
Sie sah Lenores gütig verstehenden Blick. Hörte Suses Aufweinen und ihre Äelteste ein rasches, hartes Won ! sprechen. l
Es hat ja noch Zeit, dachte sie. Er wird sicher nicht erwarten. daß ich ihm schon heute oder morgen Antwort gebe
Als sie in das Speisezimmer trat, hatten ihre Töchter sich dort bereits eingefunden. Margret laß über eine Zeitung geneigt und nickte ihr flüchtig zu. Lenore ordnete noch etwas i an den Gedecken, während Suse am Fenster stand und sich ^ brüsk nach ihr umwandte:
„Weißt du, daß Malnow schon vor sechs Uhr Feierabend ^ gemacht hat?" >
„Er hat um Urlaub gebeten bis morgen früh," sagte die Mutter erklärend. „Er scheint Dringendes erledigen zu müssen. Den Entgang an Arbeitszeit will er nachholen, hat er mir gesagt."
Margrets Gesicht hob sich über die Zeitung „Du bist sehr leichtgläubig, liebe Mama — wenigstens gegen diesen Malnow!"
„Nach deinem Dafürhalten hätte ich also seiner Bitte nicht stattgeben sollen?"
„Das nun gerade nicht," kam es mit Ueberlegung. „Aber ich hätte ihn geradewegs gefragt, was er eigentlich zu schaffen hat Für gewöhnlich ist die Nacht nicht die geeignete Zeit, um Geschäfte abzuwickeln."
„Es bleibt ihm doch sonst keine andere Stunde zur Verfügung," verteidigte Lenore.
„Er hat doch seine Sonntage," warf Suse ein, errötete und senkte den Kopf vor dem vorwurfsvollen Blick der Mutter. <
Sie erinnerte sich, daß er au jedem der letzten Feiertage bis in die Nacht geschafft halte.
Das Mädchen brachte die Suppe und Frau von Recklinhausen empfand es dankbar, daß ihre Äelteste sie jeder Konversation enthob, indem sie von heiteren Jmermezzos aus ihrem Examen erzählte. Zwischenhinein flogen ihre Gedanken zu Hans Jürgens Brief, der jetzt in dein Geheimfach ihres Schreibtisches versperrt lag.
So verschieden waren ihre Töchter geartet! So verschieden! Hans Jürgen hatte einen Trugschluß getan, als er glaubte, nun wären alle Bedingungen erfüllt, die ihr den Weg zu einem neuen Glück freigabe'n.
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Dieter Malnow saß in die Ecke eines drittkiassigen Schnell- zugwagens gedrückt und preßte den Kopt gegen das gelbgefaserte Holz der Wandung. Ihm gegenüber 'atzen drei Mitreisende mit übernächtigen Gesichtern und halb offenem, chnarchendem Munde
Nur eine Viertelstunde schlafen können, dachte er. Nur eine Viertelstunde Er schloß die Augen und zwang 'eine Gedanken zur Ruhe Es glückte kaum iür den Bruchteil einer Minute, dann fielen sie wieder über ihn her. rissen ihm die Lider auf und machten, daß ihm der Schweiß über Brust und Rücken rann.
„Wie soll das nun werden? Wie denn?" zermarterte er 'ein Gehirn Die Nachricht, die er heute erhalten hatte, zerstörte alles, was er in den verflossenen Jahren mit Mühe aufgebaut, zerschlug alles, was er an Plänen mit sich herum- getragsn hatte.
„Ich kann sie nicht zu mir nehmen," erwog er „Unmöglich! Ich muß sehen, daß ich sie irgendwo uutsrbringe. in einer Pension oder so " Obwohl ringsum kein Auge offenstand und alles in tiefem Schlafe lag, deckte er doch die Hände über das Gesicht, um die Tränen zu verbergen, die >bm haltlos über die Wangen kollerten
Er hatte geglaubt, er liebe sie nicht mehr, es gäbe keinerlei Band mehr zwischen ihnen. Sieben Jahre lang hatte er das geglaubt Er hatte keinen ihrer Briefe beantwortet, nicht ein einziges Mal in dieser langen Zeit war eine Zeile von ihm zu ihr gewandert. Immer wieder hatte sie versucht, den Weg zu seinem Herzen zu finden, zu dem Herzen, das unter Groll und Unversöhnlichkeit verschüttet lag.
Und nun kam ihr Brief mit der Mitteilung, daß ihr Mann, der Kunstmaler Reinkert, plötzlich gestorben war Und wieder, wie schon so viele Male, richtete sie die Frage an ihm
(Fortsetzung folgt.)