172. Amts- NNd AuzeigekkaLL für den Aezirk Galw. 80. Jahrgang.
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»oa«»r»tag, Samr- Gfg. pro Z^!» für Stabt
Dienstag, den 31. Oktober 1905.
ALonn«m«nt»pr.ind. Stabt pr.Btertelj. Mk. 1.10incI.Trbgerl. BterteljLhrl. Postbtjuglprei« ohne Bestell», f. L. OrtS- u. Nachbar, ortbverlehr 1M..s.».sonst.B«rtehrMI.1.10. Bestellgeld20Pfg.
-«ttiche Mr»«mrt«»4n»se«.
An die gem. Aemter.
Auf dem O äeramt sind noch eine größere Anzahl Lutherschriften von I. Völter vorhanden, dieselben eignen sich zur Verteilung in den Schulen und zur Aufnahme in die OctSbibliotheken und werden zu dem ermäßigten Preise von 5 pro Stück abgegeben. Die Kosten sollten von der Gemeindekasse getragen werden.
Bestellungen nimmt das Oberamt entgegen.
Calw, 30. Oktober 1905.
K. gem. Oberamt.
Voelter. Schmid.
ragesrresigkeite«.
r. Calw, 29. Okt. Gestern Samstag abend hielt der hiesige jungliberale Verein feine Monatsversammlung im Gasthof z. Waldhorn ab. Nachdem der Vorsitzende Ratsschreiber Dreher die Erschienenen begrüßt hatte, erstattete Postalt Kaufmann einen übersichtlichen Bericht Zeitereignisse der letzten 2 Monate. Hierauf ', Rechtslehrer Fischer über den im eptember in Stuttgart abgehaltenen Verdes Reichsverbandes der nationalltberalen , 'geNd^ Besonders eingehend verbreitete sich der Redner über die auf dem Vrrtretertag behandelte MittelstandSpolitik. Dem Mittelstand gehören in Deutschland 21—30 Mill. Seelen an, und er nimmt an Zahl nicht ab. Mittelstands- und Sozialpolitik schließen sich nicht aus. Besonders wichtig ist eine gute Ausbildung der Lehrlinge; Fach- und Fortbildungsschulen sind noch weiter anszugestalten. In einer weiteren öffentlichen Sitzung deS V-r- tretertagS wurde über Ultramontanismus und deutsche Geistesbildung gesprochen. Hier verbreitete sich der Redner in eingehender Weise über das Wesen des Ultramontanismus und über seine
praktische Bekämpfung. Redner empfiehlt den Mitgliedern des jnngliberalen Vereins gründliches Studium der wirtschaftlichen und politischen Fragen und weist auf die Notwendigkeit der Einigung aller Richtungen des bürgerlichen Liberalismus hin. Ein starker regierungsfähiger Liberalismus tut dem deutschen Volk not. Diese Einigung soll die liberale Jagend vorbereiten.
-s. Calw, 30. Okt. Unter dem Vorsitze von Herrn Gauvorstand Echlatterer von Calw hielten gestern die Gewerbevereine des nördl. Schwarzwaldgaues eine Generalversammlung in der Dreiß'schen Brauerei ab, wozu zahlreiche Teilnehmer von hier und den benachbarten Oberämtern erschienen. Im Namen des hiesigen Bezirks- Vereins begrüßte der Vorsitzende die Versammlung. Sodann gab er eine Ueberstcht über die Vsreins- geschäfte des abgslanfenen Jahres. Seinem Bericht über die Gesellenprüfungen ist zu entnehmen, daß sich hier an derselben 59 Lehrlinge beteiligten. In der wissenschaftlichen Prüfung erhielten dieselben etwas schlechtere Zeugnisse als in ihren praktischen Berufskenntniffen; es sei bedauerlich, daß die Lehrlinge zum Teil so wenig Interesse für die Fortbildungsschule haben, auf die man so viel Geld und Mühe verwende. Hr. Stadtschultheiß Conz hielt sodann einen sehr lehrreichen und zeitgemäßen Vortrag über die von unserer Regierung in Aussicht genommene Reform der gewerbl. Fortbildungsschule. Daß unser Fortbildungsschulwesen reformbedürftig sei, werde allgemein anerkannt und auch die Art und Weise, wie die Reform geplant sei, sei wohl ans verschiedenen Veröffentlichungen der Tagespresse bekannt. Aber eine Sache von solcher Wichtigkeit sei auch der mündlichen Besprechung und Erwägung in dieser Versammlug wert. Der Redner beleuchtete dann die einzelnen Punkte der geplanten Neuordnung. Die gewerbl. Fortbildungsschule soll künftig nicht bloß eine Repetition und Erweiterung der Volks- schulkenntniffe sein. Als Hauptsache trete die
Berufskande in den Mittelpunkt allen Unterrichts. Die Lehrlinge sollen bekannt werden mit der Betriebstechnik, mit dem Geschäftsgang, mit den Rohstoffen, Halbfabrikaten, Hilfsstoffen, Werkzeugen und Maschinen ihres Geschäfts, mit den chemischen und mechanischen Vorgängen ihrer Arbeit; sie sollen die G-schichte ihres Gewerbes und die Entwicklung desselben kennen lernen; sie sollen in die soziale Gesetzgebung eingeweiht und mit dem heutigen Geschäftsleben vertraut gemacht werden. Au die Gewerbeknnde soll sich angliedern das gewerbliche Rechnen mit Kalkulationen, der schriftliche Geschäftsverkehr und die für den Gewerbetreibenden so notwendige Buchführung und das Zeichnen. Für kaufmännische Lehrlinge werden auch wie seither Englisch, Französisch und Stenographie gefordert werden. Solcher Lehrplan werde bei den Lehrlingen größeres Interesse erregen als seine seitherigen Schulfächer; er erfordere aber auch Lehrer, die mit diesen Fächern vertraut seien; da man das von einem seminaristisch gebildeten Lehrer unmöglich verlangen könne und da der Handwerker nicht die pädagogische Fähigkeit, hiezu besitze, so seien künftig extra ausgebildete Gewerbelehrer auSzubtldeu. Habe man aber den Gewerbelehrer, so sei der Tagesunterricht, der das ganze Jahr über zu geben sei, die unmittelbare Folge. Als Mindestforderung seien pro Jahr 210—280 Schulstunden gefordert, welche, auf 10 Wochen verteilt, die heutige Stundenzahl nicht groß überschreite, nur seien die Schulstunden mehr zusammenhängend zu geben als bisher. Der Redner erörterte sodann die Frage, ob nicht ein weiteres, für Gewerbelehrlinge obligates 8. Schuljahr besser wäre als dieser auf drei Jahre verteilte ForbildnngSunterricht. Da die Schüler im 15. Jahre noch nicht geistig so weit gewachsen find, diesen neuen Stoff in einem Jahre ganz zu erfassen, und da Unterricht und Praxis sich gegenseitig ergänzen sollen, so ist die dreijährige Fortbildungsschule vorzuziehen. Auch
Die schwarze Dame.
Roma« von Han» Wachenhusen.
(Fortsetzung.)
„Geh' zur Ruhe armes Herz!" flüsterten die blaffen Lippen.
„Dein Traum ist auL und dieses schändliche Weib, dessen Einflüsterungen ich horcht«, als ich fast ein Kind war, ein wildes, unbändiges und undankbares Kind war, eS tat, was ich längst hätte erwarten sollen, als ich selbst ihm jetzt den Weg zur Flucht bereitete. O, wie graut mir vor dem Tage, den so viel Glückliche mit Freuden begrüßen! Der Gedanke, daß mich das Schicksal gerade hierher führen mußte, erdrückt mir das Herz! Einem Schatten folgte ich, geleitet von dem Wahn, geliebt zu werden, und die Oede um mich her, dieses Verlassen- fein erregt in mir das Gefühl einer Gefangenen, welch« die Tür ihres Kerkers offen sieht und doch zittert vor der Flucht!... Ich fürchte mich auch, draußen einem Menschenantlitz zu begegnen . . ."
Sin Pochen an der Tür erschreckte sie; aber Gertrud's weiche, bittende Stimme draußen wirkte bemhigend.
„Du siehst mich bereits reisefertig; e» soll mich nichts hier halten I" sagt« Afra zu dem Mädchen mit trübem Lächeln. „Ich konnte kein Auge schließe» ; ich verbracht« die Nacht in recht nervöser Stimmung."
Gertrud stellte sich, als bemerkte sie die auffallende V:ränderung in den GefichtSzügen ihrer Herrin nicht. Mit erstaunter Miene stand sie vor den Koffern.
„Ich wäre so gern« aufgestanden, wenn ich befohlen worden wäre . . . . Aber die gnädige Frau denken doch nicht im Emst daran, schon abzureisen und ohne . . .? Der Herr Graf muß doch heute kommen!"
Afra hatte sich gewendet.
„Wenn er oder Hrrr von Bodenberg heute kommt und er sie nicht mehr findet!" setzte Gertrud hinzu. „Gnädige Frau sollten jetzt am Morgen sich di« Ruhe gönnen, die Sie in der Nacht nicht gefunden haben. Der Zug nach England geht erst am Abend . . . Darf ich das Frühstück bestellen? Ich werde danach draußen auf ihren Befehl warten und sollte der Beamt« wieder kommen, ich werde ihn hinzuhalten wissen."
„Tu' daS! Ich glaube, daß ich einer Stärkung bedarf!"
Afra fühlte sich ruhiger, seit sie nicht mehr so allein war.
Die kleine Schlange trat hinaus nicht ohne einen spähenden Seitenblick auf ihre Herrin. Sie selbst trug danach den Ter herein, als Afra in dar Schlafgemach getreten war, servierte denselben mit vielem Geschick und ging sodann wieder hinaus auf ihren Posten.
Während Afra den Tee einnahm, der ihre Lebensgeister einigermaßen stärkte, erschien Gertrud ungerufen, um zu fragen, ob es ihr gestattet sei, das Schlafzimmer in Ordnung zu bringen; sie sei das so gewohnt.
Schweigend nickte Afra und Gertrud schlich sich fast unhörbar in das Nebengemach.
Hier stand sie einige Minuten, daS Zimmer überblickend, das allerdings von der Unruhe einer Schlummerlosen zeugte; dann schlich sie auf de» Zehen in da» dritte, für Jane bestimmt gewesene Gemach, dreht« leise, geräuschlos den im Schloß der Türe zum Korridor steckenden Schlüssel zurück, überzeugte sich, daß jetzt di« Türe unverschlossen war und kehrte wieder zu ihrer Arbeit zurück.
„Arme junge Frau!" flüsterte sie, doch nur äußerlich angeweht von weiblichem Mitgefühl, denn sie hatte bereit» insgeheim ihr« Instruktion für heute erhalten und soeben schon nach derselbe» gehandelt.
Freilich hatte sie gestern Abend unter dem frischen Eindrücke de« Erlebten