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Herrenberg, 7. Okt. Auf dem heutigen Wochenmarkt waren zugeführt 140 St. Milch, schwetne und 72 Läuferschweine; elftere kosteten 4050 letztere 56106 pro Paar. Ver­kauf gut.

Stuttgart, 7. Okt. Der Dieb, der aus dem Rathaus in Kusterdingen für 2300 ^ Wert­papiere und einen Hypothekenbrief über 2500 ^ entwendet hat, wurde vorgestern in der Person des Schlossers Karl Wöru aus Tübingen hier er­mittelt und festgenommen. Mit ihm wurden 2 der Hehlerei Verdächtige dem Gerichte übergeben.

Stuttgart, 7. Okt. In der letzten Häute- und Fellversteigerung im hiesigen Schlachthaus wurden folgende Preise per Pfund erzielt: Für Ochsenhäute 51-52'/- A für Stierhäute 48 bis 48'/, A Farrenhäute 38-43'/- A für Rinder­häute 5454'/, A, Kuhhäute 5153'/. A, Kalb­felle 6 8011.10 per Stück. Zur Versteigerung kamen 1035 Großviehhäute und 4500 Kalbfelle. Verkauf lebhaft.

Stuttgart, 7. Okt. (Schwurgericht.) Angeklagt eines Verbrechens des versuchten Tot­schlags war heute der 47jährige, von seiner Frau getrennt lebende Mechaniker Philipp Thrümel von Breslau. Der Angeklagte, der unbedeutend vorbestraft ist, geriet in der Nacht auf den 3. Juli in einer Wirtschaft in der Weberstraße mit Gästen in Streit, der sich auf der Straße fortsetzte. Dort wurde Thrümel, der angetrunken war, von mehreren Gästen mißhandelt. Plötzlich zog der Angeklagte sein Messer, worauf die Angreifer die Flucht er­griffen. Thrümel sprang dem ledigen Provifions­reisenden Rosenwirt nach und versetzte ihm mit den Worten:Kerl, ich mach dich hin, hin mußt du sein* einen gefährlichen Stich in den Hals und einen Stich in den linken Arm. Nach ärztlicher Aussage hätte sich der Verletzte verblutet, wenn nicht in der gleichen Nacht im Krankenhaus an ihm eine Operation vorgenommen worden wäre. Die Geschworenen bejahten nur gefährliche Körper­verletzung, worauf das Gericht auf 8 Monate Ge­fängnis erkannte, abzüglich 2 Monate Unter­suchungshaft.

Stuttgart, 7. Okt. Kartoffelmarkt auf dem Leonhardsplatz. Zufuhr 600 Ztr., Preis 23.20 Kr aut markt auf dem Charlotten­

platz. Zufuhr 1000 Stück. Preis 1620 per 100 Stück. Mostobstmarkt auf dem Wilhelms- Platz. Zufuhr 700 Ztr. Preis 77.50

Stuttgart, 8. Okt. In einem hiesigen Hotel ist gestern vormittag ein ca. 25 Jahre alter Kaufmann namens Kotz tot aufgefunden worden. Er hatte sich durch Vergiften das Leben genommen.

Göppingen, 8. Okt. Nachdem die Ver­handlungen des Stuttgarter Feuerbestattungsvereins mit dem Stuttgarter Gemeinderat wegen der Er­bauung eines Krematoriums zu einer Einigung geführt haben, scheint man in Stuttgart eifrig aus

Werk zu gehen. So wurde der hiesige Verein für Feuerbestattung, der 5000 für die Erbauung eines Krematoriums in Stuttgart zeichnete, vom Stuttgarter Verein anfgefordert, den bewilligten Beitrag einzuschicken, damit man bald mit dem Bau beginnen könne.

Pfalzgrafenweiler, 5. Okt. Der heute hier abgehaltene Viehmarkt war nicht stark be­fahren. Zugeführt wurden 100 St. Ochsen. 50 St. Kühe und 35 St. Rinder. Der Handel ging etwas flau, weil die Preise zu hoch waren, auch hatte der Markt unter dem schlechten Wetter zu leiden. Der Schweine markt war gut befahren mit 100 St. Läuferschweinen und 110 St. Milchschweinen und wurden erlöst für Länferschweine 3080 ^ pro Paar und für Milchschweine von 25 aufwärts pro Paar.

Ensingen, 6. Okt. Die Preise bewegen sich zwischen 114120 Lese nahezu beendigt. Immer noch viel Vorrat.

Horrheim, 7. Okt. Die verwitwete

Katharine Allmendinger von hier war auf einem ihrer Grundstücke mit Ackern beschäftigt. Um die Egge zu reinigen stellte sie dieselbe aufrecht, als plötzlich das vorgespannte Pferd anzog, wodurch die Frau zu Boden geworfen wurde und die um­fallende schwere Egge sie dermaßen gegen die rechte Körperseite traf, daß sie schwere Verletzungen ins­besondere des Brustkorbs dovontrug.

Neckarsulm, 7. Okt. Der unter der

Anschuldigung des Mords auf dem Böttingerhof verhaftete Jakob Binkele wurde vom hiesigen Amtsgericht eingehend vernommen. Der Verhaftete hat kein Geständnis abgelegt. Die an seinen

Kleidern gefundenen Blutspuren, sowie auch ein Schnitt am Finger sollen nach seiner Aussage vom Abziehen eines Hasen hcrrühren. Binkrle ist, wie bereits gemeldet, der Staatsanwaltschaft Mosbach ausgeliefert worden.

Wiblingen, 8. Okt. Vorgestern abend wurde ein italienischer Erdarbeiter zwischen 8 und 9 Uhr auf dem Heimweg nach seiner Wohnung, welche sich außerhalb deS OrteS in der Nähe der Schleifmühle befand, von einem bis jetzt unbekannten Täter angefollen und eines Geldbetrages von 100 beraubt. Die Tat wurde auf freiem Felde zwischen Ort und Schleifmühle verübt. Vermutlich hat der Täter seinem Opfer aufgelauert und es meuchlings überfallen. Ein hiesiger Bürger, welcher seinem Schäfer das Abendessen brachte, fand den Un­glücklichen auf einer Wiese unweit des Weges in seinem Blute liegend vor. Auf der Stirn hatte er eine etwa 3 Zentimeter lange klaffende Wunde, welche von einem Messerstich herrührte. Der Unter­kiefer und das Kinn waren ihm gespalten. Bis jetzt hat man vom Täter keine Spur.

Pforzheim, 7. Okt. In Enzberg hat es gestern nacht schon wieder gebrannt und

zwar in dem Wohnhaus und O-konomiegebäude des Lorenz Heilmann. ES bestand große Gefahr für die Nachbargebäude, weil auch diesmal wieder die Wasserleitung durchaus ungenügend war. Der Schaden beträgt 10000 ^ Brandstiftung wird vermutet.

Bamberg, 6. Okt. Bei einem Gewittere sturm, der seit 24 Stunden in der hiesigen Gegend herrscht, wurden 2 Personen vom Blitz erschlagen und eine Person betäubt.

Harburg, 7. Okt. In der Nacht um 1 Uhr brach in der Ballabteilung der Vereinigten Gummiwarenfabriken Harburg-Wien Großfeuer aus, das in die Schlauchabteilung Übergriff. Die gefährdete Galatitabteilung hofft man retten zu können. Die beiden anderen Abteilungen der Fabrik werden aufgegeben.

Berlin, 7. Okt. Die Möglichkeit einer Einigung zwischen den Unternehmern und den Ar­beitern der Elektrizitäts-Industrie, die durch die in Aussicht gestellte General-Aussperrung in Frage gestellt war, besteht trotz allem fort. ES läßt sich erwarten, daß die Verhandlungen auf erneuter Basis von Erfolg sein werden. An Streik­unterstützungen sind nach vorläufiger Schätzung aus Sammellisten 75000 eingegangen.

Berlin, 7. Okt. Zu dem Besuch des Prinzen Mcx von Baden beim Fürsten Bülow in Baden-Baden erfährt ein Berliner Korrespondent aus bester Quelle, daß er der Besei­tigung einer neuerlichen Verstimmung zwischen den Höfen von Berlin und Karlsruhe galt. Diesmal lag der Grund zu den seit einigen Wochen bestehen­den Meinungsverschiedenheiten auf militärischem Gebiet. Vor den Manövern fand bekanntlich in Berlin die feierliche Weihe neuer Fahnen statt, wobei auch die Fahne eines badischen Truppenteiles mit geweiht wurde. Die Nagelung dieser Fahne soll atweichend von den preußischen Fahnen vorgenom­men worden sein, nachdem hierüber Erörterungen zwischen Berlin und Karlsruhe geschwebt haben. Eine Folge dieser Meinungsverschiedenheiten war, daß der Erbgroßherzog von Baden den Kaiser- Manövern in letzter Stunde fern blieb, obwohl sein Kommen angesogt war und obwohl die badischen Truppen an den Herbstübungen tetlnahmen. (Möge diese Geschichte auf einenNagel" des Korrespon­denten zurückzusühren sein.)

Hamburg, 6. Okt. Der Juwelenhändler Julius El kan, der nach Veruntreuung von 400000 ^ flüchtig geworden ist, wurde nach der Nat.-Zeitung" am Donnerstag in Boston verhaftet.

London, 7. Okt. Aus Kapstadt wird ge­meldet, daß die deutschen Behörden in Deutsch­er st afrika einen Buren ergriffen haben, der auf der Seite der aufständischen Eingeborenen kämpfte. Er wurde vor ein Kriegsgericht gestellt und inner­halb zwei Stunden erschossen. Die englische Presse billigt das Urteil und dessen rasche Ausführung.

Sonderbar dachte Blenke,sie vermeidet heute von ihm zu sprechen."

Ich erhielt heute Morgen eine telegraphische Nachricht, aber dieselbe interessiert sie vielleicht nicht; ich begreife ihr« Verstimmung."

Flüchtig belebten sich ihre Züge; aber sie versuchte ihm diese zu verstecken.

ES interessiert mich alle«," antwortete sie nervo».Lassen Sie mich Ihnen aber bekennen, Herr von Bodenberg, daß ich eS für meiner unwürdig halte, mehr Interest« zu zeigen, als mir zugemeffen wird. Nutzlos wäre es, vor Ihnen zu leugnen, daß ich dem Grafen Sesto vielleicht allzu unbesonnen verraten, was in meinem Herze» vorging, und daß die» deshalb nicht ganz nach seinem Wert geschätzt wird. ES liegt da» leider so in meiner Natur und ich unterwerfe mich der Straf«. Sie taten unrecht, anders bestimmend auf meinen Reiseplan rinzu­wirken. Ich nehme den innigsten Anteil an dem, waS de» Grafen Sesto be­troffen hat, aber . . ."

Ihre Stimme sank, sie unterbrach sich und lehnte die Wange abgewendet wieder in die Hand. Blenke sah, wie «in Wrhgefühl ihre Augen plötzlich umflorte, aber sein Herz kannte kein Mitleid, denn selbst, wenn sein Mund von Artigkeiten überfloß, sucht« er heimlich immer nur di« Schuld in ihren Zügen und jetzt, da e» ihm gelungen war, sie so ganz zu vereinsamen, meinte er, da» Bewußtsein diese, Schuld müsse in ihr zu Worte kommen und schwerer müsse diese ihr Herz belasten, seit ihr« Mitschuldige ihr nicht tragen helfe.

Sie tun ihm unrecht, dem Aermsten!" sagte er mit tragischer Miene. Er beauftragt» mich von Hamburg aus, Ihnen tausend herzliche Grüße zu bringen."

Wieder belebten sich ihr« Züge einen flüchtigen Moment, sein« Rede er­leichterte ihr Herz.

Sie wollen mir seinem Vertrauten also nicht gestatten . . . ?" fragt« er.

Afra schaute aus ihren Gedanken auf.

Habe ich auch nicht Ihnen mein ganze» Vertrauen geschenkt?" fragte sie vorwurfsvoll.WaS versagte ich Ihnen?"

Ich bat Sie, sich einige Zerstreung zu gönnen, erbot mich, Sie auf einer Promenade zu begleiten, die Ihnen so wohltun würde. Sie schließen sich ab, härmen sich ab. . ."

Ja, ja! Aber ich bin ja bereit!" Eie erhob sich schnell.

ES ist so eng, so schwül hier! . . . Mein Gott was ist au» mir ge- worden! Ich sehr ein, ich bin eine Törin! Führen Sie mich wohin sie wollen; ich will mich zerstreuen; gestatten Sie mir nur einige Minuten . . ."

Mit einem Lächeln, da» wie ein Sonnrnblick au» den matten Zügen her­vorbrach, entfernte sie sich in'S andere Zimmer.

Blenke trat an'S Fenster und schaute hinaus.

ES ist eine niederträchtige Rolle, die ich hier spiele," murmelte er vor sich hin, aber sie muß durchgeführt werden. Und spiele ich nicht aut reiner Schonung für sie? Was hindert mich, sie der Staatsanwaltschaft zu überliefern, denn eine Schuld trägt sie; waS könnt e» auf daS Maß d.rselbt» ankommen . . Doch Geduld, Sesto hat recht, sie auf unseren Ausgangspunkt zurückleiten zu wolle». Er wird prompt sein, denn auch er ist jetzt entschlossen der Sache «in Ende zu machen!"

Gertrud schritt durch die Schelle der Herrin gerufen, quer durch da« Zimmer. Beide wechselten einen flüchtige» Blick. Wenige Minuten erschien Afra zur Promenade fertig. WaS Blenke sonst an einer Dame nicht ausgefallen sein würde, die mit ihrem Aussehen unzufrieden ist, beobachtet« er sofort; sie hatte den Schleier bi» zum Kinn dicht über das Antlitz geletzt und di« dunklen Augen schauten so glanzlos und unsicher durch denselben. (Fortsetzung folgt.)