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^ 291.

Neuenbürg, Samstag den 13. Dezember M9.

77. Jahrgang.

,(zweites Blatt.)

Bilanz über die Revolution und die Parteien.

Don Dr. Beißwänger, M. d. L.-D.

Gehalten in der Ortsgruppe der Württ. Bürgerpartei Neuendürg.

Einleitend gab Redner angesichts der leuchtenden Versamm­lung seinem Bedauern Ausdruck, Laß er nicht ein Thema angesagt habe, das mit Politik gar nichts zu tun hätte; wenn ihm die An­wesenden jedoch versprechen, das nächstemal ebenso zahlreich zu erscheinen, dann werde er einen Vortrag halten, über dessen In­halt sie innerlich wenigstens gehobener nach Hause gehen werden als heute. Politisch Lied ein garstig Lied, das gelle auch von dem heute zu berührenden Thema, das in manchem der Poesie entbehke. Er wolle versprechen, alles zu vermeiden, wodurch' auch politisch Andersdenkende in ihrem Empfinden getroffen werden. Die politischen Führer gleichen, den Wirten in der schönen Schweiz, welche ihr Hotel in den verlockendsten Farben preisen, wenn aber das Publikum, in diesem Falle die politisch Geführten, eine Zeit­lang darin wohnen, merken sie gar bald, daß sie vor einem falschen Hotel abstisgen. ^

Es wäre ihm garmcht eingefallen, über die Bilanz der Revo­lution zu sprechen, wenn nicht die politischen Führer der Revolution selbst dazu eingeladen hätten. Bei seinem letzten Hiersein habe er gesagt, man müsse der jetzigen Regierung, auch wenn man sie nicht von ganzem Herzen liebt, Zeit lassen, damit sie zeige, was sie leisten kann. Als die Revolution ausbrach, da habe die. neue Re­gierung versprochen- daß sie dem deutschen Volke drei Dinge brin­gen werde: Frieden, Freiheit und Brot. Und noch einige andere schöne Dinge habe diese neue Regierung sozusagen als Nachtisch beigelegt: es werde die Zeit anbrechen, wo zwar nicht das Himmel­reich nahe herbeikommen werde, aber doch so etwas wie allge­meine Völkerversöhnung und Völkerbund.

Wir Deutsche, die wir nun einmal von Hause aus Idealisten sind, wir dachten, warum sollte nicht schließlich einmal dieser poli­tische Traum der Menschheit von einem ewigen Frieden sich ver­wirklichen, wo die Völker ihre Schwerter in Pflugschare verwan­deln, wo nur noch ein Hirt und eine Herde sein werde. Aber wie es manchmal mit den Idealisten geht; sie stiegen iy ihrem Idealismus zu rasch, es geht ihnen wie Ikaros, der so rasch der Sonne zuflog und schließlich ins Meer stürzte und ertrank. So ist es auch unserem armen, enttäuschten deutschen Volke leider dies­mal gegangen. Ich betone ausdrücklich, ich sehe die Leute, die heute in der Regie-ung sitzen, nicht für unedle Menschen an, aber auch da sind manche darunter, die Idealisten sind und glaubten, was die Feinde sagten. Vom Politiker muß man jedoch ver­langen, daß er sich daran gewöhnt mehr Wirklichkeitssinn aufzu­bringen. Aber wenn ein solcher Politiker sich so täuscht und dem Volkesagt, glaubt an Wilson, er ist der ehrlichste Idealist, er wird sein Wort in die Tat umsetzen, dann ist in meinen Äugen sein Ruhm als Politiker dahin.

Wie ist es nun mit diesem Frieden nach außen hin? In einem Berliner Hotel habe er, Redner, den von der Entente dorthin beor­derten französischen General beobachtet, wie er mit der vornehmen, kühlen Reserviertheit, aber auch mit einer verächtlichen Miene auf das sich in diesem Hotel bewegende deutsche Publikum herabschaute. Es habe diesem so recht die Souveränität des Siegers aus den Augen geschaut, der es nicht über sich brachte, mit der deutschen Regierung, die nur einige Häuser davon entfernt sei, mündlich zu verkehren. Ein anderes. Wenn man die Blätter heute liest, dann weiß man, daß Frankreich bereits wieder mit dem Vormarsch droht. Warum denn nicht? Die Deutschen haben sich ja völlig in die Hand des Feindes gegeben! Und die Feinde sikch so . kühle Rechner, sie setzten Len Friedensvertrag so auf, um die Schraube ohne Ende anzusetzen, wo und wann es ihnen paßt. Wir werden auch nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages niemals Frie­den haben und da sie nach diesem Friedensvertrag 15 Jahre lang unsere Grenzen besetzt halten, können sie nach Belieben jeden Tag mit dem Einmarsch drohen, drohen dem deutschen Volke, vor dem sie einst und jetzt noch so sehr Furcht haben, dem deutschen Volke, das einst, wenn auch leider nicht geliebt, Loch so sehr geachtet in der Welt dastand. In einem Stuttgarter Hotel saßen jüngst einige Studenten in Couleur und Mütze. Den dort anwesenden fran­zösischen Offizieren paßte das nicht. Einer derselben forderte die Studenten auf, die Mützen abzunehmen, die Studenten verweiger­ten dies. Da kam der Hotel-Inhaber und ersuchte sie, die Mütze abzunehmen oder das Lokal zu verlassen. Man muß die Selbst­beherrschung der Studenten bewundern, daß sie nicht zu Fünf­hundert mit Verbindungsabzeichen in das Lokal hineinsaßen in Gegenwart der Französlinge, die Forderungen in fremdem Lande stellen, welche nicht im Friedensvertrag stehen. In den nächsten Tagen wird man in Stuttgart wie in anderen süddeutschen Städten die französische Ueberwachungskommission und -Truppen bekom­men, ungefähr 200 Leute. Man wird sie in den eilten Hotels unterbringen, das schönste Gymnasium zur Verfügung Zellen, und die württembergische Regierung wird nichts anderes tun können, als dafür sorgen, daß die Herren sich wenigstens in «Stuttgart be­haglich fühlen. Sie werden auch nicht nach unseren Brot- und Fleischmarken leben, wiewohl zu wünschen wäre, daß sie das tun müßten, weil sie schon so sehr Sehnsucht darnach haben, in Deutschland 15 Jahre zu weilen.

Er wolle nicht fortfahren, wie dieser äußere Friede nun aus­gefallen ist, sondern einen ganz unverdächtigen Zeugen aus dem sozialistischen Lager, Heinrich Kuno, nennen, welcher sagte:Dieser Friede wäre eine Illusion, der Deutschland zum Opfer gefallen ist " Der Glaube an die westlichen Demokratien Hobe sich als ein Trug­gebilde erwiesen. Wilson sagte, wenn ihr euer schönes Haus

zusammengeschlagen habt, das Haus, welches Bismarck einst so kraftvoll gebaut, euer scharfes Schwert zerbrochen, vor dem die Weit einst 'zitterte und den verfluchten Hohenzollern zum Teufel gejagt habt, dafür die westlichen Staatsformen euch zum Muster genommen habt, dann kommt der Friede, in dem es weder Sieger noch Besiegte gibt. Und die meisten haben geglaubt, wenn wir die demokratische Staatsform angenommen haben, dann würde es nicht mehr fehlen.Dieser Glaube", sagte der sozialdemokratische Zeuge,ist schon durch die Waffenstillstandsbedingungen widerlegt worden." Man hat noch auf die Friedensbedingungen gehofft, auf Weltrevolution und Völkerbund, schöne Illusionen, die noch in einem großen Teil unserer Parteipresse sich breit machen und teil­weise geglaubt werden. Die Friedensbedingungen sind schlimmer ausgefallen als man fürchtete; sie haben zu einer Knechtung und Versklavung geführt, für die es keine Bezeichnung gibt. Wir im Lande fühlen weniger von all diesen üblen Dingen, und mancher, der etwas robustere Nerven hat, wird zunächst auch innerlich nicht so sehr davon berührt werden. Aber es gibt auch Deutsche, die fühlen diesen Frieden am eigenen Leibe, und das sind, unsere deut­schen Brüder in den besetzten Gebieten, die 15 Jahre unter der Knute der Franzosen leben müssen. Redner führt krasse Bei­spiele an über die allem Recht und Gesetz hohnsprechende brutale und rücksichtslose Gewalt, wie sie von den Franzosen in diesen Gebieten ausgeübt wird.

Und wie sieht der Fried.e nach innen aus? Nicht zu reden vom Bruderkrieg, von Straßenschlachten, die da und dort statt­fanden. Wir im guten Württemberg haben nicht einmal alles er­fahren, auch keinen richtigen Ueberblick, wie groß der Millionen­schaden ist, der durch die Revolution angerichtet wurde. Wir wissen nur, -daß es am Gedenktag der Revolution da und dort stark ge- pfupfert hat, und wenn auch die Regierung sich vorsah, es ist viel­leicht nicht so ganz zufällig, daß die Verkehrssperre o dringlich ge­worden ist. Die Verschleuderung von Heeresgut, Veruntreuung öffentlicher Gelder, über die man keine Belege erhielt, über die vielen Millionen, welche die Soldatenräte brauchten, ohne Rech­nung abzulegen, die Streiks, Lohnerpressungen und wie' im- Zu­sammenhang damit die Schraube der allgemeinen Preissteigerun­gen sich immer mehr dreht, die Lage unserer Finanzen in Reich, Staat und Gemeinden, all das bietet wenig erfreuliche Aussichten. Äm Ende dieses Rechnungsjahres werden wir 212 Milliarden Schulden haben; während sich die Ausgaben im Krieg auf rund 40 Milliarden beliefen, haben wir im sog. Friedensjahr 48 Mil­liarden Ausgaben. Dabei hat man während des Krieges nicht genug schelten können über. Lebensmittelämter und Nrlegsgesell- schaften. Die Regierung hätte sich kein größeres Verdienst erwer­ben können, wenn sie mit eisernem Besen all das an Kriegsgesell­schaften wegfegte, was nicht absolut nötig war, statt dessen bestehen diese Kriegsgesellschaften weiter, und ihre Leiter beziehen Gehalte von 3035 000 Mark und noch mehr. Und von 'Namen wie Isaak, Kahn und Kohn, Silberstein, Oppenheimer uno anderen Helmern wimmelt es nur so. Die Lebensmittelämter existieren heute noch mit einem noch größeren Beamtenapparat, der Millio­nen verschlingt. Und wenn man ein Mann von guter politischer Gesinnung ist, wird es einem außerordentlich schwer heute, eine nette Regierungsstelle zu bekommen. Alles ist heute sozialisiert und zwangsbewirtschaftet. Wir haben Kohlenkommissionen und Kohlenämter in Hülle und Fülle, aber keine Kohlen, eine Reichs­futterstelle und doch kein Futter für die Tiere, Obst- und Ge­müsestellen, aber trotz des reichen Erntesegens hat mancher säst kein Obst bekommen, wir haben ferner eine Reichswollestelle und viele Leute haben keine Strümpfe, Kartoffelämter aber keine Kartoffeln, Eierstellen aber keine Eier u. s. f. In mancher Hinsicht ist es besser geworden, aber es ist zu bedenken, wir müssen es um ein Sündengeld kaufen. Unsere Valuta ist fast auf dem Nullpunkt angelangt; es gab Tage- wo man die Mark gar nicht anbringen konnte. W'r werden in: Frühjahr eine Hungersnot haben, wenn nicht damit Schluß gemacht wird, daß ungeheuere Mengen von Getreide ins Ausland verschoben werden, wenn nicht die Regierung bald das Wort beherzigt:Landgraf werde hart!"

Redner kommt auf die Sozialisierung und die Betriebsräte zu sprechen, und er fragt, wohin das führen soll, wenn so, wie in den letzten Monaten geschehen, der Industrie die Axt an die Wurzel gelegt wird. Wenn es Sozialdemokratie und Unabhängige fecrig brächten, dann würden nicht bloß die Bergwerke und Wasserkräfte sozialisiert, neben der gesamten Industrie kämen auch die Llpothe- ken, sowie eine große Zahl anderer Betriebe daran. Daß Apo­theken nicht von heute aus morgen soizalisiert werden können, habe sich bereits praktisch gezeigt In Berlm haben die Unabhängigen die Bäcker, Metzger und die Lebensmittelbetriebe sozialisiert. Wo­hin das aber schließlich führt, sehe man in Rußland, wo alles zugrunde ging, dort habe man in verschiedenen Städten auch noch die Frauen sozialisiert. Zuletzt sah man auch dort ein, Laß es so nicht weiter ging, und man holte die alten Direktoren wieder zurück und bat sie, sie möchten doch die Betriebe wieder testen. Wohin soll es künftig kommen, wenn die Betriebsrätevorlage Gesetz werden soll. Im vorberatenden Ausschuß ging die Vorlage durch, das Zentrum gab nach und die Demokratie mußte sich entschließen, ihre Zustimmung zu geben; wenn es im Plenum der Nationalver­sammlung durchgeht, dann wird das, wie ein Industrieller von Namen sagt, für viele Industr'ieen den Tod bedeuten. Wenn einer bisher ein gutes Geschäft hatte und nun kommen die Arbeiter und d'e Betriebsräte und treffen Verfügungen und Bestimmungen, die mit einem geordneten Weitrrbetrieb nicht im Einklang stehen, dann ist das zum Nachteil für d'esen Betrieb. ' Oder wenn sie Einblick 'n die Bilanzen erhalten, werden die Massen, dis nur vom Ver­teilen träumen, nicht auch vom Zurücklegen für weniger günstige Zeiten, wo aus sieben fruchtbare Jahre auch stoben unfruchtbare

Jahre folgen können, die von der Teilnahme an Verlusten nichts

wissen wollen, in finanzieller Beziehung den Betrieben nicht nütz­lich sein. Wer es kann auch bei aller Anerkennung des guten Willens der Betriebsräte unter diesen einen Verräter geben, der das Geheimnis der Fabrik an die ausländische Konkurrenz um Millionen preisgibt; dann ist eine große Industrie erledigt. Wo­hin sollen wir aber kommen, wenn unsere Industrien nicht mehr lebensfähig sind, oder wenn durch den Eintritt der Betriebsräte die tüchtigsten Techniker und Kaufleute, müde der fortgesetzten Scherereien, den deutschen Staub von den Füßen schütteln und ihre Kräfte im Ausland, drüben in Amerika, der Konkurrenz zur Ver­fügung stellen und uns schärfste Konkurrenz machen? Dann wer­den auch die Arbeiter unter den vermeintlichen Segnungen dieser neuen Einrichtung leiden müssen und, allerdings zu spät, zu ihrem eigenen Nachteil erfahren, daß alles eben seine zwei Seiten hat.

Im neuen deutschen Wahlrecht, dem freiesten der ganzen Welt, wie man es täglich hören kann, seien dem deutschen Volke große Rechte in die Hände gegeben worden, aber die Vorgänge im ge­samten Wirtschaftsleben zeigen, daß mit der dem Volk gegebenen Freiheit vielseitig größter Mißbrauch getrieben wird. Es gebe heute schon recht viele Leute gerade in -den Volkskreisen, welche durch die Revolution befreit werden sollten, die reail gerne auf etwas Freiheit verzichten würden. Was die sog. Pressefreiheit be­treffe, so könne mit Recht gesagt werden, daß derVorwärts" unter dem alten Regime nicht so oft verboten wurde, wie unter der neuen Aera rechtsstehende Zeitungen. Es gebe so mancherlei Frei­heit, aber volle Freiheit genießen eigentlich nur die Diebe, Wu­cherer, Schieber und ähnliche große Spitzbuben, anständige Men­schen haben äußerst wenig Freiheit. Ängesichts des geistigen und moralischen Tiefstandes, in dem sich weite Kreise des deutschen Volkes befinden, möchte man die Frage aufwerfen: Was hat in der Richtung die Regierung geleistet? Und die Antwort laute: Gar nichts. Die Regierung habe wohl große Reformpläne, aber diese großartigen Pläne lassen sich nicht realisieren und zwar aus dem einfachen Grunde, weil uns dazu das Geld fehlt. Er, Redner, sei aus gewissen Gründen kein Freund derFrankfurter Zeitung", aber einmal, am 9. November, sprach diese doch ein wahres Wort, als sie schrieb, daß wir nämlich in allen Dingen bis zum Halse in einem Sumpfe stecken.

Zur Schuldsrage bemerkte Redner, - es die größte Selbst­entmannung und die größte Schmach sei, wenn wir uns den An­schein gäben, als ob das die wichtigste Frage wäre, festzustellen, ob wir wirklich am Kriege allein schuldig seien. Diele Sozialdemo­kraten sagen, daß an dem Kriege einzig die rechtsstehenden Leute schuldig sind. Im Interesse der Wahrheit liegt es, festzustellen ob und inwieweit diese Beschuldigung zutrifft. Eines ist aber sicher, die Regierung muß eine Macht haben, wenn sie etwas erreichen will, und das hat unsere frühere Regierung nicht gehabt. Wir mögen den Franzosen Clemenceau hassen und ihm fluchen, aber für sein Volk war er ein zweiter Bismarck, der es mit mächtiger Hand in der Stunde der Gefahr aufriß und ihm vollends zum Siege verhalf. Solche Männer haben wir vor und während des großen Krieges, ja seit Bismarck nicht gehabt. Bethmänn Hollweg war ein guter Verwaltungsmann, aber ein Mann der Kraft und der Klugheit war er nicht. Er hätte sonst nicht zulassen dürfen, daß Scheidemann immer mehr die Macht in die Hände bekam. Auch als in der Heimat 500 000 Deserteure frei herumliefen, hat er nicht schärfer zugegriffen.(Schluß folgt.)

Vermischtes.

Von der bayerischen Grenze, 12. Dez. In Gesseltshausen wurde ein Latrinenwagen angehalten und untersucht. Man fand darin in Säcken verpackt, eine ganze geschlachtete Kuh. Die Gendarmerie stellte fest, daß der Besitzer des Wagens diesen bei der Fahrt in die Stadt als Beförderungsgelegenheit für Fleisch, bei der Rück­fahrt als Latrinenfaß benützte.

Berlin, 12. Dez. In Gransee in der Mark, ist der Abdeckerei­besitzer Koller mit seiner Frau und seiner erwachsenen Tochter in seinem etwa 25 Minuten von der Stadt entfernten Gehöft von un­bekannten Tätern ermordet und aller Wertsachen beraubt worden.

Ein Kapitel zu den Lederpreisen. In einer Versammlung der Schuhmacherme'ster des Zittauer Bezirks teilte der Obermeister Ängsten über die Ursachen des Ledermangels u. a. mit: Das Le­der wird von Woche zu Woche knapper, weil die Regierung große Posten cmsgesührt hat, so z. B. allein im Juli 700 000 Quadrat­fuß Boxgalf. Diese Menge Hätte zur Herstellung von 233 000 Paar Herren- und Damenstiefeln ausgereicht. Weiler sind im August 200 000 Zentner Sohlenleder an Belgien und England verkauft worden. Es gibt in Deutschland etwa 230 000 selbstän­dige Schuhmacher. Somit wurde jedem Meister fast 1 Zentner Sohlenleder entzogen, und zwar zu einer Zeit, als das Leder noch die Halste des heutigen Prcftes kostete Kein Wunder, daß man legt in Stuttgart für Sohlen und Flecken von einem Paar Stiesel 33 Mark, für das Richlen von Absätzen 8 Mark bezahlen muß.

Weltuntergang am 14. Dezember? Den Amerikanern ist es Vorbehalten, einen neuen großenWeltuntergang" zu prophezeien; es wird nicht ganz so schlimm werden, und nach den Ermittelun­gen des amerikanischen Astronomen Professor Posta von der Mi­chigan-Sternwarte dürfte unsere Mutter Erde mit einem tüchti­gen Schnupfen davonkommen. Er hat festgestellt, daß die Kon­junkturen von Merkur, Venus, Mars, Neptun, Jupiter nd Saturn Mitte Dezember heftige atmosphärische Störungen Hervorrufen werden. Er erwarte am 14. Dezember riesige Sonnenflecke und heftige Gewitterstöße, sonne Erdbeben, vulkanische Ausbrüche, Ueberschwemmungen und eine große Kälte, die mehrere Wochen anhalten dürfte.