die künstlichen Gebietsabgrenzungen zwischen den Völkern zu Gunsten der nationalen Bedürfnisse zu beseitigen wünscht, so soll es erst mal in Irland, Aegypten, Indien den Anfang machen. Wir werden dann auch mit uns reden lassen. — Einstweilen geht die dritte Flandernschlacht weiter. Mit aller Wucht zielt Albion auf Ostende und Brügge, um uns die Basis für unsere Unterseeboote zu entziehen. Wir haben dagegen die befestigte Seestadt Dünkirchen bombardiert und größtenteils zerstört. Riesenhaft sind die Anstrengungen der Engländer, aber der Erfolg ist selbst auf einer großen Landkarte nur mit dem Vergrößerungsglas zu entdecken. Es gab wieder Ehrentage für die deutschen Truppen, die den Feind nicht durchlassen. Die Franzosen verhalten sich im allgemeinen noch ab- wartend. Die Italiener schreien um Hilfe, was nicht eben darauf schließen läßt, daß sie eine neue Jsonzoschlacht vorhabe«. In Rußland wird die Stellung Kerenskis trotz seines Sieges über den General Kornilow beständig schwächer. Alle Advo- k atensprüche des jungen Diktators vermögen nicht die Tatsache zu verbergen, daß die militärische Widerstandskraft Rußlands durch die Revolution gebrochen wurde. Darüber mag der Hauptkriegshetzer, der ehemalige Kriegsminister Suchomlinow, jetzt in lebenslänglicher Zuchthausstrafe Nachdenken. Zeit hat er dazu.
Berlin, 2. Okt. Der Hauptausschuß des Reichstages behandelte zunächst einen Antrag des Zentrums, den Reichskanzler erneut und dringend zu ersuchen, dem Reichstag schleunigst^ einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Einzeleinziehung der erlangten wucherischen Vermögensgewinne in allen Fällen vorschreibt. Ein Mitglied der Nationalliberalen bemerkte, die Verfolgung der Bestrafung der Wucherer müsse eintreten.
Berlin, 4. Okt. (WTB.) Zum erstenmal seit Kriegsbeginn öffneten sich die Räume des Reichskanzlerhauses gestern wieder zu einem parlamentarischen Abend. Außer den Abgeordneten waren fast sämtliche Staatsminister, Staatssekretäre, Unterstaatssekretäre und Ministerialdirektoren, mehrere Mitglieder des Bundesrat erschienen. Auch eine große Anzahl von Vertretern der Presseorganisationen des Reichs und der Berliner Presse waren geladen, denen somit ebenso wie den Abgeordneten selbst erwünschte Gelegenheit geboten war, die neuen Mitglieder der Reichsleitung und der preußischen Staatsregierung in zwanglosem Gedankenaustausch kennen zu lernen. Die politische Unterhaltung war sehr rege und hielt die Gäste des Reichskanzlers bis in die 12. Stunde beisammen.
Köln, 4. Okt. Die Köln. Ztg. meldet aus Amsterdam: Das Reutersche Büro gibt bekannt: Die englische Regierung habe wegen der wiederholten brutalen Angriffe der Deutschen auf offene und unbefestigte Städte, wodurch Tod und Verwüstung die bürgerliche Bevölkerung und ihr Eigentum getroffen hätten, nach sorgfältiger Ueberlegung beschlossen, zur Vergeltung Luftangriffe auf deutsche Städte folgen zu lassen. — Das Stuttg. Neue Tagblatt sagt dazu: Von deutscher Seite werden nur befestigte Orte und solche hoher militärischer Bedeutung mit der Luftwaffe angegriffen. Immer sind die Angriffsobjekte militärischen oder kriegswirtschaftlichen Charakters. Dagegen stellt die feindliche Methode ein wahlloses Bombenabwersen über friedliche Plätze weit hinter der Front in Deutschland dar, wofür es weder Gründe militärischer Zweckmäßigkeit noch der „Vergeltung" gibt. Sollte vielleicht der Karlsruher Kindermord auch eine Vergeltung sein? — —
Basel, 4. Okt. Der Zürcher Tagesanzeiger schreibt: Wenn die Franzosen ihren neuesten Ueber- fall auf Stuttgart mit der Ausrede beschönigen wollen, Stuttgart sei Festung, so kann man diese Angabe nicht mit der üblichen zweifelhaften französischen geographischen Kenntnis entschuldigen. Denn was hier jedes Schulkind weiß, dürfte auch der französische Generalftab wissen, daß nämlich Stuttgart niemals Festung war und auch während des Krieges zu keiner solchen gemacht wurde. Wenn man den Neutralen über die unzulässigen Kriegshandlungen Sand in die Augen streuen will, so sollte es doch etwas geschickter gemacht werden.
Basel, 4. Okt. Nach Rotterdamer Berichten der schweizerischen Blätter hat in London eine allgemeine Behördenslucht infolge der feindlichen Luftangriffe eingesetzt. Die Verlegung der Regierungsbehörden aus London werden fortgesetzt. Auch die Archive des Ministeriums des Aeußern sind am Sonntag auf der nach Hamslead führenden Bahn verladen worden.
Berlin, 4. Okt. Die Kriegszeitung meldet aus dem Haag: Der Rvtterdamsche Courant bringt
eine interessante Mitteilung eines aus England zurückgekehrten Holländers, wonach die Fliegerangriffe auf London furchtbare Zerstörungen in der Umgebung der Towerbrücke, der Bank von England und des Parlamentsgeöäudes verursacht haben. Am 29. September wurde die Londoner Towerbrücke zum Teil durch die Fliegerbomben zerstört.
Genf, 4. Okt. Nach einer Neuyorker Depesche erkennen die Vereinigten Staaten das zwischen Holland und Deutschland labgeschlossene Ueberein- kommen betreffend die Ausfuhr -Hollands nach Deutschland nicht an. Wilson beschloß infolgedessen, die gegenwärtig in amerikanischen Häfen ankernden holländischen Schiffen zurückzuhalten. Diese 85 Schiffe sind mit Lebensmitteln, Düngemitteln und Vieh beladen. Wilson will jede Ausfuhr Hollands nach Deutschland unterbinden.
WürttsmbLrg.
Stuttgart, 5. Okt. Bei Seiner Majestät dem König ist von dem Führer einer Heeresgruppe folgendes Telegramm einzelaufen: Eurer Majestät melde ich untertänigst, d«ß am 2. Oktober Eurer Majestät Truppen in glänzendem Sturm einen beträchtlichen Teil, der französischen Stellungen vor Verdun unter schwierigsten Verhältnissen genommen, dem Gegner an empfindlichster Stelle schweren Schaden zugefügt und die genommene Stellung in zähem Ausharren gegen vielfache starke Gegenangriffe gehalten haben. Besonders zeichneten sich zwei Sturmbataillone aus unter gemeinsamer Führung des Majors Bürger, sowie die Artillerie der Division, die ihre Infanterie vorzüglich unterstützt hat. — Seine Majestät der König hat hierauf die Truppe «ufs wärmste beglückwünscht Und Seiner Anerkennung durch Verleihung zahlreicher Auszeichnungen besonderen Ausdruck verliehen.
Stuttgart. Die K. Stadtdirektion fordert diejenigen auf, die durch den Fliegerangriff in der Nacht vom Sonntag auf Montag einen Schaden an beweglichem oder unbeweglichem Vermögen erlitten haben, auf, einen schriftlichen Feststellungsantrag einzureichen.
Stuttgart, 2. Okt. (Eidesverweigerung.) Die Händlerin Karoline Lutz von Leinfelden stand vor dem Schöffengericht unter der Anklage, die Seifenhöchstpreise überschritten zu haben. Zu der Verhandlung war ein Fabrikant von auswärts geladen, der aber unter der Angabe, er sei konfessionslos, sich weigerte, den vorgeschriebenen Eid abzugeben, weshalb die Verhandlung ^vertagt werden mußte. Das Gericht verurteilte den Zeugen wegen Verweigerung des Eides zu 20 Mk. Geldstrafe und außerdem zu der Tragung der Kosten des Termins.
Ulm, 4 Okt. Die Nachricht, daß die Ruhr in Ulm stark verbreitet sei und schon zahlreiche Todesfälle verursacht habe, bedarf der Richtigstellung. Wie der „Schwäb. Volksb." in Ulm mitteilt, sind seit Juli 1917 nur 17 Erkrankungsfälle vorgekommen, wovon 4 tödlicher Natur waren, was bei einer Bevölkerungszahl von 80000 Einwohnern nicht schwer ins Gewicht fällt.
Herbst-Nachrichten.
Uhlbach, 4. Okt. Die Weinlese der Weingartner-Gesellschaft hat begonnen. Nähere Anzeige über die Zeit der Versteigerung erfolgt in den nächsten Tagen.
Rittergut Helfen borg, 2. Okt. Lese heute begonnen. Erzeugnis verspricht bei dem hohen Reifegrad der Trauben ein vorzügliches zu werden.
Weinsberg, 3. Okt. Die Weinlese geht in wenigen Tagen zu Ende. Die durchweg auserlesenen Bergweine in Rot- und Weißgewächs fanden bei Preisen von 830—880 Mk. reißenden Absatz, so daß bei Privaten nichts mehr zu bekommen ist. Bezüglich der Versteigerung der „Ausstichwein" der Weingärmergesellschaft Weinsberg folgt Anzeige.
Weiters heim, 3. Okt. Die Rotweinlese in den Fürstl. Hohen!. Langenburgschen Weinbergen hier hat vom 1.—3. Okt. stattgesunde«. Das Ergebnis war ein günstiges. Der Most hat 93 Grad Oechsle. Die weißen Trauben werden erst in der Woche vom 15.—20. Oktober gelesen. Bei dem schönen warmen Wetter werden die Trauben noch jeden Tag besser und feiner. Ein etwaiger Verlust an der Quanität wird durch die bessere Qualität weit ausgewogen. Eine Versteigerung des heurigen Herbsterträgnisses wird voraussichtlich am 25. Okt. stattsinden.
Aus Bade«.
Aus Konstanz wird vom 3. Oktober gemeldet: Gestern nachmittag trafen wieder 226 bisher in der Schweiz interniert gewesene Deutsche hier ein, darunter 30 Offiziere und 4 Zivilisten. Unter den Heimgekehrten war auch Generalmajor Graf v. Pfiil, Die Begrüßung der Angekommenen trug das übliche herzliche Gepräge.
Karlsruhe, 30. Sept. Zur Biererzeugung hat das Ministerium des Innern bestimmt: Die Bauereien haben bis auf weiteres mindestens 25 Proz. ihrer Gesamtbiererzeugung, soweit soche nicht für das Feldheer bestimmt ist, als Einfachbier herzustellen.
Auz Sta?*. Brzirk unS Ilmqebun'A.
Calw, 2. Okt. Gestern abend ist in Neubulach ein Brand ausgebrochen, dem 5 Häuser mit einem Gesamtgebäudeschaden von etwa 22000 Mark zum Opfer fielen. Rathaus, Schulhaus und Postamtsgebäude konnten gerettet werden. Die Entstehungsursache ist wohl auf unvorsichtige Handhabung einer Erdöllampe zurückzuführen.
Preise von Schlachtschweinen. Nach der im (Staatsanzeiger Rr. 224) enthaltenen Verordnung des Staatssekretärs des Kriegsernährungsamts können bei der Abnahme aller Schlachtschweine stets die Grundpreise für je 50 !<§ Lebendgewicht gefordert werden, die bisher als Höchstpreise iür Schweine im Lebendgewicht von über 85 KZ galten. Damit werden für geringer gewichtige Schweine die niedrigeren Höchstpreissätze aufgehoben. Der Preis für Schlachtschweine beträgt demnach in Württemberg jetzt ohne Rücksicht auf die Schwere des Tiers 79 für 50 Lebendgewicht. Diese Regelung tritt jedoch nur vorübergehend bis zum 30. Novbr. 1917 in Kraft. Der Zweck der Vorschrift ist, daß die Landwirte baldigst alle Schweine ohne Rücksicht auf die Höhe des erreichten Mastzustandes abstoßen können, wenn ihnen erlaubtes Mastfutter nicht zur Verfügung steht. Dieser Fall wird, da die Gerste beschlagnahmt ist zur Schweinemast nicht freigegeben werden kann, vielfach eintreten. Die Freigabe von Gerste zur Mast ist nicht möglich, weil der geringe Ertrag der Ernte für menschliche Ernährungszwecke, für den Heeresbedarf und die Fütterung der Arbeits- und Zuchtiere Vorbehalten bleiben muß.
Hegt und pflegt die Kleinpresse.
Hierüber veröffentlicht die „Allgemeine Rundhau" eine sehr zeitgemäße Abhandlung, die aus- chrt, daß vom Lokalblatt, vom kleinen Blatt oder stättchen manchmal von oben herab mit Gering- hätzung gesprochen werde. Das sei ebenso unge- echt wie das geringschätzige Gerede vom kleinen llann. Hindenburg brauche den kleinen Mann, m seine Pläne zur Rettung des Vaterlandes durch- rführen und hinter der Front sei der kleine Mann otwendig, um dis Kriegswerkstätten im Gang zu alten und die kleine Frau, um nicht dem Hunger der dem Flecktyphus zu verfallen. So sei auch ie Kleinpresse unentbehrlich, um die geistige und ttliche Spannkraft im Volk zu erhalten. Gerade l den breiten Schichten des Volkes von Stadt und and, die den Mutterboden bilde für die ganze ationale Macht und Herrlichkeit. Das „kleine statt" gehört zum Hausrate der angestammten lemeinde; es ist die weltliche Ergänzung zu der lanzel der Heimatskirche, die gedruckte Fortsetzung es Unterrichts in der Schule. Es gibt jene intime Ahlung mit der näheren Umgebung, die kein Welt- latt ersetzen kann. Darum sollte auch der Leser er größeren Blätter das heimische Blatt daneben alten, nicht allein für seine Hausgenossen, sondern ir sich selbst. Das Obst aus dem eigenen Garten t auch am reichbesetzten Tisch besonders lecker und ffrischend. Auch den Soldaten macht das Heimatgroße Freude; sogar die Anzeigen wirkeu „ wie Klänge von öen vertrauten Wegen^und iätzen, wie Grüße aus den Nachbarhäusern. ^Er- ickende Erinnerungen an die Jugend- und Fne- nsjahre, heilsame Fortspinnung der Verbindungsven. Die Abhandlung schließt mit den Gedanken: schütze und pflege d'e geistige Volksküche in deiner emeinde. Nennst du das Blatt klein, (o nenn zugleich mein und sorge für das Heimatblatt, als ir's ein Stück von dir. Mach es mcht wie wisse Ehemänner, die für fremde Damen ^eyr lant und dienstfertig sind, aber die eigene p-ra cb und hart behandeln. Bekunde dein ->Merest r das Heimatblatt nicht in hochmütiger guru - ltung oder schroffer Kritik, sondern vielmehr, endlicher Beihilfe. Der Sache zu ueb, imat zur Ehre und zum Wohl, als Beitrag s Fundament der geistigen und sttMH