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den Boden unterwühlen, um Ihren Nachfolger eines Tages versinken zu lassen. Die Völker vergessen nichts keine Wohltat, aber auch keine Mißhandlung. Unterzeichnen Sie das Urteil, Majestät, und verdammen Sie Alle zum Tode

aber ihr Blut wird kommen auf die Häupter der Ihrigen. Sie selbst schaufeln am Grabe ihrer Söhue und Enkel ... Sie werden verloren sein, unrettbar, wie Ludwig der Sechzehnte. Das ist keine Drohung, das ist die Lehre der Geschichte. Ich habe gesprochen, nun schicken Sie mich nach Sibirien!"

Der Kaiser war längst vom Schreibtisch zurückgetreten und machte einen Gang durch das Zimmer. Dann blieb er bei mir stehen und berührte meine Brust mit der Fahne der Feder, die er in der Hand hielt.

Du hast gesprochen wie ein Engländer, drum vergebe ich Dir. Du kennst mein Volk nicht lerne eS kennen und verstehen. Du. wie die Anderen, Ihr sprecht von Freiheit. Ein schönes Wort. WaS ist de» Freiesten Freiheit: Recht zu tun! Und daran wird sie der König nicht hindern. Weit besser ist's, sie einzuengen, daß man sie wie Kinder halten kann; so sagt ein deutscher Dichter."

Ganz recht, Majestät, so spricht Herzog Alba, und in derselben Szene wird ihm geantwortet:Wer ein edles Roß reiten will, muß ihm seine Gedanken ablernen, muß nichts Unkluges von ihm verlangen." Und ein anderer deutscher Dichter sagt:Frei ist der Mensch, er ist frei und wär' er in Ketten geboren." Diese abzuschütteln war der Wahn jener Unglücklichen, und deshalb zum Schaffst

die edelst« Jugend Ihres Reichs Majestät, eS ist unmöglich, wenn ein menschliche» Herz in Ihrer Brust schlägt, geben Sie Gnade!" und ich wagte einen Fußfall.

Steh' auf!" rief der Kaiser,auf der Stelle, ich befehle es Dir!" Dann griff er zur Klingel, und sofort trat General Diebitsch wieder ein.

Ein feiner Vogel das, der sonderbare Lieder peift," sagte der Kaffer. Sorgen Sie dafür, daß er einstweilen noch in Sicherheit bleibt. Dich werde ich noch weiter sprechen," sagte er zu mir mit einem Tone, der plötzlich alle Schärfe verloren hatte.Vergiß auch nicht, daß deine Worte für Niemand gesprochen find, als für mich. Sei getreu, Sherwood. Auf Wiedersehen. Einst­weilen bleibe ich noch in deiner Schuld."

Dann winkte er mit dem Kopfe, und wir waren entlassen, der General Diebitsch und ich. Da» heißt, entlassen war ich eigentlich nicht, man führte mich wieder ins Gefängnis auf die Peter-PaulS-Festung, wo ich vorher schon wochen­lang sozusagen hospitierte."

Sie waren schon früher auf der Festung, und als Gefangener, wie hängt das zusammen?

Richtig, auch da» habe ich Ihnen nicht erzählt. Ja, schon seit Beginn der Untersuchung mußte ich mein Domizil beim Kommandanten der Festung nehmen. Man wollte mich immer bei der Hand haben als Zeuge bei den Unter­suchungen. So war ich halb und halb Gefangener, auch wenn ich manche Frei­heit hatte, unter anderem zu schreiben. Von dort haben Sie meine Briefe er­halten. Das hatte nun ein Ende, jetzt wurde ich in strengeres Gewahrsam genommen, und deshalb haben Sie nichts mehr von mir erfahren."

Aber in aller Welt, wa» war die Ursache?"

Darüber habe ich nur Vermutungen; vielleicht glaubte man, ich sei von den reichen großen Familien bestochen gewesen, Nicht die volle Wahrheit auSzu- sagen. Jetzt wurde auf kaiserlichen Befehl die ganze Untersuchung noch einmal revidiert, alle Tage wurde ich vorgeführt, abermal» wurde ich konfrontiert mit Allen, wie schon früher. Ja, Herr Oberst, damals sah ich alle wieder in Ketten: JuschnefSki, Bulgari, WadkowSki, Murawiesf, Pestel, Davidoff, Rylejef, Trubetzkoi, ObolenSki. Ich hätte Alle verderben können schon von Anfang an und tausend Andere au» hohen Familien. Da» ist heute noch nicht bekannt und wird auch niemals bekannt werden. Da» Geschwür ging über ganz Rußland bis in die höchsten Kreise. Ich habe geschwiegen, aber was half mir mein Schweigen jetzt, da sie sich Alle als verloren ansahen, bekannten sie Alle» ganz offen. Mit dem Läugnen war e» nun vorbei. Sie prahlten noch mit ihren Plänen, mit ihren schlauen Maßregeln und Listen. Und wurde ich gefragt, so blieb mir nicht» übrig, als die Bestätigung. Da» habe ich nach Pflicht getan, ohne Neues hinzu- zufügen oder neue Namen zu nennen. Leider half auch dies« Schonung nicht mehr. Wußten sie doch Alle nun, daß ich der erste Verräter gewesen, als solcher gelte ich ihnen und der Nachwelt. Wa» liegt daran? Ich will eS nun sein und tragen. Das Schwerste habe ich damals gebüßt. Wie soll ich Ihnen die Szene der letzten Tage beschreiben: diese Dolchstöße halber Worte, die Höllenpein anklagender, stummer Blicke, di« höhnende Verachtung de» TodeSmutS. Nur ein Einziger hob beim Abschied die Hand, e» war Bulgari, nie werde ich diesen furchtbaren Blick und sein letzte» Wort vergessen:Dir kommt auch noch die Abrechnung, Juda». Du sollst verflucht sein bis ans Ende deiner Tage!"

Damit schieden sie, die Verlorenen, die zum Tode verurteilten blieben und ich tausend Klafter tief hätte ich mich bergen können unter der Erde. WaS hatte nun mein Schweigen geholfen, was mein Fußfall vor dem Kaiser? All« schritten zum Tode unwiderruflich.

Und so mußte ich auSharren jene letzten Tage, bis zum furchtbaren drei­zehnten Juli. In der Nacht hörte ich, wie die Zimmersiule arbeiteten auf der Terrasse der Festung. Balken um Balken sah ich sie erheben in der grauen Luft. Oberst, in jener Nacht bin ich um Jahre gealtert. Ich bin mit dem Kopf gegen die Steine gerannt im Wahnsinn, bis ich bewußtlos uwfi-l. Erst im Tagcs- grauen, vom Trommelwirbel der Truppen, kam ich wieder zu mir, aber ich wollte den Tag nicht überleben. Ich hatte ein Handtuch an da» Fensterkreuz geschlungen. Der letzt« Auzenblick der Verurteilten sollte auch der meine sein. (F. folgt.)

1 Ztr. Md. 13.5« - 11tr. Md. 13.5«

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