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Waiblingen, 22. Mai. Eine Unternehmergesellschaft hat hier in nächster Nähe der sog. Geheimen Mühle ein ausgedehntes Areal-angekauft, um Bohrungen nach kohlensaurem Wasser anzustelleu. Nicht weit von dem angekauften Platze sprudelt schon eine starke Quelle eines unter dem Namen Beinsteiner Wasser in den Handel gebrachten Säuerlings.
Schwaigern, 22. Mai. In der Nacht vom Sonntag auf Montag find hier 13 Wohn- und 26 Oekonomiegebäude abgebrannt Um '/,12 Uhr nachts brach in der Nähe des Gasthauses zur Sonne Feuer aus, das sich infolge des starken Windes schnell ausdehnte und das ganze Quadrat einschließlich des Rathauses bis zum gräflich Neipperg'schen Schloß in Asche legte. Nur das Pfarrhaus blieb von dem ganzen Häuserviertel stehen. Vom Rathaus konnten die Akten gerettet werden. Es find etwa 35 Familien obdachlos geworden. Bei den Löscharbeiten ist ein Feuerwehrmann verunglückt und inzwischen gestorben.
Ueber das große Brandunglück berichtet der „Schwarzw. Bote" noch folgende Einzelheiten: Das Feuer brach in der Nähe, nach anderer Lesart in der Scheuer der Wirtschaft zur „Sonne" aus. Der rechts vom Marktplatz gelegene Häuserblock war ganz dicht zusammen gebaut, Brandmauern fehlten fast gänzlich. Insgesamt find niedergebrannt: Das Rathaus, 13 Wohnhäuser, da, unter die Gasthäuser zur „Sonne" und „Rose", und 26 Nebengebäude, Remisen, Scheuern, Stallungen, Schuppen rc. Der Schaden beträgt 190000 — 200000 Mark. Obdachlos geworden find 32 Familien, von denen die meisten versichert find. Der Feuerwehrmann, der anläßlich des Brandes den Tod fand, hat, wie sich herausstellte, bei den Rettungsarbeiten eine Flasche entdeckt, die er für eine Wein- oder Bierflasche hielt, die aber Salzsäure, oder wie andere behaupten, Lisol enthielt. Um seinen Durst zu löschen, nahm er einen kräftigen Schluck und erlitt dadurch so schwere innere Verletzungen, daß er auf dem Transport nach Massenbachhausen, wo er beheimatet ist, starb. Leider hat das Feuer auch eine Sehenswürdigkeit Schwaigerns zerstört, das große, in der Nähe der Kirche stehende Wohngebäude des Küfers Holderried. Einen schönen Holzbau führte das zweite Stockwerk, das in der Ecke einen Erker aufwies. Die Fenster waren von geschuppten Säul- chen eingefaßt und die Fensterbänke von schönen Konsolen getragen. Das Schloß, das vor etwa 40 Jahren wesentlich erweitert worden ist und eine wertvolle Bibliothek und Ahnenbilder enthält, ist von dem Feuer glücklich verschont worden. Das gräfliche Rentamtsgebäude und die Kirche blieben gleichfalls unversehrt.
Kirchheim u. T., 22. Mai. Auf der Vorstadthaltestelle wurden gestern Abend einem Heizer aus Cannstatt, namens Hardtner, beide Füße abgefahren. Derselbe war auf der dem Bahnhof entgegengesetzten Seite des Zugs aus- gestiegen und beim Wiedereinsteigen, während der Zug schon im Gange war, unter die Räder gekommen. Der Verletzte wurde in das hiesige Spital verbracht. Die Frau des Bedauernswerten war bei dem Unglück anwesend.
Waldenbuch, 22. Mai. Dem Landjäger Mehle und den Forstwärtern Häußermann und Laichinger von Waldenbuch bezw. Steinsnbronn ist es gelungen, zwei Burschen, die dem Rehwild im Staatswald Kessel, Wartberg, Steinenbronn mittelst Schlingen nachstellten, auf frischer Tat zu ertappen. Begünstigt durch die Terrainverhältnisse gelang es den Tätern zu entkommen, sie wurden aber trotzdem als der verheiratete Hermann Mozer und der ledige Traugott Mater von Steinenbronn erkannt. Eine Hausdurchsuchung bei ihnen förderte auch Beweismittel zu Tage.
Biberach, 23. Mai. Gestern mittag gegen 2 Uhr kamen 20—25 italienische und einheimische ausständische Maurer unter Führung eines Genossen nach dem 1 Stunde von hier entfernten Warthausen auf die Straub'sche Baustelle, wo von italienischen Arbeitern gearbeitet wurde. Die Arbeitswilligen wurden genötigt, die Arbeit zu verlassen und zu flüchten. Der Bauführer wurde mit dem Messer bedroht. Die geflüchteten Maurer verbargen sich über eine Stunde in einem Anbau. Inzwischen wurde von Biberach Hilfe requiriert. Gegen vier
Uhr rückte die Landjägermannschaft an, die den Platz besetzte und Ruhe schaffte.
Dresden, 23. Mai. Schuldirektor Pilze von der Dresdener Kinderbesserungsanstalt Marienhof wurde vom Schwurgericht wegen Sittlichkeitsverbrechen, Unterschlagung und Urkundenfälschung zu 3 Jahren 6 Monaten Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt.
Berlin, 23. Mai. Ein aufregender Vorgang spielte sich heute vormittag in dem Hause Tilfiterstraße 87 stb. Dort versuchte der vom Delirium befallene 34Mr. Verwalter Rudolf Eichhorn seine Frau und Kinder aus dem Fenster seiner im 4. Stock belesenen Hinterhauswohnung hinabzustürzen. Nur mit Mühe gelang es, den Wahn- stnnigett^von seiner furchtbaren Tat abzuhaltcn und ihn zu bändigen.
Der Aufstand in Deutsch-Süd- westafrika. Aus Kapstadt ist, wie bereits berichtet, der Times mitgeteilt worden, daß General v. Trotha eine Proklamation an die aufständischen Hottentotten erlassen habe, worin er den sich freiwillig Unterwerfenden, mit Ausnahme von notorischen Mördern, Schonung zusagt, auf die Köpfe der Häuptlinge und Schuldigen jedoch Preise anssetzt. Der Aufruf hat nach dem „Cape Argus", dem der Timeskorrespondent in Kapstadt die Nachricht entnimmt, folgenden Wortlaut:
„An die kriegführenden Namaqua-Stämme! Der große und mächtige Deutsche Kaiser wird gegen das Namaquavolk nachsichtig sein und hat befohlen, daß das Leben derer, die sich ergeben, geschont werde. Nur die, welche beim Beginn des Krieges Morde begingen und den andern befahlen, Morde zu begehen, haben sich gesetzmäßig des Todes schuldig gemacht. Dies mache rch euch bekannt, sowie ferner, daß es denen, die sich nicht ergeben, ebenso ergehen wird wie den Herero-Stämmen, die auch in ihrer Blindheit glaubten, sie könnten einen großen und mächtigen Deutschen Kaiser und ein großes Volk erfolgreich bekriegen. Ich frage euch: Wo ist das Hererovolk, wo ist ihr Häuptling Samuel Maharero heute, der Tausende Stück Rindvieh besaß? Er ist wie ein wildes Tier über die englische Grenze geflohen, er ist so arm geworden, wie der ärmste Veldherero und besitzt nichts. Und so erging es allen anderen Häuptlingen, die Weiße ermordet hatten. Einige verhungerten auf dem Sandveld, andere wurden von deutschen Truppen getötet, andere von Ovambos ermordet und nicht anders wird es dem Namaquavolk ergehen, falls sie sich nicht ergeben und ihre Waffen niederlegen. Ihr müßt mit der weißen Flagge mit all eurem Gefolge kommen, dann wird euch nichts geschehen. Ihr werdet Beschäftigung und Nahrung bis zum Ende des Kriegs erhalten, worauf der große Kaiser eine neue Verwaltung des Landes in Frieden einrichten wird. Falls jemand glaubt, daß ihm nach dieser Ankündigung noch Milde erwiesen werde, soll er lieber das Land verlassen, denn wenn er wieder auf deutschem Gebiet gesehen wird, wird er erschossen werden und so werden alle Rebellen ausgerottet werden. Für die Auslieferung, ob tot oder lebendig, der folgenden Personen werden folgende Preise ausgesetzt: für Hendrik Witboi 250 Pfund oder 5000 für den falschen Propheten Stuurmann Scheppert 150 Pfd. oder 3000 für Kornelius Frederik 100 Pfd. oder 2000 und für alle anderen schuldigen Personen 50 Pfd. oder 1000
Warschau, 23. Mar. Gestern haben in Siedlos neuerdings blutige Exzesse gegen die Juden stattgefunden.
Madrid, 23. Mai. Infolge einer Anzeige des deutschen Konsuls hob dis Madrider Polizei ein Schwindlernest auf und verhaftete 9 Personen, die den sogenannten Schatzgräberschwindel nach Deutschland, Frankreich, England und Amerika betrieben und dafür ein regelrechtes Bureau eingerichtet hatten. Zahlreiche falsche Stempel, Amtsbriefe und Checks wurden entdeckt.
New-Iork, 22. Mai. Der Chicagoer Streik endete mit der bedingungslosen Kapitulation der Kutscher. Von 3772 Leuten wurden nur 1300 wieder eingestellt. Der Ausstand dauerte 45 Tage und kostete 7 495 000 Dollar. Es gab 10 Tote und 500 Verwundete.
Am Mmsch-ns-schm Krieg.
Paris, 23. Mai. Gestern war großer Empfang im Elysee. Auf demselben wurde bekannt, daß Roschdjeswensky gestorben sei und Nebogatow den Oberbefehl übernommen habe. Mehreren Redaktionen ging dieselbe Nachricht ohne nähere Einzelheiten zu. Bestätigung bleibt natürlich abzuwarten. Man vermutet, daß die Rückkehr des Botschafters Bompard von Wirballen nach Petersburg damit zusammenhängt.
Petersburg, 23. Mai. Der hiesigen Regierung ist keinerlei Nachricht von dem
angeblichen Tode Roschdjeswenskys z u g e g a n g e n.
Petersburg, 23. Mai. Die Japaner haben in der Mandschurei auf der ganzen Linie die Offensive ergiffen, doch hat dieselbe mehr den Charakter eines aufgezwungenen Rekognoszirungs- dienstes, besonders gegenüber dem russischen Zentrum und der rechten Flanke. — Die erste Armee unter Kuropatktn werde von den Japanern als ungefährlich betrachtet. — Ueber die Bewegung der Flotte Roschdjeswenskys herrscht hier völliges Dunkel.
Petersburg, 23. Mat. Die Ernennung des Admirals Birilow als Chef der Flotte des Stillen Ozeans ist vom Zaren bereits unterschriebe» und wird in diesen Tagen veröffentlicht werde». Birilow ist an Stelle Skrydlows ernannt, dessen Posten nach seiner Rückbcrufung bis heute unbesetzt geblieben ist. Der Kommandant in Wladiwostok wird Birilow unterstellt werden, um Zwistigkeiten, wie sie in Port Arthur zwischen dem Admiral Wireu und General Siössel bestanden, zu vermeiden. Durch diese Ernennung wird Roschdjeswenkys Position in keiner Weise erschüttert. Er wird seinen Auftrag bis zu Ende ausführen.
London, 23. Mai. Ueber die Taktik Togos verlautet, daß der japanische Admiral keineswegs den Russen die erwartete Schlacht z» liefern gedenke. Er werde im Gegenteil einer solchen nach Möglichkeit auszuweichen suchen und sich darauf beschränken, die russische Flotte durch Torpedoboote zu beunruhigen. Togo wolle nicht riskieren, seine Kriegsschiffe einzubüßen. Obwohl Roschdjeswensky der japanischen Flotte an Panzerschiffen überlegen ist, glaubt man in Japan, durch die Torpedoboots den Russen überlegen zu sein. Togo will das russische Geschwader ruhig die Gewässer von Wladiwostok erreichen lassen, wo er hofft, dasselbe mit der gleichen Taktik wie bei Port Arthur vernichten zu können.
Tokio, 22. Mai. Amtlich wird gemeldet: Am 19. Mai machte der Feind, bestehend aus über
1 Bataillon Infanterie, 1 Regiment Kavallerie und
2 Geschützen, eine Umgehung von der Nachbarschaft eines 10 Meilen westlich von Schangtu gelegenen Kohlenbergwerkes nach der 8 Meilen östlich von Schangiu gelegenen Höhe von Santwokov und eröffnet? um 11'/- Uhr morgens das Feuer. Später erschienen 4 feindliche Geschütze auf der nördlichen Höhe von Chinyangpao. Um 4 Uhr nachmittags gingen 2 russische Bataillone von der östlichen Seite des Dorfes vor, wurden aber zurückgeschlagen. Eine weitere gemischte Truppen- abtetlung rückte in Ersiliapo ein, setzte das Dorf in Brand und zog sich zurück. Abgesessene feindliche Kavallerie griff Tangshed, am rechten Ufer des Lias, 13 Meilen östlich von Fakumsn, am Morgen des 20. Mai an. Nach 2stündigem Kampf zog sich der Feind in Unordnung nach Südwestsu zurück und ließ 300 Tote und Verwundete auf dem Platz. Außer kleinen Zusammenstößen ist die Lage unverändert.
-erwischtes.
— Eine merkwürdige Plage hat die Stadt Cardiff befallen: Millionen von Fliegen belagern ihre Docks. Nach fortgesetzten Angriffen haben sie die meisten Hauptstraßen besetzt, so daß man den Verkehr nach Nebenstraßen ablenken mußte. Am Dienstag widerstanden die Schließer am Pier und dis Dockpolizisten stundenlang tapfer den Angriffen. Aber die Fliegen kamen in Wolken wie Heuschreckenschwärme. Vergebens erschlug man sie zu Hunderten; die Leute flohen und schlossen sich in die Wachthäuser ein. Auch die Ladenbefitzer führen laute Klage, und viele Bureaus sind von den Tieren besetzt worden. Die jungen Leute an den Pulten können sich unmöglich gegen die Fliegen verteidigen. Die Insekten sind größer als die britischen Fliegen und stechen sehr. Man glaubt, daß ein Schiff sie aus Südamerika eingeführt hat, während die Sanitätsbehörden meinen, daß ein südlicher Wind sie mitgeführt habe.
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