auch, mit welchem Ernste und Eifer Deutschland von seinen Kriegsmitteln gegenüber den Feinden und deren gewinnsüchtigen Helfershelfern Gebrauch macht. Die Reichstagsverhandlungen haben ferner auch dargetan,, daß man im Reichstage von der Richtigkeit der Politik des Reichskanzlers im Großen und Ganzen überzeugt ist und daß der Reichstag die Gemeinschaft mit den Personen und Kreisen ablehnt, die in heimlichen Denkschriften und auch in offenen Kundgebungen im Lande den Reichskanzler wegen seiner angeblich verfehlten Politik angreifen zu müssen glauben. Auch die Neuorientierung in unserer inneren Politik ist im Reichstage zur Sprache gekommen und wenn in dieser Hinsicht auch noch keine bestimmten Forderungen aufgestellt worden sind, so zeigte es sich doch, daß die überwiegende Mehrheit des Reichstages die Neuorientierung in unserer Politik gleich nach dem Kriege für eine unbedingte Notwendigkeit hält. Daß man jetzt diese Frage mit kluger Zurückhaltung behandelt, ist aber gut, denn der Streit der Meinungen in dieser wichtigen Frage- darf während des Weltkrieges nicht entbrennen. Auch über die Schäden der politischen Zensur und über die Unzulänglichkeit der Maßregeln in der Ernährungsfrage fanden im Reichstage sachliche Erörterungen und Beschwerden statt und darf erwartet werden, daß trotz aller Schwierigkeiten der Lage die Reichsregierung in diesen für die inneren Verhältnisse in Deutschland sehr ärgerlichen Angelegenheiten bald Abhilfe schassen wird. Die -große innere Stärke Deutschlands wurde in der letzten Woche nochmals glänzend durch die Zeichnung der fünften deutschen Kriegsanleihe in der Höbe von fast 11 Milliarden vor aller Welt bewiesen, sodaß alle Welt daraus wohl den Schluß ziehen kann, daß trotz mancher Differenzen über die Behandlung dieser und jener Frage über das einmütige starke Handeln und Opfern in Bezug aus das Durchhalten im Weltkriege Deutschland seinen Gegnern nicht die geringste Ursache zum Zweifel gegeben hat. Sucht die feindliche Presse trotzdem in Deutschland Anzeichen der Schwäche zu entdecken, so ist sie eben auf dem Holzwege. Wir erwarten ja auch von den Feinden und ihren Lügenmeistern keine gerechte Beurteilung des deutschen Volkes und seines Kampfes um sein Dasein und um seine Zukunft, aber es mar sür uns doch eine gewisse Genugtuung, daß nicht nur zahlreiche Zeitungen des Auslandes, soweit es zu den neutralen Staaten gezählt werden muß, sondern auch einzelne Zeitungen in England und Frankreich die bewundernswerte Stärke und Ausdauer Deutschlands im Weltkriege anerkannt haben.
Tie „Köln. Ztg." meldet aus Berlin: Tie von neutralen Ländern aus verbreiteten Gerüchte von einem angeblich bevorstehenden Sonderfrieden mit Rußland entbehren des tatsächlichen Hintergrundes.
tziegesriel.
Kriegserzählung vo» W. H. Sein borg.
131 (Nachdruck verboten.)
Nie in ihrem Leben hatte Margarete Willim so ratlos vor dem Schreibtisch gesessen, als in der Stunde, da sie sich anschickte, Bernhard Se- walds Brief zu beantworten. Dreimal riß sie den halb beschriebenen Bogen wieder in Stücke, und die Tränen standen ihr in den Augen, als sie endlich in hoffnungslosem Verzicht die Feder weglegte.
Nein, es war unmöglich! Die konventionellen Phrasen von herzlicher Anteilnahme und die lahmen Tröstungen einer nichtssagenden Schönrednerei, zu denen sie doch allein ihre Zuflucht nehmen konnte, widerten sie an. Das alles war doch nichts anderes als die schmählichste Lüge, dazu bestimmt, ibn über die wahre Natur ihrer Empfindungen zu täuschen. Gewiß, er hatte ihr durch die sonderbar geschraubte Fassung seines Briefes den Weg für die Form der Antwort gewiesen. Aber was nach ihrer Ueberzeugung bei ihm das Selbstverständliche und Namrliche gewesen war, bedeutete für sie eitel Künstelei und Verstellung. Denn für sie gab es ja nur eine einzige Antwort, die sich leicht und mühelos geformt hätte. Und diese eine durfte sie ihm nicht geben. Man bietet niemandem ein Geschenk, von dem man weiß, daß es dem Empfänger wertlos ist.
Und was auch immer den Verwundeten bestimmt haben mochte, ihr seinen seltsamen, trotz allen Grübelns für Margarete nur halb verständlichen Brief zu schreiben, als ein Zeichen dafür, daß seine Gefühle für sie sich geändert hätten, war er gewiß nicht zu deuten. Wie hätte sie da »or ibn dintreten und ihm sagen dürfen:
Berlin. Nach den jetzt vorliegenden genaueren Angaben der Zeichnungs- und Vermittlungsstellen hat sich das Gesamtergebnis der 5. Kriegsanleihe auf 10631726200 Mark erhöht, in welcher Summe jedoch die Feldzeichnungen und überseeischen Zeichnungen noch nicht voll enthalten sind, sodaß noch ein, weiteres Anwachsen zu erwarten ist. Non den Zeichnungen entfallen auf Reichsanleihestücke (Betrag in Millionen Mark): 7397,7: auf Sckiuldbucheiuzah- lungen 2180,8; auf Reichsschatzauweisuugen 1073,2, zusammen 10651,7.
Keine Bevorzugung der Wirtschaften. Das Kriegsernähruugsamt hat aus eine Eingabe des Reichsverbands deutscher Gastwirteverbände an den Bundesrat, die Reisenden und eventuell die Gastwirtschaften überhaupt besser mit Fleisch und Eier zu versorgen, ablehnend geantwortet. Es liege kein Grund vor, den Fleischverbrauch auf der Reise höher zu gestalten als in der Familie, auch wäre die Kontrolle darüber, daß höhere Karten nur aus Reisen verwendet werden, außerordentlich schwierig. Dasselbe gelte für die Eier, die überdies so knapp seien, daß auf eine tunlichst gleichmäßige Verteilung gesehen werden müsse.
Der Ertrag der diesjährigen Z w ets chge n- ernte in Thüringen, namentlich im Saaltal, ist so groß, daß eine ununterbrochene Zufuhr nach den Bahnhöfen zu beobachten ist. So wird aus dem altenburgischen Kahla berichtet, daß dort allein schon über 18000 Zentner im Werte von 180000 Mark an die Händler des Kriegsernährungsamtes abgelie- sert worden sind, und dabei ist die Ernte noch in vollem Gange. Einzelne Landwirte, die in Friedeus- zeiten bei besonders reichen Ernten einige hundert Mark lösen konnten, haben in diesem Jahre infolge des vom Kriegsernährungsamte festgesetzten Höchstpreises ebensoviel tausend Mark erzielt.
Friedensbedürfnis in Frankreich. Aus einem Leitartikel Herves in der „Viktorie" geht hervor, daß die französischen Sparer zu Zeichnungen der neuen Kriegsanleihe nicht gerade drängen. Allgemein heiße es: „Wenn niemand eine Anleihe zeichnet, werden die Regierungen bald gezwungen sein, Frieden zu schließen", lieber dieses unfreiwillig eingestandene Friedensbedürfnis ist Herve sehr empört. Er macht seine Landsleute darauf aufmerksam, daß in Deutschland keineswegs so gedacht werde. Wenn Frankreich jetzt den Widerstand infolge mangelnder Geldmittel aufgebeu müßte, würden die Deutschen sogar bis Südfrankreich vorrücken. Es sei nicht auzunebmen, daß ganz Frankreich dieser verrückten Anschauung huldige,, die als Sabotage an der Kriegsanleihe bezeichnet werden müsse. Alle Munitionsfabriken Amerikas und der neutralen Länder seien für die Alliierten beschäftigt: mau könne also die Regierung nicht im Stich lassen, sondern müsse soviel Geld zusammenbriuaen, um
„Du bist im Kampfe für eine große und heilige Sache zum Krüppel geworden — du brauchst für deinen weiteren Lebensweg einen Menschen, der dir Stütze und Führung ist — laß mich diesen Menschen sein. Ich habe dich geliebt in der Vollkraft deiner männlichen Schönheit, ich liebe dich nur noch tiefer in deiner Hilflosigkeit und Schwäche. Nimm mich hin und vergönne es mir, dir meine Jugend, meine Anmut, meine Ansprüche an die sogenannten Freuden des Lebens zu opfern. Denn es gibt für mich kein Glück auf der Welt als in diesem Opfer!"
Das wäre die Erwiderung gewesen, die sie ihm hätte erteilen müssen, wenn sie der Stimme in ihrem Herzen hätte folgen dürfen. Und das durfte sie nicht schreiben. Sollte sie statt dessen in sentimentalem Mitleid schwelgen? Oder sollte sie vielleicht gar versuchen, mit leichten Wendungen über die Tragik seines Loses hinwegzutändeln?
Unmöglich! Sie konnte das eine so wenig über sich gewinnen wie das andere. Und so blieb Bernhard Sewalds Brief aus dem Kriegslazarett vorläufig ohne Antwort.
An diesem nämlichen Tage trat ihr Vater in sichtlich freudiger Erregung zu ihr ins Zimmer. Er hatte ein Zeitungsblatt in der Hand und reichte es ihr, indem er auf eine bestimmte Stelle hinwies.
„Da, lies, Mädel! — Von alledem hat der Bursche bis jetzt mit keinem Wort gesprochen, sondern hat immer so getan, als ob ihm sein Eisernes Kreuz erster Klasse rein zufällig an die Brust geflogen sei — nur, weil man gerade für das betreffende Exemplar keine bessere Verwendung hatte. — Wieviel Aufhebens würde wohl jeder andere an seiner Stelle mit gutem Recht davon gemacht haben!"
Interessiert und doch mit einem Gefühl leisen Mißbebagens nahm Margarete die Zeitung entgegen. Da stand unter der Ueberschrift: „Helden-
einen ehrenvollen und dauernden Frieden abschlich^ zu können. — Interessant ist bei dieser Auslass»»« vor allein auch, daß als Hanptanspornmitlel der Hinweis auf die Mitarbeit Amerikas und der Neutralen (danach betrachtet Herve Amerika also nicht mehr als neutral) benutzt wird. Auf die eigene Kraft verläßt sich also Frankreich längst nicht mehr ja nicht einmal mehr auf? Englands Hilfe Amerika wird dein Volke als Retter hingestellt. Deshalb auch das Manöver, daß kanadische Truppen mit amerikanischen Kokarden nach Frankreich kommen sollen. Die Franzosen sollen glauben, Amerika beteilige sich nicht nur mit Munition und mit Sportsliegern am Kriege, sondern regulär durch Truppen. Was die französische Presse alles erfinden muß, um den gesunkenen Mut der Gallier zu heben!
Beulenpest in Sarrails Armee. Den „Neuen Züricher Nachrichten" wird aus Brindisi telegraphiert, daß bei der Armee von Saloniki die Beulenpest auSgebrochen sei. Man vermute, daß sie aus Indien eingeschleppt wurde. In Tarent seien verdächtige Kranke von vier verschiedenen Nationalitäten ausgeschisst worden.
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Stuttgart, 13. Okt. Aus einem Antwortschreiben des preußischen Kriegsministeriums an den Reichstagsabgeordneten Erzberger vom 3. d. Mts. geht hervor, daß auch im Bereich der preußischen Armee schon seit längerer Zeit Anträgen von Familien, von denen schon mehrere Söhne oder Familienangehörige gefallen sind, den letzten noch lebenden Sohn oder Familienangehörigen nicht mehr an der vordersten Front zu verwenden, soweit irgend angängig in wohlwollender Weise im Wege der Kommandierung oder Benetzung Rechnung getragen worden ist. Eine dahingehende Anweisung sei auch allen militärischen Behörden im Felde zuaegangen.
Stuttgart, 12.Okt. AusAnlaßdesRegierungs- jubiläums des Königs hat Kommerzienrat Or. Ing. Reusch in Oberhausen (Rheinland), Vorsitzender des Vorstands der Gutehoffnungshütte, zum Andenken an seinen verstorbenen Vater, den Oberbergrat Reusch, der als Vorstand der Hüttenwerke Königsbronn und Wasseralfingen lange Jahre im württembergischdn Staatsdienst gestanden war, dem Finanzminister den Betrag von 50000 Mark zu einer besonderen Stiftung zur Verfügung gestellt, deren Zinsen den Beamten und Arbeitern der K. Hüttenwerke Wasseralfingen und Königsbronn und deren Angehörigen zugut kommen sollen.
Stuttgart, 13. Oktbr. (Spende der Deut s ch - Amerikane r.) Wie der „Staatsanzeiger" erfährt, ist dem K. Kabinett aus einer Sammlung des Schwäbischen Wochenblatts in Newport als Jubikäumsspende der Betrag von 13 250 Mark überwiesen worden.
mut eines deutschen Militärarztes" ein ziemlich langer Bericht, der sich einzig mit dem Verhalten ihres Vetters Heinz Vollrath befaßte, ein Bericht, der von der ersten bis zur letzten Zeile nichts anderes war als ein Ruhmesgesang auf die heroische Opferwilligkeit eines Mannes, der sein Leben nicht einmal, sondern zwanzigmal unerschrocken aufs Spiel gesetzt hatte, um weit über die Grenzen seiner Pflicht hinaus verwundeten Kriegern noch mitten im Kugelregen Hilfe zu bringen.
In einem mit feindlichen Granaten überschütteten Dorfe, das nur noch ein armseliger Trümmerhaufen gewesen war, hatte er unermüdlich Schwerverwundete verbunden, nachdem sie mit seiner Hilfe in notdürftigste Deckung gebracht worden waren. Er hatte sich in dieser Tätigkeit durch einige leichtere Verletzungen nicht einen Augenblick beirren lassen. Und als ihm dann durch das stürzende Mauerwerk einer unter einem Granatentreffer zusammenbrechenden Giebelwand das Bein ziemlich erheblich gequetscht worden war, so daß er nicht länger sich aufrecht zu halten vermochte, war er von einem Verwundeten zum andern gekrochen, um weiter Beistand zu leisten. Zwei Tage später schon war er dann unedel im Feldlazarett tätig gewesen, obwohl er sich nur mühsam mit Hilfe einer Krücke hatte bewegen können. Und der Kommandierende General, der ihm das Eiserne Kreuz persönlich an die Brust geheftet, hatte bei seiner Ansprache gesagt, dag die hohe Auszeichnung sicherlich noch keinem Würdigeren zuteil geworden sei. ^
„Das ist sebr schön, Papa!" erklärte Margarete, nachdem sie zu Ende gelesen. „Ich hätte nimmermehr geglaubt, daß der stille bescheidene Heinz solcher heroischen Großtaten fähig sei."
(Fortsetzung folgt.)