denn schon sehr viele Tätigkeiten des deutschen Volkes, auch die der Presse und aller ihrer tech­nischen Arbeiter, gehörten schon an sich zum natio­nalen Hilfsdienst, ebenso gehöre die Landwirtschaft schon zu diesem Hilfsdienste. In seltener Einmütig­keit befinden sich alle Parteien des Reichstages in Bezug auf die Notwendigkeit der Einführung des Gesetzes über den nationalen Hilfsdienst, und wenn trotzdem der Abg. Vogtherr von der sozialdemokra­tischen Arbeitsgemeinschaft in einer langen Rede gegen das Gesetz sprach und dasselbe als eine Ein­führung der Sklaverei in Deutschland erklärte, so hat dieser einseitige Fanatiker dadurch doch nur die Entrüstung aller anderen Parteien im Reichstage hervorgerufen und zugleich bewiesen, daß die paar Männlein von der sozialdemokratischen Arbeitsge­meinschaft im Reichstage nicht mehr ernst genommen zu werden brauchen.

Berlin, 30. Nov. (Schluß der zweiten Lesung des Hilfsdienst-Gesetzes im Reichstag.) Nach ein­gehender Besprechung, an welcher Abgeordnete sämt­licher Parteien sowie der Vorsitzende des Kriegsamts, General Grüner, und Staatssekretär Helfferich teil- nahmen, wurde das ganze Gesetz mit seinen 18 Para­graphen angenommen. Die dritte Lesung findet am Samstag den 2. Dezember statt.

Berlin, 1. Dez. (WTB.) Zu der gestrigen Reichstagssitzung hebt derVorwärts" hervor, daß es der sozialdemokratischen Fraktion geglückt sei, im Hilssvienstgesetz eine Reihe von Verbesserungen durchzusetzen. Die Gerechtigkeit gebiete, hinzuzusügen daß auch die bürgerlichen Parteien hierbei mitgeholfen hätten.

Berlin, 1. Dez. (WTB.) Der Präsident des Kriegsernährungsamts, von Batocki, besichtigte in Straßburg die Einrichtnngeu des städtischen Lebensmittelamts, dessen vorbildliche Organisation öfters gerühmt wird.

München, 1. Dez. (WTB) In dem Beleidi­gungsprozeß Coßmann-Valentin, der als Gegenstand der Klage einen Brief des Professors Valentin an Professor Coßmann und einen Artickel in Nr. 491 desBerl. Lok.-Anz." vom 25. Sept. 1915 hatte, worin dem Klüger u. a. der Vorwurf der Lüge und des groben Vertrauensbruches, begangen durch die Veröffentlichung des bekannten Gesprächs über politische Dinge am 21. Juli, gemacht wurde, kam gesten vor dein Schöffengericht München folgender Vergleich zustande: Prof. Valentin nimmt sämtliche beleidigenden Ausdrücke gegen Professor Coßmann als unbegründet zurück und übernimmt sämtliche Kosten. Klage und Strafantrag wurden zurückge­zogen.

Von der Schweizer Grenze, 1. Dez. Ein aus Frankreich angekommener Reisender erzählte einem Vertreter des schweizerischen Preßtelegraphen daß in Frankreich in immer iveitere Volkskreise das Gefühl dringe, Frankreich kämpfe nur noch für England. Die Abnahme der Bevölkerung macht sich deutlich fühlbar. Ganze Dörfer entbehren seit Monate ihrer ganzen männlichen Bevölkerung. Die Stimmung im französischen Volk werde nur noch durch künstliche Mittel aufrecht erhalten. Die Un­zufriedenheit in bäuerlichen Kreisen werde die Regie­rung vor ernste Probleme stellen. (GKG.)

Berlin, 1. Dez. (WTB.) Wie derBerl. Lokalanz." aus Kopenhagen erfährt, hat der lang­jährige Stadtpräfekt, Fürst Obolenski, seinen Ab­schied erhalten, wie verlautet wegen seiner Unfähig­keit, die Lebensmittelzufuhr für Petersburg in be­friedigender Weise zu regeln.

Berlin, 30. Nov. (WTB. Amtlich.) Mit der Einnahme von Curtea de Arges sind auch die dort befindlichen rumänischen Königsgräber unter den Schutz der deutschen Truppen gekommen. Der Kaiser- Hat befohlen, daß deutsche Truppen, welche Curtea de Arges durchschreiten, an den Gräbern des ver­storbenen Königspaares Kränze niederlegen. - In Curtea de Arges befindet sich die Begräbnisstätte des verstorbenen Königs Carol von Rumänien und der Königin Elisabeth,-die sich als Carmen Sylva lite­rarisch einen Namen gemacht hat. König Carol hatte bei Kriegsbeginn seine ganze Persönlichkeit dafür ein­gesetzt, daß Rumänien seinen Verpflichtungen den Mittelmächten gegenüber Nachkommen solle, und die vom Ministerrat beschlossene Neutralitätspolitik war ihm ein harter Schlag, der ihn auch ins Grab brachte. Während so König Carol die Treue bis an den Tod hielt, wurde sein Erbe von dem nachfolgenden König Ferdinand durch unerhörte Treulosigkeit gegen die Mittelmächte entweiht.

Württemberg.

Rascher als noch vor acht Tagen anzunehmen war, wird der Landtag nun doch am 5. Dezember, dem ursprünglich geplant gewesenen Termin seines Wiederzusammentritts, die Arbeiten wieder ausnehmen. Es hat Stimmen gegeben, die dies als die voraus­sichtlich letzte Tagung des hohen Hauses ansehen wollten, aber diese Auffassung ist von keiner Seite bestätigt worden. Daß das Mandat des Landtags ablüuft, ist bekannt, aber, vor Friedensschluß sind Neuwahlen nicht möglich, und wer weiß, ob der Landtag nicht noch einen Etat verabschieden muß, bevor die letzte Stunde des Krieges geschlagen hat. Einstweilen liegt ihm die Ausgabe ob, das Denk­malschutzgesetz zu verlängern und die Kriegswohl- fahrtspslege zu beraten.

Stuttgart. Mit der Verstaatlichung des reformbedürftigen Katastergeometerwesens in Württemberg, wie sie in anderen Bundesstaaten längst durchgesührt ist, hat man in den beiden Versuchs­bezirken Oberndorf und Backnang die besten Erfah­rungen gemacht. Infolgedessen hat jetzt auch die Amtsversammlung Heidenheim beschlossen, im Wege der Vereinbarung mit den zuständigen Staatsbehörden die seither von amtskörperschastlichen Katastergeo­metern besorgten Vermessungsgeschäfte an die staat­liche Bezirksgeometerstelle in Heidenheim zu über­tragen.

Der Deutschen Gesellschaft für Kausmanns- ErholungsHeime sind in letzter Zeit an weiteren Stiftungen zugegangen: Julius Schmitt u. Co., Stutt­gart, weitere 4000 -//<!, Emil Adolfs, Reutlingen, weitere 2000 Fortuna-Werke Alb. Hirth, Cann­statt-Stuttgart, weitere 1000

Stuttgart, 1. Dez. Wie die Blätter melden, hat sich die Prinzessin Marie Therese von Hohen- lohe-Langenburg mit dem Pharmazeuten Otto Kohl- eisen vermählt. Die Prinzessin hat ihren jetzigen Gemahl als Pflegerin in einein österreichischen Spital kennen gelernt, wo er als verwundeter Kadettaspirant (Fahnenjunker) darnieder lag. Sie ist 21 Jahre alt und die älteste Tochter des Prinzen Mar zu Hohen- lohe-Langenburg und der Prinzessin Karoline, geb. Gräfin Sayn-Wittgenstein-Perleburg.

Eßlingen, 1. Dez. Im Alter von 50 Jahren ist nach kurzem schweren Leiden Brauereidirektor Eugen Kienzle unerwartet rasch gestorben. Zwei Söhne stehen im Felde.

Vaihingen a. E., 1. Dez. Auf Anregung des Kleintierzucht-Verbands des Bezirks Vaihingen, dem übrigens über die Kriegszeit die Abgabe von Futter­mitteln übertragen wurde, wird hier eine G. m. b. H. gegründet zur Errichtung einer großzügigen Geflügel- Brutzentrale, in der täglich einige tausend Eier aus­gebrütet werden können. Der Kleintierzucht-Verband bewilligte diesem Unternehmen ein Darlehen bis zu 12000 Mark zu ganz mäßigem Zinsfuß.

Slus StaSt» Bezink unö Ilmgsbuna.

Neuenbürg. Folgende Angehörige des Land­sturmbataillons Calw aus dem hiesigen Bezirk sind mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet worden:

Feldwebel G. Rempser, Neuenbürg, Unteroffizier Fr. Rufs,

Wehrmann Joh. Heß,

Unteroffizier Karl Krauß, Wildbad.

S.M. derKönig hat dem Oberlandjäger Schanz in Herrenalb das Dienstehrenzeichen II. Kl. für 21jährige Dienstzeit verliehen.

Aus den amtl. württ. Verlustlisten dir. 508510.

Landw.-Jns.-Reg. Nr. 120, 8. Komp. Christian Rau, Calmbach, l. veriv., b. d. Tr.

Jnf.-Regt. Nr. 413, 9. Kompagnie.

Utfsz. Wilhelm Ruff, Dobel, schw. verw.

Berichtigung zu Verlustliste Nr. 299. Res.-Jnf.-Reg. Nr. 122, 8. Komp.

Friedrich Wolfinger, Obernhausen, bish. verm., ge­fallen.

Jnf.-Reg. Nr. 180, Tübingen-Gmünd, 7. Komp. Ludwig König, Pfinzweiler, vermißt.

11. Kompagnie.

Hermann Seyfried, Calmbach, l. verw.

K s v L rr t.

ep. Wir schauen aus nach Christus, dem sanft­mütigen Friedenskönig: aber auch diesmal zum dritten Mal leitet das Adventssest einen neuen

Kriegswinler ein. Wir spüren wenig in der Wetz vom Kommen des Herrn. Es will uns oft scheinen als kehrte er uns eher den Rücken, um uns vollends gänzlich uns selbst und unseren Nöten und Sorgen zu überlassen, von denen das Bangen um den äußeren Sieg noch nicht einmal die schwerste ist. Wir müssen leider schmerzlich darüber klagen, daß der Christus­geist nicht durch die Lande geht, sondern ganz an­dere Geister sind auf der Bahn: Profitgeist, Wucher­geist, der Geist der harten Selbstsucht.

Aber eines ist ein Lichtpunkt in dem trüben Bilde: Die Erkenntnis bricht sich Bahn in weiteren Kreisen: Wir können ohne den Christusgeist nicht durchkommen. Wir haben ihn nicht: aber wir vermissen ihn: wir ersehnen ihn: wir rufen ihn in unsere Not herein. Ist das nicht doch Advents­zeit?

Ich will sagen, wie ich das meine. Der schwerste Brocken, den uns dieser Krieg zu kauen gibt, ist zweifellos die Volksernährungsfrage: es ist zwar eine Rohheit von den Engländern, wenn sie uns auf diese Weise niederzwingen wollen, aber dumm sind sie nicht, wenn sie darauf bauen: Der Eng­länder wird jeden Weg unbedenklich einschlagen, der Erfolg verspricht. Der deutsche Staat hat sei» Bestes getan, die Gefahr abzuwehren, und es ist ihm bis jetzt gelungen. Der Weg war der der Gesetze und Verordnungen, der Beschränkungen und Zwangs- maßregeln: Beschlagnahme, Lebensmittelkarten, Höchstpreise, Ausfuhrverbote und was alles in dieses Kapitel gehört. Die Maßregeln haben im ganzen zum Ziel geführt: sie haben den Hunger- fern gehalten das soll nicht gering angeschlagen werden. Aber die Gefahr ist nicht völlig über­wunden ; sie droht auch in diesem Kriegswinter aufs neue. Und nun ist es überaus merkwürdig, wie immer deutlicher, immer übereinstimmender von den verantwortlichen Männern der Ruf erhoben wird: Wir kommen nicht aus mit Zwangsmaß­regeln, wir brauchen die Freiwilligkeit! Nur ein einig Volk von Brüdern wird bestehen in jeder Not und Gefahr! so hieß es in einem Auf­ruf an unsere württembergischen Landwirte beim Beginn der Ernte. Hindenburg sagte neulich» in seinem Schreiben an den Reichskanzler:Alle staat­liche Regelung des Verbrauchs muß versagen, wenn nicht die verständnisvolle, freiwillige Mitwirkung aller Schichten der Bevölkerung in Stadt und Land zu Hilfe kommt." Ist es nicht immer dasselbe: Freiwilligkeit allein kann helfen! von ihnen her­aus muß es kommen: ins Herz muß das Gesetz gegeben werden, in den Sinn muß es allen ge­schrieben werden der Geist muß machen, was kein Gesetz und kein Zwang schassen kann! Gewiß, der vaterländische Geist, der für Volk und Heimat alles hingiebt! Aber laßt keine Täuschung darüber aufkommen, daß die Vater­landsliebe, wenn sie in langer schwerer Prüfung steht, gar leicht versiegt, wenn sie nicht aus einer noch tieferen unversieglicheu Quelle gespeist wird. Das ist eben der Christusgeist: der Geist der Brüderlichkeit, der Geist des Opfersinns, der Geist, der Höheres kennt als Brot, der lebt von dem Wort, das aus dem Nt und Gottes geht. Daß wir ohne ein neues sieghaftes Kommen dieses Geistes nicht durchkommen, auch in unseren irdischen, vater­ländischen Aufgaben, das sehen wir ein und das weckt die Adventssehnsucht. Und wo die Sehnsucht erwacht, da begehrt man nicht vergebens: Es gilt auch heute:

Er kommt, er kommt mit Willen, ist voller Lieb und Lust, all Angst und Not zu stillen, die ihm an euch bewußt.

Letzt« Nachrichten u. Telegramme.

Berlin, 1. Dezbr. (WTB.) Eines unserer Unterseeboote traf dieser Tage vor der Themse- Mündung ein dort treibendes havariertes englisches Flugzeug. Die Insassen, zwei englische Offiziere, wurden zu Gefangenen gemacht und das Flugzeug vernichtet.

Frankfurt, 1. Dez. (GKG.) DieFranks. Zeitung" erfährt aus Basel: Wie Havas meldet, hat der Polizeichef der Stadt Bukarest und der französische General Berthelot an die Bevölkerung von Bukarest die Aufforderung gerichtet, mit Frau und Kindern das Gebiet des verschanzten Bukarest zu verlassen.

Zürich, 1. Dez. (GKG.) Laut Basl., Nachr- meldet die Havas, daß die deutschen und bulgarischen Truppen fortgesetzt wilde Gegenangriffe gegen du Höhe 1050 an der Straße Monastir-Prilep unter­nehmen. Daily Mail berichtet, daß die Deutschen