«on den Bällen und Festen nur rwch in der Mutter Glaskasten.! MV. 9, Pfauen unv. 6, Württ. Hohenz. unv. 7.5, Wulle
ftehen. Den Sängern ist das Singen auch vergangen; Leberwurst und Hasenpfeffer hat jetzt einen besseren Klang, als Abendsonne und Waldeinsamkeit. Sogar die Musikanten wollen nichts mehr vom Blasen wissen, wenn nicht ein Faß im Keller liegt. Das alte Cegospiel mit Sen saftigen Sprüchen und boshafter? Witzen ist vollends ganz vergessen, wo cs doch als großherzogliche Revolutionseinrichtung von anno 48 das größte Recht auf Ehrung hatte. Wo noch ein Klavier steht, kann man jetzt die Mädchen eifrig klimpern hören, weil der erstaunte Bater mit der musikalischen Leistung von der fröhlichen Weihnachtszeit überrascht werden soll. Indes lernen die kleinen Lausbuben ein Gedicht zum Vortragen und Steckenbleiben, lind für die kochfertige Tochter wird ein Kanapee neben Leu Christbaum gestellt, wo sie bei etwaiger Verlobung in freudigem Schrecken hinfallen kann. Dann soll aber alles wie früher singen : Tochter, Väter, Mütter und Vetter, Kartenjpieler, Sänger unv Musikamen: „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit!"
Aus äutzerster Not. In Frankfurt a. M. wurde ein ehemaliger Husarenoffizier festgenommen, der, nachdem er seine letzten Habseligkeilen verkauft und den Erlös für seinen Le-
mittel- und obdachlos rng brach er in einem Schreibmaschine.
80 Jahre alt uud 74 Jahre i« einer Wohnung. Dieser Tage feierte in einem Hause der Schäfergaffe in Frankfurt a M. eine alte Frau den 8V. Geburtstag; zugleich konnte sie auch den Tag festlich begehen, an dem sie vor . 4 Zähren in die Wohnung einzog, die sie heute noch inne hat. — Diese Tatsache beweist, daß es auch Heimatgefühle im Miethause gibt.
Ausgewiesen. Ohne jeden stichhaltigen Grund haben dre französischen Besatzungsbehörden neulich, wieder drei evangel. Pfarrer aus dem besetzten Gebiet auszewiesen, einen von ihnen nach dreiwöchentlichem Dunkelarrest. Auch haben Sonderbündler unter Mitwirkung der Franzosen die Schloßkirche von Koblenz geplündert.
Eine gelungene Spekulation. Im vergangenen Frühjahr tauchte, wie aus Görlitz geschrieben wird, m Stadt und Kreis Frankenstein ein Mann von auswärts auf, welcher Anzüge zu 100 Mark, zahlbar im Jahre 1924, anbot. Alles schüttelte den Kopf über dieses Angebot; gekauft wurde aber doch. Nunmehr lüftet sich der Schleier über dieses Angebot. Der Hausierer macht nämlich jetzt bereits seine Ansprüche geltend, und zwar verlangt er Zahlung in Goldmark, die 1924 wohl schon allgemein im Verkehr sein wird. — Wie das Gericht sich zu einer solchen Forderung stellen würde, ist wohl noch fraglich.
40 ovo Goldmark unterschlagen. Mit den besten Referenzen wurde vor mehreren Monaten bei einer kleinen Bank im Zentrum Berlins ein 24 Jahre alter Fritz Hausdorf aus Schweden als Devisen- und Effektensachverständiger angestellt. Durch Fälschungen und fingierte Aufträge in dem von ihm geführten Kundenregister tätigte er große Umsätze und es gelang ihm so, größere Geldsummen aus den Tresors der Bank zu bekommen, die er dann veruntreute. Unstimmrqke'ten mit den Abrechnungen der Kunden hatten eine Kontrolle seines Kontos zur Folge. Der Boden wurde ihm jetzt zu heiß und er flüchtete, seine luxuriös eingerichtete Wohnung in der Uhlandstraße und seine
sämtlichen Sachen zurücklassend. Nach den bisherigen Feststellungen find ungefähr 40 000 Goldmark unterschlagen worden. Da Hausdorf sich im Besitze eines Paffes für die Schweiz befindet, wird er wahrscheinlich versuchen, lnc Schweizer Grenze zu überschreiten.
Ins Meer gestürzt. Der amerikanische Flieger Sperry, der mit seinem Flugapparat in England cingetrossen ttxrr, hatte Croydon verlassen, um sich nach Amsterdam zu begeben. Gegen ^1 Uhr mittags wurde beobachtet, wie der Flugapparat ungefähr fünf Meilen von Rhe in das Meer stürzte. Das Flugzeug, das aus dem Wasser aufgefischt wurde, zeigte keine Fehler oder Schäden. Sperry selbst wurde noch nicht gefunden.
Handel und Verkehr.
Stuttgart, 19. Dez. (Börsenbericht.) An der Börse herrschte heute große Geschäftsstille, die vielfach zu Abbröckelungen führte. Erst gegen Schluß setzte sich eine etwas festere Stimmung durch, so daß es gegenüber dem letzten Börsentag auch verschiedentlich Kursgewinne gab. Auch im Freiverkehr überwogen die Kurseinbussen. Es notierten von Banken: W. Hypothen unv. 2,2, W. Notenb. min. 10(70), W. Vereinsb. pl. 0,7 (4,5); von Brauerein: Ravensburg min. 0,2 (2,3), Eßlingen minus 1 (3), Rettenmeyer-Tivoli
mm. 1 (7); von Textilwerten: Unterhausen unv. 40, Bietigh. uns. 50, Kolb und Schüle pl? 4 (23), Pfersee pl. 7 (42), Kottern unv. 35, Kuchen plus 4 (28), W. Kattun unv. 40, Leinen Blaubeuren min. 5 (45); von Maschinen- und Metallwerten : Daimler min. 0.6 (4,3), Feinmech. Tuttl. minus 2 (47), Hansa min. 0,5 (4), Hohner pl. 5 (55), Junghans pl. 0,5 (11,5), Koch unv. 23, Laupheim pl. 2(42), Magirus pl. 0,3 (4.9), Eßl. min. 1 (9,5), Hefser min. 1 (6,5), Weingarten min. 5 (17), Neckarsulm min. 0,3 (7,7), Wärt. Metall min. 3 (55); von den übrigen Werten: Bad. Anilin min. 3,5 (29F), Bamberg Mälz min. 1,6 (5), Belser min. 0,1 (1,7), Besigh. Oel pl. 4 (29), Cement Heidelberg min. 1.5 (13,5), Der Kommende Tag pl. 0,1 (2,3), Germania Linoleum pl. 1,5 (12,5)» Kaiser Otto min. 1 (5,5), Knopf unv. 6,1 Köln-Rottw. min. 1,5 (12,5), Leibbrand min. 0,6 (2,5), Kraft Altwürtt. min. 4 (10), Krumm pl. 0,25 (4,75), Lack Ludwigsburg pl. 1 (11), Neckarwerke Eßl. min. 0,35 (2,95), Salz Heilbronn plus 5 (110). Sekt Wachenheim unv. 15, Schleppschiffahrt pl. 1 (3), Stuttg. Bäcker pl. 2 (14), Stuttg. Gips unv. 50, Stuttg. Straßenb. min. 0,2 (2,8), Stuttg. Vereinsbuchdr. min. 0.3 (1,2), Stuttg. Zucker min. 1,5 (10,5), Südd. Holz pl. 1 (14), Union D. B. pl. 1 (0.5), Verein. Oel pl. 3 (18), Verein. Filz min. 3 (32), Wolld. Weilder- stadt min. 4 (12). W. Transport unv. 15. Ziegel Ludwigsburg min. 1 (14).
Weilderstadt, 19. Dez. Der Zutrieb zum Weihnachtsmarkt betrug 20 Ochsen, 24 Stiere, 2 Kälber, 12 Kühe in Milch. 26 Kalbmnen und 40 Stück Einstellvieh. Bezahlt wurde für Ochsen 500—520, Stiere 400—460, Kalberkühe 450—500, Kühe in Milch 320—350, Kalbmnen 450, Ein- stelloieh 80—170 Goldmark das Stück. Der Handel war durchweg leblos; es wurde wenig verkauft. — Die Zufuhr zum Schweinemarkl bestand aus 86 Läufer-und 240 Milchschweinen. Bezahlt wurde für erstere 60—65 Mk. 2. Sorte 50—55. Milchschweiye 1. Sorte 40—45, 2. Sorte 30 bis 35 G.M. das Paar. Auch hier waren die Käufer zurückhaltend und der Handel flau.
Neueste Nachrichten.
Karlsruhe, 19. Dez. Reichsfinanzminister Dr. Luthe trifft morgen. Donnerstag nachmittag in Karlsruhe ein, um mit der badischen Regierung die schwebenden Finanzfragen zu besprechen.
Mönche«, 20. Dez. Zu den Gerüchten von einem, angeblichen Putsch, der gegen den Landtag und gegen die Re- riervng geplant gewesen sein soll, wird mitgeteilt, daß im Laufe des gestrigen Tages umfangreiche Borsichtsmaßregeln getroffen wurden. Der Landtag hatte polizeilichen Schutz erhalten. Ebenso wurden die Post- und Telegraphenämter durch die Landespolizei gesichert.
Berlin, 19. Dez. Die Berliner Kriminalpolizei verhaftete heute Nacht den Komplizen der beiden Einbrecher, die in vergangener Woche wegen Ermordung eines Schutzpolizisten in der Oranienburgerstraße vom Schwurgericht zum Tode verurteilt worden waren. Er ist ein 32 jähriger Arbeiter, der im vergangenen Jahr aus dem Zuchthaus ausgebrochen war und inzwischen wieder zahllose Einbrüche verübt hatte. — Der Goldumrechnungssatz für Reichssteuern beträgt am 20. Dezember 1923 1 Billion. — Der Dollarkurs erfuhr heute keine Veränderung.
Hamburg, 20. Dez. Der gestrige Nordweststurm verursachte ein starkes Steigen des Wassers im Hafen und in den Fleeten, sodaß die Keller der am Wasser liegenden Wohnhäuser volliefen. Die auf See befindlichen Dampfer haben wegen des Sturmes die Nächstliegenden Häfen aufsuchen müssen. Meldungen über Schiffsunfälle liegen bisher nicht vor.
London, 20. Dez.
ein Telegramm aus Angora bestätige, die ameriknni^ " Chester-Konzessionen seien für ungültig erklärt worden London, 19. Dez. Reuter meldet aus El Paso
Die ^mexikanischen Regierungstruppen haben Sag Mar.»
ein strategischer Punkt zwischen Veracruz und Mexico nommen und einen großen Vorrat an Munition erbeuL Wie aus Veracruz berichtet wird, ist ein Waffenstillstand
j» bezug, Ser Hau, SmilRo die Bero der von M ausroßen .2 hat, ams
Bingen^
zwffchen den Regierungstruppen und den Aufständische^ f iAe'vor
einbart worden. Huerta verhandelt mit General Martine» dem Befehlshaber der Bundestruppen, über die Einste»,.».' der Feindseligkeiten. . '
Washington, 20. Dez. Senator Watson brachte «in» Vorlage ein, wonach 27 Millionen Dollar für die ausgelaufenen Zinsen aus dem unter amerikanischer Zwsngsverwal- tung stehenden Eigentum ehemals feindlicher StaatsanM. riger zum Ankauf von Weizen und Fett für Deutschland verwendet werden sollen. — Die Treuhänder erklärte» Zinszahlungen für dieses Eigentum, wenn es zurückge-M werden, seien nicht vorgesehen.
Bei sofortiger Bezugs-Erneuerung
für Januar ist für die Postbezieher die Gewähr einer ummterbr-ichencn Lieferung des „EnztSler" gegeben. Außerdem
erspart der Postbezieher 20 Goldpfennig.
La die Post bei Bestellmrg nach dem 85. ds. Mts. für sich eine beiondere Nach- bestellgebühr in dieser Höhe verlangt.
Man bestelle daher unverzüglich.
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«»rttemdergischer Landtag
Stuttgart, 19. Dez. Die Aussprache im Larrdtag über dk politische und wirtschaftliche Lage wurde heute von dem Aba» ordneten Heymann (Soz.) mit einer 2^stündigen Rede forte» setzt, die auf alle, namentlich von der Rechten, gegen die Sozialdemokratie erhobenen Vorwürfe einging. Wäre der Sozial!» mokratie in der Württ. Regierung die gebührende Machtstellnr» eingeräumt worden, so hätte sie die Verantwortung weiter g» tragen. Der militärische Ausnahmezustand müsse so rasch all möglich beseitigt werden. Der Redner befaßte sich dam» noch eingehend mit den gegen den Republikanischen Reichsbund erhobenen Vorwürfen und knüpfte iftilftßl'.ch eine scharfe Kritik an das Vorgehen der Polizei in Schwenningen und Schram, berg. Justizminister Beyerle machte Mitteilung von eine» württ. Antrc^ auf Einrichtung von Hypotheken-Einigungs- ärntern. Die Amtsgerichte sollen eine gütliche Einigung versuchen und erst dann, wenn diese keinen Erfolg habe, eimi Rechtsspruch fällen. Württemberg habe dem Antrag Baven! betreffend Aufwertung der Hypotheken mit einer Sperre bi! 1. Januar 1920 zugestimmt. An der Reform de: Rechtssprechung nehme Württemberg lebhaften Anteil. Die Zahl drr Geschworenen müsse verkleinert und ein einheitlicher Gerichts körper geschaffen werden, der über Schuld und Strafe ge» sam entscheide. Finanzminister Schall betonte, daß die M» wirtschaftlichen Verbände seit 1918 nicht immer günstig cuiilft Wirtschaftliche Entwicklung eingewirkt und daß viele Leute Mt diesen Kreisen große Vortelle aus der Inflation gezogen habe» Die Regierung habe nichts gegen Aendernngen am Ermächtigungsgesetz. Schließlich teilte der Minister noch mit, das Reichsfinanzminister Luther nwrgen nach Stuttgart komm:, ui> mit Len Finanzministern der einzelnen Länder Fragen de« Ausgleichs zu besprechen. Morgen Fortsetzung der Beratung Kleine Anfrage.
Stuttgart, 19. Dez. Die Abgg. Siller, Wider und Hermann Hiller (BB.) haben an die Negierung eine Kleine Anfrage gerichtet, worin sie darauf Hinweisen, daß die von da Reichsregierung in Aussicht genommenen Maßnahmen m Wohnungswesen eine große Beunruhigung und Unsicherheit» Mieter- uud Hausbesitzerkreisen hervorgerufen haben. Ist d»! Staatsministerium bereit, bei der Reichsrcgierung darin i> wirken, daß ketzre weiteren Zwangsmaßnahmen mehr eriolgn und der letzte Rest der Zwangsbewirtschaftung mit möglichst» Beschleunigung vollends beseitigt wird, so daß der ungehinderten Entfaltung der privaten u. öffentlichen Bautätigkeit sowch
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Erzählung von Gottfried Keller
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Keine Antwort erfolgte, bis der vergnügte Wirt kam und den unverhofften Gästen eine mächtige Weinflasche vorsetzte, obgleich im Schrecken noch niemand bestellt hatte. Da goß Hediger ein Glas voll, trat zu Frymann hin und sagte: „Alter Freund! Brudermann! da. trink einen Schluck Wein und ermanne dich!"
Aber Frymann schüttelte den Kopf und sprach kein Dort mehr. In großer Not saßen sie, wie sie noch nie darin gesessen: alle Putsche. Kontrerevolutionen und Reaktionen. die sie erlebt, waren Kinderspiel gegen diese Niederlage vor den Toren des Paradieses.
„So kehren wir in Gottes Namen um und fahren wieder heim!" sagte Hediger. welcher befürchtete, daß das Schicksal sich doch noch gegen ihn wenden könnte. Da trat Karl, welcher bislang unter der Türe gestanden, vor und sagte fröhlich: „Ihr Herren, gebt mir die Fahne! Ich trage sie und spreche für euch? ich mache mir nichts daraus!"
Erstaunt sahen alle auf, und ein Strahl der Erlösung und Freude blitzte über alle Gesichter: nur d?r alte Hediger sagte streng: „Du? wie kommst du hierher? Und wie willst du Gelbschnabel ohne Erfahrung für uns Alte reden?"
Doch rings erscholl es: „Wohlgetan! Vorwärts unentwegt! Vorwärts mit dem Jungen!" Und Frymann selbst gab ihm die Fahne; denn eine Zentnerlast fiel >hm vom Herzen, und er war froh, die alten Freunde aus der Not gerissen zu sehen, in die er sie hineingeführt. Und vorwärts ging es mit erneuter Lust: Karl trug die Fahne hoch und stattlich voran, und hinten sah der Wirt betrübt nach dem entschwindenden Trugbild, das ihn einen Augenblick getäuscht hatte. Nur Hediger war jetzt finster und mutlos, da er nickst Zweifelte, sein Sohn werde sie doppelt tief ins Wasser führen. Doch sie hatten schon den Platz betreten; eben zogen die Graubündner ab, ein langer Zug brauner Männer, und an ihnen vorbei und »rach dem Klange ihrer Musik
marfcylerken die Men so taktfest als je durch das Volk. Nochmals mußten sie auf der Stelle marschieren, wie der technische Ausdruck sagt, wenn man auf demselben Flecke die Bewegung des Marsches fortmacht, da drei glückliche Schützen, welche Becher gewonnen hatten, mit Trompeten und Anhang ihren Weg kreuzten: doch das alles, verbunden mit dem heftigen Schießen, erhöhte nur ihre feierliche Berauschung, und endlich entblößten sie ihre Häupter angesichts des Gabentempels, der mit seinen Schätzen schimmerte und auf dessen Zinnen eine dichte Menge Fahnen flatterte in den Farben der Kantone, der Städte, Landschaften und Gemeinden. In ihrem Schatten standen einige schwarze Herren, und einer davon hielt den gefüllten Silber- pokal in der Hand, die Angekommenen zu empfangen.
Die sieben alten Köpfe schwammen wie eine von der Sonne beschienene Eisscholle im dunklen Volsmeere, ihre weißen Härlein zitterten in der lieblichen Ostluft und wehsten nach der gleichen Richtung, wie hoch oben die rot und weiße Fahne. Sie fielen wegen ihrer kleinen Zahl und wegen ihres Alters allgemein auf, man lächelte nicht ohne Achtung, und alles war aufmerksam, als der jugendliche Fähndrich nun vortrat und frisch und vernehmlich diese Anrede hielt:
„Liebe Eidgenossen!
„Wir sind da unser acht Mannli mit einem Fahnli gekommen, sieben Grauköpfe mit einem jungen Fähndrich! Wie ihr seht, trägt jeder seine Büchse, ohne daß wir den Anspruch haben, absonderliche Schützen zu sein; zwar fehlt keiner die Scheibe, manchmal trifft auch einer das Schwarze; wenn aber einer von uns einen Zentrumschuß tun sollte, so könnt ihr darauf schwören, daß es nicht mit Fleiß geschehen ist. Wegen des Silbers, das wir aus eurem Gaben- saar forttragen werden, hätten wir also ruhig können zu Hause bleiben!
„Und dennoch, wenn wir auch keine ausbündigen Schützen sind, hat es uns nicht hinter dem Ofen gelitten; wir sind gekommen, nicht Gaben zu holen, sondern zu bringen: ein bescheidenes Becherlein, ein fast unbescheiden
fröhliches Herz und ein neues Fahnli, das mir in der chanh zittert vor Begierde, auf eurer Fahnenburg zu wehen. Das Fahnli nehmen wir aber wieder mit, es soll nur seine Weihe bei euch holen! Seht, was mit goldener Schrift daraus geschrieben steht: Freundschaft in der Freiheit! Ja, es ist sozusagen die Freundschaft in Person, welche wir zum Feste führen, die Freundschaft von Vaterlandswegen, die Freundschaft aus Freiheitslicbe! Sie ssi es, welche diese sieben Kahlköpfe, dis hier in der Sonne schimmern, zusammengestihrt hat vor dreißig, vor vierzig Jahren, und zusammen »halten durch alle Stürme, in guten und schlimmen "Zetten! Es ist ein Verein, der keine» Namen hat. keinen Präsidenten und keine Statuten: seine Mitglieder haben weder Titel noch Aemter, es ist unge- zelchnetes Stammholz aus dem Waldesdickicht der Nation, das jetzt für einen Augenblick vor den Wald heraustritt an die Sonne des Vaterlandstages, um gleich wieder zurückzutreten und mitzurauschen und zu brausen mit den tausend andern Kronen in der heimeligen Waldnacht des Volkes, wo nur wenige sich kennen und nennen können und doch alle vertraut und Bekannt sind.
„Schaut sie an, diese allen Sünder! Sämtlich stehen sie nicht im Gerüche besonderer Heiligkeit! Spärlich sieht man einen von ihnen in der Kirche! Auf geistliche Dinge sind sie nicht wohl zu sprechen! aber ich kann euch, liebe Eidgenossen! hier unter freiem Himmel etwas Seltsames anvertrauen: so oft das Vaterland in Gefahr ist, fangen sie ganz sachte an, an Gott zu glauben; erst jeder leis für sich, dann immer lauter, bis sich einer dem andern verrät und sie dann zusammen eine wunderliche Theologie treiben, deren erster und einziger Hcuiptsatz lautet: Hilf dir selbst, so Hilst dir Gott! Auch an Freudentagen, wie der heutige, wo viel Voll beisammen ist, und es lacht ein recht blauer Himmel darüber, verfallen sie wiederum in diese theologischen Gedanken, und sie bilden sich dann ein, der liebe Gott habe das Schweizerpanrer herausgehängt am hohen Himmel und das schöne Wetter extra für uns gemacht!
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