^ 15 . Amts- und AnzeigeölaLL für den Bezirk Gakw. 80 . Jahrgang.
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«rscheinungStage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. JnsertionSprctS 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und BezirtSort«; außer Bezirk 12 Pfg.
Samstag, den 28. Januar 1905
AbonnernentSpr.tnd. Stadt pr.Biertelj. Mt. I.IOincl.Träflerl. VierteljLhrl. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbar- ortsvertehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk.1.10, Bestellgeld 20 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung.
Am 15. Februar 1985, vormittags tv Uhr, findet im Dienstgebäude des Beztrkskommandos Calw die ärztliche Untersuchung derjenigen Bokks- schuUehrer und Kandidaten des Volksschulamts, welche fich im militärpflichtigen Alter befinden und am 1. April 1905 zur Ableistung ihrer 1jährigen Dienstzeit eintreten wollen, statt.
Noch nicht militärpflichtige, taugliche Volksschullehrer u. s. w. dürfen fich znm Diensteintritt freiwillig bereit erklären.
Der Ausstellung eines Meldescheines bedarf cs in diesem Falle nicht.
Ein Recht auf die Wahl des Truppenteils haben die einzustellenden Lehrer u. s. w. nicht, doch wird etwaigen Wünschen möglichst Rechnung getragen werden.
Die schriftlichen Gesuche um Untersuchung und Einstellung find bis spätestens 8. Februar 1805 an das Bezirkskommando etnzureichen.
Calw, 16. Januar 1905.
König!. Bezirkskommando.
Freiherr v. Ztegesar.
Bekanntmachung.
In Betreff des heurigen
Mllltar-Grsatzgeschasles wird bekannt gegeben, daß die Musterung und Losung vom 10. bis 15. März d. I. stattfindet.
Wegen der ZurückkellungSgefuche (Reklamationsgesuche) Militä-pflichtiger in Berücksichtigung bürgerlicher Verhältnisse wird auf die Bestimmungen der Z8 32 und 33 der deutschen Wehrordnung (Reg.- Blan von 1901 Nr. 23) und wegen derjenigen der Reservisten, LandwehrnrSnner und Ersatz- reservifte», auf 8 118 Z 3—6, 8 120 Z. 5, 8 122 und 123 der Deuischen Wchrordnung htngcwiesen.
Diese Zurückstellungsgesuche, wozu beim Oberamt Formulare zu haben sind, sollten mindestens 18 Tage vor dem Musterungstermi« also längstens bis S8. Februar beim Oberamt ein- kommen, um dieseben prüfen und erforderlichenfalls ergänzen zu können. Zurückstelluugsgesuche, die erst «ach der Musterung ««gebracht werden, könnte« keine Berücksichtigung mehr finde».
Da früher Reklamationsgesuche vielfach verspätet eingekommen find, so hat die K. Oberersatzkommisston die bestimmte Erwartung ausgesprochen, daß dieselben künftig rechtzeitig eingereicht werden, also schon vor der Musterung, nicht erst vor der Aushebung oder nach dieser.
Die Ortsbehörden werden beauftragt, die Beteiligten in angemessener Weise darauf aufmerksam zu machen und für rechtzeitige Vorlage derartiger Gesuche Sorge zu tragen.
Calw, 25. Januar 1905.
K. Oberamt.
Voelter.
Bekanntmachmrg.
Da für die Beschaffenheit des Unteroffizierskorps die Zuführung eines besonders vorgebildeten Eisatzes von größter Wichtigkeit ist, die Beteiligung württembergischer Freiwilliger hieran aber immer noch sehr zu wünschen läßt, so werden die Beteiligten auf den Eintritt in die Unterossiziervorschule zu Weilburg und in die Unteroffizierschule« zu Ettlingen und Biebrich aufmerksam gemacht mit dem Anfügen, daß das K. Bezirkskommando und die Unterzeichnete Stelle bereit find auf Verlangen nähere Mitteilung über die Bedingungen des Eintritts zu machen.
Calw, 25. Januar 1905.
K. Oberamt.
Voelter.
BekamrtmaÄmua.
In «indelfingen, Oberamts Böblingen, ist
die Maul- und Klauenseuche erloschen.
Calw, 26. Januar 1905.
K. Oberamt.
Amtm. Rippmann.
Die Ortsbehörde«
werden beauftragt, die Stammrolle« unfehlbar bis S. Februar d. I. dem Oberamt vorzulegen. Calw, 27. Januar 1905.
K. Oberamt. Voelter.
Tagesneuigkeiten.
Calw, 27. Jan. Ein höchst bedauerlicher Vorfall ereignete fich gestern Nachmittag auf dem Marktplatz. Das Kind des Fabrikarbeiters Gall, ein 4'/,jähriges Mädchen, kam beim Schlittenfahren unter die Räder eines Langholzwagen, wodurch es schwere Verletzungen davontrug. Es wurde bewußtlos in das Krankenhaus gebracht. Den Fuhrmann soll keine Schuld treffen.
^ Althengstett, 26. Jan. Die Ehefrau eines hiesigen Schmieds wurde auf einem abendlichen Gange innerhalb des Orts von einem angesehenen Bürgerssohn ohne weiteres in brutalster Weise tätlich mißhandelt und beleidigt. Der Fall hat bereits gerichtliche Folgen.
Stuttgart. Württemberg wird im August d. I. erstmals Schauplatz eines großen Automobilrennens sein. Der Deutsche und der Bayerische Automobil-Klub veranstalten nämlich eine 3lägtge Tourenfahrt von über 1000 Kilometer und zwar 1. Tag: München—Ulm—Tübingen—Baden-Baden; 2. Tag: Baden-Baden—Stuttgart—Cannstatt- Gmünd—Nürnberg; 3. Tag: Nürnberg—Regensburg—München.
Pfalzgrafenweiler, 26. Jan. Bet dem vorgestern im Staatswald hier abgehattenen Slamm-
Schrnwke.
Roman von Helene Lang-Anton.
(Fortsetzung.)
Wie ein Sturmwind war diese Rede über die Anwesenden gebraust; ja, reden konnte sie, und so wohlgetan hatte ihr lange nichts, sie hatte sich die Seele freigeredet, denn immer und immer fühlte sie sich dadurch bedrückt, daß sie damals nicht energischer vorgegangen war.
Lautlose Stille war eingetreten. Man hörte das Atmen jedes einzelne». Zum erstenmal im Leben schwieg er, der stets gewohnt war, zu befehlen und zu fordern; jetzt fand er keine Antwort auf Vorwurf und Mitanklage. Die hohe Gestalt etwas gebückt, lehnte er sich an den Ofen, als bedürfe er zum erstenmal im Leben einer Stütze. Was er da gehört hatte, hören mußte von einem jungen, fremden Mädchen, das ihn nichts anging, von dem es eine ungeheure Dreistigkeit war, traf ihn weniger; mehr berührte ihn schon der Leichtsinn der schönen Schwiegertochter, die er in sein Herz geschloffen hatte. Auch deS Sohnes Blick wich er aus, der starr, gebieterisch Rechenschaft fordernd auf ihn gerichtet war. Und doch hätte alles ihn nicht so erschüttert; aber daß die alte Frau, die dreißig Jahre an seiner Seite gelebt hatte, und die, wie er auch gewesen, still und klaglos Freud und Leid mit ihm getragen hatte, fich plötzlich von ihm loS- sagte, griff ihm ans Herz.
ES kam ihm zum dämmernden Bewußtsein, was diese Frau in den langen dreißig Jahren gelitten habe» mußte, diese zarte, gebrechliche Frau. Und er erkannte ihre Seelengröße, ihre moralische Kraft. Jetzt wo eS zu spät war, wo er sie verloren hatte.
Olga hatte fich zuerst gefunden. Sie sah, ihr Spiel war verloren, aber sie hoffte noch auf einen guten Abgang. Vielleicht erwartete sie Hilfe von dem alten Herrn oder von ihrem Geld.
Sie wandt« sich teatralisch an den kranken Mann: „Vergieb mir, Alfred, ich war wahnsinnig; nur die Liebe zu dir —"
«Fort von mir! Ich habe mit dir nichts mehr zu schaffen. Ich mache dir keine Vorwürfe, fordere von dir keine Rechenschaft, geh' fort, ich will dich nicht mehr sehen.*
Sie wandte fich an den Vater, er sah nicht auf und hielt sie nicht zurück, als sie der Tür zuschritt.
„Vater, ich warte —* stieß Alfred hervor, „ich warte, laß mich nicht zu lange warten. Daß ich elend bin, daß ich heute ein Krüppel bin — denn wenn ich auch gesunde, lahm bleibe ich mein Leben lang —*
„Um Gottes willen, was sagst du da?" stöhnte Frau von Schmolling, und erschreckt sah der alte Mann auf.
„Ja, so ist eS; daß ich beides bin, ist die Schuld meiner Frau, und daß ich diese Frau habe ist deine Schuld."
Olga war an der Tür horchend stehen geblieben.
Was hörte sie da? er würde nie mehr gesunden? lahm bleiben? Dann würde er ja stets der Pflege bedürfen, dann müßte er ja abgehen vom Militär!
Was sollte sie dann mit ihm? Zur Krankenpflegerin fühlte sie keinen Beruf; dazu hatte sie zu viel Lebenslust in sich. Ach! dann müßte sie ja noch dem vorwitzigen Mädchen dankbar sein, das diese unerquicklichen Szenen heraufbeschworen. ES hatte ihr einen Dienst geleistet, indem eS sie von einem Manne befreit«, der unter den gegebenen Umständen doch nur eine Last sein konnte.