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88. Zahrgang.
Württemberg
Stuttgart, 3. Juli. (Für eine höhere Aufwertung der Sparkassen.) Die Ortsgruppe Stuttgart des württ. Sparerbundes hat an sämtliche württ. Sparkassen ein Schreiben gerichtet, das umso mehr interessieren dürste, als im württ. Landtag in nächster Zeit mit einer erneuten Aufrollung der Äufwertungsfvage gerechnet werden muß. In dem Schreiben heißt es: Die Regelung der Sparkassenaufwertung in Württemberg hat als untere Grenze den gesetzlichen Mindestsatz von 12X> Prozent festgesetzt, oben aber dem freien Ermessen und Willen der einzelnen Sparkassen keinerlei Grenzen gezogen. Es ist anzuerkennen, daß die meisten Württembergischen Sparkassen den Mindestsatz überschritten haben. Wenige jedoch sind über den Satz von 20 Prozent hinausgegangen. In Sachsen dagegen wurde ganz allgemein bestimmt, daß nach Möglichkeit ein Blindestsatz von 25 Prozent erreicht werden solle und manche sächsischen Sparkassen werten tatsächlich bis zu 40 Prozent und noch höher auf. Zweifellos können auch die meisten württembergischen Sparkassen höher aufwerten, als dies bisher geschehen ist. Man könnte beispielsweise auch daran denken, durch jährliche Zuweisungen etwa in der Höhe der Hälfte des jährlichen Gewinns den Aufwertungssatz allmählich auf mindestens 25 Prozent zu erhöhen. Mr selbstverständlich halten wir es, daß die Verzinsung der alten Sparguthaben möglichst rasch den Zinssätzen für die neuen Spareinlagen völlig angeglichen werden muß und daß mindestens ab 1. Januar 1930 der Zinssatz für die Men Spareinlagen auf 5 Prozent erhöht wird. Eine der größten ^Härten und Ungerechtigkeiten des Aufwertungsgesetzes ist zweifellos die Frage der Rückwirkung, die bei den meisten württembergischen Sparkassen nach dem sog. Wilhelmshavener System geregelt worden ist. Der Sparerbund hat seit Jahren immer wieder auf dieses, die Gläubiger in verhörter Weise willkürlich schädigende System hingewiesen und dessen Beseitigung gefordert. Tatsächlich ist auch in Sachsen und in Baden dieses System wenigstens vom Stichtag des 15. Juni 1922 ab aufgehoben worden, und auch eine Anzahl württembergischer Sparkassen hat das Wilhelmshavener System vom 15. Juni 1922 ab freiwillig beseitigt. Wir halten es für notwendig, daß alle württ. Sparkassen diesem Beispiel folgen.
Heilbronn, 3. Juli. (Ein Wüstling exemplarisch bestraft.) Im Frühjahr d. I. ging in Heilbronner und Sontheimer Schulen ein Mann um, der immer wieder kleine Mädchen an sich zu locken wußte, um sich an ihnen zu vergehen. Es handelte sich um den 29 Jahre alten verheirateten Arbeiter Karl Weiß von Stuttgart-Gaisburg. Er bekam jetzt vom Schöffengericht 6 Jahre und einen Monat Zuchthaus und außerdem noch 5 Jahre Ehrverlust.
Neckargartach, OA. Heilbronn, 3. IM. (30 Prozent Umlage Md immer noch Defizit.) In der letzten Gemeinderats- sitzuug wurde der Voranschlag für den Gemeindehaushalt 1930 beraten. An Einnahmen sind vorgesehen 221270 Mark, an Ausgaben 606 851 Mark, wodurch ein Abmangel von 385 851 Mark entsteht. Bei einer Gemeindeumlage von 30 Prozent mit 516257 Mark Kataster ergibt sich 154 877 Mark, sodaß noch ein ungedeckter Rest bleibt mit 230 704 Mark. Dieser Betrag soll gedeckt werden durch einen erhöhten Zuschuß aus dem Ausgleichsstock und einem erhöhten Zuschuß zu Len Lehrergehaltsbeiträgen. Der Voranschlag ist äußerst genau. Die Einnahmen sind vollkommen erschöpft und die Ausgaben können nicht weiter vermindert werden. Nur durch äußerste Sparsamkeit wird es möglich sein, die Umlage im nächsten Jahr etwas zu ermäßigen.
Eßlingen, 2. Juli. (Der Bezirksrat wehrt sich gegen den Wirtschaftsminister.) Wirtschaftsminister Dr. Maier hatte in Plattenhardt bei seiner Rede über Filderverkehrsfragen den Eßlinger Bezirksrat wegen seiner Haltung angegriffen. Der Bezirksrat hat nun in seiner letzten Sitzung einen Beschluß gefaßt, worin die sachlich ganz unbegründeten und ungerechtfertigten Angriffe des Ministers mit aller Entschiedenheit zu-
ruckgewiesen werden. Wenn der Bezirk Eßlingen sein Darlehen von 250 000 Mark zum Ausbau der Nord-Südbahn unter der Bedingung gegeben hat, daß der Vorortsverkehr bis Plochingen viergleisig ausgebaut wird, so war diese Bedingung nichts anderes, als eine vom Wirtschaftsministerium am 3. März 1927 schriftlich gegebene Zusage. Der Bezirksrat hat überdies ausdrücklich beschlossen, eine finanzielle Beteiligung an der Elektrifizierung des Vorortsverkehrs nicht grundsätzlich abzulehnen. Die Amtskörperschaftsverwaltung > hat im Einklang mit den strengen Vorschriften des Innenministeriums gehandelt, das den Körperschaften verbietet, irgend eine nicht unbedingt nötige Ausgabe zu machen. Ob die sofortige Elektrifizierung des Vorortsverkehrs bei der heutigen Lage unbedingt notwendig ist, darüber ist eine verschiedene Auffassung erlaubt. Wenn die Bevölkerung des Bezirks Eßlingen aufgemuntert wird, in dieser Sache gegen die verfassungsmäßigen Organe der Selbstverwaltung Stellung zu nehmen, so ist das ein unerhörtes, in Württemberg Wohl noch nie dagewesenes Vorgehen eines Ministeriums.
Albris, OA. Wangen, 3. Juli. (Brand durch Blitzschlag.) Während des gestrigen Gewitters schlug gegen 14 5 Uhr abends der Blitz in das Anwesen des Landwirts Josef Kresser in Albris. In kurzer Zeit standen das Wohnhaus und die angebaute Scheuer in Flammen. Das Feuer breitete sich so rasch aus, daß trotz energischen Eingreifens der am Brandplatz erschienenen Feuerwehren nach einer Stunde das ganze Anwesen bis aufdie Grundmauern abgebrannt war. Das Vieh und die Fahrnis konnten gerettet werden. Die Weckerlinie Wangen konnte erst 146 Uhr durch einen Motorradfahrer alarmiert werden, da der Fernsprecher wegen Blitzgefahr nicht in Betrieb war. Die Autospritze rückte in kürzester Zeit auf den Brand- Platz, um das Feuer vollends zu bekämpfen.
Tettnang, 3. Juli. (Tot aufgefunden.) Die Witwe des früheren Krankenkassenverwalters Josef Gührer wurde morgens im Bett tot aufgefunden, vermutlich infolge Herzlähmung nach Venenentzündung.
Leutkirch, 3. IM (Wieder ein Brandfall.) NLoch rauchen die Trümmer des Oekonomiegebäudes der unteren Mühle in Aichstetten, in dem 70 Schweine den Flammentod fanden, da wurde unser Bezirk schon wieder von einem neuen schweren Brandfall heimgesucht. In Uttenhofen brach Dienstag nachmittag im Wohn- und Oekonomiegebäude des Anwalts Franz Josef Bernhard Feuer aus- Infolge Wassermangels war an eine Niederkämpfung des Feuers nicht zu denken. Obwohl das Gebäude in sehr gutem baulichem Zustand war, nahm das Feuer so rasch überhand, daß nur Weniges gerettet werden konnte. Die ganze Heuernte von etwa 40 Morgen ist vernichtet. Ein Farren konnte nicht mehr aus dem Stall gebracht werden und Verbrannte. Der Brandgeschädigte hat eine zahlreiche Familie. Als Brandursache wird Selbstentzündung des Heustocks angenommen. Da Heuer die .Heuernte sehr rasch eingebracht wurde, ist die Gefahr von Heustockbränden durch Gärung und Selbstentzündung mehr als sonst gegeben. Da und dort mußten schon Heustöcke umgesetzt werden.
Vermischtes.
Der älteste deutsche „Wolkenkratzer" — ein mittelalterliches Hochhaus in Nördlingen. Des ältesten deutschen Wolkenkratzers rühmt sich die eine Freie Reichsstadt im Ries. Es ist das seltsame „Hohe Haus" am Markt, das sich schmalbrüstig genug mit 3 und 4 Fenstern Front in 8 hohen Stockwerken über alle anderen seltsamen Schweisgiebel und geschichtereicheu Bürgerhäuser schwingt. Die Geschichte dieses uralten Hauses ist dunkel. Tempelherren sollen es im 13. Jahrhundert erbaut haben. Ilm einen im 2. Stockwerk eingemauerten steinernen Kinderkopf spielt die Sage. — Wolkenkratzer, ingeniöse Erfindung des 20. Jahrhunderts? Man fühlt sich versucht, wieder einmal Ben Akiba zu zitieren! Daneben rühmt sich Nördlingen auch des ältesten deutschen Warenhauses innerhalb
seiner Stadtntauern. Es ist der unter der Last der Jahrhunderte gebeugte, vorgekragte Fachwerkbau des „Hafenhauses", das aus dem Jahr 1380 stammt und in dem Hafner, Gerber und Kürschner ihre Waren zum Kauf auslegten. Nördlingen steckt voll kulturhistorischer interessanter Merkwürdigkeiten und ist als reiche Fundgrube für Maler, Kunstfreunde, Liebhaber altdeutscher Städtebilder und Altertumsfreunde längst gerühmt und geschätzt. In dem wundersamen fränkischen Städtedreiklang Rothenburg-Dinkelsbühl-Nörülingen, den drei benachbarten fränkischen Festspielstädten, klingt Nördlingen wie ein männlich-trotziges Landsknechtslied. Nicht umsonst wahrte es die Kasarmen, das sind die Landsknechtswohnungen am Reimlinger Tor, bis zum heutigen Tage.
Mordprozetz nach 11 Jahren. Vor dem Schwurgericht in Meseritz begann am Mittwoch vormittag der Mordprozeß gegen den Bauerngutsbesitzre Georg Ionisch aus dem im hiesigen Kreise gelegener: Dorfe Kainscht. Der Angeklagte wird beschuldigt, am 30. November 1919 seinen Bruder, den Landwird Bruno Janisch, und dessen Ehefrau auf der Heimfahrt vom Patronatsfest im Hochwalde nach Kainscht in Engelgrund bei Hochwalde hinterrücks erschossen zu haben, um sich in den Besitz des väterlichen Bauerngutes zu setzen. Georg Janisch wurde schon am Tage nach dem Morde in Untersuchungshaft genommen; aber da die gerichtlichen Ermittlungen zu keinem Ergebnis führten, wieder entlassen. Auch die im Lauf der folgenden Jahre auf Grund wiederholter Bekundungen gegen Georg Janisch aus Kreisen der Bevölkerung angestellten Erhebungen'der Staatsanwaltschaft brachten keine Aufklärung der Angelegenheit. Neues Gerede über die mutmaßlichen Täter, das im Sommer vorigen Jahres begann, veranlaßt« ein nochmaliges Eingreifen des Gerichts und die erneute Untersuchung ergab so viel Belastungsmaterial gegen Georg Janisch, daß seine Verhaftung erfolgte und die Oberstaatsanwaltschaft Anklage auf Doppelmord erhob.
Ein nasser Zwischenfall. Einen ungewöhnlichen Anblick von Polizisten, die nur mit dem Gummiknüppel bewaffnet in die Spree sprangen, hatte Mittwoch abend ein großer Kreis von Zuschauern an der Oberfpree. In der Nähe der Schilling- Brücke ist das Baden verboten. Trotzdem finden sich immer wieder Schwimmlustige, die an dieser sehr beliebten Stelle das Wasser aufsuchen. Plötzlich erschien ein Boot der Wasserpolizei mit mehreren Beamten sowie vom Land her 30 bis. 4H Schupos. Die Badenden wurden eingekreist und aufgefordert, ans Ufer zu kommen. Me Mehrzahl folgte auch, worauf ihre Personalien festgestellt wurden. Eine Anzahl von Leuten blieben aber im Wasser und suchten sich der Feststellung zu entziehen, indem sie weiter umher schwammen. Darauf entkleideten sich mehrere Beamte, sprangen mit dem Gummiknüppel ins Wasser und trieben die widerspenstigen Schwimmer ans Ufer. Dabei wurden 12 Personen wegen Widerstands verhaftet. Die Polizeiaktion hatte eine große Menge angelockt, die eine feindselige Haltung gegen die Polizei einnahm. Die Beamten wurden tätlich angegriffen und auch mit Steinen beworfen. Schließlich mußten die anliegenden Straßen mit dem Gummiknüppel gesäubert werden. Der Zwischenfall dauerte über eine Stunde.
Pforzheimer Kinderfest. Fast scheint es, als hören die Feste garnicht auf. Wenigstens in Pforzheim ist es so. Mit dem Besuch der dollarisierten Schwaben sing es an- Dann kam die Messe, das Fest für groß und klein. Ihr folgte Sarrasani mit seinen wilden Tieren und Völkern. Das Musikfest vom letzten Sonntag belebte Pforzheims Straßen und Plätze wie kaum je zuvor. Und nun kommt Pforzheims größtes Warenhaus, das Warenhaus Knopf, und baut in seinem 4. Stockwerk eine Kindermesse auf, damit in den schlechten Zeiten der Gegenwart bei unseren Kleinen die Freude nicht abbricht. Hier gibt es eine Rutschbahn, Karussel und sogar eine Eisenbahn; alle diese Herrlichkeiten können die Kleinen ganz umsonst benützen. Me Eisenbahn ist eigene Erfindung. Knopffche Liliput-Bahn heißt sie. Im Fluge geht es durch die ganze
19 KOMLN von Kurt Martin
Ja! — Das paßte zu seinen Mutmaßungen! —
Der Forstgehilfe kam zurück. „Hier ist das Bild!"
Hastig griff Stein danach.
„Oh, das ist ja sehr scharf! — Sie find ein guter Photograph!"
„Ja, das Bild ist ganz gut."
„Das wird mir helfen können! — Noch eins! Sie sagten mir kürzlich, daß Herr Sasse Ihrer Ansicht nach die Malerei nur aus Liebhaberei betreibe. Wie kamen Sie zu der Annahme?"
„Weil er erstens so ohne jeden Eifer arbeitete, und dann erschien mir sein Können auch sozusagen laienhaft. So kann nh ja auch malen!"
„Ach, also er war kein großer Künstler?"
„Nein. Meiner Ansicht nach wenigstens nicht."
„Dos ist mir interessant."
„Was ist mit Herrn Sasse?"
„O, das kann ich Ihnen gern sagen. Es wundert mich überhaupt, daß Sie noch gar nichts davon gehört haben. Die Anny Regler ist doch verschwunden!"
„Was — die Anny?"
„Ja, seit gestern. Die Sache liegt noch ziemlich dunkel."
„Ja, wie denn?"
„Sie dürfte entführt worden sein, anscheinend aber mit ihrer Zustimmung. Es müßte denn sein, daß —"
„Und Herr Sasse?"
„Dürfte der Entführer sein."
„Oh! — Der — die Anny! — Er hat ja immer von ihr geschwärmt."
„Was hat er gesagt?"
.»Daß sie sehr schön sei. Eine Schönheit, um die es Wade wäre, wenn sie hier verblühe. — Ganz überspannt war
— Die könnte viele glücklich machen, meinte er einmal, man müßte sie nur an den richtigen Platz stellen."
„Das hat er gesagt?"
-Gewiß!"
u b „Ich dank Ihnen!"
Stein stieg in sein Auto. „Nach Oerstadt, Hotel Dille!"
Ohne Gruß fuhr er von dannen. Verwundert blickte ihm der Forstgehilfe nach.
Sie kamen kurz nach halb elf Uhr in Oerstadt an. Im Hotel Dille ließ sich der Kriminalinspektor sogleich zu dem Direktor führen. Der begrüßte ihn sehr höflich.
„Womit kann ich dienen, Herr Inspektor?"
„Wohnte vorgestern oder gestern ein Herr Kunstmaler Sasse bei Ihnen?"
„I - kann mich nicht an den Namen erinnern. Wir wollen gleich einmal im Fremdenbuch Nachsehen."
Sie begaben sich in die Buchhalterei. Aber da fand sich nirgends der Name Sasse eingetragen. Der Direktor stand unschlüssig.
„Vielleicht liegt irgendein Mißverständnis vor. Wir wollen den Portier fragen, der hatte gestern Tagesdienst."
Der Grünuniformierte wußte rasch Bescheid.
„Stimmt, der Herr war gestern da; er kam mittags."
„Er ist doch aber gar nicht angemeldetl"
„Er blieb nicht über Nacht hier, verlangte gar kein Zimmer. Er sagte, er wolle zu Mittag speisen; eine junge Dame würde kommen und nach ihm fragen; ich sollte sie ins Speisezimmer zu ihm schicken; es würde sich dann entscheiden, ob er zur Nacht bleiben würde."
Stein forschte. „Und dann?"
„Er begab sich in das Speisezimmer. Gegen vier Uhr nachmittags kam eine junge Dame und fragte nach Herrn Kunstmaler Sasse. Ich wies sie nach hinten. Nach fünf traten beide aus dem Speisezimmer, und der Herr sagte, sie wollten sogleich abreisen. Ich mußte ein Auto herbeirufen; sie fuhren zum Bahnhof."
„Wie sah die Dame aus?"
„Noch sehr jung, dunkle Augen, dunkles Haar. Ich glaube, sie trug einen braunen Mantel."
„Und der Herr?"
„Der schien bedeutend älter. Er sprach ein etwas sonderbares Deutsch. Er schien ein Ausländer zu sein."
Stein zeigte dem Portier Safles Bild, das ihm Funk gegeben hatte.
„Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?"
„Das ist ja Herr Kunstmaler Sassel — Ohne Zweifel ist er es."
„Schön! Ist der Kellner gegenwärtig hier, der gestern im Speisezimmer Herrn Sasse bedient hat?"
I Der Direktor erklärte eifrig: „Sicher! Die Kellner f wechseln mittags. Bitte, bemühen Sie sich mit mir nach hinten!"
Der Kellner war wirklich da, und erinnerte sich sogleich des Herrn und der jungen Dame. Auch er erkannte in dem Manne auf der Photographie den Gast von gestern wieder. Stein forschte.
„Fiel Ihnen an den beiden etwas Besonderes auf?"
„Ich wüßte nichts."
„Unterhielt sich der Herr mit Ihnen?"
„Nein."
„Aber dann, als die Dame kam, sprachen die beiden doch miteinander! Hörten Sie denn gar nichts von dem Gespräch?"
„Einiges schon. Der Herr erschien sehr erfreut, als die Dame kam. Sie begrüßten sich sehr herzlich. Er nannte sie Anny und sie ihn Karl."
„Was hörten Sie noch?"
„Sie sprachen sehr leise. Bor allem der Herr! Er hatte anscheinend der Dame viel zu erklären oder zu berichten. Einmal schien er sehr erregt. Da stimmte wohl die Dame irgendeinem Vorschläge von ihm nicht zu."
„Was sagte sie?"
„Sie sagte einmal: „Mir wird fast bange". — Und dann: „Ist denn das nötig? Ich möchte es nicht." — Aber da sprach er hastig auf sie ein. Ich verstand nur, daß er ihr vorwars, sie sei mißtrauisch und kleinlich, sie enttäusche ihn.— Da gab sie nach. Als sie aufbrachen, waren sie aber wieder ausgesöhnt. Die Dame schien sich seinen Minschen gefügt zu haben."
Paul Stein konnte weiter nichts Besonderes erfahren. Er dankte und ging. Das Auto brachte ihn zum Telegraphenamt, und hier gab er eine Reihe Telegramme nach verschiedenen Städten auf.
Für den zeitigen Morgen hatte er sich das Auto nach der Wohnung bestellt. Er fuhr nach Sorau, das hart an der Landesgrenze liegt.
Vor dem Zollamt ließ er halten.
Seine Fragen, ob einer der Beamten sich eines Schlittens erinnere, der am Abend oder in der Nacht des 23. Januar die Grenze passierte, waren anfangs ganz ohne Erfolg. Die beiden Zollbeamten, die an dem fraglichen Tage Dienst hatten, versicherten, es sei kein Schlitten aus der Richtung Oerstadt durchgekommen.
Stein stand vor einem Rätsel. (Fortsetzung folgt.)