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vom Erbprinzen Wilhelm von Hohenzolleru empfangen. Schon von 8 Uhr an kamen viele Damen und Herren der Aristokratie, darunter auch das Offizier­korps des 2. Garderegiments, dessen Kommandeur der Erbprinz ist, um ihre Karten abzugeben. Die Ehrenwache stellt das Augusta-Regiment. Die Sterbesakramente spendete dem Verstorbenen der katholische Feldprobst der Armee, Bischof Vollmar. Am TrouergotteSdtenst wird das Kaiserpaar mit allen hier anwesenden Prinzen teilnehmen. Ueber die Teilnahme des Militärs hat der Kaiser noch keine Bestimmung getroffen. Die Leiche des Fürsten wird morgen Nachmittag 6 Uhr zur Aufbohrung nach der Hedwigskirche und von dort am Dienstag gleich nach der Trauerfeier nach Sigmaringen ge­bracht werden.

Christiania, 9. Juni. Die Unions­flagge wurde heute auf der Festung Akershus unter großen Feierlichkeiten gegen die dreifarbige norwegische Flagge auSgcwechselt. Gegen 10 Uhr hatten sich auf dem Festungsplatz gegen 30 000 Menschen angesammelt. Vor der Wohnung des Kommandanten war die Garnison der Stadt unter dem Kommando des Platzmcjors zur Parade auf­gestellt. Die norwegische Garde, welche zur Zeit Feldübungen vornimmt, war aus diesem Anlaß in die Stadt kommandiert; anwesend waren auch Mit­glieder des StorthingS. Kurz vor 10 Uhr verlas der Kommandant den Beschluß des StorthingS. Als die Uhr des FcstungSturmS den ersten Schlag der zehnten Stunde schlug, begann die Unionsflaggs stch zu senken; die Truppen präsentierten das Ge­wehr; die Musik stimmte das vaterländische Lied an Norwegens Söhne"; während des Kanonendonners begann die Menge das Havpt zu entblößen; dann wurde die Flagge gehißt; die Truppen präsentierten wiederum, die Musik spielte die Nationalhymne, in die viele mit entblößtem Haupt einstimmten. Die Kanonen donnerten aufs neue; als die Flagge ge­hißt war, erschollen laute Hurrarufe; der Komman­dant brachte ein Hoch auf das Vaterland aus, das mit begeisterten Hurrarufen ausgenommen wurde. Die Nationalhymne wurde abermals gesungen. Da­mit war der feierliche Akt beendet.

Stockholm, 9. Juni. König Oskar von Schweden bezeichnet die Beschlüsse des norwegischen Storthing in einem Schreiben an dessen Präsidenten als revolutionäre Schritte eines Aufruhrs gegen den König.

Stockholm, 9. Juni. Die politische Krise ändert nicht das Aussehen Stockholms. Die große Masse ist. ziemlich gleichgültig gegenüber der Auf­lösung der Union. Nur die Minderheit sieht der Zukunft mit Unruhe entgegen. Einige Unruhe herrscht darüber, wie sich das Ausland ver­halten wird. Der größte Teil empfindet reges Mitgefühl mit dem betagten Monarchen. Dieses Gefühl fand in vielen Huldigungstelegrammen an den König Ausdruck. Wie sich die Krisis entwickeln wird, ist noch ungewiß. Soviel läßt sich jedoch sagen, daß Schweden nicht Gewalt gebrauchen werde, und wünschen werde, daß die Union selbst nur in gemäßigter Form erhalten werde.

Paris, 9. Juni. Der Herzog von Chartres erhielt Kenntnis davon, daß die provisorische Regierung von Norwegen ge­sonnen sei, die Krone seinem Schwieger­söhne, dem Prinzen Waldemar von Däne­mark anzubieten.

Paris, 9. Juni. Der Untersuchungsrichter in der AttentatSangelegenhett verhörte gestern ein junges Mädchen, das versicherte, genau einen Mann gesehen zu haben, der eine Bombe warf. Die Beschreibung, die das Mädchen von dem Bom­benwerfer gab, stimmt genau überein mit der des Anarchisten Ferrara.

Berlin, 9. Juni. Aus Petersburg wird demLokalanzeiger" gemeldet: In hiesigen hohen Regierungskreisen wird der Gedanke eines Friedensschlusses im gegenwärtigen Zeit­punkt mit Entschiedenheit zurückgewiesen. Rußland wolle keine Vermittlung und werde sie auch nicht in Anspruch nehmen. Die Gerüchte, daß Friedens- Verhandlungen bereits eingeleitet seien, blieben an maßgebender Stelle ohne Eindruck; ebenso das Ver­langen großer Teile der Bevölkerung, daß dem Krieg möglichst bald ein Ende gemocht werden soll. Der Zar beharrt auf seinem Entschluß, den Krieg um jeden Preis fortzusetzen, und wird sich hierin weder durch Volksbewegung, noch durch auswärtigen Einfluß irre machen lassen. Graf Lambsdorf er­mächtigte die Regierung, auf die Anfragen beim auswärtigen Amt zu erklären, Rußland habe keinem seiner Botschafter im Ausland aufgetragen, irgend welche amtlichen oder nichtamtlichen Schritte zu tun, um Japans FriedenSbedingungeu zu erfahren. Alle

Meldungen nach dieser Richtung hin seien gänzlich unwahr.

London, 9. Juni. DieMorning Post" meldet aus Washington von gestern: Japan will unter keinen Umständen die Bedingungen, unter denen es Frieden schließen würde, bekannt geben, ehe die Bevollmächtigten zusammengetreten sind. Die Bedingungen werden nur bekannt ge­macht werden, wenn die Beauftragten beider Mächte persönlich znsammentreten. Viele Einzelheiten müssen noch geordnet werden, aber der Präsident glaubt so zuversichtlich, daß ein Einvernehmen zustande kommen wird, daß man in Washington hofft, die amtliche Bekanntmachung desseben könne in kurzer Zeit erfolgen.

London, 9. Juni. DieTimes" meldet aus Peking: Das Tagesgespräch bilde dort die Diskussion der Frage der von Japan zu fordernden Kriegsentschädigung. Es herrscht die An­sicht vor, daß eine vernünftige Entschädigung sich auf mindestens 5 Millionen Rubel pro Woche be­laufen müsse.

London, 9. Juni.Daily Telegraph" meldet aus Tokio: Der Gesundheitsstand Rosch- djeswenskys habe sich bedeutend gebessert, ebenso derjenige seines Generalstabschefs. General Livjewitsch habe sein Hauptquartier nach Seng-Hoa verlegt. Er inspiziert seine südliche Verteidigungs­linie. Aus Tokio berichtet dasselbe Blatt, Livjewitsch habe sich nach Hoka begeben. Seit Vernichtung der baltischen Flotte legt Linjrwitsch eine große Tätigkeit an den Tag und scheint die Offensive vorzubereiten. Die Russen leiden viel unter der Hitze und Regen. Hunderte von erkrankten Russen werden nach Norden zurückgesandt.

London, 9. Juni. Wie verlautet, hat Japan bereits seine Friedensbedingungen bekannt gegeben. Sie lauten: 25 Milliarden Kriegsentschädigung, Anerkennung des japanischen Protektorats über Korea, Zurückgabe der Mand­schurei an China, Stellung der mandschurischen Eisenbahnen unter internationale Kontrolle sowie Uebergabe der Insel Sachalin an Japan.

London, 9. Juni. Der Petersburger Berichterstatter der Times meldet: Ein Telegramm, welches von der russischen Vor Postenkette eingegangen ist, enthält die Nachricht, daß die Japaner Omoso besetzt haben. Omoso beherrscht die Wege von Kirin und Ninguta nach Wladiwostok und Korea. Es scheint sonach, daß Kirin und Ninguta abgeschnitten find. Die Japaner können jetzt ohne weiteres Charbin und Wladiwostok gleichzeitig an­greifen.

Vermischtes.

In Deutsch-Südwestafrika liegt der Schwerpunkt der Operationen gegenwärtig im Süden des Schutzgebiets, wohin auch General v. Trotha sein Hauptquartier verlegt hat. Er ist am 3. ds. in Keetmonshoop eingetroffen und in der dortigen Gegend bezw. weiterhin nach Süden, dem die Grenze bildenden Oravjefluß zu, spielten sich auch vorwiegend die Kämpfe ab, über die neuestens berichtet wird. Der Häuptling Cornelius von Bethanien, so lautet die amtliche Meldung, der am 22. Mai durch Haupimann v. Koppy unweit Jnachach (80 Kilometer südwestlich von Keetmans- hoop) gestellt und am 27. Mai aus einer starken Stellung bei Geious geworfen wurde, ist längs des großen FtschflusseS nach der englischen Grenze ge­flohen. Verschiedene deutsche Trvppenabteilungen treiben die Banden Morengas vor sich her und dem Oravjefluß zu. Sie haben zugleich den Auf­trag, die Rückkehr der bereits auf englischem Ge­biete befindlichen Bande Morris in die Gegend von Warmbad zu verhindern. Auch gegen die Herero wird übrigens noch gekämpft. Darüber wird ge­meldet: Der Herero Andreas wird im Kuisebtal weiter von verschiedenen Seiten verfolgt. So schlug am 27. Mai Hauptmann Blume im Vormarsche von Jakalswater (an der Bahnlinie Swakopmund- Windhuk) nach Süden bei Goagas eine 150 Köpfe starke, anscheinend zu Andreas gehörige Hererobande und verfolgte sie in südwestlicher Richtung. Der Feind verlor 8 Tote.

Eine Frau mit Nerven von Stahl. Mit dieser ehrenden Bezeichnung belegen französische und englische Zeitungen Mme. du Gast, die als Besitzerin eines Motorbootes als einzige Frau an den Motorrennfahrten von Algier nach Toulon teil­nahm. Das BootCamille" sank, die kühne Len- kertn wurde gerettet, und ihr Ruhm stieg in Parts ins Unermeßliche. Sie hat bereits an Motorrennen auf dem Lande teilgenommen, bei denen die stärksten Männer versagten, während sie ruhig und sicher blieb. Eie ist die Witwe von M. Crespin du Gast, Inhaber einer Möbelhandlung, der ihr ein bedeu­tendes Vermögen htnterlteß. Madame du Gast

erbte ferner große Summen von ihrem Vater. Wegen der Erbschaftsregulierungen kam sie mit ihrem Bruder in Zwistigkeiten, die zu einem Prozesse führten. Im Verlauf der Gerichtsverhandlungen kam eS zu einem argen Skandal, da der gegnerische Advokat Barboux die Behauptung aufstellte, Madame du Gast habe Modell gestanden zu dem berühmten Gemälde von Gervais I-n I'swms an Llssgus, das ein hübsches Weib unverhüllt darstellt, nur das Gesicht mit einer schwarzen Maske bedeckt. Madame du Gast wies die Behauptung mit Entrüstung zurück, während der Prinz de Sagan den Anwalt in den Korridoren des Gerichtsgebäudes verbläute. Der Prinz wurde wegen dieses UeberfallS zu einer kurzen Haftstrafe verurteilt; man sagt, er wolle Madame du Gast heiraten. Jedenfalls ist dieseFrau mit den Nerven aus Stahl" etwas sehr exzentrisch ver­anlagt, sie fährt Automobil, ist Luflschtfferin, kühne Reiterin, vorzügliche Pianistin und hat in den Kohlengruben Belgiens zeitweilig ihr Brot durch harte Arbeit verdient.

Gemeinnütziges.

Guter, flüssiger Dünger für Garten­gewächse wird nach den Angaben von Rot her im Praktischen Ratgeber" wie folgt bereitet: In eine Tonne wird V- Wasser. '/-> Taubendung, V- Ruß gefüllt; dies läßt man in der Sonne gären. Ver­goren wird die Gülle eine grüne Farbe haben, und nach derbem Umrühren wird sie zum Gießwasser zugesetzt: V- reines Wasser, Gülle! Die Bei­mengung des Rußes fördert die Chlorophyllbildung und bewirkt, deß das Laub stch tief grün färbt. Diese Gülle ist. bei Regenwetter gegeben, für alle Gewächse Gemüse, Bäume, Ziersträucher, Erd­beeren das erprobt beste Mittel, darf aber nicht zu oft angewendet werden. Die Num­mer, welche diese Mitteilung enthält, wird auf Ver­langen kostenfrei an jeden Gartenfreund geschickt durch das Geschäftsamt desPraktischen Ratgebers" in Frankfurt a. Oder.

(Eingesandt.)

Während man heute fast keine Zeitung mehr unter die Hände bekommt, ohne daß darin nicht von Unfällen zu lesen stände, welche durch das unsinnige und rücksichtslose Fahren von Kraftwagen und Fahrrädern herbeigeführt worden find und die Erregung über die weitgehende Duldung dieses Un­fugs landauf, landab in allen Schichten der Be­völkerung im Zunehmen begriffen ist, wird dann und wann halbamtlich oder amtlich versichert, daß die reichsgesetzliche Regelung der Sache bevorstehe.

Nun man hat sich daran gewöhnt, daß die Gesetzgebungsmaschine langsam arbeitet, weil sie, wie billig, die verschiedensten Interessen berücksich­tigen soll und beruhigt sich dabei, daßwas lange währt auch gut wird."

Mit einem Gefühl der Erleichterung liest man nun die Ueberschrift einer Bekanntmachung des Ministeriums im heutigen Wochenblatt betreffend die Automobile aber ist bitter enttäuscht, denn nicht das gefährdete Publikum soll geschützt werden, sondern die armen Fahrer. Es wäre zum lachen, wenn die Sache nicht so bitter ernst wäre. Wie unhaltbar die Zustände sind, kann man sich im Bischof jederzeit überzeugen, fühlen stch doch diese rücksichtslosen Herren nicht einmal durch einen begeg­nenden Leichenzug veranlaßt, langsamer zu fahren.

Wir meinen es ist hohe Zeit, schon im Blick auf das unsere Stadt berührende Rennen im August, an das ganz schlecht unterrichtete Ministerium zu appellieren und wir halten es für unsere Pflicht zu schreien, da, wie es scheint, die Gegenpartei es besser verstanden hat, das Ohr der Behörden zu finden. Hoffentlich erfreut uns das Wochenblatt bald mit einer ministeriellen Bekanntmachung, welche verlangt, daß olle Fahrzeuge mit leicht sichtbaren Nummern und Heimatort in einer Weise gekennzeichnet sind, welche es ermöglicht, bei Unfällen die Schuldige« zu verhindern, sich der gerechten Bestrafung zu entziehen und Höchstgeschwindigkeiten für das Be­fahren von Ortsstroßen festsetzt.

Gleiches Recht für Alle und nicht allein für die Herren, die sich einen Luxus erlauben können, der nicht einmal Steuer kostet!ü.

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