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des großen in der Mitte der Gebäude stehenden Hauptturmes. Dort zertrümmerte er die Schiefer­bedachung und eine Eichenholzbedeckung und zün­dete sofort. Dann zog der Blitz durch sämtliche Gebäulichkeiten, allenthalben starke Spuren hinter­lassend. Ein zweiter Blitz schlug in das Dach der sogen. Kemenate der Pfalzgräfin. Auch dort brannte es sofort. Der Brand wurde zuerst von dem Wärter der Pfalz entdeckt, als dieser mit einer Anzahl Fremder nach der Pfalz fahren wollte. Er holte einige Leute, die in der Nähe arbeiteten, und begab sich mit diesen in den großen Turm. Mit Wasser war nicht viel auszurichten, da das Tragen durch die engen Treppen außer­ordentlich schwierig war. Glücklicherweise befand sich in dem Gebäude ein von einem Jngenieur- verband geschenkter Minimax-Apparat, mit dessen Hilfe es gelang, der Flammen Herr zu werden. Jedenfalls dürfte es angebracht sein, auf dem Turm einen Blitzableiter anzulegen, damit das alte Bauwerk nicht doch noch einmal einem Blitz­strahl zum Opfer fällt. Es sind schon Vor­kehrungen getroffen, um die Wiederherstellung der Pfalz zu veranlassen. (Die Pfalz oder der Pfalz­grafenstein, ein sechseckiges Schloß mit fünfeckigem Hauptturm und zahlreichen kleineren Türmchen, ist eines der interessantesten Baudenkmäler aus dem deutschen Mittelalter. Die malerisch mitten im Rhein gelegene Burg mag im 13. (der Haupt­turm im 14.) Jahrhundert erbaut worden sein und diente zweifellos der Erhebung des Strom­zolls.)

München 2. Aug. Bei einem Einbruch in einen Uhrenladen an der Ecke der Türken- und Theresienstraße fielen den Dieben für 12 000 ^ Uhren- und Goldwaren in die Hände.

Breslau 2. Aug. In Wilnaowa in Russisch-Polen waren zu einem Ablaß mehrere Tausend Personen anwesend. Viele von ihnen wollten auf einem Prahm nach Marysiek gelangen, der nur für 2530 Personen berechnet war. Es nahmen jedoch 70 Personen darauf Platz. Der Prahm kenterte und etwa 30 Personen ertranken, die übrigen 40 wurden gerettet.

Leipzig 2. Aug. Eine von 1800 Personen besuchte Versammlung der sozialdemokratischen Partei beider Leipziger Reichstags-Wahlkreise erklärte den Boykott über alle den Bierpreis erhöhenden Brauereien und Wirte.

Braunschweig 1. Aug. Der Kaufmanns­lehrling Brunke, der die beiden Schwestern Haars erschossen hat und deshalb zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt worden ist, hat sich heute im Gefängnis erhängt.

Berlin 2. Aug. Die Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit dem König Eduard von England auf Schloß Friedrichshos wird wie der Lok.-Anz." hört, am 16. ds. stattfinden.

DieNordd. Allg. Ztg." meldet: Der Kaiser gedenkt Mitte dieses Monats an der Enthüllung des Landgrafendenkmals in Homburg teilzunehmen und wird in Verbindung hiermit mehrere Tage in Schloß Friedrichshof verweilen. Während dieser Tage wird der König von England hier eintreffen.

Berlin 2. Aug. Nach einem Telegramm des Gouvernements in Daressalam griff Leutnant v. Lindeiner mit einer Abteilung des Johan- nes'schen Expeditionskorps das Lager des Sultans Schabruma, des Hauptführers der aufständischen Wangonis am Lihondefluß, südöstlich von Ssongea, überraschend an. Schabruma selbst wurde ver­wundet, entkam aber. Seine Frau und seine Kinder wurden gefangen und seine ganze Habe und sein Vieh erbeutet. Der Gegner verlor 16 Tote und 179 Gefangene. Diesseits ist ein farbiger Unteroffizier gefallen. Die Mehrzahl der Schabrumagroßen unterwarfen sich. Major Johannes sieht die Lage in Ssongea günstig an. Nach einer Meldung des Hauptmanns v. Kleist ist die Ruhe in Upangwa immer noch nicht wieder hergestellt. Major Johannes marschierte infolge dessen mit Verstärkungen dorthin ab. Aus Jraku liegen Meldungen nicht vor.

Berlin 2. Aug. In der Affäre Major Fischerv. Tippelskirch ist vom Kriegs.

gerichtsrat vr. Sülle bereits eine große Anzahl Zeugen vernommen worden, darunter in erster Reihe Tippelskirch selbst und dann seine Frau, die den Stein ins Rollen gebracht hat. Wie die Berl. Morgenpost erfährt, werden, wenn die Unter­suchung zu einem gewissen vorläufigen Abschluß gelangt ist. die Akten der Staatsanwaltschaft über­geben werden, damit diese aus ihnen entnehmen kann, inwiefern für sie Veranlassung vorliegt, um gegen v. Tippelskirch wegen aktiver Bestechung strafrechtlich vorzugehen. In einigen Blättern wurde behauptet, daß die Verhaftung Fischers auf telegraphische Anweisung des Kaisers erfolgt sei. Das ist, wie das genannte Blatt aus kompe­tenter Seite erfährt, unrichtig.

Berlin 2. Aug. Der Reichspostdampfer Prinz Heinrich" ist mit den an der Studien­reise nach Ostasien teilnehmenden deutschen Reichs­tagsabgeordneten und dem Gouverneur von Kiau- tschou, Admiral Truppe! gestern von Genua ab­gegangen.

Kiel 2. Aug. Aus der hiesigenGermania­werft" wurde heute früh das für die deutsche Reichsmarine erbaute Unterseeboot zu Wasser gebracht. Der weitere Ausbau des Boots erfordert etwa 5 Wochen, so daß Mitte September mit den Probefahrten begonnen werden kann.

Swinemünde 1. Aug. Der Kaiser wohnte heute morgen einer Schießübung der Küstenartillerie bei und b?gab sich zu Fuß nach dem Fort. Die Kaiserin unternahm mit den hier weilenden Prinzen und der Prinzessin Viktoria Luise einen Spaziergang bis zu den Plantagen. Die Anwesenheit des Kaiserpaares dauert bis Samstag.

Kattowitz 2. Aug. Tie Lage im russi­schen Grenzgebiet ist äußerst gespannt. Die Bahnlinie Kattowitz-Sosnowice wird militärisch bewacht, da ein Attentat befürchtet wird.

Paris 2. Aug. DerMatin" berichtet aus Petersburg, daß eine große Feuersbrunst in Kronstadt ausgebrochen ist. Alarmierende Gerüchte kursieren in Petersburg. Der Präfekt hat den Truppen befohlen, für alle Eventualitäten bereit zu sein.

Zürich 2. Aug. Der städtische Polizei­vorstand hat die anstößigen deutsch-feindlichen Ansichtskarten aus den Auslagen entfernen lassen. Es hat sich bei den Untersuchungen heraus­gestellt, daß die Karten von einem Deutschen gezeichnet und in Leipzig hergestellt waren.

Wien 2. Aug. In Aussee machte vor­gestern Walter Friedländer, ein Sohn des Berliner Professors Max Friedländer und die Berliner Schriftstellerin Adele Schreiber einen Aufstieg aus den Breuning Zinken. Gestern am frühen Morgen sind beide abgestürzt. Friedländer war sofort tot. Seine Leiche wurde gefunden. Adele Schreiber erlitt einen Beinbruch.

London 2. Aug. Nach einer Meldung derDaily Tribüne" aus Petersburg herrscht große Erregung in der russischen Hauptstadt. Man behauptet, daß eine allgemeine Meuterei in der russischen Armee bevorsteht. Truppen halten das Haupt-Telegraphenamt in Petersburg besetzt, weil außerordentliche Ereignisse erwartet werden. Jede Verbindung zwischen Petersburg und Kron­stadt ist abgeschnitten. Ein Garderegiment wurde abgeschickt um Kronstadt zu umzingeln und die meuternde Garnison zur Üebergabe zu zwingen.

London 2. August. DerEvenning Standard" meldet aus Coby in Südafrika, daß dort eine Frau verhaftet wurde, die in dem Verdacht steht, über hundert Kinder umgebracht zu haben. Die Untat wurde durch das Ablassen eines Teiches entdeckt, wobei man über 50 Kinder­skelette fand. Die Beschuldigte erklärt, eine ganze Reihe von Frauen nennen zu können, die eben­falls mitschuldig seien.

Petersburg 1. Aug. Die Ergebnisse der von der Regierung veranstalteten Razzia auf Sozial-Revolutionäre sind bei weitem nicht so bedeutend wie die ersten Meldungen besagten. Tie Regierung ist weder einer Vorbereitung zum bewaffneten Aufstand, noch der militärischen revo­lutionären Organisation auf die Spur gekommen.

Recht viele Verhaftungen scheinen überhaupt ganz unbegründet zu sein.

Tiflis 2. Aug. Von dem im Dorfe Daschlager stehenden Infanterieregiment meu­terten am 30. Juli 5 Kompagnien, wobei der Regimentskommandeur, zwei andere Offiziere, sowie der Regimentsgeistliche getötet wurden. Von Grosy sind Truppenteile zum Zweck der Niederkämpfung der meuternden Truppen ab­gesandt worden. Zu demselben Zweck wurde das 4. Schützenbataillon abgeschickt. Die Lage in Schuscha ist noch immer beunruhigend. Die telegraphischen Verbindungen wurden wiederholt unterbrochen.

Tanger 2. Aug. Entsprechend den Ver­einbarungen der Marokko-Konferenz gab der Maghzen Befehl, 2000 Mann für den Polizei­dienst in den marrokkanischen Häfen auszuwählen. Der Sultan tut sein möglichstes, um alle Be­schlüsse der Konferenzakte so schnell als möglich in die Tat umzusetzen.

Meuterei in -er Festung Sweaborg.

London 1. Aug. Nach einer hier ein­gegangenen Meldung aus Helsingfors über den in der Seefestung Sveaborg am 30. Juli ausgebrochenen Aufruhr einer Pionierabteilung und einer Anzahl Artilleristen, wird innerhalb der Festung Sveaborg noch weiter gekämpft. Die Zahl der Toten und Verwundeten wird auf 600 angegeben. Die Meuterer sind angeblich im Besitz der Forts. Kriegsschiffe bombardieren die Festung. Ein anderes Telegramm aus Helsingfors über Kopenhagen besagt jedoch, daß sich die Kriegsschiffe auf die Seite der Meuterer schlugen. In Helsingfors herrscht Panik.

Petersburg 1. Aug. Während offiziell versichert wird, die Revolte in Sveaborg sei niedergeworsen, behaupten Privatnachrichten, daß vier von den meuternden Schiffen auf Kronstadt zudampfen, um die dortige Garnison zum Meutern zu veranlassen. Im Hinblick auf die Gefahr haben die Behörden in Kronstadt um­fassende Vorsichtsmaßregeln getroffen, weil die revolutionären Delegierten unter den dortigen Soldaten und Matrosen eifrig Propaganda zu Gunsten der Meuterei in Sveaborg unternommen haben. An Bord verschiedener in Kronstadt an­wesender Kriegsschiffe haben wegen der Un­zuverlässigkeit der Matrosen Infanterie-Soldaten die Wache bezogen. Verschiedene Geschützverschlüffe sind entfernt worden, um die Geschütze gebrauchs­unfähig zu machen.

Petersburg 2. Aug. Die Lage in Sveaborg war gestern noch immer sehr kritisch. Vier befestigte Inseln waren im Besitz der Auf­rührer, die trotz mehrfacher Versuche nicht aus ihren Positionen zu werfen waren. Mehrfach brach gestern ein furchtbarer Artillerie-Kampf aus. Die Dampfer Zesarewitsch und Slawa warfen ihre 12pfünder-Geschosse in die Festung und zerstörten eine Kirche und viele Häuser. Das Heranbringen von Truppen nach Sveaborg und Helsingfors ist durch die Zerstörung der Bahnlinie sehr erschwert. Die in Tutula stehende Batterie weigerte sich, auszurücken. Aus der Umgegend herangezogene Infanterie-Regimenter warfen auf dem Marsche Patronen und Gewehre ab. Auch eine per Bahn herangebrachte Kom­pagnie mit Maschinen-Kanonen hat unterwegs die Kanonen aus dem Zuge geworfen. Infolge dieser neuen Meuterei sind Truppen von Peters­burg und Reval per Schiff nach Helsingfors abgegangen. Drei Panzerzüge mit Artillerie wurden von hier befördert.

Helsingfors 2. Aug. Das Artillerie­feuer auf die Festung ist wieder ausgenommen worden. Die Verwundeten werden in die Stadt gebracht; die treugebliebene Festungsgarnison wurde durch Infanterie verstärkt. In der Stadt sind in den Reihen der roten Garde Unruhen aus­gebrochen.

Helsingfors 2. Aug. Sveaborg steht teilweise in Flammen. 500 Verwundete ^ sind aus Sweaborg hier eingetroffen. Die Meuterer haben gestern eine Brücke bei der Station Ribimaeski in die Luft gesprengt.