Stuttgart, 4. Aug. (Das Ende der württ. Dienstmarken.) Die seit dem I. Januar ds. Is. nicht mehr ausgegebenen Dienstmarken für den amtlichen württemdergischen Bezirksoerkehr haben mit dem Ablauf des Monats Juli ihre Gültigkeit verloren zur Freimachung vom Postsendungen durch die bisher zum Bezug solcher Wertzeichen berechtigten Behörden. Bezugsberechtigt für diese Dienstmarken waren in der Hauptsache die württemdergischen Gemeinde- und Amtskörperschaftsbehörden, wobei den Oberamtspflegen der Bezug der Marken von der Post, sowie ihre Verwaltung und Weitergabe an die einzelnen Stellen und Beamten oblag. Auch die „Württ. Ver- Kehrszeitung", eine von der württ. Postoerwaltung im Jahr 1875 ins Leben gerufenen württ. Sondereinrichtung, die wohl noch das letzte, nach außen hin sichtbare Ueberbleibsel aus dem früheren Postreseroat Württembergs darstellt, hat aufgehörr.
Stuttgart, 4. August. (Beschlagnahme.) Gestern erschienen Beamte der Kriminalpolizei in der Süddeutschen Arbeiter-Buchhandlung, um verschiedene Bücher und Broschüren zu beschlagnahmen.
Stuttgart, 4. Aug. (Nachtruhestörung und Ungebühr.) In einer heute vor dem Amtsgericht abgehaltenen Verhandlung harte sich der Eisenbahninspektor Hermann Rothenburger wegen Nachtruhestörung und Sachbeschädigung zu verantworten. Ec hatte zusammen mit einer Anzahl Nationalsozialisten im Dezember v. Is, morgens gegen 2 Uhr, Hitler hochleben lassen und anschließend daran wurde eine Scheibe an dem Gebäude, in dem die Interalliierte Kommission untergebracht war, eingeworfen. Mehrere Beteiligte wurden bereits abgeurteilt. Rothenburger wurde lediglich wegen der „Heil Hitler"- Rufe verurteilt und zwar zu zehn Mark Geldstrafe. Da der Richter in seiner Begründung ausfllhrte, es wäre für den Angeklagten mutiger gewesen, wenn er als guter Deutscher, der er zu sein behaupte, seine Beteiligung, die er früher zugegeben hatte, eingestanden hätte, fühlte sich der Angeklagte veranlaßt, dem Richter zu sagen: Ich habe denselben Mut wie Sie! Er verließ den Saal, da die Verhandlung ja zu Ende war, wurde aber auf Veranlassung des Richters wieder hereingeholt und wegen Ungebühr mit einer Haftstrafe von einem Tag bestraft, die er sofort antreten mußte!
Maulbronn, 4. Aug. (Wilderer.) Die Pächter der Jagd auf Markung Schmie hatten ein unerwartetes Erlebnis. Die Schützen waren alle angestellt, da krachte ein Schuß. Einer der Iagdteilhaber ging der Schußrichtung nach und traf den „stillen Teilhaber", wie er eben mit der Beute, einem prächtigen Bock, verschwinden wollte. Der Missetäter, ein achtbarer Bürger aus Schmie, sieht seiner Bestrafung entgegen.
Besigheim, 4. August. (Stiftung.) Der am 2. Juli hier verstorbene ledige Kaufmann Karl Semmler hat der Stadtgemeinde mit Testament Forderungen (auf Schuldschein und Aktieni im Nennwert von 6MO Mark und im derzeitigen Kurswert von 5 040 Mark gestiftet mit der Bestimmung, daß diese Kapitalien nebst den anfallenden Zinsen zur Gründung eines neuen Krankenhauses in Besigheim zu verwenden sind.
Neckarsülm, 4. August. (Blutschande.) Unter dem Verdacht der Blutschande wurden drei Männer, darunter Vater und Sohn, verhaftet.
Rottenburg, 4. Aug. (Bischofsjubiläum.) Gestern abend wurde die Huldigungsfeier für den Bischof wiederholt. Dabei hielt der Weihbischof Dr. Sproll eine Ansprache, in der er die Bedeutung des Festes und die großen Verdienste des Bischofs würdigte. Der Bischof dankte in herzlichen Worten und betonte, daß er das Fest vom hohen Gesichtspunkt ausfasse und zwar als ein kirchliches und ein heiliges Fest, als ein Fest der Seele, bei dem jedes mithelsen soll mit seinem Gebet. Wenn man in dieses Fest den Segen von oben hineinbete, dann werde es dazu dienen, den Glaube» zu stärken und die Ehrfurcht vor der Autorität des Bischofs zu vermehren.
Seebronn, OA. Rottenburg, 4. Aug. (Tragischer Tod.) Der 21jährige Georg Gaus, Sohn des KUsermeisters Gaus hier, der in Oberstdorf im bayerischen Allgäu als tüchtiger Schuhmacher längere Zeit schon tätig war, wurde beim Baden im kalten Gebirgswasser von einem Herzschlag getroffen und war sofort tot. Am Sonntag wurde er im Heimatfriedhof, wo auch seine Mutter ruht, beerdigt.
Schramberg, 4. August. (Ehrung von Arbeiterveteranen.) Auf Gut Berneck veranstaltete die Firma Gebr. Iunghans am Samstag wieder eine Ehrung von Beamten, Arbeitern und Arbeiterinnen, die 25 und mehr Jahre im Betrieb tätig waren. 55 konnten ihr 25jäh- riges Jubiläum feiern, während 13 die Medaille der König-Karl- Iubiläumsstiftung erhielten. Hils sieht auf 60 Arbeitsjahre, Arnold, aberstroh und Haller auf über 50 Arbeitsjahre zurück. Die Firma unghans selbst blickt auf ein 25jähriges Bestehen als Aktiengesellschaft zurück.
Waiblingen, 4. August. (Verhaftung.) Der unechte Dr. med. und Stabsarzt a. D. Beck ist kurz vor Auslegung der Netze zu einem neuen großangelegten Fischzug von der Kriminalpolizei verhaftet worden. Beck trieb auf der Grundlage tadellos gefälschter Ausweispapiere alle erdenklichen Arten von Schwindel-, besonders geläufig waren ihm Kautions-, Scheck-, Titel- und Heiratsschwindel; er fuhr im Auto als „Aerztlicher Leiter" des Kurhauses Remstal in deutschen Ländern umher und wickelte alle, mit denen er geschäftlich zu tun
hatte, vollständig ein. Ob und wieweit Komplizen in den Riesenskandal verwickelt find, wird die gerichtliche Untersuchung ergeben.
Gmünd, 4. Aug. (Stadthalle-Neubau.) Der Gemeinderat befaßte sich in seiner gestrigen Sitzung mit den baulichen Veränderungen der Stadthalle zu der im nächsten Jahre zu veranstaltenden Jubiläumsausstellung. Der städtische Baurat legte einen Plan vor, nach dem rin Teil der Hake eingerifsen und dafür eine neue Halle errichtet werden soll. Der Kostenaufwand beträgt 165 OM Mark. Da die wirtschaftlichen Verhältnisse und die schlechten Finanzen der Stadt die Aufbringung der nötigen Gelder nicht möglich machen und auch die Industrie gegenwärtig dazu nicht in der Lage ist, wurde der Anirag abgelehnk, dagegen der Vorschlag angenommen, den Umbau etappenmäßig vorzunehmen und erst den Haushaltplan für 1925, der für unsere Stadt ein besonders ungünstiges Bild zeigt, abzuwarten.
Gmünd, 4. Aug. (Aus der Hast entlassen.) Die hier verhafteten Kommunisten sind wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
Biberach, 3. August. (Verbandstag der Echuhmachermeister.) Der diesjährige württembergische Schumachermeister-Verbandstag fand hier in Verbindung mit einer Fachausstellung statt. Die geschäftlichen Verhandlungen leitete der Landesvorsitzende Finkbeiner-Stuttgart. Nach den üblichen Begrüßungsansprachen erstatteten längere Referate Hoffmann-Stuttgart über die Bedeutung des Genossenschaftswesens, forme der Kammersyndikus Nachbauer-Ulm.
Biberach, 4. Aug. (Verbandstag der Schuhmacher.) Der Ber- bandstag der Schuhmacher befaßte sich am Montag hauptsächlich mit der Frage der Anstellung eines Geschäftsführers. Ein dahin gehender Antrag wurde indessen abgelehnt. Der bisherige Landesoorsitzende Finkbeiner legte sein Amt nieder, an seine Stelle wurde Schöffel- Stuttgart gewählt. Der nächste Berbandstag findet, falls der Bundestag der Deutschen Schuhmachcrorganisationen nicht in Stuttgart abgehalten wird, voraussichtlich in Gmünd statt.
Künzelsau. 4. August. (Zuviel Raubvögel.) Infolge ungenügenden Abschusses wegen zu teurer Iagdmunition wird dieses Jahr ein starkes Ueberhandnehmen schädlicher Raubvögel, namentlich der Eichelhäher und Elstern beobachtet, die in Baumanlagen in Wald und in Feldhölzern die Vögelnester plündern und so die Vermehrung der nützlichen Vögel verhindern und dem Raupenfraß Vorschub leisten, Auf eine Eingabe der Bezirksjäger-Vereinigung um Wiedereinführung von Schußgeldern für erlegtes Raupzeug hat der Bezirksrat vorbehaltlich der Zustimmung der Amtsoersammlung beschlossen, für Erlegung von Raubvögeln jeder Art ein Schußgeld von 30 Pfg. (für ein Nestjunges die Hälfte) mit sofortiger Wirkung auszusetzen.
Cannstatt, 4. August. (Todesfälle durch Pilz- oder Fleischvergiftung?) Hier herrscht, wie die „Schwäbische Tagwacht" berichtet, über zwei Todesfälle, die sich in letzter Zeit ereigneten, lebhafte Beunruhigung. Der Kaufmann Fritz Mäu!e erkrankte, nachdem er zuerst Pilze und dann Fleisch gegessen hatte, schwer und starb vor 10 Tagen. Mit ihm erkrankte auch sein Schiegeroater, der Maler Wilhelm Held. Auch dieser ist in der Nacht zum Sonntag, nachdem noch eine Lungenentzündung hinzugetretn war, gestorben. Die Frau des verstorbenen Mäule liegt heute noch an den Folgen der gleichen Vergiftung im Stuttgarter Paulinenhospital darnieder, während die Frau des verstorbenen Held sonderbarerweise von der Pergistung verschont blieb, obwohl sie auch die gleichen Speisen genossen haben soll.
Badem
Pforzheim, 3. Aug. Vor dem Schöffengericht hatten sich der Kabinettmeister Heinrich Link von hier, der Kaufmann Karl Bürkle aus Jspringen, der Emailmaler Hermann Fröhlich von hier, der Fabrikant Karl Bürkle aus Jspringen, der Goldarbeiter Gottlieb Drollinger aus Gräfenhausen, der Mechaniker Artur Drasseck von hier und der Fabrikant Johann Borzer aus Enzberg wegen Diebstahls, Hehlerei und unerlaubten Handels mit Edelmetallen zu verantworten. Es erhielten wegen Diebstahls von Platin bzw. Doubleabsällen Kabinettmeister Link ein Jahr Gefängnis, Kaufmann Bürkle zwei Monate Gefängnis. Wegen Hehlerei wurden verurteilt Fröhlich und Drasseck zu je vier Wochen Gefängnis, Fabrikant Bürkle zu 20 Tagen Gefängnis. Gegen Borzer wurde wegen fahrlässig begangenen unerlaubten Handel auf 50 Mark Geldstrafe erkannt. Drollinger wurde freigesprochen. Die Veruntreuungen des Link gehen bis auf das Jahr 1921 zurück und umfassen Platin im Werte von 9630 Mark.
Freiburg, 4. Aug. Am 4 August feierte der Senior der badischen Buchdruckereibesitzer, Dominik Leube, hier, feinen 84. Geburtstag. Er kann gleichzeitig auf ein 70jähriges Berufsjubiläum zurückblicken. Der greise Jubilar hat ein äußerst arbeitsreiches Leben hinter sich; er kam in seinen Wanderjahren aus der Buchdruckereistadt Lahr nach Freiburg, wo er den „Oberrheinischen Courier" herausgab, aus dem er später das Freiburger Pfennigblatt schuf, das in Mittelstands- und Arbeiterkreisen sehr beliebt war. Das Freiburger Adreßbuch verdankt ihm feinen Ausbau und seine Handlichkeit. Der 84jährige Gutenbergjünger erfreut sich heute noch geistiger und körper
licher' Frische, die man seiltet spartanischen Lebensweise schreiben darf.
NeberlinKN, 3. Aug. Zu dem Großfeuer in Frickingen wird noch gemeldet: Dem Feuer fielen im ganzen zwei große Scheunen und ein großes; sowie ein kleines Wohnhaus zum Opfer Die eine Scheune gehörte dem Löwenwirt Anton Lattner, die - beiden Wohnhäuser und die andere Scheune dessen Bruder Otto ' Lattner. Der Knecht des Löwenwirts wurde um 1 Uhr frU durch das Brüllen einer Kuh geweckt. Als er nachschaute, sah er durch die Scheune einen Mann flüchten. Er holte deshalb seinen Mitknecht. Als sie jedoch zurückkamen, stand der Heustock bereits in Flammen. Bei dem herrschenden Sturme breitete sich das Feuer mit rasender Schnelligkeit aus und in kurzer Zeit standen die vier Gebäude in Flammen. Der Sturm trug die Funken kilometerweit fort und gefährdete dadurch viele andere Gebäude. Die Feurwehren von Frickingen und Umgebung vermochten nicht den Flammen Herr zu werden. Erst die Uebrlin- ger Feuerwehr konnte den Brand eindämmen. Es sind etwa ! 12—15 MO Zentner Heu und einige Tausend Garben verbrannt. Das Vieh, etwa 65 Stück, konnte gerettet werden, dagegen sind einige Dutzend Hühner verbrannt. Der Schaden ist durch Versicherung nicht völlig gedeckt. Es wurden bereits einige Verhaftungen vorgenommen. '
Ueberlingen, 4. Aug. Gestern morgen wurde bei der Abfahrt des Zuges 7.14 Uhr nach Friedrichshasen ein mit Füßen und Körper nach außen liegender Mann bemerkt, dem der Kopf nahezu durch die Räder des letzten Wagens abgeschnitten worden war. Es handelt sich bei dem Verunglückten um den 47 Jahre alten Lokomotivführer Wöchner, der hier wohnhaft und ' in Radolfzell stationiert war. Wöchner kam mit dem Zuge von Radolfzell und ist hier ausgestiegen. Wie sich der Unfall zugetragen hat, kann nicht fcstgestellt werden, da niemand den Vor- ! gang beachtet hat. Erst nach Abgang des Zuges wurde der Verunglückte bemerkt.
Vermischtes
Durch Zufall aufgeklärter Batermord. Von einem Jahr verschwand in der kleinen slowakischen Ortschaft Hernad der alte Landwirt Franz Suler spurlos. Der Sohn Sülers übergab ^ kurz nach dem Verschwinden der Behörde einen Brief, in dem der verschwundene Landwirt mitteilt, er sei gesund, kehre aber in seine Ortschaft nicht zurück. Auf Grund dieses Briefes wurde i die Untersuchung auch eingestellt. In der vorigen Woche spielten nun Kinder auf der Wiese, unter ihnen auch die fünfjährige , Enkelin des verschwundenen Landwirts, deren Vater der Sohn ! des Franz Suler war. Es kam zu einem Streit, in dessen Ver- > lauf das kleine Mädchen ihre Freundin anfuhr: „Wenn du es nicht machst, wie ich es will, dann werde ich dich so schlagen, wie - mein Vater den Großvater geschlagen hat. Dann wird es rasch mit dir zu Ende sein." Das Kind wurde näher ausgefragt und erzählte, ihr Vater und ihr Onkel hätten den Großvater er- ; schlagen und auf der Wiese begraben, wo damals der Mais ! Hochstand. Die Gendarmerie wurde verständigt, der Vater und der Onkel des Kindes, Brüder, wurden verhaftet. Beide gestanden ihre Tat ein und bezeichneten auch die Stelle, wo man den vergrabenen Leichnam fand. Der Brüder erklärten, den Mord begangen zu haben, um sich in den Besitz der Grundstücke ihres Vaters zu setzen.
Handel mit Mordaufträgen. In der Tschechoslowakei wird sogar mit Mordaufträgen gehandelt. Man höre: Der Brauereibesitzer Helevka wollte einen reichen Onkel beerben und dang einen Feldarbeiter um 5000 Kronen. Der sollte den Onkel ermorden. Der Feldarbeiter dachte, 5000 Kronen sind ganz schön, aber ein Mord ist eine häßliche Sache. Vielleicht macht es ein ^ anderer. Und er holte sich einen Landstreicher für 1000 Kronen. Der sollte den Onkel ermorden. Der Landstreicher dachte, ein Mord ist ein gefährlich Ding, aber 1000 Kronen sind viel Geld.
Vielleicht-Und er fand einen Gelegenheitsarbeiter, der
gleichzeitig Gelegenheitsdieb war und Lot ihm 50 Kronen. Der sollte den Onkel ermorden. Der Gelegenheitsmann dachte, ein ! Mord ist mir zu schwierig, und 50 Kronen sind mir zu wenig, den ganzen Mordplan auf. Das ist ein Geschäft — das bringt Und er ging zu dem Onkel und deckte ihm für 1000 Kronen noch was ein — das kann nicht ein jeder — das will verstanden fein._
Handel und Verkehr-
Stuttgart, 4. Aug. Dem Dienstagmarkt am Vieh- und Schlacht- ! Hof wurden zugefühn: 47 Ochsen, 40 Bullen, 30l Iungbullen, 270 j Imigrinder '.unverkauft 14), 75 Kühe, 823 Kälber, 943 Schweine, 42 ,
Schafe und 2 Ziegen. Erlös aus je 1 Ztr. Lebendgewicht: Ochsen 1. 53-59 (letzter Markt 50—56), 2. 43-51 (41-48), Bullen 1. 54 bis
Dunkle Mächte. j
22j Kriminal-Roman von Friede. L. Zöllner.
Deutscher Provinz-Verlag G.M.H.H., Berlin W. 66. 1925.
Er führte an der Rousseau-Insel vorbei und endete schließlich an einer einsam gelegenen Bank, die ganz zwischen Bäumen versteckt lag.
EM ließ sich daraus nieder, und die drei übrige» folgten ihrem Beispiel.
Da plötzlich sah der Detektiv, wie Ellis Wangen blaß wurden, und wie die schlanke Gestalt leicht fröstelnd zusammenschauerte.
Gleich daraus schien sie ganz plötzlich aus ihren Träumen zu erwachen.
Sie lächelte und neigte prüfend den Kops.
Drüben ging ivevsn ein junger Herr vorüber, der mit leichter Verbeugung höflich grüßend Len ' Hut zog.
Norbert Wallner beeilte sich, den Gruß zu erwidern.
Im nächsten Augenblick war der Herr wieder hinter dem dichten Gebüsch verschwunden, nur noch seine leichten Schritte waren vernehmbar.
Mit dem Detektiv war eine iahe, auffallende Veränderung vor sich gegangen. Er war leichenblaß geworden und brauchte sichtlich alle Anstrengung, um wenigstens äußerlich ruhig zu bleiben. Der Anblick des jungen Herrn, den er für einige flüchtige Sekunden dort vorn an der Oefsnung des zu der Bank führenden Pfades hatte vorbergchen sehen, hatte wie ein Keulenschlag aus ihn gewirkt.
Noch war er nicht ganz wieder Herr seiner selbst geworden, als Elli sich mit einer Frage an ihn wandte.
Das Wort erstarb ihr aus der Zunge, als sie in seine blassen Züge sah.
„Um Gottes willen. Herr Wallner!" rief sie angstvoll, ,-was fehlt Ihnen? Mama, sieh doch, Herr« Wallner ist nicht wohl.
Mit aller Selbstbeherrschung zwang sich der Detektiv zu einem Lächeln.
„Nicht doch, gnädiges Fräulein, es ist schon vor- bet. Ein kleines Unwohlsein, nicht vo« B^>eutmrg."
„Aber Sie waren eben totenblaß."
„Eine Folge meiner leicht erregbaren Natur, gnädiges Fräulein. Eigentlich eine schlechte, unter Umständen gefährliche Beigabe für einen Mann meines Berufes."
„So wollen wir weitergehen."
„Bitte nicht! Es gefällt mir ausgezeichnet hier. Auch Sie scheinen den Platz zu lieben, gnädiges Fräulein?"
„Sie haben recht geraten, Herr Wallner. Ich bi« in der Tat nicht zum ersten Male hier."
„Ich dachte eZ mir. denn die Art, wie Sie vorhin hierher lenkten, war die eines Menschen, der ein bestimmtes Ziel im Auge hat."
„Welch scharfen Blick Sie haben! Diese Bank ist wirklich mein Lieblingsplatz. Ich suche sie auf, so oft ich im Tiergarten bin."
„Was aber wohl nur sehr selten der Fall ist, nicht wahr?"
„Allerdings. Höchstens einmal in der Woche spüre ich das Verlangen nach dem Tiergarten, und dann bin ich immer hier zu finden."
Das Gespräch blieb nun im Fluß, bis Norbert Wallner sich nachher vor dem Tore der Villa von den Herrschaften verabschiedete.
Man bat ihn, am Abend, nachdem sich zuvor alle etwas ausgeruht hatten, wiederzukommen.
Unverzüglich begab er sich in feine Wohnung, wo er sich mit einer gute» Zigarre auf das Liege- sosa legte, um mit geschlossenen Augen den heutigen Tag und seine Ergebnisse zu überdenken.
An dem Erlebnis lm Tiergarten auf der entlegenen, halb versteckten Bank hafteten seine Gedanken am längsten.
Er sah sich mit einem Schlage um ei« gewaltiges Stück tn seiner Aufgabe gefördert, und er zweifelte gar nicht daran, daß er heute nachmittag richtig beobachtet und aus seiner Beobachtung die einzig logische Schlußfolgerung gezogen hatte, obwohl ihm selbst die jähe Erkenntnis, wohin sein Weg ihn aller Vor- »u-sicht nach führen werde, so unerwartet gekommen
war. daß er zunächst an seinen gesunden Augen hatte zweifeln wollen.
Jetzt war er über die erste Ueberraschung hinaus und sah wieder klar und deutlich den weiteren Weg : vor sich liegen.
j Es galt, die Zusammenhänge zwischen der heuti- ! gen Entdeckung und dem, was er bisher bereits sest- gestellt hatte, zu suchen und alles zu einer festen, unzerreißbaren Beweiskette zu schmieden, die dann den Schuldigen, jenen mit unerhörter Grausamkeit und beispiellosem Geschick vorgehenden Verbrecher, seiner Strafe überliefern sollte.
Der Kommerzienrat Scharwächter wußte heute, als man sich nach dem Abendessen zu gemütlichem Plaudern ins Wohnzimmer zurückgezogen hatte, nicht recht, was er eigentlich von seinem Gast halten sollte. Trotz aller feierlichen und offenen Bemühungen gelang es ihm nicht, das Gespräch auf die Ereignisse zu bringen, deren Klärung ihm doch vor allem am .Herzen lag. Entweder war der Detektiv bemüht, einen Mißerfolg zu verdecken, oder er liebte es nicht, vor glücklicher Erledigung einer Ausgabe viel von ihr zu sprechen.
Jedenfalls aber verstand er eS, jeder Wendung des Gesprächs, die nur entfernt die Diebstahlgeschichte hätte berühren können, mit erstaunlichem Geschick auszuweichen und plauderte unermüdlich vom Hundertsten ins Tausendste, nur nicht von dem, was der Hausherr zu gern gehört hätte.
Ganz besonders schien er sich auf EMS Frühjahrsreise festgebissen zu haben. >
Vielleicht lag das daran, daß er selbst, wie er ; anfangs erwähnt hatte, längere Zeit in Köln an- sässig gewesen war und daher an Ellis Erle.uissen , t« der schönen, altehrwürdigen Stadt am Rhein besonderes Interesse hatte. l
Zuletzt lag das Gespräch fast vollständig in den ^ Händen der beide« jungen Leute; der Detektiv fragte, und EM erzählte.
Dabet ergab sich, daß er eine ganze Anzahl vo« EULS Kölner Bekannte« auch zu den seine« zählte.
(Aortse-uua folat.l