Aufruf der WurtteMMe« Mgerpmei
Deutsche Männer! Deutsche Trauen!
Des Vaterlandes heilige Not pocht an unsere Herzen und rüttelt an unserem Gewissen. Unser stolzesHdeutsches Reich, das Lebenswerk unseres Bismarck, ist zertrümmern. Unordnung, Klassenherrschaft und Gewalt triumphieren. Das Gebot der Stunde war der Zusammenschluß des gesamten deutschen Bürgertums. Die Demokratie hat ihn verweigert. Nun soll^sich die Sammlung des Bürgertums unter der Fahne der Württembergischen Bürgerpartei vollziehen.
Unter dieser Fahne sammelt euch! Stehet auf! Einiget euch!
Lasset uns die alten guten Bürgertugenden verteidigen, ein lebensvolles Christentum wahren! Haltet hoch die heiligen Güter der Ordnung und Freiheit, der Wahrheit und Gerechtigkeit! Hütet deutschen Geist und deutsche Art!
J'm Glauben an des deutschen Volkes Zukunft wollen wir aus dem Jammer der Gegenwart unser geliebtes Vaterland zu besseren Zeiten herausiühren und kraftvoll arbeiten an seinem Wiederaufbau, furchtlos und treu!
Die Ziele, die w'r erstreben, sind im einzelnen folgende:
!. Verfassungs- uud uuswärtige Politik.
Wir fordern eine geordnete, starke und gesicherte Staatsregierung im Land und im Reich; sie ist die notwendige Voraussetzung für den politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau. Wir sind bereit, auf dem Boden jeder Staatsform mitzuwirken, in der Recht und Ordnung herrschen.
Wir weisen jede Diktatur oder Bevorzugung einer einzelnen Volksklasfe zurück und wollen alle Bürger und Stände gleichmäßig an der Gesetzgebung und Vollziehung beteiligen.
Wir vertreten mit Entschiedenheit den Reichsgedanken, wollen aber die Selbständigkeit und Leistungsfähigkeit der Bundesstaaten und die Eigenart der deutschen Stämme erhalten. Wir erwarten, daß die Regierungen auf den baldigsten Abschluß eines Friedens hinwirken, der die Vereinigung aller deutschen Stämme im Verband des Reiches gewährleistet. Jeden Eingriff in die Selbstverwaltung der Gemeinden lehnen wir entschieden ab.
Wir unterstützen die vorläufigen Regierungen und fordern, daß mit der allergrößten Beschleunigung Landes- und Reichsverfammlung zusammentreten, um unabhängig über die Verfassung zu entscheiden und zu beschließen.
Wir treten jedem Internationalismus entgegen, der das Wohl des eigenen Volkes hintansetzt. Wir unterstützen jedoch das Bestreben nach Schaffung eines ehrlich gemeinten Völkerbundes unter der Voraussetzung, da-- er dem deutschen Volk volle wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungsfreiheit'wahrt. Gegenseitigkeit in der Behandlung und im Austausch der Kriegsgefangenen ist als wesentliche Voraussetzung eines
F„-d.»s d-r -»,us.r°i°n. 2, Wirtschafts- und Sozialpolitik.
Wir wollen jede ehrliche deutsche Arbeit in Stadt und Land schützen und den Aufstieg der Begabten and Tüchtigen aus allen Ständen mit allen Kräften fördern. Wir wollen den Bauernstand als den Jungbrunnen der deutschen Volkskraft und als die sicherste Quelle unserer Ernährung kräftig und gesund erhalten. Wir wollen uns mit aller Kraft des Handwerks wie des ganzen gewerblichen und kaufmännischen Mittelstandes annehmen, der im Krieg am schwersten mitgenommen und auch weiter durch die sozialistische Wirtschaftsordnung von der einen und durch das Großkapital von der anderen Seite bedroht ist.
Wir stehen auf dem Boden des Privateigentums und der Privatwirtschaft und lehnen bei allem Verständnis für soziale Bedürfnisse den Kommunismus ab. Wir erstreben den Abbau der Zwangswirtschaft und die baldige Beseitigung der Kriegsgesellschaften. Sollten an größeren Erwerbsunternehmungen, insbesondere an Privatmonopolen Reich, Staat und Gemeinde beteiligt werden, so treten wir dem nicht entgegen, sofern dabei die Tatkraft des Unternehmers nach Möglichkeit gewahrt und die Leistungsfähigkeit des Betriebes nicht herabgemindert wird.
Unsere Sozialpolitik wollen wir ausbauen; den Angestellten und Arbeitern soll das Koalitionsrecht gesichert werden. Der Kleinwohnungsbau ist mit allen Mitteln zu fördern. Der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen wollen wir uns mit allem Nachdruck annehmen. Eine Aufteilung geeigneten Großgrundbesitzes ist uns namentlich für die Kriegsteilnehmer zum Zweck kleinbäuerlicher Siedelung erwünscht. Enteignungen find nach den Grundsätzen gerechten Ausgleiches zu entschädigen.
Den Beamten samt den Offizieren und Unteroffizieren, den Geistlichen, Lehrern und staatlichen Angestellten und Arbeitern, sowie ihren Hinterbliebenen wollen wir ihre gesetzlichen Ansprüche und Anwartschaften unverkürzt erhalten. Ihr außerdienstliches Wirken, insbesondere in politischer Hinsicht, darf keinerlei obrigkeitlicher Beeinflussung unterliegen. Bei Besetzung der BeamtensteHen soll nur die Tüchtigkeit des einzelnen maßgebend und jede Parteipolitik und Vetternwirtschaft ausgeschaltet sein. Das Beamtenrecht und das Staatsarbeiterrecht sind in neuem Geiste zu gestalten.
3. Finanzpolitik.
Der unglückliche Ausgang des Krieges hat eine ungeheure, furchtbare Steigerung der Steuerlast zur Folge; sie muß sjetragen und zwischen Reich, Einzelstaaten und Gemeinden zweckmäßig ausgeglichen werden. Wir erstreben ihre gerechte, der Leistungsfähigkeit angepaßte Verteilung unter Berücksichtigung der Kinderzahl. Vor allem sind die Kriegsgewinne scharf zu erfassen; kleinbürgerliches Vermögen ist zu schonen. Der Verschleppung des Kapitals ins Ausland ist mit allen Mitteln vorzubeugen. In dem bäuerlichen Besitz, wie in dem werbenden und schaffenden Kapital in Industrie, Handel und Gewerbe sehen wir die Grundlage aller wirtschaftlichen Entwicklung; sie sind deshalb vor der Auslage unerträglicher Lasten zu schützen und für den Wettbewerb mit dem Ausland leistungsfähig zu erhalten.
Die indirekten Stenern, insbesondere auf entbehrliche Genußmittel, und die Ausgestaltung der Lurussteuern sind daher auch bei dem Ausbau der Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuern nicht zu entbehren.
Wir treten entgegen allen Bestrebungen, eine geordnete Finanzwirtschaft aufzuheben, insbesondere einer Entwertung der Kriegsanleihen und einer Beschlagnahme der Bankguthaben und Sparkasseneinlagen.
4. Kulturpolitik.
Die Freiheit der Person und der Meinungsäußerung, sowie die Freiheit der Wissenschaften sind verfassungsmäßig sestzulegen. Wir treten für die Gewissensfreiheit ein und verlangen, daß sich der Staat jedes Eingriffs ins kirchliche Leben enthalte; eine etwaige Ausscheidung des Kirchenvermögens soll in gerechter und wohlwollender Weise durchgesührt werden. Wir treten ein für zeitgemäße Fortentwicklung des Schulwesens.
Die sittlichen und religiösen Grundlagen unseres Volkslebens müssen erhalten bleiben; daher treten wir mit allem Nachdruck für die religiöse Erziehung der christlichen Jugend ein, ohne Gewissenszwang Andersdenkenden gegenüber, für den Schutz der Ehe und der Familie, für den Kampf gegen die sittliche Verwilderung des Volkes.
Die Mitarbeit der Frau im öffentlichen Leben, unter voller staatsbürgerlicher Gleichberechtigung halten wir für geboten.
Deutsche Marmor! Deutsche Krauen ! Wer unseres Sinnes, unseres Geistes ist, trete in unsere Reihen und melde sich als Mitglied bei einem von uns oder bei der Geschäftsstelle, Gymnafiumstraße 25 l, Stuttgart.
Zahlungen auf das Guthaben der Württemb. Bürgerpartei bei der Allgemeinen Rentenanstalt Stuttgart oder auf das Partei-Postscheckkonto Nr. 12340, Postscheckamt Stuttgart. Mitgliedbeittag nach Belieben, jedoch womöglich nicht unter 2 Mk. für die Familie.
Stuttgart, den 7. Dezember 1918.
Fr. O. Bader, Vors, des,Rabattsparvereins; Bazille, Oberamtmann; Schriftleiter Dr. Beißwänger; Paul Beck, Metzgermeister; Krau Klara Bnrkard» Schmid, Medizinalratsmitwe; Paul Brcuniuger, Fabrikant. Gemmrighcim; Dietrich, Rektor a D.; Dr. Etter, Rottmeil; Theodor Fischer, Tapeziermeister, Mitglied der Handwe-kskammer; Fleischhauer» Staatsminister a D.; Gerok, Amtsgerichtssekretär; Gauger, Dekan, Ludwigsburg; Frau Pfarrer Giese, Hauich. Schuhmachermeister: Heinrich Hettstodt, Eisenbahnschasfner a. D.; G. Heim. Bäcker; Hiller, Landtagsabgeordneter; Georg Huber, Schuhmacher- obermeister; Ernst Hornung, Gutspächter. Kleinbottwar; Hang, Berussgenossenschaftsbeamter; Fabrikant Keppler, Calmbach; Kern, Volksschulrektor: G. Kranz, Schreinermeister: Klein, Elsendahnvorarbeiter;.Pfarrer Krantz, Lütherstist; Heinrich Kran», Rechtsanwalt; Wilhelm Klemm, Weingärtner; Viktor Kurz, Kaulmann; Lorcher, städtischer Hausmeister: Mänlen» Rektor der Wilhelmsrealschule; Ehr. Mangold» Bäckermeister: Metzger, Prof., Ulm; Mosthaf, Staatsrat a D.; Heinrich Müller, Vorsitzender des württembergischen Bäckerinnungsvcrbandes; Dr. Piesbergen, Sanitäisrat; Eugen Rcmppis, Vorsitzender des württembergischen Bundes für Handel und Gewerbe; Roth, Rechtsanwalt. Landtagsabgeordneter, Leonberg; Rolhenburger, Eisenbahnsekrerär; Schnaufer» Stadtpfarrer, Eßlingen; Anna und Elise Schmid-Krüger; Schmidt, Staatsanwalt, zurzeit Hauptmann; Hans Schah, Bäckerobermeister. Cannstatt; Schaible, Landtagsabgeordneicr, Nagold; Schütz, Friseurobermeister; Obermedizinalrat Dr. Scheurlen; Pfarrer Schwarz, Gerlingen; Ströbel» Regierungsrat, Landtagsabgeordneter: Direktor Strebet, früher Hohenheim; Stoh, Musikdirektor; Heinrich Timmermann. Kaufmann; Theurer, Veterinärrat, Ludwigsburg: Graf Uexküll-Ghlleuband, Kirchheim; Bogt, Gochsen, Landtags- und Reichstagsabgeordner; Walter. Schultheiß, Weissach; Adelheid Wildermuth; Dr. Wurster, Profeffor, Tübingen; Weegmann, Forstmeister, Kirchheim; Dipl.-Jng. Prot. Weitbrecht, Gemeinderat. — Weitere Zustimmungserklärungen folgen.
Druck und Verlag der C. Meeh'ichen Buchdruckerei des Enztälers - Für die Schnstleitung verantwortlich D. Strom in Neuenbürg.