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find drei Pferde verbrannt. Bei den Rettungs- arbeiten erlitten mehrere Feuerwehrleute erhebliche Verletzungen. Das von 25 Familien bewohnte HauS wurde völlig eingeäschert.

Wiesbaden, 24. Mai. Die Kaiserin unternahm gestern nachmittag kurz vor 4 Uhr in einem geschlossenen Wagen eine Ausfahrt nach Biebrich, wohin sich der Kaiser ebenfalls im Auto­mobil begab. Das Kaiserpaar machte in Biebrich sodann einen Spaziergang im Park, welcher zu dem Schloß des Großherzogs von Luxemburg gehört. Die Kaiserin kehrte nm 5 Uhr nach Wiesbaden zu­rück, während der Kaiser noch eine Besichtigung der vor Kurzem neu eingeweihten Oranter-Gedächinis- kirche vornahm, wo er vom Gemeinde-Vorstand und den Spitzen der städtischen Behörden empfangen wurde. Der Kaiser kehrte gegen 5'/- Uhr nach dem Wiesbadener Schloß zurück.

Berlin, 24. Mai. Nach demBerliner Tageblatt" schwebt gegen die 71jähr. Matter eines angesehenen Generaldirektors aus Berlin, die ein Vermögen von etwa einer Million erbte und deren als Dr. jnr. in Berlin lebenden jüngsten Sohn ein Strafverfahren wegen Betrugs. Ltzterer verlor durch verschiedene gewagte Spekulationen große Summen und wußte wiederholt seine Mutter zu bewegen, für beträchtliche Beträge Bürgschaft zu leisten. Beide werden beschuldigt, durch Vorspiege­lung falscher Tatsachen Geldmänner zur Hergabe von Beträgen von 30000 bis 100000 bewegt zu haben. Gegen die betagte Dame ist außerdem ein Verfahren eingeleitet worden mit der Beschuldi­gung, einen großen Teil ihres Vermögens bei Seite geschafft zu haben, um sich ihren eingegangenen Verpflichtungen zu entziehen. Die Frau wurde am 22. ds. durch Kriminalbeamte verhaftet, nach er­folgter Feststellung aber einstweilen wieder frei- gelassen.

Berlin, 25. Mai. Das Programm für den Einzug der Herzogin Cecilie am 3. Juni ist nunmehr festgelegt worden und harrt nur noch der Genehmigung des Kaisers. Das wesentlichste daran ist, daß die Prinz-ssin-Braut an der Sette der Kaiserin in Berlin einztehen wird und daß die Stunde des Einzuges auf 5 Uhr Nachmittags fest­gesetzt ist. Um diese Zeit soll der Zug das Schloß Bellevue verlassen.

Berlin, 25. Mai. Die Hochschulen Berlins haben ihre Beteiligung an der Spalier­bildung bei dem Einzuge der Herzogin Cecilie heute einstimmig zurückgenommen. Sie haben dies damit begründet, daß die Tracht der Chargierten nach dem stundenlangen Verweilen im Spalter so gelitten haben dürfte, daß sie darauf zu dem Kom­mers und dem Fackelzug, die bekanntlich gleichfalls von der Studentenschaft geplant find, nicht mehr erscheinen könnten. An die Stelle der Hochschulen, die vor der Universität hätten Aufstellung nehmen sollen, werden die Kadetten kommen, deren Teil­nahme an der Spalierbildung der Kaiser ohnehin gewünscht hatte.

Berlin, 25. Mai. Für die Hochzeits­reise des Kronprinzenpaares hat der Kaiser wie das B. T. erfährt, sein eigenes Schiff, die Hohenzollern zur Verfügung gestellt, in der das junge Paar eine Seereise von Kiel aus unternehmen wird. Dann erst s oll das Paar im Marmor-Palais Wohnung nehmen. Der Hohenzollern wird als Begleitschiff der 1903 in Dienst gestellte kleine KreuzerBerlin" beigegeben werden. Die Ein­holung des jungen Paares in Potsdam wird vor­aussichtlich am 9. Juni erfolgen.

Paris, 24. Mat. Der Korrespondent des Echo de Paris", der nach Fez entsandt worden ist, hatte ein Interview mit dem Grafen Tatten- bach, der angeblich Folgendes erklärt hat: Er habe bei seinem Besuch beim Sultan den besten Eindruck gewonnen. Der Sultan schien ihm nicht gealtert, seit er ihn zum letzten Male gesehen. Der­selbe mache den Nndruck eines intelligenten Mannes. Beim ersten Besuch habe der Sultan nur Worte des DankeS und des Willkommens ihm gegenüber geäußert. Tattenbach erklärte weiter, er werde in den nächsten Tagen lediglich eine abwartende Hal­tung einnehmen und erst später die politischen Fragen berühren. Der Gesandte hat in marokkanischen Kreisen eine große Wendung konstatiert. Er fand dieselben mehr europäisiert als früher. Das fried­

liche Eindringen der Mächte habe bereits eine« ersten Erfolg gezeitigt. Während der Besuche, die der Gesandte dem Minister des Aeußern und den übrigen Ministern abstattete, wäre er sehr erstaunt gewesen, festzustellen, welche Intelligenz die ver­schiedenen Persönlichkeiten besessen. Die Unterredung ging dann zu den Beschwerlichkeiten einer Reise nach Fcz über und bxi Erwähnung der bevorstehen­den Ankunft des spanischen Gesandten erklärte Graf Tattenbach, man werde doch noch zu einer Art internationaler Konferenz gelangen, in der die Ge­sandten der interessierten Mächte sich in Fcz ver­einigt fänden, um miteinander zu konferieren. Es wäre doch viel einfacher gewesen, sich in Tanger um einen Tisch zu versammeln und mit einem Ver­treter des Sultans über die Souveränität Marokkos zu verhandeln, wobei das Madrider Abkommen von 1881 als Grundlage hätte dienen können. Der Korrespondent schließt, er habe den Eindruck ge­wonnen, als ob die Lage für Frankreich in Fez nicht so günstig stehe, wie man erwarte.

Paris, 24. Mai. Nach sechsmonatlicher Beobachtung haben gestern die ärztlichen Sachver­ständige» ihr Gutachten über den Gesundheitszustand der Prinzessin Louise von Koburg abgege­ben. Es waren ihnen zwei Fragen vorgelegt:

1) ist die Prinzessin Louise gesund, 2) ist sie im Stande ihre Angelegenheiten zu ordnungsgemäß selbst zu führen? Beide Fragen sind von den Sach­verständigen ohne Einschränkung in voller Ueber- zeugung bejaht, sodatz die Eventual-Frage, ob die Prinzessin der Internierung in einer Heilanstalt bedürfe, aus fällt. Das Gutachten wurde auf diplo­matischem Wege nach Wien gesandt und dürften vom Hofmarschallamt die weiteren Schritte bezüglich der Aufhebung des Kuratells getan werden.

Parts, 24. Mai. In Rouen explodierte in einer Feuerwerkskörper-Fabrik in den Händen eines Arbeiters eine Petarde, der sich zu seiner Rettung schwer verletzt aus dem Fenster in den vorbeiflitßsnden Fluß stürzte. In dem Moment, als die übrigen Arbeiter sich retten wollten, erfolgte eine zweite Explosion, wobei circa 50 Arbeiter zu Boden geworfen wurden. Einer wurde sofort ge­tötet, zwei andere schwer, die übrigen leicht verletzt. Die Explosion war so stark, daß man sie auf 20 Klm. im Umkreise hörte. Der Schaden wird auf 150000 Francs veranschlagt.

Paris, 24. Mai. Eine Ehebruchs­tragödie aus dem Leben, wie sie die Phantasie der findigsten Dramatiker kaum zu ersinnen vermag, hat sich an dem sonst so friedlich Paris durch­ziehenden Kanal Saint-Martin abgespielt. Der Führer des LastschiffssMarie-Luise", Marius Portot, saß ruhig auf dem Verdeck seines ver­ankerten Fahrzeuges und rauchte nach dem Abend­essen gemächlich seine Pfeife. Seine Frau war kurz vorher weggegangen unter dem Vorwände, einige Einkäufe in dem Viertel zu besorgen. Plötzlich hörte der Schiffer einen durchdringenden Schrei und gleich darauf ein Geräusch, als ob zwei Körper ins Wasser fielen. Er zog sofort Rock und Weste ab, eilte zu dem Orte, wo der Unfall sich ereignet hatte und sah einen Mann und ein Weib mit den Wellen ringen, dem Versinken nahe. Porlot, ein sehr ge­wandter Schwimmer, rettete zuerst den Mann und dann die Frau. Erst als er sie aufs Trockene gebracht hatte, sah er ihnen ins Gesicht und erkannte in der Frau seine eigene und in dem Manne einen seiner ehemaligen Gehilfen, den er hinausgeworfen hatte, weil er seiner Fra« Lieb,seiklärungen ge- macht hatte. Die beiden Schuldigen gestanden dem vor Wut bebenden Rerter, sie hätten sich am Kai ein Stelldichein gegeben, und seien Arm in Arm dahingegangen, als Frau Porlot ausglilt und in den Kanal fiel, wobei sie ihren Liebhaber mitriß. Wutschäumend hörte der Fischer diese Auseinander­setzungen an und rief dann:Ich habe Euch das Leben gerettet, wie es meine Pflicht war. Jetzt habe ich das Recht, mich zu rächen." Mit diesen Worten stieß er seiner Frau einen Dolch in die Brust. Sie wurde schwer verletzt in das Spital gebracht, der Mörder aber vorlävfig auf freiem Fuß belassen.

Warschau, 25. Mai. Zwischen 9 und 10 Uhr abends fand in dem Handelsviertel der Stadt, besonders in der Gegend des Zelauabrama-PlatzeS, massenhafte Ueberfälle bewaffneter Banden junger

Leute auf Passanten statt. Es wurden mehr als 30 Personen schwer verletzt meist durch Messerstiche. Mittelst Ambulanzwagen wurden die Verletzten in die Spitale gebracht. Das Blutbad verursachte iu der Stadt große Erregung. Für heute werden neue Ueberfälle befürchtet. Um 10 Uhr Abends wurde der Ingenieur Anton Scheier, ein Abteilungs­chef der Weichselbahn-Depotstalion in Peltzowiena erschossen.

Petersburg, 25. Mai. DicErmorduug des Gouverneurs von Baku hat hier große Aufregung hervorgerufen, weil man daraus ersteht, daß die Ruhe im Reiche mehr eine scheinbare als eine wirkliche ist. Man glaubt, daß das Attentat gegen den Gouverneur erfolgte, weil er bei den Metzeleien in Baku die größte Gleichgültigkeit an den Tag gelegt hatte.

Am japE-Wschm Krieg.

Petersburg, 25. Mai. Nachrichten von Ro sch d je sw ens ky und Nebogatow fehlen auf der russischen Admiralität vollständig. Die aus der Mandschurei einlanfenden Nachrichten bestätigen, daß die Japaner eine Umgehungs-Bewegung auf dem russischen rechten Flügel ausführcn. Wie verlautet, besteht bei den Japanern noch immer die Absicht, die Russen durch die Mongolei zu umgehen, jedoch hält man dies im Generalstabe für unwahr­scheinlich. Man ist der Ansicht, daß eine Schlacht überhaupt noch nicht bevorsteht.

London, 24. Mai. Die Meldungen vom Kriegsschauplatz und der Mandschurei lassen erkennen, daß große Ereignisse dort vorbereitet werden. Man darf nicht nur eine große Schlacht bei Charbin erwarten, auch gegen Wladiwostok würden die japanischen Operationen mit allem Ernst betrieben. Aus Tokio wird heute gekabelt, daß die Eisenbahn, welche Wladiwostok mit Sibirien und Europa verbündet, bereits unterbrochen ist. Vermutlich haben verhältnismäßig kleinere japanische Truppenteile längere Strecken der Eisenbahn zer­stört. Die regelrechte Belagerung wird in aller­nächster Zeit aufangen.

London, 24. Mai. Hier verlautet, daß Rußland neuerdings 100000 Tonnen Kohle in Südwales zur sofortigen Lieferung nach Wladiwostok bestellte. Die Unternehmer find wohl im Stande, Dampfer zu finden, welche die Fahrt riskieren wollen. Die Versicherungs-Gesell­schaften verlangen jedoch so hohe Prämien, daß die Ordre schwerlich zu Stande kommen wird, falls Rußland nicht vollen Ersatz für den Fall einer Kaperung garantiere.

London, 25. Mai. Aus Petersburg kommen Meldungen über Streitigkeiten zwischen Linjewitsch und Kuropatktn. In letzterer Zeit spricht man in der russischen Hauptstadt viel von bitterer Feindschaft zwischen den beiden Generälen, Kuropatktn gehorcht nicht den Befehlen seines Vor­gesetzten, leistet diesen vielmehr systematischen Wider­stand. Es entstehen infolgedessen Konflikte, die den denkbar schlechtesten Eindruck auf das gesamte Offizier-Korps der russischen Armee ausüben. Der Zar wird zweifellos dem Verlangen Linjewitsch's auf Absetzung Kuropatkins Nachkommen.

«otte»dien«e.

Sonntag Aogate, 28. Mai. Vom Turm: 263. Predigt­lied - 265. Jesu hilf beten rc. 9 Uhr Vormitt.« Predigt, Herr Dekan Roos. 1 Uhr -. Christerlehre mit den Söhnen. 2 Uhr: Nachmitt.-Predigt, Herr Stadtpfarrer Schmid Kimmetfokrtrsist, 1. Juni. Vom Turm: 181. Predigt­lied: 188, Hallelujah rc. 9 Uhr: Vormitt.-Predigt, Herr Dekan Roos 2 Uhr: Bezirks-Missionsfest: Die Herren Stadtpfarrer Schmid, Missionar Frohnmeyer (aus Indiens, Missionar Iehle (Goldküste). Das Opfer des Missionsfestes ist für die Basler Mission bestimmt.

Hauöelskammer Calw.

Tagesordnung für die Sitzung

om Dienstag, de« 3V. Mai 1SV5, vormittag» S Uhr:

1) Jahresbericht 1904.

2) Cooptation der Mitglieder.

3) Einlauf.

Der Vorsitzende:

Kowm.-Rat Zoeppritz.