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110.

Neuenbürg, Samstag, den 1«. Mai 1924.

82. Jahrgang.

Württemberg.

Stuttgart, 9. Mai. (Beschlagnahme derSüddeutschen Arbeiterzeitung".) Die heutige Nr. 54 derSüddeutschen Ar­beiterzeitung" ist durch Beschluß des Amtsgerichts Stuttgart 1 wegen Abdruck eines Aufrufs des Exekutivkomitees der Kom­munistischen Internationale beschlagnahmt worden. In dem Aufruf wird Propaganda für den Bürgerkrieg gemacht.

Brackenheim, 9. Mai. (Zur Landtagswahl.) Nach der fetzt feststehenden Ausrechnung ist der bisherige Abgeordnete für den Bezirk Marbach, Dr. Wolfs (BB.) im Bezirk Bracken­heim gewählt. Der Bezirk hat also die Kraft zur Erreichung der Stimmenzahl für einen Abgeordneten allein aufgebracht.

Oberfischach. Gaildorf, 9. Mai. (Ein gefährlicher ^ Bursche.) Ein bisher unbekannter Täter, der vor einiger Zeit ' einen versuchten Totschlag an einem Forstheamten durch Ab- mbe einiger scharfer Schüsse verübte und dann einen höheren Horstbeamten durch einen anonymen Brief mit dem Leben be­drohte, 'ist durch Gaildorfer Landjäger in der Person des Landwirts Karl Busch von Rappoltshofen ermittelt und dem Amtsgericht eingeliefert worden.

Vermischtes.

von der bayerischen Grenze, 9. Mai. (Eine gräßliche Bluttat.) Als der Senne der Käserei in Thanners bei Jm­menstadt nach der Milchabnahme zum Frühstück gehen wollte, bot sich ihm ein grausiger Anblick dar. Die Hausfrau, die 18- jährige geistesschwache Tochter und der ein Paar Jahre jüngere Sohn des Meisters lagen im Blute in ihren Betten. Die Tochter war bereits tot. Mutter und Sohn gaben noch schwache Lebenszeichen. Auf dem Dachboden fand der Senne den im besten Mannesalter stehenden Käsereibesitzer Johann Beck er­hängt auf, neben der Leiche ein Jagdgewehr, mit dem sich der unglückliche Mann zuvor noch einen Schuß beigebracht hatte. Mutter, Tochter und Sohn sind mit einem großen Hammer furchtbar zugerichtet worden. In schwer verletztem Zustande wurde die Ehefrau und der Sohn in das Krankenhaus nach Jmmenstadt verbracht, wo sie mit dm Tode ringen. Was dem zur Schwermut neigenden Beck unmittelbare Veranlassung zu dieser grausigen Tat gab, ist nicht geklärt. Fest steht nur, daß rr in letzter Zeit in seinem Geschäfte bedeutende Geldverluste erlitten hat. Eine Gerichtskommission aus Jmmenstadt begab sich sofort zum Tatort.

Wertvoller Fund. Bei Umbrucharbeiten im Anwesen des

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Gütlers Jobst in Egelsried (Bayern) fand man in dem Bal­kenwerk des Hauses ein altes Leüersäckchen, in dem sich eine größere Anzahl Gold- und Silbermünzen befanden. Die Mün­zen tragen zum größten Teil den Prägestempel 1620. Alan glaubt, daß der Schatz zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges versteckt worden ist.

Vom neuen Messias. DieDeutsche Allg. Zeitung" be­richtet aus Leipzig:Hier kam es beim Auftreten desWelt­heilandes" Häußer zu humoristischen Zwischenfällen. Häußer erschien in der Versammlung mit einer -silbernen Reitpeitsche in der Hand, einer gelben, ledernen Automütze auf dem Kopf und mit einem großen langen Schafpelz bekleidet. Er redete etwa 10 Minuten und betonte immer wieder das eigene Ich. Er sprach von seinem siebenjährigen Kampf gegen die Obrig­keit und sagte schließlich, er sei der einzige Unbefleckte, den cs gebe. Damit in Widerspruch stand aber sein Verhalten nach dieser Rede. Er nahm ein üppiges Mahl ein, zündete sich eine duftende Havanna an und fuhr mit seinen: Kraftwagen, in dessen Innerem sich drei Frauenköpfe eng aneinanderkuschelten, ab."

Ein deutsches Schiff verschollen. Das in Hamburg be­heimatete VollschiffBertha", Kapitän Heinrich Groth, ist am 3. Januar mit einer Ladung Phosphor von Jacksonville, Florida, nach Hamburg abgefahren. Es hat seinen Bestim­mungsort nicht erreicht und ist seit langen Wochen überfällig. Das Schiff'ist mit der ganzen Besatzung die, Hälfte waren Amerikaner zweifellos untergegangen. Auch die Frau des Kapitäns war an Bord. Ein auf See aufgefundenes geken­tertes Rettungsboot und ein Rettungsring lassen darauf schlie­ßen, daß die Mannschaft Las Schiff in Seenot verlassen und

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sich in ein Boot geflüchtet hat, das umgeschlagen ist. Keine der Leichen ist bisher gefunden worden.

Ein falscher Zahlmeister in Gumbiunen. Eine Köpenick» iade wurde in diesen Tagen in Gumbinnen versucht. Auf der Regierung erschien ein Mann in Zahlmeister-Uniform und wollte von der Regierungshauptkaffe 50 000 Mark für die Fliegende Brigade" zum Schutze der Wahlen, Standort Gol­bach erheben. Der Schwindler, der mit Zahlmeister Rumpf unterschrieb, war mit anscheinend amtlichen Papieren versehen. Da der Mann verdächtig erschien, wollte man zunächst nähere Erkundigungen einziehen und bestellte ihn zur Empfangnahme des Geldes auf den Nachmittag. Er hütete sich aber zu der angegebenen Zeit zu erscheinen. Die von der SchutzpolizÄ unternommene Suche verlief ergebnislos.

Verkauf der königlichen Güter in Griechenland. Aus Athen wird gemeldet, daß der Verkauf der in Thessalien gelegenen Besitzungen der abgesetzten Königsfamilie 2200 000 Drachmen ergeben hat. Zwei Drittel dieser Summe sind der früheren Könrgin Sophie ausgezahlt worden, während das letzte Drittel unter di e übrigen Fam ilienmitglieder verteilt wurde.

Bersplauderei. "

Geschlagen ist die Doppelschlacht, Viel Kämpfer find ge» fallen, Viel neue Wortführer bezieh« Die Reichs- und Landtagshallen. Die neue Volksvertreter schar Wird sich nur schwer vertragen. Doch hoffentlich bei wicht'gem Werk Nicht zwieträchtig versagen! Ein Ruck nach rechts, ein Ruck nach links, Geschmälert ist die Mitte; Mehr vechts- wärts gehen sich nun Der Volksvertreter Schritte. Die Stresemannsche Politik Wird man wohl weiterführen, Nur dürfte Hergt ein bißchen sie Blaufarbig nuancieren. Den neuen Parlamenten wünsch Ich Glück, Erfolg und Se­gen; Gedeihlich mögen Leide sie Sich für das Volks- Wohl regen! Erledigen mögen sie mit Fleiß Die reiche Arbettsbürde Und auch beim ärgsten Meinungsstreit Be­wahren Zucht und Würde!-Ein neuer wichtiger Tri­

umph Ward dem Mercedeswagen; Den hohen Targa- Florio-Preis Hat er Lavongetragen! Herr Werner Ahrte Daimlers Werk Zum Sieg Leim großen Rennen; Die Deutschen haben wieder mal Bewährt ihr glänzend

Können!-'s Mailüfterl weht zunächst mehr rauh Und

Wüst als hold und mailich, Der Wonnemond benahm KU- nächst Sich mürrisch und abscheulich. Von sonnig-won- niger Mmenzeit Ich wenig noch verspüre; Nun stehen noch dieStrengen Herrn" Bedrohlich vor der Türe! Wün.

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>igt (Apostelgesch. 4. Nr. 28): dtoikar Eisenhut. enlehre (Söhne): dtoikar Eisenhut. nd Ahr Bibel-l neindehaus: dtoikar Eisenhut.

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11. Mai. und Hoch-Amt.

Samstag, abends f üandacht.

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11. April, digt. agschule.

Mai, abends 8 Uhr Gebetstundc.

§ Der Kampf im Spessart.

Erzählung von Lewin Schücking.

Ich iche nur dann ein Heil voraus für unsere Zu- ku»ft, nur dann ein ungetrübtes Glück, wenn nicht Sie, sondern we-n» ich jetzt spreche Wilderich, ich liebe Sie, und," fügte sie ernst und ohne alle Verlegenheit, aber leise weiter redend hinzu,ich werbe um Ihre Hand; verjagen Sie mir diese, so würde ich aus ewig unglücklich sein, unglücklicher, als ich je ge­wesen. Ich weiß wenig von Ihren Verhältnissen, aber mögen dieje sein, wie sie wollen, können Sie mir im entferntesten Win- der Erde nur einen stillen Platz neben einer freundlichen Herdflamme einräumen, so nehmen Sie mich auf, lasten Sie »»ch Ihr Weib werden; ich werde glücklich sein, beneidenswert Mcklich, und werde meinen letzten Blutstropfen hergeden, um E« glücklich zu machen."

mein Gott," rief Wilderich bestürzt von diesem Glück, das ihm so überwältigend entgegenkam, aus,das sagen Sie, Sie, Venedicte. mir. der es kaum gewagt hätte. Ihnen zu gestehen, welchen Himmel ich darin sehe"

Sie hätten es kaum gewagt?" antwortete sie mit sanftem Lächeln, während er vor ihr niederkniete und ihre Hand mit der seinen umschloß,Sie, der es so kühn wagte schon am ersten Tage, nachdem Sie mich gesehen? Gewiß, gewiß. Sie hätten «s heute wieder gewagt und dann, dann hätte ich freudig ja gesagt» und ich wäre Ihnen gefolgt, Wilderich, in Ihr stil­les, verfallenes Forsthaus und dort, dort würden Sie sich er­innert haben, daß ich ein verwöhntes Kind aus einem üppigen Patrizierhause bin, und es würde Sie gequält haben, daß Sie mir die Umgebung nicht schaffen könnten, die ich im Vaterhaufe gehabt, daß Sie mich entbehren lasten müßten, und Ihre Liebe würde in ihrer Demut nicht glauben, daß sie diese Entbehrungen aufwiegen könne, und würde sich diese Entbehrungen hundert­fach vergrößert vorgestellt haben. Ist es nicht so?"

Wilderich sah sie verwundert an.

sGanz sicherlich," fuhr sie eifrig fort,so wäre es gekom­men und es hätte unser ganzes Glück zerstören können und sehen Sie, darum habe ich gesprochen; ich, ich werbe um Ihre Hand, Wilderich, ich verlange Ihnen zu folgen, wohin auf Er­den Sie mich führen. Wollen Sie mir Ihre Hand gewähren?"

Sie sind das engelhafteste Wesen auf der Welt, Venedicte", sagte er.Haben Sie aber wohl auch bedacht, daß, wenn Sie Einem, das unser Glück stören könnte, so vorgebeugt haben, Sie ein Anderes in meiner Seel« heraufbeschwören, das mein Glück schlimmer, weit schlimmer bedroht? Und das ist der Gedanke: wie bin ich eines solchen Engels würdig, wie kann ich ihr je lohnen"

Cie unterbrach ihn mit einem heitern Lächeln. .

Ach", sagte sie,vor diesem Wurm in unserm Zukunfts- glücke fürchte ich mich nicht I Sie werden bald sehen, daß ich weiter nichts bin als Ihr sehr irdisches, schwaches, der Leitung bedürftiges, aber treues Weib. Und wolle» Sie mich so, Wil­derich ?"

Er zog sie stürmisch, Lberselig an sein Her» Sechzehntes Kapitel.

Minuten und Stunden waren verflossen, es war dunkel ge­worden in dem Wohnzimmer des alte» Schöffen, und noch im­mer war dieser nicht zurückgekehrt.

Benedictens Unruhe darüber war immer höher gestiegen. Wilderich entschloß sich jetzt, den General auszusuchen und ihn an sein Wort zu mahnen. Aber der General war nicht in seinen Zimmern. Er war ausgegangen, kurz nachdem er Mar- celline verlassen und Wilderich und Venedicte mit dem Kinde gekommen. Wilderich fragte die Soldaten, die Diener, nie­mand wußte, wohin er gewollt; er hatte feinen Adjutanten mitgenommen und war schweigend gegangen, ohne zu sagen, wann er wiederkehre.

Wilderich kam der Gedanke, daß er selbst zum Eschenheimer Tor gegangen sein könne, um die Freilassung des Schultheißen anznordnen. Um sich davon zu vergewissern, verließ er jetzt

das Haus und wandert« durch die Eschenheimer Gaffe zum Tore. Als er an diesem angekommen, redete er die unter de» Torwege auf- und abwandelnde Schildwache an; er fragte, ob der Kommandant dagewesen. Der Mann gab, obwohl Wil­derich ihn französisch angeredet, keine Antwort. Ein Sergeant, der innerhalb der ins Wachtzimmer führenden offenen Tür lehnte, fragte ihn dagegen:Was wollen Sie beim Komman­danten ? Haben Sie ihm etwas zu melden?"

Nicht das ich habe Grund anzunehmen, daß er hier ge­wesen wegen des gefangenen Schultheißen."

Wegen des Schultheißen? Und was sollte der Komman­dant sich mit dem alten Verräter zu schaffen machen, der in einer Stunde vor das Kriegsgericht gestellt wird"

Vor das Kriegsgericht der Schultheiß?" stammelte Wil­derich entsetzt.

Ich habe Order, iha hiuführen zu kaffen!" entgegnet« der Sergeant.

Unglaublich das wäre"

Nun, was wäre es?" fragte der Sergeant, Wilderich arg­wöhnisch fixierend.

Ich kann es nicht glauben es kan» nicht wahr sein," versetzte dieser sich fastend.

Der Sergeant wandte sich ab.

Gehen Sie um acht Uhr in den Römer" sagte er,unb Sie werden sehen, wie viel Federlesens man mit dem alte» Schuft macht, der im Einverständnisse mit dem Feinde stand."

Dabei kehrte der Franzose Wilderich den Rücken zu und trat in die Wachtstube hinein.

Letzterer konnte nicht mehr zweifeln an der Wahrheit des­sen, was er vernommen. In furchtbarer Erregung eilte er zurück. Er stürzte in das Haus des Schöffen, er verlangte stürmisch, Venedicte zu sprechen; als man es ihr gesagt, kam sie die Treppe herab und rief ihm in ängstlicher Spannung entgegen: Was ist geschehen? Welche Nachricht bringen Sie?"

(Fortsetzung ' '

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