Sagevnemgkeiteri.

Herrenberg, 30. Dez. Auf dem heutigen Wochenmarkt waren zugeführt 200 Stück Milch» schweine, Preis pro Paar 3048 124 Stück

Läuferschweine, Preis pro Paar 5096 ^ Ver­kauf gut.

Stuttgart, 30. Dez. (Strafkammer.) Der 2mal wegen Diebstahls vorbestrafte 19 Jahre alte Taglöhner Wilhelm Hagele von Eßlingen entwendete am 4. ds. Mts. in einer hiesigen Wirt­schaft einem Gast, der eingeschlafen war, dessen llhr und Kette. Die Strafkammer erkannte gegen ihn wegen einfachen Diebstahls im Rückfall aus die gesetzlich zulässige Mtndcststrafe von 3 Monaten Gefängnis.

Urach, I.Jan. Der Buchbinder Leib hart in Dettingen, besten Scheuer am Sonntag nieder­brannte, wurde in Haft genommen.

Rottweil, 1. Jan. In Herrenzimmern verursachte das Neujahrsschießen einen be­dauerlichen Unglücksfall. Ein 19jähriges Mädchen wurde, als es aus dem Fenster der elterlichen Wohnung sah, von einer Gewehrkugel ins Gesicht getroffen. Das linke Auge ist vollständig verloren und außerdem erlitt das Mädchen so schwere Ver­letzungen im Gesicht, daß an seinem Aufkommen gezwcifelt wird. Der Schuß war von jnngsn Burschen abgegeben.

Karlsruhe, 30. Dez. Das Befinden des an Bronchial-Katarrh erkrankten Großherzogs hat sich wesentlich gebessert, da dasFieberheuteausgebliebeuunddickatarrhalischeu Erscheinungen in den Bronchien znrückgetreten find.

Arnbach b. Nauenburg, 1. Jan. Hier wurde ein Schmiedgesclle aus dem Badischen ver­haftet, weil er die OrtSeinwohner belästigte. Der Mann versuchte dann den Ortsvorsteher zu erstechen, schlug im Arrestlokal die Fenster ein, riß die Bett­stelle auseinander und zerriß die beiden wollenen Teppiche. Auch versuchte der Wütrich ein Loch durch die Wand zu brechen. Er konnte erst ge­bändigt werden, als der Landjäger erschien und ihm die Hände auf den Rücken schnürte.

Chemnitz, 30. Dez. Wie der Chemnitzer Allgem. Ztg. aus Dresden gemeldet wird, er­eignete sich dort ein entsetzlicher Unglücksfall. Als der Schmiedgeselle Wilhelm Gütler gestern abend seine in der Vorstadt Uebtchan belegene Wohnung betrat, bot sich ihm ein entsetzlicher An­blick. Seine 30jährig« Frau, die sich in gesegneten Umständen befand und ein 1 Jahr altes Kind lagen tot am Boden. Ein 3 Jahre altes Söhnchen atmete noch schwach. ES wurde Kohlengasvsrgiftuug festgestellt. Es liegt ein Unglücksfall vor.

Kiel, 30. Dez. Frochtdampfer landen fort­gesetzt russische Flüchtlinge, vornehmlich Geschäftsleute mit ihren Familien in Holtenau und Btunusbültel. Die meiste» bringen ihre Angehörigen in Sicherheit und kehren dann selbst nach Rußland zurück.

Hamburg, 30. Dez. Auf Ersuchen der Kemptener Polizeibehörde wurde der mutmaßliche Mädchrnhändlrr Ambros Fischer verhaftet, als er

sich mit jungen Mädchen ans dem Allgäu nach Amerika einschiffen wollte. Er soll schon früher versucht haben, Mädchen nach Amerika zu locken.

Posen, 30. Dez. Die Polizei beschlag­nahmte beim hiesigen Hauptzollamt zahlreiche aus Warschau eingetroffene Ballen Zirkuläre, polnische Bücher und Zeitschriften wegen schwerer Be­leidigungen des deutschen Kaisers. Die Sendung war für verschiedene hiesige polnische Buchhändler bestimmt.

Paris, 1. Jan. Petit Puristen berichtet noch über das Abkommen zwischen dem Prinzen und der Prinzessin von Koburg. Nach Unterzeichnung des UebereinkommenS durch den Prinzen erhält dis Prinzessin eine Halbs Million Francs in Raten, außerdem eine jährliche Apanage von 100000 Sollte irgend ein Dokument, dessen sich dis Prinzessin im Prozeß bedienen wollte, veröffentlicht werden, so würde dadurch das Ab­kommen annulliert. Die Prinzessin erklärte sich über das Abkommen befriedigt.

Brüssel, 30. Dez. Nach umfangreichen Untersuchungen und Beobachtungen, hat die Kom­mission belgischer StaatSiierärzte mit dem Rinder- Tuberknlose-Serum Behrings glänzende Resultate erzielt. Die Kommission zögerte daher nicht, zn erklären, daß der belgische Rindrrbestand nach einigen Jahren durch Behringsche Impfungen vor jedem Opfer bewahrt und somit auch eine Ansteckung durch Kuhmilch nicht mehr zu befürchten sein würde.

Warschau, 30. Dez. In Lodz drangen Kosaken in ein Haus ein, aus dem sie beschossen worden waren und töteten drei Personen durch Säbelhiebe; vier andere verletzten sie schwer. In den letzten drei Tagen find 600 Verhaftungen vor­genommen worden.

Warschau, 1. Ja». Während der Aus­stand der Post- und Telegrophcudeamten vollständig beendet ist, dauert der Streik der Arbeiter noch fort. In der Nähe von Dublin sprengten dis Revolutionäre eine Brücke, wodurch die Verbindung mit Ktewel unterbrochen ist. Die Züge in der Richtung nach Ulawa verkehren wieder.

Moskau, 30. Dez. Nnnmehr herrscht hier wieder völlige Ruhe. Der bewaffnete Aufstand ist unterdrückt. Der größte Teil der Führer der Revolutionäre ist giflüchtet oder verhaftet. Die Letzteren werden vor ein ordentliches Kriegsgericht gestellt. Große Besorgnis herrscht wegen des von Petersburg nach Moskau per Eisenbahn entsandten Semenow-Regimenis, weil verlautet, daß der be­treffende Eisenbohnzug von Revolutionären in die Last gesprengt worden sei.

Moskan, 1. Jan. Die Zahl der bei den Kämpfe« iur Stadtviertel Presnaja umgekommenen Revolutionären wird ans 2000 geschätzt, die der Verwundeten auf 5000. lieber tausend wurden ver­haftet. Die Artillerie ging so energisch vor, daß fast das ganze Viertel einem Schutthaufen gleicht. Dis Bevölkerung unterstützte vielfach das Militär bei seinem Vorgehen. Der Geschäftsverkehr nimmt wieder normale Formen an und auch die Trambahn verkehrt wieder regelmäßig. Das Feuer der Artillerie

am Samstag richtete sich in der Hauptsache gegen die Barrikaden «nd die Fabrik Prochorow, wo sich die Revolutionäre konzentriert hatten. In der ge­nannten Fabrik hatten sich etwa 10 000 Revolutionäre und Arbeiter verbarrikadiert. Die Fabrik wurde vom Militär völlig nmzingelt.

Petersburg, 30. Dez. Wie aus Mit au gemeldet wird, haben es die bewaffneten Bande« bei den Ueberfällen auf die Güter, besonders auf die Spiritus-Brennereien abgesehen, die sofort ver­nichtet werden. In Riga ergriffen die Revolutionäre 3 Herren, die ans einem Restaurant heranstrateu, verbanden ihnen die Augen und erschossen sie. Die Mörder sind entflohen. Derartige Schreckenstaten kommen täglich vor. Augenscheinlich ist die Behörde machtlos ebenso wie in Windau, wo die Bewaffneten Befehle an die Bevölkerung ergehen lassen, Läden sperren und den Trambahnve-ckehr verbieten und Regierungsinstitutiouen einfach schließen. Die Stadt ist vollständig in den Händen der Ausständigen oder wie fie sich nennen des lettischen Sozialisten- Komitss. Das nur in geringer Stärke anwesende Militär ist machtlos. Auf den verwüsteten Güter» in der Umgebung sind kostbare Altertümer und Sammlungen vernichtet worden.

Riga, 30. Dez. Der Generalstreik ist beendet. Trotzdem verkehren die Eisenbahn­züge immer «och unter militärischer Bewachung. Alle Versammlungen find verboten. Ans Libau sind zwei Torpedoboote eingetroffen. Eine Sendung von 22 000 Patronen, die per Schiff nach Mitau gebracht werden sollten, wurde von den Revolutio­nären abgefaugen. Der Bürgermeister Adolf von Goldungen wurde von den Revolutionären ermordet.

Kiew. 30. Dez. Infolge Naphtamangels mußte« die Wasserwerks gestern den Betrieb ein­stellen. Der Arbeiterstreik ist im Wachsen begriffe«. Die Läden bleiben dagegen ungeachtet wiederholter Versuche des Strcik-Komites, die Schließungen zu erzwingen, geöffnet. Jede Ansammlung wird sofort gesprengt. Die Massenverhaftungen dauern fort. Die Eisenbahnvsrwaltung kündigt nrid entläßt viele streikenden Arbeiter, die nun vollends auf die Straße gesetzt find. Alle hiesigen Parteien erklären sich bereit, den Grafen Witte zu unterstützen.

London, 30. Drz.Daily Telegraph" meldet aus Petersburg: Ein Teil der Aus­ständigen in Moskau hotte die Absicht, die tu der Stadt lebenden Ausländer zu ermorden, um die Mächte zur Intervention zu veranlassen und zwar sollte das Hotel bombardiert werden, wo viele Eng­länder und Deutsche wohnten. Der besonnene Teil der Revolutionäre war vernünftig genug, von diesem Vorschlags abznraten.

London, 30. Dez. Der Petersburger Korrespondent der Times meldet, daß der Aufstand in Moskau beendet ist. Die Reste der Revolutionäre ergeben sich schließlich freiwillig, weil sie keine Munition mehr besitzen. Die Moskauer Duma hat die russische Regierung ersucht, keine weiteren Repressalien zu üben, sondern mit diesem Ausgange des Aufstandes sich zufrieden zu geben. Ob die Regierung diesen Rat befolgen wird, ist zweifelhaft. Jedenfalls haben die Revolutionäre eins vernichtende Niederlage in Moskau erlitten.

Die b-,de»> Herren spr-ngtrn rasch fort, nachdem sie sein Pferd, wie auch daS seiner Gattin an einem der nächsten Bäume festgemacht hatten.

Norddeim wer wieder allein. Er sah hinab auf di« marmorbleichen Züge. Die Augen waren geschliffen uvd breit« Schatten lagerten unter denstlben. Waren »S die Schotten des Todes, die sich über ihr Gesicht auSbreit-ten? Er schaudert« und beugt« sich tiefer herab. Seme heiliae Theresia! Zug für Zug stand jenes Bild vor ihm, hier war kein grollender Ausdruck mebr, so ernst und ruhig war auch jener andere Antlitz in der Kapelle zu Felsencck. Wie sehr er sie liebt«, trotz allem, was zwischen ihnen vorgefallen, das wurde ihm erst jetzt klar, als » sie zu verlieren meinte.

.Viola erkennst Du mich?" Er beugte sich vor und trachtete ihr die Ccgnecflasche an die Lippen zu bringen, aber der sonderbare wirre Blick haftet« nicht an ihm. Die Lippen blieben fest geschloffen und im nächsten Augenblick war auch dieses schwache Zeichen von Leben wieder verschwunden, die Augen schloffen sich, die Besinnung war geschwunden.

Still und menschenleer, wie früher, log das weite Land, kalt, pfrifend strich der Wind darüber hin. In den Lüften über ihm krächzten ein paar Krähen, dir mit lautem Flügelschloge dahmzogen. Still und regungslos lag auch fein Weib, und er bl-ckte mit verzweifelnden Blicken in die Ferne, ob denn niemals die versprochene Hilfe kommen würde.

Graf Wilkau, einer der beiden Herren, die den Unfall gesehen und zur Hilfe geeilt waren, ritt so schnell ihn sein Roß trag«« kovnt«, noch Waldheim. ES war eine längere Strecke al» er erwartet hatte, schäumend und schweißtriefend kam sein Roß endlich im Schloßhof zum stehen. Er war querfeldein geritten, kein Hindern i» scheuend, um baldmöglichst Hilfe zu dringen.

Zu gleicher Zeit mit ihm betrat Frau von Nordheim, zum Spaziergang gerüstet, den Hof. Ein Blick des Entsetzens traf den atemlosen Reiter.

Um Gott, Graf Wilkau, was ist vorgcfolle»? ES ist ein Unglück geschehen, doch nicht Fernande?"

Nein, gnädige Frau", Wilkau schwang sich aus dem Sattel, Frau von Nordheim ist gestürzt und Hugo sendet mich, so schnell al» immer möglich, einen Wagen zu oerschoffen, um sie nach Hause zu bringen".

Frau von Nordheim erteilte rasch einige Befehle an die herbeieilenden Diener, kann wandte sie sich wieder an den jungen Mann.

Verheimlichen Sir mir nichts, Graf Wilkau, ich will die genaue Wahr­heit hören!"

Gnädige Frau, ich kann Ihnen wahrhaftig nicht mehr sagen, als daß ich mich eben nr dem Augenblick umsab, als Frau von Nordh-imS Pferd sich überschluq. A!S ich binkam, war sie besinnungslos, dann eilte ich so schnell als möglich hierher, um Hilfe zu schaffen. Gott sei Dank, da ist der Waaen; der Doktor muß jeden Augenblick hier sein, wenn es nicht direkt nach der UnglückS- stätte gebracht wurde."

Ich will hier alles vorbereiten." Frau ». Nordheim sprach es mit zitternden Lippen.Gort gebe, daß Sie mir Viola bald dringen." Dann wandte fie sich ob und schritt in das HauS, ein leiser Gebet auf den Lippen, Todesangst im Herzen.

10. Kapitel-

In Waldheim war es stille geworden. Die meisten Gäste hatten da« Schloß verloffen, denn schwer e, krankt lag Viola v. Nordheim darnieder.Eine Gehirn­entzündung." sagte der Doktor und schüttelte bedenklich das Haupt. Em berühmter Professor war aus der Residenz berufen worden, er war gerade gekommen al» die Krankheit auf ihrem Höhepunkte war.

Ihr Nervensystem muß sehr erschüttert gewesen sein, sonst könnte di« Krankheit nicht mit solcher Heftigkeit auftretrn. Da ist nichts zu tun, als die Kris« g-dulkig obzuwarten, an d:r Behandlung ist nichts zu ändern."

Nordheim hatte das Lager seiner Gattin nicht verloffen. Tag und Nacht saß er an demselben, voll Todesangst der aufgeregten Wort« lauschend, die fie ununterbrochen sprach. Oft trachtete er einzeln« Worte zu erhaschen, aber e» war unmöglich; undeutlich murmelnd kam der Wortschwall über ihre Lippen.

Nazirdda allein war in Waldhetm geblieben. Sie hatte ihr Möglichstes getan, um Frau v. Nordheim in allem behilflich zu sein, hatte Fernande, wenn dies« in Todesangst zu ihr kam, getröstet und «mvorzurichten getrachtet, kurz, sich unentbehrlich gemacht. Ihr Zimmer war die Zufluchtsstätte für Frau v. Nord­heim. (Fortsetzung folgt.)