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kochkiste, der „Selbstkocher", ist bei der Firma Dreiß (Eisenhandlung) hier ausgestellt, die es sich angelegen sein läßt, im Interesse der Förderung des Volkswohles dies äußerst sparsame Kochsystem den Interessenten vorzuführen.
Calw. Wer gegenwärtig Insekten- fanggläser, mit Tropfbier oder anderer geeigneter Flüssigkeit gefüllt, an freistehenden Bäumen im Garten aufhängt, wird staunen, welche Menge von Nachtschmetterlingen (Ringelspinner, Blaukopf, Schwammspinner, Johannisbeerspanner) und anderes Geschmeiß sich nach wenigen Tagen darin ersäuft hat. Als Fangglas eignet sich jedes Fläschchen mit etwas weitem Hals. Diese Art Beseitigung von Obstschädlingen verursacht wenig Mühe.
X Wildberg 27. Juli. Das alle zwei Jahre wiederkehrende Kinderfest wurde gestern nachmittag in herkömmlicher Weise gefeiert. Vom Kloster aus bewegte sich um 2 Uhr unter den Klängen einer Musikkapelle der jugendliche Festzug durch die Stadt, hinauf zum Schasscheuerberg, der mit seinen ehrwürdigen Lindenbäumen für derartige Veranstaltungen ein sehr geeignetes Plätzchen bildet. Nach einer passenden Ansprache seitens des Ortsgeistlichen, Stadtpfarrer Dieterich, und Choralgesang folgten Deklamationen, Spiele, Wettlauf und Gesänge der Schüler, welche alle mit kleinen Gaben erfreut wurden. Dank der günstigen Witterung verlief das Fest, an dem sich auch die Alten äußerst lebhaft beteiligten, in gelungener Weise.
Leonberg 27. Juli. Dem gestrigen Viehmarkt wurden 28 Ochsen, 76 Kühe, 65 Stück Läufer- und 150 Milchschweine zugetrieben. Von letzteren kosteten das Paar 33—40 Mk. Der Handel mit Hornvieh war gegen Schluß sehr lebhaft. Die Preise haben ihre seitherige Höhe behalten.
Korntal 27. Juli. Als der Fuhrknecht Christian Obergfäll am letzten Sonntag morgen im Hofe mit Pferdeputzen beschäftigt war, wurde er von einem Pferd derart auf den Unterleib geschlagen, daß er vom Platz in seine Wohnung getragen werden mußte. Gestern ist er an den erhaltenen Verletzungen unter großen Schmerzen gestorben.
Stuttgart 27. Juli. Die im Juni abgehaltenen Wollmärkte in Württemberg haben mir einer Zufuhr von rund 8400 Ztr. gegenüber dem Vorjahr mit 8150 Ztr. wieder eine geringe Zunahme erfahren, während der Wollmarktverkehr seit 1875 ständig gesunken ist und zwar von 24000 Ztr. auf 8150 Ztr. im letzten Jahre. Die Preise wiesen Heuer im Durchschnitt eine bedeutende Steigerung aus, während im Jahre 1901 ein Durchschnittspreis von 96 Mk. pr. Ztr., 1902 ein solcher von 105,5 Mk., 1903
122 Mk., 1904 130 Mk. und 1905 142,5 Mk. erzielt wurde, ging Heuer der Durchschnittspreis pr. Ztr. auf 168 Mk.
Stuttgart 27. Juli. Anläßlich des vom 4.-6. August ds. Js. in Heidenheim stattfindenden Kreisturnfestes wird von den württembergischen Staatsbahnen für die an dem Feste teilnehmenden Turnvereinsmitglieder eine Fahrpreisermäßigung in der üblichen Weise gewährt, sodaß zur Fahrt nach Heidenheim und zurück in der III. Klasse einfache, mit dem Rückfahrtsstempel versehene Karten am 4., 5. und 6. August ausgegeben werden, die zur Rückfahrt innerhalb 10 Tagen gültig sind. Auf Familienangehörige von Turn, Vereinsmitglieder erstreckt sich diese Vergünstigung nicht. Die Fesiteilnehmer müssen sich dem Bahnpersonal gegenüber durch Festkarten oder Turnvereinsabzeichen ausweisen.
Stuttgart 27. Juli. (Ferienstrafkammer.) Der wegen Diebstahls vorbestrafte 16jährige Schreinerlehrling Eustachius Kaufmann von Lauda stieg in der Nacht vom 23. Juni in Ludwigsburg durch ein offenstehendes Fenster in eine Wohnung ein um zu stehlen, wurde aber durch die Hilferufe der Bewohnerin verscheucht. In der darauffolgenden Nacht stieg er unter Benützung einer Leiter in eine andere Wohnung ein. Er zündete zunächst in der Küche eine Lampe an und versuchte sodann mehrere geschlossene Türen gewaltsam aufzubrechen. Die an dem Geräusch erwachte Bewohnerin rief laut um Hilfe, worauf der Einbrecher sich schleunigst davonmachte. Das Urteil gegen ihn lautete wegen 2 Verbrechen des versuchten schweren Diebstahls auf 1 Jahr 4 Mon. Gefängnis. — Der 16jährige Taglöhner Hans Bischofs von Langenau erhielt wegen Diebstahls im Rückfalle 2 Monate Gefängnis. Er entwendete aus einem unverschlossenen Zimmer verschiedene Kleidungsstücke im Wert von 6—7 Mk. — Der ledige Provisionsreisende Richard Kobreß schädigte einen hiesigen Buchhändler mit gefälschten Bestellscheinen um 30 Mk. Provision. Die Strafkammer erkannte gegen den schon öfters vorbestraften Angeklagten auf 4 Monate Gefängnis.
Stuttgart 27. Juli. Gestern Vormittag brachte sich eine Verkäuferin in ihrer Wohnung in einem Anfall von Schwermut einen Revolverschuß in die rechte Brustseite bei. — Auf der Kreuzung der König- und Rotebühlstraße wurde gestern vormittag ein achtjähriges Mädchen von einem Automobil überfahren. Tie Verletzung ist nicht gefährlich. Der Führer ist bekannt.
Stuttgart 25. Juli. Zur Vorsicht beim Ankauf von Zuchtvieh im Simmental (Schweiz) mahnt der Landestierzuchtinspektor Oekonomierat Fecht, indem er folgendes erzählt: Ende März ds. I. kaufte eine Kommission des VIII. landwirtschaftlichen Gauverbands (Herren
berg) im Simmental eine größere Anzahl junger Bullen unter der ausdrücklichen Garantie für Sprungfähigkeit. So wurde auch mit F. Zurbrügg in Erlenbach gehandelt; als dieser aber bei der Uebergabe des Bullen und Auszahlen des Kaufpreises die Garantie schriftlich bestätigen sollte, weigerte er sich, die Garantie für Sprungfähigkeit schriftlich zu geben. Die Kommission übernahm infolge dieser Weigerung den Bullen nicht und kaufte an dessen Stelle ein anderes Tier. Am Tag vor der Rückreise der Kommission, abends 9 Uhr, erschien der Waibel (Gerichtsvollzieher) und belegte den ganzen vom VIII. Gauverband gekauften Transport im Wert von etwa 25 000 Franken mit Beschlag, und zwar im Auftrag des Gerichtspräsidenten auf den Antrag des genannten Zurbrügg. Die Kommission erbot sich, eine Kaution von 2000 Franken bis zum Austrag des Streites zu hinterlegen; dies Angebot wurde jedoch nicht angenommen. So sah sie sich, um weiteren Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen, genötigt, den Farren, welchen sie jetzt nicht mehr brauchte, ohne Garantie zu übernehmen. Das Verfahren des Zurbrügg fand bei den übrigen Simmentaler Verkäufern allgemeine Mißbilligung; einer derselben nahm der Kommission den Bullen gegen einen Nachlaß von 40 Franken ab.
Ludwigsburg 27. Juli. Die mit einem Aufwand von 31000 Mk. auf dem neuen Friedhof erbaute Leichenhalle nebst Aufseherwohnung ist dieser Tage der öffentlichen Benützung übergeben worden. Die Halle ist in ihrem Aeußern der benachbarten, von Geh. Komm.-Rat Hermann Frank gestifteten Kapelle angepaßt und enthält im Erdgeschoß zwei Einzelzellen, einen größeren, durch Zwischenwände in Kabinette zerlegten Raum zur Aufnahme von 6 Leichen. Weitere 12 Leichen können im Untergeschoß aufgebahrt werden, wo auch eine Zelle für einen an einer ansteckenden Krankheit erlegenen Toten vorhanden ist. Die Ausstattung ist einfach aber würdig und vor allem praktischen Rücksichten Rechnung tragend. Der östliche Giebel hat bilderreichen Schmuck erhalten.
Bönnigheim OA. Besigheim 27. Juli. In einer hies. Familie machte ein Kind „Süßwasser" ergriff aber aus Versehen einen Rest Lysol. Nur dem schnellen Eingreifen des Arztes ist die Rettung des Kindes zu verdanken. — In einem andern Hause spielten Kinder an der Futterschneidmaschine, wobei einem 7jähr. Mädchen ein Finger abgeschnitten wurde.
Murr OA. Marbach 26. Juli. Die „Neck.-Ztg." schreibt: Die Folgen der Ueber- schwemmung am 20. Mai beginnen sich zu zeigen. Eine Kuh, die vom Heu der überschwemmten Wiesen gefressen hatte, ist an Milzbrand gefallen. Auch in Marbach ist aus diesem Grunde ein Stück Vieh eingegangen.
Das Wrack des Grosvenor.
Roman aus dem Englischen von Clark Rüssel.
(Fortsetzung.)
„Als was soll ich denn dann ans Land gehen?"
„Ei, nun, als Passagier, Schiffsdoktor, Pfarrer, wir sagen Ihnen das noch. Machen Sie nur, daß Sie uns bald an die gesegnete Küste bringen; wir sind schon alle ganz schwach vor Sorge und Angst um unsere Hälse. Der Teufel soll mich holen, wenn wir nicht zwei Monate brauchen werden, um durch ein gutes Leben uns wieder zu Männern zu machen, sobald wir nur erst am Lande sind." Nach diesen Worten verließ er, noch einmal laut auflachend und mir listig zunickend, die Kajüte.
16. Kapitel. Fester Entschluß.
Als Stevens mich verlassen hatte, faßte ich den Entschluß, dieser schrecklichen Zeit ein Ende zu machen, mochte daraus werden, was da wollte. Mochte Windstille eintreten, oder uns ein Sturm überfallen, Freitag nachmittag beschloß ich, dem Zimmermann zu sagen, daß wir vierzig bis fünfzig Meilen von der Küste von Florida angekommen wären.
Wenn es dem Hochbootsmann gelang, das Anbohren des Schiffes zu verhindern, und wir es also nach Bermuda bringen konnten, so kam wenig darauf an, ob wir hundert oder zweihundert Meilen von der Inselgruppe beilegten. Die Ungewißheit unserer Lage war mir nachgerade unerträglich geworden. Ich fühlte, daß meine Kräfte unter dem Druck derselben ab- nahmen, und nur die fortwährende geistige Spannung mich noch aufrecht hielt. Es war in der Tat die höchste Zeit für mich, diesem Zustand ein Ende zu machen. Ich mußte mich für den ersten Gang vorbereiten, meine Pläne vollends zur Reife bringen und die Gewalt, die ich noch über das Schiff besaß, so viel als möglich zu meinem Vorteil ausnutzen.
Während meine Gedanken in dieser Richtung verweilten, fiel mir
ein, daß vielleicht unter Ducklings Effekten, noch ein Revolver zu finden sein möchte, wenngleich ich in der Waffe, die jetzt in meinem Besitz war, diejenige zu erkennen glaubte, mit der er mich bedroht hatte. Ich begab mich nach seiner früheren Kajüte, um mir durch einen Augenblick in seine Sachen Gewißheit zu verschaffen, sobald ich aber den Deckel zu seiner Kiste geöffnet hatte, wurde mir klar, daß schon ein anderer mir zuvorgekommen war, denn die Kleider waren durcheinander gewühlt, die Taschen umgekehrt und viele Dinge aus ihren Verpackungen herausgeriffen.
Jetzt blieb mir nichts übrig, als zu hoffen, daß Duckling damals den Revolver des Kapitäns geführt haben mochte, denn hatte er ebenfalls einen besessen, so befand sich dieser jetzt in Händen von Stevens; nur er, das war ich fest überzeugt, hatte die Kiste des Maats durchstöbert, ganz ebens o wie er die Sachen des Kapitäns durchsucht hatte.
Da seitdem der Hochbootsmann nicht mehr da war, nur Stevens und ich Wache hielten, so trafen wir bei den Mahlzeiten nicht mehr zusammen. Wenn der eine von uns oben war, war der andere unten.
Der Steward erzählte mir, daß im Logis der Leute ein Gelage stattfinden sollte, daß die am Morgen umgebrachten Hühner und drei Schweineschinken gebraten worden seien und er auf Befehl des Zimmermanns einen Krug Rum habe abfüllen und nach vorn bringen müssen. Es dauerte auch nicht lange, da drang das wiehernde Gelächter und der brüllende Gesang der wüsten Lieder zu mir, mit denen die Bande sich ihr Festmahl würzte.
Da ich überzeugt war, die Lustbarkeit würde in allgemeiner Trunkenheit enden, klopfte ich an Miß Robertsons Tür und sagte ihr, daß sie sich unter keinen Umständen auf Deck sehen lassen dürfe. Sie reichte mir freundlich die Hand und forderte mich auf, einzutreten und Platz zu nehmen.
Der alte Herr stand mit dem Rücken nach der Tür und sah durch das Schlitzfenster. Obgleich er mich jedenfalls hörte, nahm er keine Notiz von mir und wandte sich erst um. als seine Tochter ihn am Arme zog.
(Fortsetzung folgt.)