Infolge von Zwischenfällen, die sich bei den Wahlen ereigneten, «klärten die Sozialisten den Generalstreik, dem Rufe wurde «der nur teilweise Folge geleistet.
Der Kampf mn dir Mtlitärdienstzeit i« Frankreich.
Paris, 2. Nov. Im „Matin" und „Petit Parisien" treten zwei Generale, von denen der eine ein Senator ist, gegen die zweijährige Dienstzeit auf. Sie erklären, der Krieg hätte gezeigt, daß nicht die numerische Ueberlegenheii, sondern das Kriegsmaterial ausschlaggebend sei und daß ein Jahr ausreiche, um den Mann zum feldttichtigen Soldaten auszubilden. „Unser erschöpftes Land", sagt einer der Generale, „hat nicht mehr die Mittel sich eine Luxusarmee zu halten und die 2>L Mill. junger Leute, die uns heute fehlen, können auf allen Gebieten der Erzeugung und des Erwerbs durch Jungmannschasten ersetzt werden, deren Zeit nicht in den Kasernen verbracht werden darf."
Das Schreckensregiment in Rußland.
London, 3. Nov. Aus Stockholm melden die „Times", daß die neuesten Berichte aus Rußland umfangreiche Verhaftungen und Hinrichtungen melden. Die -Spezialkommissare, die mit der Untersuchung der antibolschewistischen Organisation betraut sind, haben bereits 18 00g Verhaftungen vorgenommen. Alle Kommunisten sind bei der politischen Polizei untergebracht.
Niederlage Wrangels.
KonstantinsPel, 3. Nov. Wrangel zieht sich zurück und zwar hinter die Perekowlinic. Am Mittwoch dürste der Rück- Mg erfolgt sein. Seine Divisionen haben schwere Verluste erlitten. Die angreifende bolschewistische Armee dürste etwa 140 000 Mann zählen.
8«s dem Haag, 3. Nov. Die gesamte politische Presse kommentiert die Nachrichten über Wrangel. Die Blätter äußern übereinstimmend die Nachricht, daß eine völlige Vernichtung des Wrangelheeres vorliege. Nur wenige optimistische Blätter weisen darauf hin, daß cs Wrangel bei seinem Rückzug immerhin gelungen sei, einen gewissen Teil seines Heeres zu retten.
Der Republikaner Harding gewählt.
Paris, 2. Nov. Wie die Agentur Havas berichtet, ist Senator Harding, der Kandidat der Republikaner, zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden.
Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.
Neuenbürg, 3. Nov. (Gemeinderatssitzung vom 2. November.) In Anwesenheit der Geistlichen beider Konfessionen werden zuerst Armensachen erledigt. Der Vorsitzende macht die Mitteilung, daß der hiesige Fußballverein von dem Reinertrag seiner Einnahmen am letzten Wettspiel 12 arme Haushaltungen mit je 1 Zentner Kartoffeln bedacht habe. — Ein hiesiger Deutschamerikaner, Herr Moll, z.'Zt. in Pforzheim, hat mit andern Neuenbürgern während des Krieges unter den Deutschamerikanern in Amerika für Neuenbürg Unterstützungsgelder gesammelt, welche früher durch den Unterstützungsausschuß für Kriegerfamilien verteilt worden sind. Der Vorsitzende spricht den Gebern und insbesondere Herrn Moll den Dank der Stadtgemeinde für ihre treue Anhänglichkeit aus.
Die evang. Kirchengemeinde sucht um einen Beitrag der bürgerlichen Gemeinde zur Neuanschaffung der Glocken nach und verweist darauf, daß nach einem Abkommen über die Ausscheidung des Stiftungsvermögens die bürgert. Gemeinde an den Kosten der Unterhaltung des Kirchturms, der Glocken und der Uhr zwei Drittel zu bezahlen habe. Die Kirchengemeinde will sich aber zunächst nicht auf diese Abmachung stützen, sondern bittet um einen Beitrag aus Billig- keitsgründen. Mit Rücksicht darauf, daß der Mangel der Glok- ken allgemein schmerzlich empfunden wird und die Glocken auch bürgerlichen Zwecken dienen, beschließt der Gemeinderat zwar eine rechtliche Verpflichtung für eine Kostenbeteiligung auf Grund der Stiftungsvermögens-Ausscheidungsakten nicht an- zuerkennen, dagegen aus Billigkeitsgründen einen Beitrag in Höhe von 10 OM Mark in Aussicht zu stellen und die Deckung dieses Betrags auf etwa 5 Jahre in den Voranschlägen der Stadt zu verteilen. Die evang. Kirchengemeinde wird weiterhin auf die private Mildtätigkeit angewiesen sein, da jetzt immerhin noch mindestens 30 OM Mark an dem erforderlichen Aufwand fehlen.
Wegen der durch die Anlage des Spielplatzes notwendig gewordenen Auswechslung von Talwiesen werden vom Gemeinderat die nötigen Verfügungen getroffen. Der sogen. Hummelacker beim Palmenhof und der aufgefüllte Teil der großen Wiese ist zur Neu-Verpachtung frei geworden. Der Gemeinderat beschließt diese Grundstücke in kleinere Abschnitte einzuteilen und zur gartenmäßigen Bearbeitung auf 5 Jahre an Haushaltungen, die keine eigenen oder keine Pachtgrundstücke haben, zu angemessenen Pachtpretsen abzugeben. Entsprechender Aufruf wird folgen.
Die Schafweide am oberen Tal soll wieder verpachtet werden. V
Von dem Angebot der Fleischversorgungsstelle wegen Einlegung einer Fleischreserve wird Gebrauch gemacht.
Der Gemeinde Waldrennach und der Firma Krauth u Co. wird in stets widerruflicher Weise gestattet, die durch den Straßenneubau in Mitleidenschaft gezogene Strecke des Fu ß- wegs Waldrennach-Rotenb ach durch den Stadtwald zu erneuern. Eine Verpflichtung oder eine Beteiligung der Stadtgemeinde an den Kosten der Herstellung wird abgelehnt, da die Genehmigung von der Stadt seinerzeit nur in stets widerruflicher Weise erteilt wurde und deshalb der Stadt aus dem Umstand, daß sie die Wegfläche für eigene Zwecke braucht, eine Ersatzverpflichtung nicht erwachsen kann, da außerdem der Fußweg ausschließlich den Interessen Waldrennachs und der dort wohnhaften in Rotenbach beschäftigten Arbeiter dient und die Stadtgemeinde Neuenbürg bei dem Straßenbau schon unverhältnismäßig hohe Opfer gebracht hat.
Die Stadtgemeinde beschließt den Beitritt zum württ. Städtetag.
Die Flaschnerarbeit an den Wohnungseinbauten der Stadt wird an die Flaschnerinnung vergeben, mit der Ab - fuhr von Aushub-Material am Mühle-Kanal der Fuhrwerksbesitzer W. Finkbeiner beauftragt.
Neuenbürg, 2. Nov. Der Geflügel- und Kanin- chenzüchterverein berief auf letzten Samstag bei Keck -. „Eintracht" eine Bersamnilung ein unter dem Vorsitz seines Vorstandes I. Klausel, deren Mittelpunkt die Besprechung einer zu haltenden Geflügelausstellung bildete. Der Vorschlag wurde einstimmig angenommen mit dem Ter- Mn a« 5. Dezember und eine rege Beteiligung zugesichert.
verbunden mit einem fachmännischen Vortrag. Die Zahl der Mitglieder ist auf über 100 gestiegen und erfreut sich steten Zuwachses, ein Zeichen, daß das Interesse für die Kleintierzucht durch die Not in der Ernährungsfrage stieg. Aus der Mittel der Versammlung wurde angeregt, eine An- und Verkaufstation zu gründen, was vom Vorstand bereitwilligst anerkannt und versprochen wurde, in die Hand zu nehmen. Leider ist die Beschaffung von Futtermitteln z. Zt. eine äußerst schwierige. Der Antrag des Landesverbandes an die Rcichs- getreidestelle zur Ucberweisung von Hafer an die Tierhalter wurde abschlägig abgewiesen; wir sind das bald gewohnt, so daß wir nicht sehr enttäuscht waren. Wir sind also nach wie vor darauf angewiesen, die Beschaffung von Futtermitteln ruf Umwegen zu besorgen, Wenns auch schwer fällt. Dagegen wandern unsre einheimischen Erträgnisse zu einem großen Teil ins Ausland, des goldenen Mammons wegen. Schreiber dieses war unlängst selbst Zeuge im Nagoldtal, wo Aufkäufer Linsen, Erbsen und Bohnen in jeder Menge zusammsnkaufen, um diese nach der Schweiz und Holland zu verschieben. Wenn wir an die Mehlverschiebung, die vor noch nicht langer Zeit von einer württembergischen Großfarmer und deren Beamte betrieben wurde, denken, müssen wir uns fragen, wie ist das möglich? Ist die Geldgier unter diesen Individuen soweit gediehen, das; sie ruhig ohne Mitgefühl ihren Nebenmenschen verhungern sehen können, wenn nur sie ihren Geldsack gefüllt haben. Hier gäbe es doch nur ein Mittel, wenn der Mut nicht fehlte „An die Wand", dann wollten wir sehen, ob diese Zustände nicht aufhören würden. Wir wissen, daß früher unser Beamtenapparat mustergültig war, heute, wo er zum Teil ums doppelte und dreifache vergrößert ist, haben wir Elemente, die zu solchen Mißständen helfen, sonst wäre eine solche Möglichkeit ausgeschlossen. Wie sieht es in unfern württembergi- schen Käsereien aus?! Es wird doch niemand so dumm sein, zu glauben, daß nur die Qualitätsware fabriziert wird, die uns von der Zwangsbewirtschaftung alle 4 Wochen hundert- grammweise zum Kauf angeboten wird. Vor kurzem habe ich mit angesehen, wie ein hies. Kaufmann einen Laib sog. Hartkäs von einem Ladentisch auf den andern legen wollte; er zerbrach ihm währenddessen in lauter Bröckel, die Benennung Käse ist hier nicht mehr angebracht. Statt dessen darf nichts herein. Eier lagerten millionenweise an der italienischen Grenze und warteten vergebens der Einfuhrgenehmigung, die hatten wir nicht mehr nötig, denn wir können die Unsrigen selbst nicht absetzen. Amerikanische Bäcker wollten unfern Bäkkern ein Liebeswerk erweisen, indem sie dem deutschen Kollegen amerik. Mehl zu verhältnismäßig billigen Preisen liefern wollten; es wurde nichts daraus, weil die Zwangswirtschaft ausgeschaltet werden sollte. Genau so mit dem Zucker, zu echt teuren Preisen als Auslandzucker massenhaft, dabei stammt er aus unfern Zuckerfabriken. Wir wissen doch, daß allein von unsrer Goldindustrie wie von anderen Branchen für Millionen und Milliarden, was ja begreiflich ist, ins Ausland verkauft werden. Ließe sich da kein Passus finden, das Reich begleicht damit die Waren und bedingt als Gegenleistung notwendige Nahrungsmittel außer Zigaretten und Schokolade, die überall massenhaft zu haben sind. Nur die Einfuhr von Lebensmitteln kann auf unsre einheimischen Preise drücken und Ausgleiche schaffen, die es ermöglichen, unser deutsches Volk lebensfähig zu erhalten, und dafür soll und muß gesorgt werden. K.
(M Feldremrach, 3. Nov. In dem „Eingesandt" vom 1. ds. Mts. im „Enztäler" Nr. 255 klagt eine Neuenbürger Stimme in beweglichen Worten über die schlechten Milchlieferungen der Bezirksgemeinden, insbesondere von Feldrennach, Pfinzweiler, Gräfenhausen und Dennach. Gleichzeitig ruft der Schreiber das sofortige Einschreiten der maßgebenden Behörden an. Denkt der liebenswürdige Einsender dabei auch wieder an Polizeiwehr? Nun steht zunächst fest, daß bis jetzt in Feldrennach 16, in Pfinzweiler 22 Stallungen an Maulund Klauenseuche geschlossen waren bezw. sind und daß un- abgekochte Milch überhaupt nicht aus unseren Orten ausge- führt werden sollte. Sodann besteht unter unseren Landwirten eine große Verärgerung darüber, daß ihnen, und im ganzen Bezirk nur den Bauern der Gemeinden Gräfenhausen und Feldrennach, die Zentrifugen seit Januar d. Js. geschlossen bleiben und sie daher nicht imstande sind, ihre eigene Milch im eigenen Betrieb rationell zu verwenden. Was aber dem Fasse den Boden ausschlägt ist die Tatsache, daß die Stadtgemeinde Neuenbürg nicht einmal den Versuch macht, ihrer angeblichen Milchnot selbst Herr zu Werden. In Neuenbürg sind viele und große Stallungen und auf ihrer Talmarkung wächst gutes und reichliches Futter. Die Stallungen stehen leer und das Futter wird verkauft. Wir raten der Stadtverwaltung wiederholt und dringend, sofort eigenes Milchvieh aufzustellen, um unabhängiger dazustehen und all' Fehl hat dann ein Ende, und der Schreiber des ominösen „Eingesandt" seine woh lverdiente Ruhe.
lieber den wilden Stoffhandrl.
Der wilde Stoffhandel versucht durch seine Ueberredungs- kunst schlechte Stoffe abzusetzen, da chm hierbei ein großer und leichter Verdienst sicher ist. Dem Käufer erscheint die angebotene Ware preiswert im, Vergleich'zu den guten Qualitäten, welche der ortsansässige Kaufmann oder Schneider zu verkaufen bestrebt ist weil diese doch ein großes Interesse daran haben, ihren Kundenkreis nicht nur zu erhalten, sondern nach Möglichkeit durch reelle und gute Bedienung zu erweitern. Der wilde Händler hat dieses Interesse nicht, er versucht von Tür zu Tür oder gar an der Arbeitsstätte seinen Schund „namenlos" zu verkaufen. Der Geprellte ist der Käufer, er ist sein schwerverdientes Geld leicht los geworden. Der Nichtfachmann kann heute nicht den Unterschied zwischen schlechter und guter Ware oder Farbe feststellen. Der Fabrikant fertigt solche Stoffe mit großer' Kunst an, so, haß der Käufer die zu den Stoffen verarbeiteten Kälberhaare, Torffasern oder Kunstwolle nicht heraussehen kann und sie für den Moment als Qualitätsware erscheinen. Ein Vertrauen zum Fachmann muß wiederkehren! Weist daher die Händler von Euch und geht zu den bekannten ortsansässigen Fachleuten, welche gerne mit Rat und Tat zur Verfügung stehen. Unterstützt keine Schieber und Steuerdrücke!. Verachtet die anscheinenden Wohltaten und dergl. Angebote, es verschenkt niemand etwas, und jene Ware, die sonst niemand kaust, versucht man auf diese Art an den Mann zu bringen, denn gerade diese Leute sind es, die im Frühjahr die Preise in die Höhe trieben und jetzt, nachdem sie für ihren Schund keinen ordnungsmäßigen Absatz mehr finden, ihn auf diese Art los zu bekommen suchen. Darum geht wieder zum reellen Geschäftsmann, denn dieser gibt auch Gewähr für gute Bedienung, nur dieser Hilst die Steuer zahlen, denn jeder Geschäftsmann ist heute in der Lage, Stoffe in guter Qualität in echter Farbe und zu normalen Preisen zu liefern.
I Württemberg.
Giesse» «. Br., 3. Nov. (Streit um daS Kriegerdenkmal; Wegen des Platzes für die Errichtung einer Kriegergedenkstätte sind zwischen dem Gemeinderat und der überwiegenden Mehrzahl der Angehörigen von Gefallenen Meinungsverschiedenheiten entstanden. Die Angehörigen erklärten, daß sie, faU ihren Wünschen nicht entsprochen werden könne, kein Interesse an der weiteren Behandlung der Kriegerdenkmalfrage mehr haben.
Gregliagen, 3. Nov. (Eine Fahrt mit Hindernissen). Der Nachmittags in Weikersheim abgehende Zug hielt kurz nach Verlassen der Station Schäftersheim auf freier Strecke an. Als man nach der Ursache sah, hatte man aus Versehen den Zugführer in Schäftersheim zurüügelassen. Nachdem dieser den Zug eingeholt hatte, ging es weiter. Zwischen Nöttingen und Biberehren hielt jedoch der Zug wieder auf freier Strecke. Diesmal hatte der Lokomotivführer während der eiligen Fahrt seine Mütze verloren.
Erbach bei Ulm, 3. Nov. (Praktische Gemeindepolitik.) An der Straße nach Donaurieden hat unter Inanspruchnahme des Baukostenzuschusses durch das Reich unsere Gemeinde drei Doppelwohnhäuser erbaut, die sechs Familien beherbergen. Der Hauptanteil kommt auf 25 000 Mark für den Erwerber. Die Handwerker fanden dabei lohnende Arbeit. Ferner hat sich in der Gemeinde eine Mühlengenossenschast gebildet, die die Riedmühle kaufte und neu einrichten ließ. Die Mittel dazu hat sie beim Ankauf und Weiterverkauf einer Mühle in Ochsenhausen verdient'.
R-rve»sburg, 3 Oktbr. (Bauerntag) Zwölf B-mum- tagungen will in den kommenden Wochen der LandwirtschM. Hauptvcrband für Württemberg und Hohenzollern im ganzen Land abhalten. Der Massenandrang zu der ersten Bauerntagung hier mag der Organisation und ihren Führern eine Anerkennung sein sür ihre bisherige Arbeit und ein Ansporn für die kommenden schwierigen Zeiten. Anstelle des verunglückten Rechnungsrats Wolfarth-Schussenried hatte Domänenpächter Hagmann-Ganterhof die Leitung der Versammlung. Oberbürgermeister Reichte entbot der Tagung namens der Stadt Ravensburg herzliches Willkommen. Den Geschäftsbericht des Landwirtschaft!. Hauptverbands erstattete Geschäftsführer Bräuninger-Stuttgart. Das Arbeitsfeld erstreckt sich auf 63 württembergische und 7 hohenzollerische Bezirksoereine mit zusammen 150 000 Mitgliedern. Eine seiner wichtigsten Funktionen liege in der Teilnahme an den Sitzungen im Ernährungsbeirat. Der Hauptverband habe es sich zur Aufgabe gemacht, hier die anderen Berufe über die Schwierigkeiten in der landwirtschaftlichen Produktion aufzuklären. Vor 1^ Jahren wurden uns die Preise noch von der Regierung diktiert, heute haben wir es wenigstens auf die Indexzahlen gebracht. Wir haben diese Forderung jahrelang gestellt und erst in letzter Zeit durchgedrückt. Wir haben ferner erreicht, daß derjenige Landwirt, der seiner Lieferungspflicht in Getreide nachgekommen ist, nicht mehr an den Mahlschein gebunden ist. Was die Viehpreise anlangt, so vertritt die Regierung gegenwärtig den Standpunkt, daß sie zurückgesetzt werden müssen. Es ist uns nicht möglich, auf eine derartige Forderung einru- gehen; der Schleichhandel würde stärker als je einsetzen. Wir haben deshalb diesen Antrag abgelehnt. Die Milchpreise machen uns selbst viel Kummer. Die eigenen Leute sind uns hin in den Rücken gefallen dadurch, daß sie die alten Preise beibehielten. Dies waren meist die Landwitte, die sich immer den Versammlungen fernhielten und schon jahrelang die Milch hinten herum verkauften. Jetzt verlangt man von uns, daß wir Produttionsberechnungen machen. Es hat sich auch gezeigt, daß gerade jene Landwirte, die so viel auf Schleichwegen verkaufen, behaupten, daß sie die Zwangswirtschaft nicht geniere. Nachdem wir nun die Preise haben, für die wir schon lange kämpften, ist es unsere Pflicht, daß wir getreu und gewissenhaft abliefern. Zu dem Unangenehmen, das der Hauptverband unseren Landwitten brachte, gehört der Lohntarif. Wir waren dazu gezwungen, da auch die Arbeitnehmer sich organisiert hatten. Es soll ein Gesetz geschaffen werden, nach dem der Landwirt nur die ihm vom Arbeitsamt zugewiesenen Dienstboten einstellen kann. Dieses Gesetz wird aber nicht durchführbar sein. Gutsbesitzer Mayer-Pommettsweiler hielt sodann einen Vortrag über die Stellung der Landwirtschaft im neuen Staat. Diplomlandwitt Hummer-Stuttgart über Düngung der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen und Beseitigung der Ernährungskrisis. Dann sprach Dr. Grammer- Rottweil über wittschastspolitische Tagesfragen. In der Aussprache kamen zum Wort der Präsident der Landwittschaftskammer, Mg. Adorno und der Zentrumsabgeordnete Lins, der an den Gemeinsinn der Bauern appellierte.
Baden.
St. Blasiert (b. Bernau), 2. Nov. In Bernau-Weierle brannte das Haus des Sestermachers Wilhelm Köpfer mit allen Fahrnissen und dem Viehbestand nieder. Die Leiche der tags zuvor verstorbenen Ehefrau wurde gleichfalls von deu Flammen verzehrt.
Konstanz, 2. Nov.- Eine fünfköpfige Diebes- und Hehler- gesellschast, bei der hauptsächlich die vielfach vorbestrafte, berüchtigte Familie Kaum in Rickelshausen beteiligt ist, hatte sich wegen schweren Diebstahls und Hehlerei vor der Strafkammer zu verantworten. Zwei der Diebe, Burschen im Atter von 17 und 19 Jahren, waren bei einem Landwitt eingebrochen und hatten 13 000 Mk. gestohlen. Die Beute wurde verteilt. Der Haupttäter, der Fabrikarbeiter Emil Kaum, erhielt 2 Jahre Gefängnis, die übrigen etwas geringere Strafen.
Heidelberg, 2. Nov. Vor einigen Monaten wurde hier der Direktor Heinrich Bartels von der Wach- und Schließgesellschaft „Reform", der in der Stadt durch großspuriges Auftreten Aufsehen erregt hatte, wegen Unterschlagung eines erheblichen Geldbettags verhaftet. Er war dann vorläufig ander Hast entlassen worden und hat nun in Göppingen an einem leitenden Posten bei einer Wach- und Schließgesellschast abermals Unterschlagungen begangen und zwar in Höhe von 18 000 Mark.
Heidelberg, 2. Nov. In einer der letzten stürmischen Nächte wurde in zwei bewohnte Villen der Weststadt eingebrochen. Die Mebe stahlen in der einen Villa Silbersachen, Schmuckgegenstände, und Wäsche im Gesamtbettage von 150 000 Mark und in der anderen Villa Wettgegenstände im Wert von 5000 Mark.
Mannheim, 2. Nov. Vor 14 Tagen war berichtet worden, daß sich zwei Personen über die Rheinbrücke in den Fluß gestürzt haben. Die beiden Personen sind nun geländet worden. Es handelt sich um den 20jährigen Spengler Heinrich Böhmer von Ludwigshafen und die 15jährige Dienstmagd Amalie Popp von Mannheim. Beide Leichen waren mit den Händen an-
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