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Samstag, -en 9. September 1905.

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ragesrreaigkeiiett.

Calw, 7. Sept. Gestern fand hier nnter Vorfitz des Bezirks-Schulinspektors Stadtpfarrer Schmtd von hier dieHauvtkonferenz des Calwer Bezirks statt unter Teilnahme sämtlicher Lehrer und mehrerer Ortsschulinspektoren. Auf der Tagesordnung stand eine Lehrprobe über Einführung in die Berechnung von Flächen von Krauß- Deckenpfronn, ein Referat über die Geschichte des Religionsunterrichts in der evangelischen Volksschule Württembergs von Schullehrer L e i u s - Zweren­berg, eine Besprechung der Konferenzarbetten pro 1904: „Das Kinderschutzgesetz" und ein Bericht über die Kohler'sche Mineraliensammlung von Iäkle - Calw. Das gemeinsame Essen fand im „Badischen Hof" statt.

* Calw, 7. Sept. In Unterhangstett find unter der Kinderwelt die Masern (rote Flecken) ausgebrochen, weshalb die Schule auf einige Wochen geschlossen werden mußte. — Mit Anfang dieser Woche hat in den Gäuorten die Hopfenernte begonnen; das Erträgnis fällt in vielen Orten ge­ring aus. Ein Kauf hat bis jetzt nicht stattgefunden.

* Calw, 8.Sept. Die munteren Schwal- ben rüsten stch zum Aufbruch in die südlichen Länder. Hunderte der lieben Sommergäste sammeln stch in großen Scharen auf Gebäuden und Telegraphen­drähten, um gemeinsam den Winteraufenthalt auf­zusuchen. Das Abschiedsgezwitscher der Vögel weist auf die Nähe des bald beginnenden Herbstes hin.

Stuttgart, 6. Sept. (Kriegsgericht der 26. Division.) Der Reservist Wilhelm Groß- mann von Nagold, der vom 8. bis 21. Juli zur Uebung beim Grenadier-Regt. 119 eingerückt war, versetzte am 20. Juli mitternachts in der Kaserne ohne allen Anlaß dem ihn zurechtweisenden Reser­visten Schöckle und dem zur Abwehr herbeieilenden Reservisten Gäßler mit dem gezogenen Seitengewehr Schläge auf den Kopf, so daß Schöckle eine Augen- schwulst und Gäßler eine Sttrnqnetschung davon­trug. Das Urteil lautete auf 3 Monate Gefängnis.

Stuttgart, 7. Sept. Die bienenwirt­schaftliche Ausstellung, die ein vollständiges und äußerst erfreuliches Bild von dem Stand der Bienenzucht bot, wurde heute nachmittag offiziell geschlossen. Die ganze Ausstellung hatte stch über die ganze Zeit der Dauer eines überaus lebhaften Besuches zu erfreuen. Die weiten Räume ver­mochten oft kaum die Menge der schau- und lern­lustigen Besucher zu fassen. Annähernd 50 000 Personen haben in der kurzen Zeit von 6 Tagen die Ausstellung besucht, davon entfallen allein auf Sonntag, den 3. September 12000. Ueber das Arrangement der Ausstellung im ganzen wie in ihren Teilen hörte man nur eine Stimme der An­erkennung. Nach dem Urteile solcher Besucher, welche schon viele deutsche Bienenzuchtausstellungeu besuchten, übertrifft die Stuttgarter Ausstellung alle bisher dagewesenen. Heute nachmittag besuchte auch Herzog Albrecht mit seinen drei Söhnen die Aus­stellung.

Stuttgart. 7. Sept. Juden hohen Fleischpreisen wird eine am 14. Sept. hier im Stadtgartensaale stattfindende Landesversamm- luug der Wirte Württembergs Stellung nehmen. Außerdem steht auf der Tagesordnung: Beratung über Beschlußfassung über einen Antrag des Wirts- vereins des unteren Neckarkreises betr. Abschaffung der LandeSkarten.

Stuttgart, 7. Sept. Die Marienstraße steht einer Verschönerung bezw. Erbreiterung in

der nächsten Zeit entgegen. Das ziemlich weit in die Straße hinein vorstoßende Bäcker Beck'sche Haus wurde nämlich, wie wir erfahren, von Bnchdrucksrei- befitzer Steinkopf um ca. 225 000 angekauft und wird von dem neuen Besitzer niedergelegt werden, wobei der künftige Neubau die Straßenflucht richtig einhalten wird. Da auch die L-gionskaserne be­kanntlich in nicht allzufsrner Zeit niedsrgelegt werden wird, so wird die Marienstraße ein gegen bisher weit verschönertes Bild bieten.

Niederstetten, 7. Sept. Gestern nacht schlug während eines sehr schweren Gewitters in Pfitzingen der Blitz in eine Schafherde und tötete 17 Schafe. — In Herrenthierbach bei Bartenstein mußten die Schulen wegen epidemisch anftretenden Keuchhustens geschlossen werden. Fast alle Kinder find daran erkrankt.

Aale», 6. Sept. Auf sonderbare Weise versuchte gestern eine besser gekleidete Frau mit dem Schnellzug 4 Uhr 2 Minuten von Ulm nach Aalen ohne Billett befördert zu werden. Sie hatte sich in den Abort des Zuges eingsschlossen und wurde nur dadurch entdeckt, daß einigen Frauen das lange Verschlossenssin des Aborts auffiel und dieselben den Schaffner veranlaßten. von außen zu öffnen, worauf dann der blinde Passagier zum Vorschein kam und in Heidenhrim sofort den Zug verlassen mußte.

Aalen, 7. Sept. Gestern Abend zwischen 6 und 7 Uhr entlud sich ein schweres Gewitter über unserer Stadt, bei welchem auch haselnußgroßer Hagel niederging.

Ulm, 7. Sept. Das Kgl. Brzirkamt Neu- Ulm teilt mit, nach Berichten des kaiserl. Konsulats in Madrid ist es der dortigen Polizei gelungen, das Hauptnest der Schatzgräberschwindler aus­zuheben. Sie hat den Chef einer Bande und sieben Helfershelfer, darunter drei Frauen, und kurze Zeit darauf eine zweite Bande von Männern und Frauen bei ihrer Arbeit überrascht und festgenommen. Auch seien zahlreiche gefälschte Dokumente und Briefe, die als Beweismittel dienen können, beschlagnahmt worden. Der spanischen Regierung geht zwar nach einem Bericht des kaiserlichen Botschafters in Mad­rid, dem die Schriftstücke übermittelt worden sind, Material in der Angelegenheit von allen Seiten im Ueberfluß zu. dennoch ist die Einsendung weiteren Materials für die Verfolgung der Betrüger er­wünscht.

Ulm, 7. Sept. In einer der letzten Ge- meinderatssttzungen kam man in mißbilligender Weise wieder darauf zu sprechen, daß beim hiesigen Gym­nasium äußerst selten Hitzvakanzen gegeben werden. Gymnastaldirektor Dr. Hirzel wendet stch nun in einem im Ulmer Tagblatt erschienenen Artikel hiegegen und bestreitet dem Gemeinderate das formelle Recht, sich in dieses Gebiet staatlicher Schulverwaltung zu mischen. Er betont, daß beim Gymnasium im Interesse eines möglichst ungestörten Unterrichts­betriebs eine weise Sparsamkeit in der Anwendung der Ermächtigung zur Festsetzung von Hitzvakanzen geübt werde und daß im ganzen eine sicherlich nur kleine Anzahl von Fällen angefallen ist, in denen trotz der formellen Möglichkeit der Nachmittag nicht freigegebe« wurde. Das Rektorat wisse sich nicht blos formell im Einklänge mit den bestehenden Vor­schriften, sondern auch fachlich in Harmonie mit dem Geiste derselben.

Balingen, 7. Sept. Gestern Abend gegen 6 Uhr ging ein schweres Gewitter über unsere Fluren. Bei schwachem Donner fielen Graupeln.

Plötzlich erfolgte ein greller Blitzschlag, der durch das südliche Kamin auf dem Haus des Schweine­händlers Eduard Widmann „z. Rößle" in die Küche des dort in Miete wohnenden Fabrikarbeiters Schreiber fuhr, den Plafond und die Seiten­wand zerriß und durch den Küchenbodeu zum Fenster hinaus seinen Weg nahm, überall Spuren der Zer­störung zurücklassend. Zum Glück war niemand in der Küche. Ein Brand entstand nicht. Vor Jahren schlug der Blitz in dasselbe Gebäude, ebenfalls ohne zu zünden.

T Pforzheim, 7. Sept. Gestern Abend wurde die hiesige Feuerwehr alarmiert zur Hilfe­leistung nach Ellmendingen, woselbst, wie man heute hört, 4 Wohnhäuser und 6 Scheunen abgebrannt sind. — Aus unbekannter Ursache entstand gestern Abend 10 Uhr im Sägewerk von Fix u. Ochner in Neuenbürg Feuer. Das Gebäude ist vollständig niedergebrannt. Der Gesamtschaden wird auf ca. 45 000 geschätzt.

Hamburg, 6. Sept. Amtlich wird mit­geteilt: Bei einem auf Rabotseu wohnhaften, kürz­lich aus der sitteupolizeiliche« Kontrolle entlassenen Frauenzimmer, das wegen Brechdurchfalls in das Eppsndorfer Krankenhaus überführt worden war. hat die bakteriologische Untersuchung ergeben, daß es stch um Cholera handelt. Alle Personen, die mit der Erkrankten während der letzten Tage in Berührung gekommen waren, find unter ärztliche Kontrolle gestellt, die Wohnung desinfiziert und alle Vorsichtsmaßregeln getroffen worden. Die Ermittlungen im Zusammenhang mit den bereits gemeldeten Erkrankungen find noch nicht abgeschlossen. Weitere verdächtige Erkrankungen find nicht vor­gekommen.

Hamburg, 6. Sept. Einer hies. Firma wurde gestern aus Baku folgendes Telegramm gesandt: Das Gemetzel wird «rit geringen Unter­brechungen fortgesetzt. Aller Handel ist unterbrochen. Der Bahnverkehr ist eingestellt. Zahlreiche Bohr­felder brennen und weitere Brandstiftungen werden erwartet.

Paris, 7. Sept. Dem Petersburger Korre­spondenten des Matin wird vou autoritativer Seite bestätigt, daß in dem nunmehr abgeschlossenen Friedensvertrag keinerlei Geheim kl aus el vorhanden sei und daß ebensowenig irgend ein Geheimabkommen zwischen Japan und Rußland ge­troffen worden sei.

Wien, 7. Sept. Kaiser Franz Joseph, der am Sonntag von den Manövern in Böhmen zurückkehrt, soll an diesem Tage die Entschei­dung wegen der ungarischen Krise fällen. Nach Mitteilungen unterrichteter Kreise werden bis dahin entweder die vereinigten Parteien in der Frage der ungarischen Kommandosprache ein Kom­promiß eingehen und aus ihren Reihen eine Re­gierung bilden oder aber der gegenwärtige Minister­präsident Fejervary erhält neue umfasseude Vollmachten, vertagt das Parlament zunächst, um dann Neuwahlen auf Grund des allgemeinen Stimm­rechts auszuschreiben. Für den am 15. erfolgenden Wiederzusammentrttt des Parlaments bereiten die Sozialisten, wie schon mitgeteilt, große Kundgebungen gegen die Unabhängigkeitspartei vor, die sich gegen die Einführung des allgemeinen Stimmrechts aus­gesprochen hat. 100000 Sozialisten aus allen Teilen Ungarns werden vor das Parlament ziehen. Da­gegen planen die Studenten in Budapest für den Abend des 15. ds. einen großen Fackelzug zu Ehren der Unabhängigkeitspartei.