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Breslau, 4. März. Von den in der zweiten Sohle des OSkarschachteS der konsoli­dierten Hultschiner Steinkohlengruben gestern früh durch Einstürze« eines Pfeilers abgefchnittenen 14 Arbeitern sind, wie dieSchl. Ztg." meldet, heute früh nach Mstündiger angestrengter Arbeit sechs lebend und acht tot zu Tage gefördert worden. Die Geretteten befinden sich den Umständen angemessen wohl und konnten ohne Hilfe ihre Woh­nung aufsuchen. Bei den Aufräumungsarbeiten fand man in einer Nische zehn Mann, von denen inzwischen 5 gestorben find; die übrigen Arbeiter wurden gerettet.

Salzburg, 2. März. Der Großherzog von Toskana hat, durch das Vorgehen des Justiz- rateS Körner erregt, an den König von Sachsen ein Schreiben gerichtet mit der kategorischen Er­klärung, daß er nicht länger zusehen wolle, wie die Gräfin Montignoso unwürdig behandelt werde. Der König soll erwidert haben, er sei zu einer gütlichen Auseinandersetzung bereit, ferner dazu, sowohl die finanzielle Seite als die Frage, ob die Prinzessin Monika weiter bet der Gräfin verbleiben solle, unabhängig von der Entscheidung der italienischen Gerichte durch einen neuen Vertrag zn regeln. Die Gräfin Montignoso wird im April nach Rorschach zurückkehren.

Paris, 4. März. Der bekannte Maler Bianchiania, der sämtliche Dekorationen für die große Oper gemalt haOst gestern abend plötz­lich gestorben, nachderL er vorher Konfekt ge­nommen hatte, das ihmMfll unbekannter Hand übersandt worden war. »«Anscheinend eine Ver­giftung vorliegt, haben die Gerichtsbehörden die Leiche beschlagnahmt. Es heißt, daß eine Statistin ihm vergifteten Konfekt gereicht hat. Bianchiania wäre beinahe schon einmal vor 9 Jahren einem Vergiftungsversuche zum Opfer gefallen. Damals hatte seine Gattin einen Mordversuch gegen ihn unternommen, weshalb er sich von ihr scheiden ließ.

Warschau, 4. März. Gestern rückten in Warschau drei Regimenter Infanterie und ein Dra­gonerregiment, in Lodz 10,060 Mann Infanterie und Kosaken ein. Für heute gehen allerhand alar­mierende Gerüchte um. Die Panik nimmt große Dimensionen an. Täglich verreisen hier 150 Per­sonen ins Ausland. Viele Hausbesitzer erhalten Drohbriefe mit gleichzeitigen Geldforderungen. Generalgouverneur Moximowitsch kommt aus Peters­burg hierher, um sich einen Ueberblick über die Situation zu verschaffen. Zahlreiche Personen, da­runter viele Redakteure wurden verhaftet.

Petersburg, 4^März. Der Zar gab in einem Manifest sei»»Klbficht kund, von der Bevölkerung gewählte Männer zur Teilnahme an den gesetzgeberischen ArbeiM heranzuziehen.

Petersburg, 4. März. In den vier nördlich der Newa gelegenen Stadtteilen, d. h. den Arbeitervierteln, war heute Vormittag alles ruhig. Gestern Abend gegen 6 Uhr versuchten Arbeiter in die Paf-on-psob lk von Chaimowski einzudringen,

wurden jedoch durch Infanteristen mit aufgepflanz­tem Bajonnct zerstreut. Die Soldaten find gegen die Arbeiter höchst erbittert, da sie seit Wochen an­strengenden Wachdienst haben.

Petersburg, 5. März. In Batum hat der Militärgouverneur die Arbeiter aufgefordert, die Arbeit wieder aufzunehmen, andernfalls dieser die Schließung sämtlicher Werkstätten verfügen werde.

Petersburg, 5. März. Die Behörden haben für heute wieder umfassende VorkchrungS- maßregeln getroffen, sodaß trotz der Ausdehnung des Streikes ernste Ereignisse so gut wie aus­geschlossen erscheinen.

London, 3. März. General Booth, der bekannte Begründer der Heilsarmee, trat gestern, von Hunderten seiner Offiziere zum Abschied lebhaft begrüßt, eine lange Reise an. Trotzdem er bereits im 76. Lebensjahr steht, will er eine Reise durch Palästina, durch Neuseeland und Australien machen. In Jaffa, in Jerusalem und auf dem Oelberg will er predigen und nach einem Aufenthalt von einer Woche seine Reise fortsetzen. Er beabsichtigt, selbst bis in die Goldfelder von Coolgardi vorzudrtngen, um dort den Goldgräbern seine Lehre zu verkünden. Er hofft, am 28. Juli wieder in England einzu- treffen. Auf die Frage eines Berichterstatters, ob er sich nicht fürchte, in so hohem Alter eine so an­strengende Reise zu unternehmen, meinte er:Was meinen Sie damit? Meinen Sie, ob ich mich fürchte, unterwegs zu sterben? Ich bin auf dem dem Weg nach Australien oder in Australien dem Himmel ebenso nahe, wie in London.

London, 4. März. Rußland anullierte große Bestellungen auf Waffen und Munition, welche die Regierung in Belgien aufgegeben hatte. Die Kündigung der Regierung erregt hier viel Aussehen. Die Erklärung der russischen Agenten, daß nunmehr genug Waffen angeschafft seien, wird in hiesigen informierten Kreisen nicht geglaubt, vielmehr ange­nommen, daß die Aufhebung der Ordre ein Zeichen sei, daß Rußland keine lange Fortsetzung deS Krieges voraussetzt.

Am jq>«!sch-l«Wk» Krieg.

Petersburg, 4. März. Ein Telegramm aus Charbin meldet, daß die Japaner gestern den Puttlow-Hügel und den NowogrodSki - Hügel eingenommen haben. Ferner soll die Kavallerie- Division Rennenkamp beinahe vollständig aufgcrieben worden sein. ES wird bereits versichert, daß Mukden geräumt werde. Die Russen befürchten von den Japanern umgangen zu werden und ihre sämtliche Stellungen am Hunho aufgeben zu müssen. Der hiesige Generalstab erklärt, davon nichts zu wissen. Wie verlautet, soll eine neue Kriegssteuer, welche besonders Staatsbeamte und Angestellte treffen soll, eingeführt werden.

Petersburs, 4. März. Aus Mukden wird gemeldet, daß der Kampf auf der ganzen Front und auf beiden Flanken fort­dauert. Die Japaner griffen sechsmal den

russischen linken Flügel bei dem Dorfe Huandt an, wurden aber zurückgeschlagen. Sie waren oft bis auf 200 Schritt an die russischen Schanzen vor­gedrungen. Ein russisches Fort westlich vom Hu- tuling-Paß wurde stark angegriffen, doch gelang es den Russen, das Werk zu halten. Auf der rechten Flanke, wo General Danilow kommandiert, wird ebenfalls weiter gekämpft.

Petersburg. 5. März. Nach den neuesten Meldungen vom Kriegsschauplätze an den Generalstab hat sich die Lage gebessert infolge des geschickten Operierens Kuropatkins. Im Hunflußtal sind die Operationen der Japaner zum Stillstand gekommen.

Tokio, 5. März. Die letzten Telegramme aus dem Generalstabsquartier berichten, daß der Kampf auf beiden Flügeln fortgesetzt wird. Auf japanischer Seite sind verhältnismäßig wenig Erfolge zu verzeichnen.

Standesamt Kal«.

Geborene.

S. Febr. Berta Katharina, Tochter des Jakob Ehmert, Heizers hier- .

11. Wilhelm Adolf, Sohn des Georg Ostertag,

Bremsers hier.

12. Julius Karl, Sohn des Karl Gottlieb

Grießler, Flaschnermeisters hier.

14. Klara, Tochter des Julius Proß, Fabrik­

schlossers hier.

17. Gottlob Ernst, Sohn deS Emil Moros,

Kutschers hier.

21. Otto Albert, Sohn des Karl Stückel, Tag­

löhners hier.

25. Emil Hermann, Sohn des Friedrich Grau,

Zugmeisters hier.

25. Wilhelm, Sohn des Johannes Starzmann,

Fabrikarbeiters hier.

27. Robert Emil, Sohn des Karl Güntner,

Briefträgers hier.

Getraute.

14. Febr. Reinhold Haller, Pfarrer in Walddorf OA.

Nagold mit Johanna Roos in Calw.

25. Rudolf Hering, Telefonarbeiter von Warm­

bronn m. Karoline Kühnle von Warmbronn. Gestorbene.

13. Febr. Christian Heinrich Schnauffer, Privatier in

Calw, 65 Jahre alt.

18. Helene Johanna Nüßle, Tochter des Christian

Nüßle, Bauwerkmeisters, 8'/- Monate alt. 18. Friedrich Merath, Fabrikarbeiter, 39 Jahre alt.

20. Karoline Beißer Witwe, geb. Bareiß, 72

Jahre alt.

20. Albert Eugen Baral, Sohn des Ludwig Baral,

Garnmeisters, 1 Monat alt.

24. Anna Wackenhuth, Zimmermanns Witwe, geb.

Huber, 93 Jahre alt.

27. Marie Christiane Schall, Kaufmanns Witwe,

geb. Schwizgäbele, 62 Jahre alt.

27. Eva Katharine Naschold, Rotgerbers Witwe,

88 Jahre alt.

1. März. Rosa Wilhelmine Ayasse, Tochter des Daniel Ayasse, Gasheizers, 1 Monat alt.

Ne kkametell.

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Dtp n sie s«H, Mensch*, sagte ich,und kommen Sie zu Ende. Von meinem Entschluß sollen Sie nachher erfahren.*

Zu Befehl, Herr Oberst," erwiderte Sherwood und nahm Platz auf dem Kanapee, indem er sich eine neue Zigarre anzündete.

Einige Male war ich schon damals entschlossen, direkt an den Kaiser zu schreiben, aber ich unterließ eS, da meine Beweise immer noch zu ungenügend, und ohne sie war die Enthüllung eine gefährliche Sache. Ich wußte wohl Einiges, aber in der Hauptsache nichts. Alle« war nur ein Schattenspiel, ein Fragment. Eines deutete auf dos Andere und auf Höheres, wie >n den Gesellschaften der Logen die oberen Grade und Leiter unsichtbar bleiben. Was ich wußte, betraf Eüdrußland, aber wie stand eS in Petersburg, wo der Sitz deS Nordbundes und wo sicherlich die eigentlichen Führer und Häupter zu suchen sind? Diese erst konnten und mußten dem Kaiser gefährlich werden. Wa» ich vernommen, waren nur einzelne Schlagworte und Losungen, aber die Spitze des Bundes war mir ein Geheimnis geblieben wie ein Berg­gipfel, der von Wolken verhüllt ist. Darum entschloß ich mich, zu warten, biS . mir dir Gelegenheit bessere Tatsachen brachte.

NichtSwürdiger!" rief ich und erfaßte seinen Arm.WaS soll das heißen?" Dieser Mensch wollte mich rmt aller Gewalt zu seinem Werkzeug machen und hatte vielleicht schon in diesem Sinn gehandelt.

Sherwood aber entriß sich meiner Hand.

Ich bitte, Ihr« Worte zu wägen, Herr Oberst. Wie die Dinge stehen, bin ich im Begriff, einer verbrecherischen Verschwörung auf den Kopf zu treten. Dazu sollten Sie mich segnen, sollten mir Ihren Beistand leisten. Denn alle

Getreuen sollten zusommenstrhkn im Namen des Kaisers. DaS leuchtet Ihnen doch ein!"

Lossen Sie mich ouS dem Spiel ein für allemal. So treu ich dem Kaiser bin, so rerhoßt wäre es mir, ihm in dieser Weise zu dienen, als Spion und Häscher. WaS meinen Sie also?"

In diesem Augenblick wurden wir unterbrochen. Eine Ordonnanz meldete sich. ES waren RegierungSdepeschrn angekommen, und ich wurde zum Kommandeur des Regiments berufe». Rasch entschlossen, bat ich Sherwood, in mein Kabinet einzutreten, und schloß sofort hinter ihm ab. Bis auf Weiteres war er mein Gefangener.

Erst noch langen Stunden kam ich in meine Wohnung zurück. Die RcgierungSdepesche besagte, daß die große Herbstrevue in Belaja-Tscherkow, wozu auch der Kaiser erwartet wurde, bis auf Weiteres aufgeschoben sei und für dies Jahr wahrscheinlich nicht stattfinden werde.

Diese Nachricht bestürzte und erschreckte mich, und mein erster Gedanke war, daß diese Mcßregel mit Eherwoods Enthüllungen zusc mmenhängen müsse, aber ich behielt diese Vermutung sür mich. Auf der Kommandantschaft herrschte Verwirrung und Enttäuschung, denn yir alle hatten uns auf die Ankunft deS Kaisers gefreut. Es wurde viel darüber hin und her gesprochen, und die Stunden vergingen wie im Fluge.

ES war schon gegen Abend, als ich meinen Gefangenen auS seiner Hast erlösen konnte. Ich ließ ihm ein reichliches Abendessen vorsetzen und bewirtete ihn auS meinem eigenen Flaschenkeller. AIS ich der abgesetzten Revue erwähnte, lacht« Sherwood laut auf. (Fortsetzung folgt.)