Württemberg.
Stuttgart, 27. Dezbr. Der König hat den Kaiser Karl von Oesterreich und König von Ungarn zum Chef des Füsilier-Regiments Kaiser Franz Josef von Oesterreich, König von Ungarn (4. Wüntemb.) dir. 122 ernannt.
Stuttgart, 27. Dez. Von dem Weihnachtsgeschäft ist man hier im allgemeinen befriedigt. Einzelne Geschäftszweige haben sogar recht gute, wenn nicht glänzende Umsätze erzielt. Dazu gehört vor allem die Nahrungsmittelbranche, ein Beweis, daß es mit der Aushungerung immer noch seine guten Wege hat. Recht gut abgeschnitten hat auch der Buchhandel; es scheinen wirklich mehr Bücher gekauft worden zu sein als in den Vorjahren. Noch erfreulicher dürfte das Geschäft in allen Luruswaren gewesen sein. Vor allem müssen die Juwelier- und Teppichgeschäfte Einnahmen erzielt haben, welche diejenigen der besten Friedensjahre noch übertreffen. Was kostbar und teuer war, fand willige Käufer. In der Tertilwarenbranche machte man sich wegen der Bezugsscheine nur auf mittelmäßige Umsätze gefaßt: doch ist es hier auch besser gewesen, als man annahm. Die Kaufslust wandte sich eben den bezugsfreien Gegenständen zu und so war Samt und Seide die Losung. In sehr erfreulicher Weise hat die Nächstenliebe auch dieses Jahr eingegriffen und sowohl unsere Verwundeten wie bedürftige Krieger- samilien nach Kräften bedacht. Das Bild der wirtschaftlichen Lage wäre aber ein unvollständiges, wenn man nicht auch erwähnen wollte, daß bei dem kleinen Mittelstand die Einnahmen knapp nnd knapper werden. Man will dies u. a. auch daran merken, daß sich Frauen aus diesen Kreisen in größerem Umfang zur vaterländischen Dienstleistung melden, wobei die Aussicht auf ein Taggeld als Beihilfe zu den Haushaltungskosten meistens eine wesentliche Rolle spielt.
Aus StaSt. Bezirk unS Umgebung.
"Neuenbürg. Zum Leutnant der Landwehr- Infanterie I. Aufgeb. wurde befördert der Vizefeldwebel Albert Säusferer im Landw.-Jnf.-Regt. Nro. 120.
Pfinzweile r. Für tapferes Verhalten vor dem Feind erhielt Gefreiter Otto Egen, Sohn des Bäckers Egen hier, das Eiserne Kreuz ll. Klasse: dieselbe Auszeichnung erhielt unter gleichzeitiger Beförderung zum Unteroffizier Jakob Fa aß, Sohn des Goldarbeiters Jak. Faaß von Conweiler.
Schwann. Karl Schee rer, verh. älterer Bruder des Robert Scheerer (s. Enztäler Nro. 302) ist zum Gefreiten, Ernst Weiß, verh. Maurer, zum Unteroffizier befördert worden. Die bronzene Tapferkeitsmedaille erhielt: Straka, iiHder k. k. Österreich. Baukompagnie.
Postalisches. Am Sonntag den 31. Dezember wird hier der Postschalter von 11 12 Uhr mittags
und von 3—4 Uhr nachmittags offen gehalten.
Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß in der Zeit vom 29. Dezember biseinschl. 2. Januar keine nichtamtlichen Briessendungen über 50 § nach dem Felde (Päckchen) angenommen werden. Im weiteren ist es mit Rücksicht aus die glatte Abwickelung des wichtigen Nachrichtenverkehrs nach dem Felde unbedingt erforderlich, daß der Austausch von "Neujahrsglückwünschen zwischen Heimat und Heer unterbleibt. Die Bevölkerung wird daher dringend gebeten, zum bevorstehenden Jahreswechsel von der Versendung solcher Glückwünsche an Angehörige, gute Freunde und Bekannte im Felde Abstand zu nehmen. Für das Heer hat das Kriegsministerium den Austausch von Neujahrskarten mit den Angehörigen in der Heimat durch Erlaß im Militürverordnungsblatt verboten.
Altensteig, 28. Dez. Ein Kraftwagenführer schoß sich hier am Samstag nachmittag zwei Kugeln in den Kopf. Der Lebensmüde, dessen Verletzungen nicht lebensgefährlich sind, wurde ins hiesige Krankenhaus gebracht.
Pforzheim, 27. Dez. Der kurz nach 6 Uhr früh von Pforzheim ausfahrende Zug nach Calw hat etwa 200 Meter vom Durlacher Uebergang drei anhängende Güterwagen durch Entgleisung verloren. Der Hilfsbremser Maier von Calw wurde vom Wagen geschleudert und kam unter die Räder, sodaß ihm der linke Fuß unterhalb des Knies abgequetscht wurde.
Richtpreise für Bienenhonig. Die Vereinigung der deutschen Jmkerverbände warnt die Imker vor unnützen Preistreibereien. Wie der Vorsitzende des Verbandes mitteilt, war zuerst geplant, Höchstpreise sestzusetzen, dann aber wurde im Einverständnis mit dem Kriegsernährungsamt beschlossen, bei den einzelnen Jmkerverbänden zu erzielen, daß sich die Imker an Richtpreise halten. In Aussicht genommen sind folgende Preise: für 1 Pfd. Schleuderhonig oder Honig von gleicher Güte 2 Mk., für 1 Pfd. Scheibenhonig 2,50- 3. Mk., für 1 Pfund Seimhonig 1 Mk. Diese Preise gelten für den Kleinverkauf ohne Gefäß.
LEtM AachrMMn u. TklLgramms.
S 1 o ck h o l !N, 28. Dez. Aus Petersburg wird gemeldet: In einem soeben an Heer und Marine erlassenen Tagesbefehl führt der Zar über das Friedensproblem u. a. aus: Die Alliierten, unter denen sich das mächtige England und das edle Italien befinden, haben ihrerseits die Möglichkeit von Friedensverhandlungen in einer für sie vorteilhaften Zeit ins Auge gefaßt. Dieser Zeitpunkt ist jedoch noch nicht gekommen. Der Feind ist noch nicht aus den von ihm besetzten Gebieten vertrieben, Rußland hat die ihm durch
den Krieg auferlegten Pflichten noch nicht erfüllt. Der Besitz von Konstantinopel und der Meerengen, sowie die Schaffung eines freien Polens mit allen seinen bis jetzt abgetrennten Teilen konnte noch nicht gesichert werden. Jetzt Frieden schließen, heißt das Ergebnis der Anstrengungen unbenutzt lassen. Vor allein aber läßt das heilige Andenken an die im Felde gefallenen Söhne Rußlands nicht einmal den Gedanken an einen Frieden vor der vollständigen Besiegung des Feindes auskommen, der zu glauben wagte, daß er, weil er den Krieg beginnen konnte, auch nach seinem Belieben dessen Ende bestimmen könne. Ich zweifle nicht daran, daß alle Söhne des heiligen Rußland an der Front und im Innern des Reiches von dem Bewußtsein durchdrungen sind, daß von einem Frieden erst dann gesprochen werden kann, wenn der Feind von unseren Grenzen vertrieben ist. Erst dann, wenn er sich endgültig geschlagen geben muß und uns und unseren treuen Alliierten bestimmte Garantien geboten hat, daß er einen ähnlichen perfiden lieberfall nicht mehr unternehmen wird, erst dann, wenn er gezwungen sein wird, die Verpflichtungen, die ihm unser Friede auferlegt, einzuhalten, kann an ein Ende des Krieges gedacht werden. (GKG.)
Berlin, 29. Dez. (WTB.) Nach der amtlichen französischen Statistik hat die Unterbilanz des französischen Außenhandels für oie ersten 11 Monate des laufenden Jahres fast 13 Milliarden erreicht.
Genf, 28. Dez. Der französische Lebensmitteldiktator beabsichtigt laut „Berl. Ztg." infolge der Knappheit aller Lebensmittel, das Kartensystem nach deutschem Muster auf ganz Frankreich auszudehnen. Paris und einige andere Hauptstädte haben bereits Zuckerkarten, denen jetzt Karten für Brot, Fleisch und Fett folgen sollen.
Genf, 28. Dez. Die auf den Text und Ton der Ententenote vorbereiteten heutigen halbamtlichen Pariser Blätter erklären laut „Berl. Lokalanz.", der Konferenzvorschlag Deutschlands sei die allerschlimmste aller bisher von den Mittelmächten gestellten Fallen. Die Entente werde sich wohl hüten, Bevollmächtigte namhaft zu machen, bevor die Mittelmächte ernst zu nehmende Anerbietungen zur öffentlichen Kenntnis bringen.
London, 28. Dez. (WTB.) Lloyds melden: Der belgische Dampfer „Neptun" und der englische Schoner „Agnes" sind gestern versenkt worden. Die Besatzungen sind gelandet. Eine dänische Bark wurde versenkt und die Mannschaft durch den holländischen Dampfer „Nordwyk" gerrettet.
Bern, 28. Dez. „Secolo" meldet laut „Berl. Lokalanz." aus Kairo: An Bord eines großen englischen Schiffes brach ein Brand aus, der trotz der Hilfeleistung der herbeigeeilten Schiffe nicht gelöscht werden konnte. Das Schiss wurde fast vollständig zerstört. 21 Eingeborene wurden schwer verwundet, 80 verbrannten.
DeiZIlikgalsFrNdcus'fistcr.
Roman von S. Hillger.
iNachdruck verboten.)
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„Dieses aufreibende Leben hältst du auf die Dauer doch nicht aus, Hans," sagte Dora, „und dann würdigst du dich auch herab durch diese Art Tätigkeit —"
„Es ist ein Uebergang, Kind, ich bin froh, aui diesen Ausweg gekommen zu sein."
Dora gab den Kindern eine Scheibe Weißbrot mit Honig und ließ jedes von ihrem Kaffee ein Schlückchen nehmen, sie selbst frühstückte zur Gesellschaft noch einmal mit.
Sie hatte viel auf dem Herzen, aber e« war nicht ihre Art, es herauszupoltern.
Glückselig schmiegten die Kinder sich an, Mama und Papa beisammen zu sehen; sie abwechselnd zu Herzen und zu küssen, war eine Wonne für die Kleinen.
„Hans," sagte nach einer Weile die junge Frau, „gestehe es nur ein, man hat dir die Stelle gekündigt. Wie solltest du sonst auf eine so hirnverbrannte Idee kommen, in einer Wirtschaft aufzuspielen."
Hans nickte. „Du hast es erraten, Dora. Ich wollte es dir erst nMteilen, wenn ich eine andere Stelle gefunden. ^Aber nun wirst du wenigstens einsehen, daß es doch nicht so ganz idiotenhaft von mir ist, vorzusorgen, auf welche Art es nun auch sei. Ich verdiene an jedem Abend sechs Mark, und heute bekomme ich einen Goldfuchs."
„Dabei ruinierst du deine Gesundheit und wirst eines Tages ganz und gar versagen. Ja, wenn dir kein anderer Ausweg bliebe, Hans, dann würde ich den jämmerlichen Notbehelf allenfalls gelten lassen. Aber du hättest es bis zur
Kündigung gar nicht erst kommen zu lassen brauchen, sondern einfach fortbleiben können, wo der Chef es dich fühlen ließ, daß deine Person ihm lästig ist. Bittner wartet nur auf dich, du weißt es."
Steinberg runzelte die Stirn. „Erwähne seinen Namen nicht wieder, Dora, er ist es nicht wert, hier genannt zu werden."
„Wer hat ihn so maßlos bei dir verleumdet?"
„Kein Mensch! Ich folge nur meinem natürlichen Gefühl, das mich niemals irreleitet, wenn ich ihm gründlich mißtraue."
„Ach, lächerlich! Neidisch bist du auf Bittner, das ist alles. Aber bedenke doch auch, wieviel du dir dadurch vergibst, wenn du unablässig dich weigerst, die gebotene Stelle anzunehmen, und später doch gezwungenermaßen zu ihm gehst."
„Das wird nie geschehen, Dora!"
Sie erhob sich ungestüm und stellte den kleinen Georg auf seine Füße. „Das wird es doch! Und bleibst du starrköpfig, so weiß auch ich, was ich zu tun habe!"
Sie ging in die Schlafstube, um aufzuräumen. Sie hatte mehr gesagt, als sie wollte, ordentlich Herzklopfen danach bekommen. Aber die Worte waren ihr so hervorgesprudelt; dieselben zurückzunehmen, daran dachte sie nicht.
Hans zog sich an, setzte den Kindern die Hüte auf und ging mit ihnen fort. „Nur eine Stunde," sagte er, „auf Wiedersehen, Mama!"
Dora antwortete kaum.
Sie war böse auf ihren Mann wie nie zuvor. In einen gefährlichen Zorn redete sie sich hinein. „Treibt er es mit seinem störrischen Sinn auf die Spitze, soll er auch mich gewappnet finden!" dachte sie.
Als Hans zurückkam, sprachen sie nur das Notwendigste zusammen.
Der Schmorbraten war vorzüglich geraten.
und doch wollte es ibnen nicht schmecken. Nur Ludmilla aß mit bestem Appetit. Sie gewahrte mit Befriedigung, daß das Zerwürfnis zwischen den Eheleuten mit jedem Tage wuchs.
Ja, die Spannung wa>' da und nicht zu Überdrücken. Vergeblich zerbrach Steinberg sich den Kopf darüber, aus welche Weise er Dora davon überzeugen könne, daß er richtig handelte. Er hoffte noch immer, daß sie zur Einsicht kommen werde.
Dora nahm sein Schweigen sehr übel. Sie glaubte, er wolle ihr den Herrn zeigen. „Hai Damit hatte er bei ihr kein Glück."
Einsilbig verabschiedete sich Hans. Das Herz war ihm schwer. Er fühlte ja selbst, daß er bei der Klavierspielerei nicht an seinem Platze war. Aber all seine Bemühungen, eine andere Stelle zu bekommen, waren bisher vergeblich gewesen. Das Goldstück, welches er heute zu erwarten hatte, lockte, aber seinen Nerven auf die Dauer diese Lärmerei auf dem „Kasten' zuzumuten, war ausgeschlossen. So schaute ihn die Zukunft aus trüben, dunklen Augen an.
8. Kapitel.
Am Nachmittag, als Dora noch mit ihrem Aerger rang, kam Bittner. Dunkel glühend« Nelken reichte er ihr mit heißen bezeichnenden Blicken.
Gern wäre er bei dem schönen Wetter mit Dora spazierengefahren. Aber die Gesellschaft der Kinder war ihm lästig, und Ludmilla, der man sie hätte anvertrauen können, war ausgegangen.
Sie saßen sich im kühlen Zimmer gegenüber» Dora ein wenig abgespannt, Bittner bemüht» st« aufzuheitern.
(Fortsetzung folgt.)