Zweites

Blatt.

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Blatt.

^ 303

Mittwoch, den 24. Dezember 1924

82. Jahrgang

Württemberg,

Calw, 23. Dez. (Leichensund.) Die unlängst hier gelandete Deiche wurde als die Frau WiLhelnnne Kuhn aus Leideuherm festgestellt und bereits beerdigt. Die Nachricht, daß es sich um die seit Ende November vermißte Frau von Wildberz handelt, war nicht richtig.

Stuttgart, 23. Dez. (General Reinhardt und die M-r- schwaben.) In einer Besprechung der im hiesigen - Vertag Bergers Literarisches Büro erschienenen Geschichte der 27 Di­vision stellt General Reinhardt, zurzeit noch Äandeskvmmandant in Württemberg, fest:Weniger glücklich als ihre zu aben­teuerlich-kühnen Kriegsfahrten berufenen Kameraden der uiner- ländischen 26. Division schrieben diese Löwen der Westfront ihren Namen unvergänglich in die Geschichte der trotzigsten Ab­wehrkämpfe aller Zetten ein." Der General erzählt dann noch folgendes Erlebnis:Als zu Beginn 1916 die 12-,er einen be­sonders blutigen Fetzen englischer Stellung erobert hatten, eilte ich als Stabschef- württembergischen Korps in die neuge­wonnenen Gräben vor, um über ihre Haltbarkett ein Urteil zu gewinnen. Die Engländer waren in einem vorspringcndeu Winkel dicht gegenüber geblieben, man sah ihre Tellerhelme in Len Trichtern und ich sagte zu dem nächsten Gruppenführer: Seht Euch vor, sie kommen bald wieder!" Mit sicherer Festig­keit antwortete der lehmkrustige Oberschwabe:Was sich no, mir sen Lo!" Ich habe im ganzen Kriege nichts Stinkenderes vernommen.

Leonbcrg, 22. Dez. (Seltenes Fest.) Der frühere Postbote Beutelspacher von hier und seine Frau Friederike, geb. Groß­haupt, zogen zur goldenen Hochzeit in die Kirche. Ihnen folgte der Sohn Christian mit seiner Frau .Katharine Rosine, geb. Bürkle, um die silberne Hochzeit zu feiern. Und nun kam die Enkelin Berta, um mit Gärtner Hermann Hähule vor den Traualtar zu treten. Die Verlobung einer anderen Enkelin krönte den Tag. Die Feier war erhebend und rührend.

Neckarsulm, 22. Dez. (Schwiegermuter und Schwiegertoch­ter.) Wegen ihrer 83 Jahre alten Schwiegermutter wurde eine Frau aus Züttlingen zu 30 Mark Geldstrafe und den Kosten des Verfahrens vom Amtsgericht verurteilt. Beide wohnen in einem Hause und leben fortwährend in Strett, wobei die alte Schwiegermutter schon des öfteren Rippenstöße, blaue Augen usw. davongetragen haben soll. Der Höhepunkt aber wurde erreicht, als, um Verletzungen vorzubeugen, die Schwiegertoch­ter alten Frau die Röcke hochhob und dieser eine gewisse Körper­stelle ordentlich verpatschte.

Kiebingen OA. Rottenburg, 23. Dez. (Plötzlicher Tod) Der erste Maschinenmeister des hies. Elektrizitätswerks, der 50jährige August Maier, wollte mittags nach Tübingen fahren. Auf dem Bahnhof sank er, gerade als der Zug einfuhr, vlötzlich tot um.

Rottenburg, 23. Dez. (Jäher Tod.) Der in den siiebziger Jahren stehende Metzger Diebold ging gestern früh mit keinem Kollegen Motzer zu beruflichen Zwecken nach Hechingen. Auf dem Wege -den Gelben Kreidehusen hinauf äußerte Metzger Diebold gewisse Beschwerden und bat seinen Begleiter lang­samer zu gehen, da ihm das Gehen schwer ankomms. Kaum hatten beide Männer die ersten Häuser von Dettingen erreicht, als Metzger Diebold von einem Herzschlag getroffen keinem Be­gleiter in die Arme sank. Kurz darauf war er eine Leiche. An dem jäben Hinscheiden des biederen und braven, allseits geach­teten Mitbürgers nehmen alle Anteil, welche ihn und seine Familie näher gekannt haben.

Tettnang, 23. Dez. (Festnahme.) Ins Untersuchungs­gefängnis wurde ein junges Paar, der Kaufmann Grüufeld und Frau aus Dresden, eingeliefert. Grünfeld war nach Unterschla­gung von 20 000 Mark flüchtig gegangen und wurde mit seiner Begleiterin in Friedrichshafen vor der Ausreise in die Schweiz sestgenommen.

Durlesbach OA. W aldsee, 23. Dez. (Vom Zug überfahren ) Eklkstklchkü All §Mkkü haben Sie am besten, wenn Sie Ihren

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bei mir decken.

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Bahnwärter Diez, stationiert zwischen Durlesüach und Mochen- wangen, war abends damit beschäftigt, Schrauben am Bahn­gleis anzuziehen. Wegen des heranfahrenden Güterzugs trat Diez auf das andere Gleis und bemerkte Las Herantommen des Personenzugs nicht. Der Lokomotivführer konnte die Ma­schine nicht mehr zum Stillstand zu bringen. Die; wurde erfaßt und so schwer verletzt, daß er bald darauf starb. Der Bedauerns­werte hinterläßt eine Witwe und sechs Kinder.

Abtsgmünd, 22. Dez. (Eine Nadel.) Gastwirt und Metz- germeister S. im benachbarten D. zog kürzlich zu seiner Arbeit ein ausgebessertes Kleidungsstück an. Eine Lurch irgend einen Umstand darin steckende Nähnadel drang ihm bei der Arbeit in das Armgelenk ein. Sie brach ab, verursachte große Schmerzen und mußte auf operativem Wege entfernt werden Darum Vorsicht, ihr Frauen und Nähterinnen!

Baden

Bühlertal, 20. Dez. (Der Randstein als Retter.) Als der Sägewerksbesitzer Robert Kern von hier gestern vormittag mit besetzten Personenauto vom Kurhaus Sand herabfuhr, kam der Wagen auf der mit Eis bedeckten Straße ins Schleudern und rutschte an den Wegrand der Steilseite, ohne daß es dem Lenker möglich war, das Gefährt zum Stehen zu bringen. An der Kehre beim steilsten Abgrund stand der Retter in der Not in der Gestalt eines kräftigen Randsteines. Ohne dieses Hinder­nis wär das Auto in die Tiefe gestürzt. So kamen die Insassen mit dem bloßen Schrecken davon. Das Auto wurde stark be­schädigt.

Sexau (Amt Emmendingen), 23. Dez. Dem Knecht eines Freiburger Pferdehändlers waren in der Nacht zum 3. Dezem­ber auf dem Wege vom Unterglottertal nach Fremurg zwei Pferde, die vor einem Auto scheu geworden waren, davongelau­fen und seitdem spurlos verschwunden. Die beiden Tiere wur­den nun im Stall des Hofbauern Hermann Schwaab hier von Freiburger Polizeibeamten ermittelt und Mann und Pferde mußten Len Weg nach Freiburg antreten. Den Hofbauern dürfte diese Bereicherung seines Viehstandes teuer zu stehen kommen, denn die Freiburger Staatsanwaltschaft ratte den Ver­lust wiederholt ausgeschrieben nud um Nachricht über den Auf­enthalt der Tiere ersucht.

Freiburg, 23. Dez. Am Abend des 21. Dezember, zwischen 5 und 7 Uhr, wurde in dem Wartehäuschen im Rekgelände zwischen Müllheim und Hügelheim die 26 Jahre alte ledige Marie Schraub von Müllheim zu vergewaltigen versucht und dann Lurch zahlreiche und heftige Schläge mtt einem Bengel auf den Kopf in unmenschlicher Weise niederge-chlagen. Ter Täter flüchtete unter Zurücklassung von Hut und Taschentuch und ist etwa 38 Jahre alt. Infolge des heftigen Kamofes und star­ken Blutverlustes seines Opfers muß der Täter an Händen und im Gesicht besonders aber an den Kleidern, reichliche Blut- spuren davongetragen haben.

Auggen (Amt Müllheim), 23. Dez. Die Gemeinde Auggen besitzt zwar eine Anzahl Wirtshäuser, aber keines. Las einen größeren Saal zur Abhaltung von Tanzkränzchen aukzuweisen hätte. Um nun den Tanzlustigen der Gemeinde entgegenzu­kommen, hat man ihnen seit ungefähr einem Jahr den Nat- haussaal zur Verfügung gestellt. Das erregt den Unwillen eines Auggener Bürgers, der in einer öffentlichen Erklärung es als unwürdig bezeichnet, daß in einem Raum, in dem über das Wohl der Gemeinde entschieden wird, Shimmy und Schie­ber getanzt werden. Nebenbei bemerkt werden im Auggener Rathaussaal auch die Weinversteigerungen des Auggener Win­zer Vereins abgehalten. Dagegen wird allerdings nichts einge- w endet. _

Vermachtes

Die neunzehnmal verkaufte Ware. Auf raffinierte Weise haben der Kaufmann Kurt Haschke und der Gemüsehändler Os­win Zill in Berlin eine Reihe von Personen betrogen, indem sie einen Posten Ware durch ihre Betrugsmanöver neunzehnmal verkauft und den Kaufpreis eingestrichen haben. Die Sache liegt schon vier Jahre zurück und konnte erst jetzt vor dem Schöffengericht Schöneberg zur Aburteilung gelangen, weil die Akten bisher verschwunden waren und erst jetzt züm Vorschein gekommen sind. Inzwischen haben einige Mitbeteiligte Ge­legenheit gehabt, das Weite zu suchen. Den Angeklagten kam

zugute, daß die Sache verjährt war. Da sie sich auch inzwi­

schen nichts weiter haten zu Schulden kommen lassen, so kamen sie mtt milden Strafen davon. Haschke erhielt neun Monate Gefängnis, Zill drei Monate Gefängnis; es wurde den An­geklagten außerdem Bewährungsfrist in Aussicht gestellt.

Ein gutes Beispiel. Von einer seltenen Tat deutscher ^Vater­landsliebe weiß die in deutschem Sprachgebiet erscheinende American News" zu berichten: Ein in England kürzlich ver­storbener Herr Max Wächter hatte seinem in Berlin lebenden Neffen und Namensvetter, dem Prof. Dr. Max Wächter, eine Erbschaft von einer Million Dollar testamentarisch vermacht. Als Bedingung für den Antritt des Erbes wurde von dem Erben verlangt, er müsse auf seine deutsche Staatsangehörigkeit verzichten und als naturalisierter britischer Untertan sich in England niederlassen. Wegen dieser Forderungen verzichtete Professor Dr. Wächter auf sein Erbe.

Zehn Personen ertrunken. Wie aus Königsberg gemeldet wird, sind auf den ostpreußischen Gewässern in den letzten Tagen, als sich eine dünne Eisdecke gebildet hatte, zehn Perso­nen, darunter drei Erwachsene, eingebrochen und ertrunken. In einem Falle ertranken im Memelstrom sämtliche drei Kinder eines Wiesenwärters im Alter von sechs bis zwölf Jahren.

Der Hustenanfall als Operateur. Ein junges Mädchen in Auenbüll im nordschleswigschen Amt Sonderbucg hatte eine Nadel verschluckt. Eine Röntgenaufnahme konnre den Sitz der Nadel nicht Nachweisen. Als nun Las Mädchen nach zehn Tagen Schmerzen im Halse verspürte, begab es sich zum Arzt. Es setzte sich zur Operation bereit und wartete der Dinge, die da kommen sollten. Während der Arzt seine Instrumente zurecht machte, bekam das Mädchen Plötzlich einen Hustaniall und siehe da: die Nadel es handelte sich um eine Knovfnadel flog schmerzlos aus dem Halse heraus. Ein operativer Eingriff war überflüssig geworden.

Die verhängnisvolle Benzinflasche. In dem Zuge Straß­burgLuneville wollte sich ein junger Mann eine Zigarette anzünden, als plötzlich eine Explosion erfolgte. Eine Flasche Benzin, die der Unglückliche in der Tasche trug, war zersprun­gen. Im Nu stand der junge Mann in Hellen Flammen und auch ein neben ihm sitzendes junges Mädchen war von den Flammen ergriffen worden. Von der Angst gepack:, ritz cs die Türe auf und sprang ins Freie, zwei Mitreisende taten das gleiche. Ein dritter hatte die Geistesgegenwart, die Notleine zu ziehen. Der Zug hielt und man bemühte sich um die Ver­letzten; der junge Mann war schrecklich zu ge richtet, auch das junge Mädchen, das wie eine Fackel loderte, erlitt schwere Brandwunden und ernste Quetschungen.

Die Kältewelle, von der die Vereinigten Staaten des Mit­telwestens seit einigen Tagen heimgesucht sind, hat bereits 92 Todesfälle unL einen Sachschaden in Höhe von zehn Millionen Dollar verursacht. In einigen Städten ist die Temperatur auf 35 Grad gesunken.

Bersvlauderet.

Sei gegrüßt, du schönstes Fest, Fest des Friedens und der Liebe! Bring zur Ruh für kurze Frist, Alles häßliche Getriebe! Gieße Freude, Friede ein Jn üie Menschenherzen! Jubel herrsche unterm Baum Bei dem Glanz der Kerzen! Weihnachtsmann, verteil die Gaben, So, daß alle Freud dran haben: Eine Puppe bring dem Jettchen, Einen Bräutigam dem Netten, Einen Rundfunk bring dem Fritzle, August ein Zigacrenspitzle, Theo­dor ein Eisenbähnchen. Wilhelm ein Aeroplänchen, Hans und Grete schöne Bücher, Fräulein Frida feine Tücher, Filzpantof­feln dem Kanzleirat, Und dem Fridolin ein Zweirad, Eine Boa der Cäcilie, Eine Bettflasch der Emilie, Kurt ein schönes Schau­kelpferdchen, Und der Ruth ein Küchenherdchen, Einen Jumper auch der Guste Kurzum: Jedem das Bewußte! An den Weihnachtsfeiertagen Nichts von Sorgen, :rich:s von Klagen! Nicht gemurrt und nicht gewimmert! Drängt zurück, was euch bekümmert! An dem Christfest niemand denke Ans Politische Gezänke, Heute nichts von Reichstagsjammer, Nichts auch von der Landeskammer, Nichts vom Kampf politischer Streiter, Nichts vom Ebert usw.. Nichts von der Entente-Sippe, Nichts von Steuern, nichts von Grippe! Hat viel Not uns auch betroffen, Laßt trotzdem nicht ab vom Hoffen, Vom Vertraun auf bessre Zeiten, Denen wir entgegenschreiten! Ist auch kritisch noch die Lchie Trotzdem: Frohe Feiertage! Wdn.

Frauenhatz.

Geschichtliche Erzählung aus dem 15. Jahrhundert von Felix Nabor.

10! (Ncichdruck verboten.)

Weiter kam er nicht in seiner Rede. Denn m diesen! Augen­blick erschienen Walter und sein Knappe hoch zu Roß aus dem Marktplatz und ritten geradewegs dem Brunnen zu. Als der kleine Schneider den langen Recken erblickte, erblaßte er und wollte vom Brunnen herabspringen. Allein auf dem schlüpf­rigen Steine glitschte er aus und wie sein Mut, so sank er felbst patschend in den hochgefüllten Brunnen, kläglich zappelnd und wimmernd

Lachend sahs die Menge, die dem Prahlhans gern diese ge­linde Strafe gönnte; schnaubend und pustend arbeitere sich der kleine Mann empor und verschwand beschämt in einer Seiten­gasse, sein Heldentum verwünschend, das ein so klägliches Ende genommen hatte.

Vor einem stattlichen Hause am Marktplatz, dessen Giebel zahlreiche Schnitzereien und Bilder zierten, waren die Vor­nehmsten des Städtchens versammelt, in ihrer Mitte der Bür­germeister, der, ohne sich die Mühe genommen zu haben, lerne Amtstracht mit dem bequemen Hauskleide zu verrauschen, eben von dem Rathause herabgeeilt war, um -die aufgeregten Bürger zu beruhigen und Ordnung zu halten.

Von allen Seiten nahen die Reichsstädter", meldet: eben der Waibel des Städtchens,und bald sind wir umzingelt."

Das Rottenburger Tor ist von Rottweiler Fußvolk dicht belagert", kündet ein anderer.

Oeffnet die Tore", rief ein Licker Magistrarsherr, dem cs in erster Linie um sein Haus am Tore und um die Samt- und Seidenwaren zu tun war, die seine Gewölbe füllten.Wenn wir uns den Städtern freundlich erzeigen, werden sie von harter Schatzung absehen."

Aber unser Lehensherr, der Graf Friedrich", warnte der Bürgermeister,was wird er dazu sagen?"

Die weisen Ratsherren ließen die Köpfe hängen und konnten keinen Entschluß fassen; sie wollten es weder mit dem Grafen, noch mtt den ihnen befreundeten Städtern verderben.

Hört mich, ihr ehrsamen Bürger", ließ sich da der junge Stauffenecker mit weithin schallender Stimme vernehmen,ihr irrt euch, wenn ihr glaubt, das ganze Heer der Reichsstädter sei vor euren Toren; es ist nur ein Streifkorps, dem ihr leicht zu widerstehen vermögt. Aber vielleicht morgen schon rücken weitere Scharen heran und dann müßt ihr am Ende der Ueber- macht Weichen, denn eure Mauern sind zu schwach, als daß sie einen ernstlichen Ansturm auszuhalten Vermöchten. Ich möchte daher euch einen wohlgemeinten Rat geben: Flüchtet eure besten Güter und Habseligkeiten auf die Burg eures Lehns­herrn; für einen guten Enipfang dort oben will ich weislich Sorge tragen. Ich selbst aber mit den Mutigsten eurer Stadt werde euch geleiten. Und, bei meinem Schillerte, kein Reichs­städter soll es wagen, euch oder eure Habe anzutasten. In we­nigen Wochen schon ist gewiß der Feind zerstreut und Friede im Land; dann mögt ihr wieder zu Tal ziehen und Schwert und Spieß mtt Elle und Hammer vertauschen."

Allgemeiner Beifall lohnte die wohlgesetzte Rede des z Ritters.

Ans Werk", riefen die verschiedenen Haufen,bis die Sonne sinkt, müssen wir auf dem Zollern sein."

Und die Menge begann sich zu zerstreuen, um das Wert­vollste zu holen und es im festen Bau der Burg zu bergen.

"Halt", rief der dicke Schlächter, ein gewaltiges Beil über dem Haupte schwingend,ich rate euch, eure überflüssigen Kühe und Kälber mitzunehmen. Wir werden sie wohl brauckien können, wenn die Belagerung zu lange dauern sollte. Lasten wir sie im Städtchen, so mästen die Ulmer und Rorrweiler ihre Schmerbäuche damit."

Auch dieser Vorschlag wurde angenommen. Und nun be­gann ein emsiges Gewimmel in Len engen Gassen des bedroh­ten Städtchens. Wagen und Karren wurden bespannt und beladen, und wer seine Habe auf dem Rücken zu tragen ver­mochte, schnürte sie in ein Bündel und eilte dem Marktplatze zu. Mancher auch stieg schweren Herzens in den Keller, um daselbst seine Kostbarkeiten in sicherem Verstecke zu bergen und verrammelte Türen und Fenster, auf bessere Zetten hoffend. Wer sich von seinem Eigentum nicht trennen mochte, verkroch

zuwarten, seufzend über das Ungemach, das, in jenen Zeiten nichts Ungewohntes, so jäh hereingebrochen war.

Kaum war eine Stunde verronnen, da bewegte sich ein langer Zug gegen den Schloßberg hin; Walter von Stausten- eck mit seinem Knappen, der dicke Schlächter und ein Dutzend bewaffnete Bürger bildeten die Nachhut und schlugen die An­griffe der Reichsstädter, die verschiedene Fähnlein gegen sie schickten, tapfer zurück.

Beim Anblick der gewaltigen Mauern und Türme der Burg, deren Zinnen im Abendsonnenschein erglänzten, faßten die Schutzsuchenden Mut und sagten sich, daß es fast unmöglich sei, diese massige Feste zu brechen und daß mancher Sturm an den hohen Mauern abprallen müsse.

Es war ein schweres Stück Arbeit, die hochbelaüenen Wagen den steilen Schloßberg hinaufzubringen, und mancher Schweiß- tropsen rann von den glühenden Stirnen der Männer; aber sie halfen treu zusammen, und wo ein schweres Hindernis zu überwinden war, so sprang -der herkulische Fleischer herbei und griff mit Riesenkraft in die Speichen der knarrenden Räder.

Eine stattliche Zahl wohlgenährter Rinder war mit im Zuge und bei ihrem Anblick lachte der Riese den Ritter an: Wird sich freuen, der Herr Graf Friedrich, wenn tri: ihm solches Nachtesten bringen."

Wahrhaftig", entgegnete Walter,du hast da einen klugen Gedanken gehabt und der Graf wird dir Tank misten."

Ei, Herr Ritter", sprach dieser mit breitem Lachen, glaubt Ihr, es sei mir bloß um den Herrn Grafen zu tun? Ich liebe seihst auch etwas Kräftiges und «in wenig viel unter die Zähne und hoffe nicht, zu kurz zu kommen, lind wenn uns der Herr Graf behält, so wollen wir auch meine Kameraden sind dazu entschlossen auf der Burg bleiben und ihm helfen, die Ulmer, mit denen ich seit langem einen Span auszufechten habe, tüchtig zu klopfen. Zwar vermag ich nicht regelrecht das Schwert zu führen; aber wo mein Schlachtbcil hinfällt, da gibt es klaffende Wunden und blutende Schädel."

Brav gesprochen!" rief Walter.Solche Kämpfer werden dem Grafen willkommen sein, und an Arbeit wird es nicht