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^ 165. Amts- und AuzeigeSlaLt für den Bezirk Hakw. 7S. Ighrgavg.
Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Dienstag, den 18. Oktober 1904.
Abonnementlpr. In l». Stadt pr. Biertelj. MI. 1.10 tncl. LrLgerl. BierteljLhrl. PostbeGuzdpret» ohne vestellg. f. d. OrtS- u. Nachbar- ort»verkehr 1 MI., f. d. sonst. Berlehr MI. 1.10, Bestellgeld W Psg.
Sagesnenigkeiten.
^Amtliches aus dem Staatsanzeiger.j Se. König!. Majestät haben allergnädigst geruht, die evangelische Pfarrei Schalk st etten, Dekanats Geislingen, dem zweiten Stadtpfarrer Dierolf in Liebenzell, Dekanats Calw, zu übertragen. .r's
-- Monakam. Am Kirchweihsonntag fand die Einweihung des im Laufe des Sommers renovierten hiesigen Kirchleins unter zahlreicher Beteiligung auch auswärtiger Gäste statt. Das Weihegebet sprach Pfarrer a. D. Blumhardt, die Festpredigt hielt der Ortsgeistliche Stadtpfarrer Dierolf von Liebenzell. Die Renovation hatte unter der Leitung von Bezirksbauinspektor Bret- schneider in Calw stattgefunden. Als besonderen Schmuck hat das Kirchlein eine prächtig geschnitzte Kanzel, Altar und Taufstein von dem Landtagsabgeordneten Christoph Blumhardt in Bad Voll erhalten. Die Gegenstände, früher in Voll benützt, bilden zugleich eine erfreuliche Erinnerung an das einstige Wirken des ff Pfarrers Blumhardt im benachbarten Möttlingen. Das Kirchlein, das schon vorher um seines schönen, aus dem Jahr 1495 stammenden Altarschretnes willen und wegen des von Ihren König!. Hoheiten dem Kronprinzen Karl und der Kronprinzessin Olga gestifteten Crucifixes eine Sehenswürdigkeit war, ist dadurch noch mehr zu einem Anziehungspunkt geworden. Eine gesellige Nachfeier gab der Freude über die Vollendung der Renovation und über die hochherzige Blumhardt'sche Stiftung angemessenen und lebhaften Ausdruck.^-
Stuttgart, 15. Okt. Zu dem Brand im Modewarengeschäft von Albert Mann in der Königstraße ist nachzutragen: Die Dampfspritze
trat jmorgens 6 Uhr außer Tätigkeit, nachdem die Hauptgefahr vorüber war. Wegen des ungeheuren Rauches konnte nur ein mit einer Rauchmaske ausgerüsteter Feuerwehrmann in die unteren Räume eindringen, wo ca. 200 Zentner Anthrazitkohlen vom Feuer verzehrt wurden. Um den Rauch aus dem Hause selbst zu entfernen, mußten 2 Löcher in die Wand geschagen werden, da das ganze Treppenhaus wegen der riesigen Rauchentwicklung unpassierbar war. Ueber die Entstehungsursache ist bis jetzt nichts zuverlässiges zu erfahren. Wie man hört, soll kurz vor Ausbruch des Brandes ein Dienstmädchen im Keller gewesen sein, um Kohlen zu holen.
Stuttgart, 15. Okt. Gestern vormittag brachte ein Schreiner in seinem Arbeitslokal in der Lindenspürstraße beide Hände in eine Hobelmaschine, wodurch ihm mehrere Finger weggerissen wurden. Der Verunglückte wurde mittels Tragbahre ins nahe Ludwigsspital verbracht. In einem Garten am Mühlbergweg beschäftigten sich gestern nachmittag ein elf- und ein achtjähr. Knabe versuchsweise mit Grasmähen. Dem achtjährigen wurde dabei mit der Sense am linken Fuß eine Sehne durchschnitten, so daß er in die Olgaheilanstalt verbracht werden mußte.
Stuttgart, 16. Okt. Der württembergische Gauverband des Alldeutschen Verbandes hielt am heutigen Tage in hiesiger Stadt seinen 3. Gautag ab. Zu den Verhandlungen, die im Stadtgarten stattfanden, hatten sich aus allen Teilen des Landes zahlreiche Vertreter der einzelnen Ortsgruppen eingefunden. Nach Erledigung der ziemlich umfangreichen Tagesordnung, die zum großen Teile Gauangelegenheiten betraf, hielt Hr. Professor vr. Meltzer-Cannstatt einen Vortrag über „Der All
deutsche Gedanke und die Schule", in dem wichtige Erziehungsprobleme erörtert und vertreten wurden. Später sprach Generalleutnant z. D. v. Lieb ert in öffentlicher Sitzung über „Die deutschen Kolonien im Jahre 1904." Hatte der Redner in seinem gestrigen Vortrage im „Kriegermuseum" speziell Deutsch- Ostafrika behandelt, so verbreitete er sich heute über den Stand unserer gesamten Kolonien. Wiederum erwies er sich als interessanter Redner und ausgezeichneter Kolonialkenner. Südwestafrika mache auf den Besucher des Landes zunächst keinen günstigen Eindruck. Die Landung mache infolge der starken Brandung große Schwierigkeiten und habe man diese glücklich überstanden, dann müsse man einen ca. 150 km breiten Sandgürtel durchqueren, ehe man in die Grassteppe komme, die den weitaus größten Teil des Landes bilde. Doch auch die Steppe berge zahlreiche Fährnisse, deren unangenehmste der große Wassermangel sei. Es frage sich nun, ob unter diesen Umständen es sich lohne, die Kolonie dauernd zu behaupten und wegen ihr Kriege wie den gegenwärtigen zu führen. Er könne diese Frage mit gutem Gewissen bejahen, denn Deutsch-Südwestafrika sei für uns von besonderem Werte, einmal ob seines Mineralienreichtums, namentlich an Kupfer und des weiteren, weil es wegen seines auch für Europäer erträglichen Klimas unsere einzige Kolonie sei, die sich für die Ansiedlung deutscher Auswanderer in größerem Maßstabe eigne. Der Ackerbau zwar werde das Land nicht reich machen, hauptsächlich wegen der Konkurrenz des argentinischen Getreides, dagegen habe man mit der Viehzucht und besonders mit der Schafzucht bereits sehr gute Erfolge erzielt. Die Tatsache, daß der Aufstand der Herero den leitenden Männern völlig
F ^I l ill e t öir. Nachdruck verboten.
Nachbarskinder.
Roman von B. v. d. Lancke n.
(Fortsetzung.)
Dorothee war so viel allein, sie hatte niemanden, mit dem sie von „zu Hause" und von dem Vater reden konnte, und Stephan fühlte, daß ei ihr wehe tat, wenn Maxwell so gar nicht auf ihre Interessen einging.
„Armes, kleines Ding", sagte er halblaut vor sich hin. „Sie ist keine Frau, mit der er glänzen kann."
Und unwillkürlich stieg dann neben der feinen, zierlichen Frauengestalt Dorothees ein anderes Bild vor seinem geistigen Auge empor — Sidonie. Sie war und blieb für ihn das Ideal der Schönheit, aber die Verkörperung dessen, als die sie ihm einst erschienen war, die Verkörperung der liebenswürdigen, liebenswerten Frau, das war sie nicht mehr. Er atmete wie erlöst auf, als er sich dieser Erkenntnis bewußt wurde, und je mehr sich dieses Bewußtsein in ihm Bahn brach, desto mehr faßte er den Entschluß, ihre Nähe zu meiden. Eie mußte daraus am sichersten ersehen, daß er sie nicht zu fliehen brauchte, um sich die Ruhe seines Herzens zu erhalten.
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* *
Die HeSkampschen Gesellschaftsräume strahlten im Glanz deS elektrischen Lichtes, und im Saale erwartet« das Ehepaar die Gäste.
Sidonie konnte einer leidenschaftlichen Unruhe sticht Herr werde», ihre Wangen waren lebhaft gerötet, und ihre schönen Augen leuchteten.
„Sidonie, du bist heute abend ganz besonders schön, schöner fast, als je
züvor", sagte Heskamp, dessen Augen schon seit einigen Minuten der eleganten Gestalt folgten, „aber von einer fast beängstigenden Nervosität; bitte, setz- dich doch nur einen Augenblick."
Sie antwortete nicht und fuhr fort, rastlos über das glänzende Parkett hin und her zu schreiten, hier eine Vase, dort einen Sessel, bald dies, bald jenes gerade rückend.
„Sidonie komm einmal her", begann HeSkamp nach ein paar Minuten wieder; sie war gerade in seiner Nähe und trat an ihn heran.
„Was willst du denn Georg?" fragte sie, mühsam beherrschte Ungeduld im Tone.
„Dir einen Kuß geben, meine schöne Frau." Er ergriff ihre Hände und zog ihren Oberkörper zu sich herab: sie sträubte sich nicht, aber sie ließ seine Liebkosungen über sich ergehen wie etwas ihr vollständig GleichgiltigeS, etwas, was sie duldete, wzil.sie es ihm eben nicht wehren konnte. Als er sie aber auf seine Kniee zirMii wollte, machte sie sich mit einer fast heftigen Bewegung von ihm frei.
„So laß doch die Narrheiten, Georg, wir sind doch nicht mehr in den Flitterwochen und in einander verliebt wie junge Leute".
„Ich in dich? Doch, Sidonie, ich bin »och just so verliebt, aber du, nein du bist eS nicht mehr", setzte er mit treuherziger Ehrlichkeit hinzu. „Aber einmal bist du eS auch gewesen, nicht wahr, Schatz, sonst hättest du mich doch nicht genommen. Was?"
Seine runden, wasserblauen Augen suchten das geliebte Antlitz, suchten darin nach einem Schimmer von Gefühl, aber er fand nicht». Enttäuscht stand er auf und machte sich im Salon zu schaffen, während Sidonie, die ihn ganz vergessen, nervös auf und ab ging.