34. Amis- und AnzeigeblaLL für den Bezirk Galw. 80. Jahrgang.
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Brscheimmgltage: Dienttaz, Lonneretag. Sam«- taa, könnt» ». Jnserti»n»prei« 10 Psg. pro Zeile für Stadt > und keztrltort«; außer Bezirk 12 Pfz.
Donnerstag, den 2. Mär; 1905.
Wonnement-pr. ind. Stadtpr-Biertelj. Mk. l.lllincl.Lriiqerl. Vierteljahr!. PostbezugSpreis ohne vestellg. f. d. Orts- u. Nachbar- ortSverkehr 1M«., f. d. sonst. Verkehr Ml. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.
Tagesneuigkeiten.
Calw. Einige schöne, sonnige Tage haben uns vor Eintritt in den Monat März in Fcüh- lingsstimmung versetzt; die ganze Natur zeigt das Bestreben, den Bann des Winters abzuschütteln. Vor Wochen schon grüßten schüchtern die gelben Sterne von erantdw hervor, auch vereinzelter Seidelbast und Nieswurz blühten. Sie alle mußten sich wieder unterducken unter eine dichte Schneedecke nach kurzem FeühlingStraum. Nun aber ist die Schneedecke vor den Sonnenstrahlen geschwunden, mutig und selbstbewußt heben Haselnuß und Schneeglöckchen ihreKöpsch-n empor, sie läuten den Frühling ein. Nur aut di-se Zeichen warten die im Süden weilende! Vogelscharen, um auch ihrerseits Vertreter zu senoen, die mit Sang und Klang den Einzug des von Alt und Jung ersehnte» Frühlings feiern zu helfen. Die Staaren find schon da und dort angekommen, von der Jugend freudig begrüßt zeigen auch sie die Freude des Wiedersehens durch fröhliches Musizieren und zutrauliches Wesen. Diesen lieben Frühlingsboten sollten wir unser Wohlwollen auch noch auf andere Weise zu erkennen geben als nur dadurch, daß wir ihnen einige Minuten znsehen und uns über sie freuen. Dar können wir ohne große Opfer, indem wir ihrer Wohnungsnot abhelfen, die vorhandenen Nistkasten auf ihre Brauchbarkeit und festen Standort prüfen und noch w.itere neue Wohnungen ihnen zur Verfügung stellen. ES ist jetzt die höchste Zeit, hiefüc zu sorgen — man steht deren viel zu wenig ausgehängt, sowohl in der Stadt als in den Bezirksorteu — dabei wollen wir aber nicht allein der Staaren gedenken, sondern auch der fleißigen Meisen und anderer Höhlenbrüter. Die besten Nistkasten find in Württemberg vom Band für Vogelschutz zu beziehen, Geschäftsstelle Stuttgart, Jägerstraße 34, und von den Niederlagen der verschiedenen Ortsgruppen.
Richtigstellung. Ir dem B:richt der
Landw. ConsumvereinSversammluag ist am Schluss: zu lesen: Um den Bereinsmttgltedern den Verkehr rc, statt Vorstandsmitgliedern.
Liebenzell, 27.Febr. Das Geburtsfest Sr. Majestät des Kö uigs wurde hier mit Böllerschteßen morgens eing-leitet. Um 11 Uhr fand der Festgottesdienst statt, zu dem die bürgerlichen Kollegien und andere Festteilnehmer im Festzug vom Rathaus aus sich begaben. Die erhebende Festpredtgr, die unter anderem auch des hohen Besuchs des Landesherrn im vorigen Frühjahr hier gedachte, wurde von Hm. Stadtpfarrer Wsttbrecht gehalten. Beim Festessen im Saale z. „Ochsen" wurde der KöatgStoast von Hcn. Stadtschullheiß Mäulen auSg-bracht. Ja gelungener Weise frischte der R-duer all die schönen Erinnerungen an den vorjährigen Besuch des Königs hier auf, damit Freude u id Dankbarkeit von neuem in allen An- w-seadeu q:gen Se. Majestät weckend. Hr. Stadtpfarrer Marquardt brachte in treffenden Worten den Toast auf die Königin und Hr. Pfarrer Blum- hardt in humorvoller Red: das Hoch auf den Kaiser aus. Auf das an den König abgesandte Glückwunschtelegramm lief abends noch eine huldvolle Danksagung aus dem Kabinett Sc. Mujsstät von Msntone aus ein.
X Gechingen,27.Frbr. InderSchueider- 'schen Wirtschaft feierte der Militär-und B:teraasa- Veretnam SaMStagAbend Königs Geburtstag. Vorstand Morgentaler brachte den KöatgStoast aus und Männerchöee des SingkcanzsS v:rschölten die Feier.
L Dachtel, 26. Frbr. Gestern wurde hier das Geburtsfest Sr. Majestät bei Königs verbunden mit der Uebergabe der vom K. Minist, des Innern verliehenen Ehrenzeichen an 7 Mitgliedern der Feuerwehr in schöner W:ise gefeiert. Um '/«II Uhr versammelte sich die Feuerwehr auf dem Rathaus, wo den 7 Jnbilacen das verliehene
Ehrenzeichen vom OctSvorsteher in kurzer Ansprache übergeben wurde. Um 11 Uhr bewegte sich der stattliche Festzug zur Kirche. Nachmittags 2 Uhr versammelte fich die Feuerwehr mit den bürgerl. Kollegien im Gasthaus zum Rößle, wo Schulth. Lehrer die Feuerwehr begrüßte, zu kameradschaftlichem Sinn und treuer Pflichterfüllung ermahnte und mit einem Hoch auf Se. Maj. den König schloß. Unter G:sang und abwechselnden Ansprachen war der Nachmittag nur zu bald verstrichen. Am Schluß schilderte RößleSwirt Rauser in schönen Worten unser« König als treuen liebevollen Fürsten seiner Untertanen, wobst in das auf den Köniz ausgebrachte Hoch jubelnd etugestimmt wurde. Am Abend versammelte fich die Feuerwehr, an der Spitze die 7 Jubilar«, im Gasthaus z. Hirsch um bei ihrem Kameraden ihrer Festesfreude weiter zu pflegen. Die schöne einfache Feier dürfte jedem Teilnehmer eine angenehme Erinnerung sein.
sAmtltches aus dem StaatSanzeigerj. Se. Majestät der König hat die silb. Verdienstmedaille zu verleihen geruht dem Forstwurt Schulmeister in NriSlach.
Tübingen, 27. Frbr. (Strafkammer.) Der Küfer und Wrinhäadler W. Harr und der Wirt Fr. Farr, beide aus Nagold, waren heute vorgeladen. Nach der Anklage soll Harr vom Oktober 1902 bis Frühjahr 1904 unter Verwendung von Zuckerwasser gewerbsmäßig Wein hergestellt und unter Verschweigung dieses Umstands als echten ungezuckerten Naturwein auf Lager gehalten und davon verkauft haben; Farr soll im Herbst 1903 Wein unter Verwendung eines Aufgusses von Zuckerwasser auf entmostete Trauben hergeftelll und verkauft haben, sodann zu einem von der Weinhandlung Daube in Frankfurt bezogenen Faß Rotweintrester Znckerwafser zugeschüttet und den auf diese Weise hergestellten Wein als ungezuckerten Kaiser- stühler auf Lager gehalten und davon verkauft haben.
DerfSpion.
Historischer Roman aus der Geschichte des heutigen Rußlands von Julius Grosse.
(Fortsetzung.)
„Doch ich bitte, lassen Sie mich ausruhen," fuhr Sherwood fort, „un d wenn Eie Tee und Tabak haben, desto besser, Oberst."
Damit nahm er ohne weiteres Platz. Mich indignirte dies ordonnanzwidrige Gebühren, aber er war noch in Zivilkleidern und gleichsam noch in Urlaub. So ließ ich eS hingehen.
„Wodurch ist denn dieser WadkowSki so merkwürdig ?" fragte ich.
„O, höchst remarkabel," sagte Sherwood mit lauerndkm Blick. Ich vermute, Sie wissen recht gut, wodurch, und nach Ihrer Verbindung mit Sochatzki und Licharew zu schließen, bin ich davon überzeugt."
„Ich kann das nicht verstehen," rief ich. „Meine Bekanntschaft mit Sochatzky und Licharew kann mich doch nicht mit der ganzen W-lt verbind:». Bin Ihnen höre ich zum ersten Male den Namen Wadkowiki. Wie kommen Sie dazu, anzunehmen, daß er zu meinen Freunden zähle?'
Währenddem blickte mir Sherwood unverwandt und scharf in die Augen, um den Eindruck seiner Worte zu erspähen.
„Vielleicht ist meine Vermutung unrichtig," sagte er, „aber bei WadkowSh'S Beziehungen zu Licharew müßt« Ihnen durchaus bekannt sein, welche B:deutung er in der gemeinsamen Angelegenheit des öffentlichen Heil« genießt." Diese letzten Worte betont« er ganz besonder». „Bemerken Sie nicht, daß im Volksgeist fich drohende Anzeichen bemerklich machen, daß die Unzufriedenheit mit der
Regierung wächst? Man will wissen, daß am ersten Mai künftigen Jahreseine wichtige StaatSveränderung Vorgehen wird."
Diese Bestimmung der Zeit im Voraus frappierte mich, ab r ih ließ ihn weiter reden.
Und Sherwood schloß seine Bemerkung:
„Ohne allen Zweifel ist diese Anregung das Werk einer geheime» Gesellschaft, von deren Bestehen längst gefabelt wird. Ich weiß aber bestimmt, daß sie existiert. — UebrigenS, Herr Obrrst, im Vertrauen : Sie können ganz unbesorgt sein. Meine Dankbarkeit heißt Schonung. Was auch geschehen möge: Ihr Haupt bleibt mir heilig — aber etwas mehr Offenheit dürfte ich doch schon erwarten!"
Dies war zu viel. Diese Unverschämtheit eines Untergebenen brachte mein Blut in Wallung. Entrüstet stand ich auf und griff zur Klingel.
„Ich habe keine Geheimnisse, und dulde auch keine! Ich handle immer offen und will eS sogleich dadurch beweisen, daß ich nach dem Kanzleidirektor schicke und dich auf der Hauptwache hinter Schloß und Riegel setzen lasse! Beim Verhör wird man dich schon zum G-ständniS und zur Erklärung deiner Reden zu bringen wissen."
Der Diener war bereit» eingetreten, und ich wollte chm eben die nötigen Befehle erteilen, als Sherwood bleich und zitternd vom Stuhle aussprang, mich beim Arme ergriff und mit flehender Stimme sagte:
„WaS tun Sie, Oberst! Sir stürzen sich selbst und mich in» Verderben. Um Gotteswillen hören Ei« mich an I Jetzt muß ich notgedrungen da» ganze Geheimnis entdecken. Handeln Sie sodann nach Ihrem Gutdünken."
Ich bedacht« mich »inen Augenblick. Diese Verzweiflung Sherwood» war unverstellt, und besorgt, mich durch ein voreilige» Verfahren zu kompromitieren