Zm Reformations-Gedenktag.
Luthers Lebeusiuerd». unsere Gegenmrl.
Wie wir den Hohenzollerngedenktag, die Erinnerung an ein für unser ganzes deutsches Sein hochwichtiges Ereignis, in aller Stille begehen mußten, so fällt auch der 400 Jahr-Gedenktag der Reformation in diese Kriegszeit und muß in anderer Form begangen werden, als es unter anders gearteten Verhältnissen geschehen wäre. Dies kann aber unserem Empfinden anläßlich der Erinnerungstage keinen Abbruch tun, im Gegenteil, in Drangsalen und Stürmen allen Aeußerlichkeiten abhold geworden, umso gefestigter dafür durch die Prüfung im Innern, begeht auch den Reformationsgedenktag unser deutsches Volk in jener stillen Jnsichgekehrt- heit, die gerade diesem Tag gegenüber am Platz ist. Reformation ? Luther? Was und wer sie gewesen, braucht es darüber vieler Worte? Gewiß nicht. Die Reformation, der große Reformator, ihr Ursprung, ihr Wollen und ihr Zweck waren die Ueber- zeugnng von Schäden der Zeit, der Wunsch, diese zu beheben und insbesondere das brennende Verlangen, werdender neuer Zeit in allem ein deutsches Gepräge zu geben. Daß sich solcher Glaube, solche Tat nur unter allergrößten Umwälzungen und schwersten Kämpfen durchsetzen konnten, liegt auf der Hand, handelte es sich doch um die Beseitigung liön uralt Hergebrachtem, um die Einführung von gänzlich Neuem. Und ebenso klar ist es, daß es, nachdem das Neue sich durchzusetzen und zu behaupten vermochte, ein ungeheures Maß von Vertrauen zu der guten Sache und in die gesunde Kraft des deutschen Volkes, wie auch ein unerschütterlicher Glaube an die Sendung des Reformators und seiner Gefolgschaft gewesen sein muß, die Luther und die Seinen nicht vor Acht und Scheiterhaufen, nicht vor Kerker und allen feindlichen Mächten erzittern, sondern ihre Kräfte, ihr Wollen an allen Widerständen nur noch wachsen ließ. Schon darin sehen wir in Luther den Deutschen, in seinem Werk die deutsche Tat uffd in seinem gewaltigen, trotzigen Ringen das Verwandte mit dem Heute. Denn war es nicht die Scheelsucht einer irre geleiteten Welt, gegen die wir im Sommer 1914 das Schwert ziehen mußten? Was kann es anders als im heiligen Zeichen des Gottesglaubens und des Glaubens an das Recht sein, daß wir dieser gegen uns erstandenen Welt von Feinden bis heute nicht nur trotzten; sondern sie sogar empfindlich zu züchtigen vermochten? Wehe uns, wäre dieser unser Glaube nicht gewesen von Anbeginn bis heute! Und wehe uns, hätte uns nicht im Ringen immer und immer wieder auch aufgerichtet der Blick auf unsere große deutsche Geschichte mit ihren Großen und Größten, aus der wir auch unsere Gegenwartaufgabe, des deutschen Volkes Zukunftssendung, ablesen. Das der Zusammenhang zwischen Luthers deutscher Tat und dem Heute. Ein tiefer und inniger Zusammenhang. Nicht minder innig aber auch die Zugehörigkeit seiner Persönlichkeit zum Deutschtum aller
Zeiten. Denn waren seine Mannhaftigkeit und sein Mut, seine Gottesfurcht und sein heiliger Zorn, sein unbeugsamer Wille und seine Kraft nicht so urdeutsch, wie seine Freude an allem Schönen und Großen, seine Sitten und seine Reden? Gewiß, da oder dort eine Kante, eine Derbheit oder ein allzu wildes Aufbrausen. Aber ist nicht auch das urdeutsch? So steht er mit Goethe und Bismarck wohl das helleuchtendste Dreigestirn am sternen- reichen deutschen Himmel bildend, groß und hehr, machtvoll und ehrfurchtgebietend vor uns. Der wenigen Allergrößten Einer, die mit ihrer Größe auch in jenen Kreisen wirken, in denen man nach Lage der Dinge an ihren Werken keinen unmittelbaren Anteil haben kann und die demgemäß auch beim deutschen Volke aller Tage sein und stehen werden als treue Ekkeharte und nie versagende Wegweiser, umso beredter und größer, je weiter sie sich zeitlich von den jeweiligen Geschlechtern entfernen, denen sie so immer als reine, hehre Lichtgestalten erscheinen.
Me ResirmtiN und Echivide».
Wie die Ereignisse in ganz Deutschland, so standen auch die in Württemberg im 16. Jahrhundert im Zeichen des kirchlichen Gegensatzes, der über dem kursächsischen Städtchen Wittenberg erstanden war, wurde doch in keinem süddeutschen Gebiet die Reformation so tatkräftig willkommen geheißen, wie in Württemberg. Nachdem der Speprer Reichstag die Entscheidung in Religions- sacben vorläufig den Reichsständen überlassen hatte, übernahmen auch in Schwaben die früher oder später der neuen Lehre beigetretenen Landesherrschaften an Stelle der Bischöfe das Kirchenregiment. Der Speprer Protest, von dem sich bekanntlich d^r Name Protestanten ableitet, hatte zu Unterzeichnern u. a.: Ulm, Jsny, Reutlingen und Heilbronn, während das Augsburger Bekenntnis ein Jahr später (1830) außer den vorgenannten Städten auch noch, von Biberach und Hall unterzeichnet wurde. Zu wirklich großer Macht im Lande gelangte der Protestantismus aber erst mit der Zurückführung des vertriebenen Herzogs Ulrich ins Land, die ja von einem Vorkämpfer des Protestantismus, dem Landgrafen Philipp von Hessen, 1534 bewerkstelligt wurde und Schwaben nicht nur zur Vormacht unter dem protestantischen Staatswesen des deutschen Südens, sondern auch zur Brücke zwischen den protestantischen Gebieten des deutschen Norden und den eidgenössischen Kantowen werden ließ. Lange sollte sich das Land indessen dieser Stellung im Frieden nicht erfreuen, denn über dem 1530 geschlossenen Schmalkaldischen Bund bezw. dessen
1535 erfolgter Erneuerung und Erweiterung, die
1536 auch den Württemberger Herzog dem Bündnis beitreten ließ, kam es 1546 zum Schmalkaldischen Krieg. Endete dieser mit der Niederwerfung des Protestantismus überhaupt, so hatten von den durch Karl V. bezwungenen schwäbischen Reformationsanhängern Ulm 100 OM, Hall 60000 und
Steine am Weg.
Roman aus schwerer Zeit von Hans K urd.
2) (Nachdruck verboten.)
„Ich kann es nicht vergessen, Mann! Wär's damals, gleich nach der Geburt, gestorben, ich hätte es leichter verwinden können. Aber so, es war schon zwei Jahre. Das kann ich nie vergessen, niel"
„Die Zeit wird dich darüber hinwegführen, so ilt's Bestimmung!" murmelte er mehr vor sich hin.
„lviehst du, das meine ich; wenn ich jetzt > stürbe, wirst du mich vergessen. Ich nehm' dir's ! nicht übel. Du bist gesund und fällig, noch ein ! Weib zu nehmen, du mußt es auch . . . aber du mußt ein Weiv gaben, das dich metir unterstützen kann, dich über das Elend erbeben kann! Ich konnte es nicht. Ich liebe dich, Paul, jetzt, wo ich weiß, daß ich nie, nie mehr gesund werden kann, noch viel, viel inniger, darum wünsche ich mir den Tod!"
Paul Werner hielt ihre Hand fest umschlossen und starrte vor sich hin.
Seine Seele mar zerrissen, und ein dumpfes Gefühl im Kopf ließ ihn ahnen ... es wird so kommen. Vielleicht brauchte er die Häßlichkeit des Elends, um frei zu werden von der Not, die er jetzt in ihrer ganzen Größe durchkosten mußte bis zur Neige.
„Geh, Paul, halte dich nicht auf in deiner Arbeit! Ich bin müde."
Einen flüchtigen Kuß noch hauchte er auf die Stirn der Kranken. Wankend, mit schmerzendem Kopse kehrte er zu der unterbrochenen Arbeit zurück.
Für dreißig Mark ordnete er einem Kaui-
Z mann die Bücher über ein ganzes Geschäftsjahr. Noch zwei Tage batte er Zeit, das heißt, noch zwei Abende, denn bis um sieben Uhr hatte er Dienst, und erst nach dem Abendbrot konnte er sich an die Arbeit machen.
Er seufzte, und ein bitteres Gefühl quoll in seiner Seele aus, ein Gefübl des Hasses gegen das Leben, das ihm nur die dunkelsten Schattenseiten zuwies.
Abendbrot?
Er lächelte schmerzlich, fast zpnisch.
Wie schmeckt ein ordentliches Abendbrot?
Seit einen, halben Jahre kannte .er es nicht mehr. Hastig würgte er eine trockene Kruste herunter, und kannte er einmal eine Tasse dünnen Kaffee dazu trinken, süblte er sich znst als Reicher, Prasser. Meist bildete Wasser sein Getränk.
Seit einem halben Jahr lag seine Anni krank, siech, unheilbar.)
Schwindsucht! Sie hatte recht, der Arzt hatte ihm diese Diagnose ehrlich gesaft.
Blühende Schwindsucht! Noch ein paar Wochen, dann . . . dann war er ganz allein.
Und von Tag zu Tag fand er sich immer mehr mit dem furchtbaren Gedanken ab, daß eine Trennung, bald vielleicht, kommen würde, mußte.
Und wenn er dann wieder sein Weib in den furchtbaren Schmerzen sich winden sah, da wünschte er ihr sogar die Erlösung.
Er liebte sie noch immer so heiß, wie einst, als er um sie warb, sie errang, gegen den Willen seines Vaters und auch ihrer Eltern.
Bittere, böse Jahre hatte er hinter sich, und sehnsüchtig, fast überhungrig gedachte er der Jahre, da er noch als der Erbe des großen Kaufmanns Franz Werner galt.
Selbst verscherzt hatte er sich seine Zukunft, um einer Liebe willen. Und diese Liebe hieß Anni Krümling.
Sie war das schönste Mädchen, ja . . . aber
Herzeg Ulrich 3M0M Glftden Kriegsentschädigung zu zahlen. 1548 kam dann zu Augsburg öurch das „Interim" eine vorläufige Einigung zwischen tzen Parteien zustande, die zwar nicht allgemein angenommen wurde, aber doch gewaltsamen Auseinandersetzungen vorbeugte, bis 1552 die mühsam errungene Stellung des Kaisers zusammenbrach, vermöge der Fürstenverschwörung, die sich den Landgrafen Wilhelm von Hessen, den Kurfürsten Moritz von Sachsen u. a. gegen Karl V. verbünden ließ. Der Württemberger Herzog blieb bei den folgenden Auseinandersetzungen neutral, Ulm dagegen hielt wacker zum Kaiser, konnte aber feine Geschicke nicht wenden, sondern mußte schließlich auch zusehen, wie die Dinge ihre» Lauf nahmen, für den Protestantismus nicht zum Nachteil, denn gestand schon der Pasfauer Vertrag den protestantischen Ständen Gleichberechtigung und freie Religionsausübung bis zum nächsten Reichstag zu, der Augsburger Religionsfriede (1555) schuf »ollends einen Ausgleich und sicherte dem Protestantismus den rechtlich begründeten Bestand innerhalb des ganzen Reiches. Spätere Streitigkeiten, die aus der Gegenreformation erwuchsen, sollten damit allerdings nicht ausgeschaltet sein, vielmehr setzten solche auch in Schwaben bald heftig, ein, so daß unter Führung Friedrichs I. von Württemberg 1608 die „Union protestantischer Fürsten" gegründet wurde. Auch sie ein Beweis, welch tätigen Anteil Schwaben am Werden der neuen Dinge nahm.
Lutherworte.
Unsre Gesänge verdrießen den Teufel und tun ihm sehr wehe, wiederum unsre Ungeduld, Klagen und Äu- wehschreien gefällt ihm wohl, und lacht darüber in die Faust.
Des Christen Herz ans Rosen geht,
wenns mitten unterm Kreuze steht.
Der BiveMberfetzer.
Luther und Melanchthon stritten einmal, während der erstere das Neue Testament übersetzte, über eine Stelle. „Lieber Martin", sagte der ängstliche Me- lanchton, „es ist mir nur ums Griechische!" „Und mir nur ums Deutsche!" versetzte Luther.
Vermischtes.
Der Schuh der Zukunft. Unser Schuhwerk der Zukunft wird sich, wie der Verein der Schuhwarenhändler Münchens erklärt, in drei Gruppen von Herren- und Frauenschuhen teilen. Es wird einen groben, einen mittleren und einen besseren Stiefel geben. Der letztere wird aus Papiergewebe mit Lederbesatz und Sperrholzsohle angesertigt, währnd die übrigen aus Scgelluchleinen, Stoff oder altem Filz mit Lederbesatz und gewöhnlichen Holzsohlen bestehen werden.
FlitterwochenundPetroleum. Die „Haa- gische Post" bringt die folgende Anzeige: „Wer ver- hilft einem braven, jungen Ehepaar, dessen Hochzeit am 12 Okl. fft, zu ein wenig Petroleum, damit es. die Flitterwochen nicht im Dunkeln zuzubringen braucht."
auch fast die Aermste . . . und er Uebte sie so rasend, io heiß, wie sie ihn auch.
Der Vater dachte freilich, es sei eben nur eine Liebschaft, und wollte nicht an den Ernst von Pauls Absichten glauben.
Und dann, als er des Sohnes offenes Geständnis börte, verschloß sich die kalte Krämerseele und trieb den eigenen Sohn aus dein Hause, warf ihn mittellos auf die Straße.
Aber Paul war zähe . . er fand bald eine Stellung, doch nur für kurze Zeit. Irgend.-me geheime Macht untergrub ihm das Dasein . . - er mußte fort und war doch schon veryeirater
Lange saß er ganz aus dem Trockenen, sein Weib verdiente durch Plätten ein karges Stückcyen Brot, er arbeitete stunoenweise batü hier, bald dort, bis er endlich in ein kleines Kohlengeswiift eintreten konnte und hundert Mark festes Äehall bezog.
Kummer und Sorge, bitteres, nacktes Elend hatten ihm die schönsten Tage seiner jungen Eli« zerstört, und nur die grenzenlose Lieoe zu seinem Weibe und dann noch das herzige kleine Mädel- chen hielten ihn aufrecht und liehen ihn die schweren Ketten schleppen, die er freiwillig um sich geschlungen hatte.
Der Vater Annis war Bankdieners Kassenbots. Und wenn sie auch ab und zu zu Werners kamen, sie konnten nicht helfen, sie hatten selbst kaum genug für sich und die anderen Kinder,
loch zu Hause waren. ^
Das jammervolle Leben hatte Paul Werner >e gemacht, er versuchte seinen Vater um- nmen, auszusöhnen. Der alte Werner for- in seiner Antwort, die er dem Sohne nicyl
(Fortsetzung folgt.)