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Eßlingen, 13. Juni. Zu dem Fall Beutel sind wir in der Lage Mitteilen zu können, daß die am Samstag nachmittag stattgehabte gerichtliche Sektion der Leiche der Frau Beutel ergeben hat, daß die Frau an einem Herzschlag gestorben ist. Somit haben sich die hier umlaufenden Gerüchte als unwahr erwiesen. Die Leiche wurde demzufolge nach Beendigung der Sektion zur Beerdigung freigegeben und der Ehemann auf freien Fuß gesetzt.
Fellbach, 13. Juni. Vom herrlichsten Wetter begünstigt fand gestern die Einweihung der auf eigene Kosten erbauten Turnhalle des Turnvereins statt. Schon am Vormittag nahm der Verein unter sich ein Preisturnen vor, nachmittags sammelten sich die hiesigen und auswärtigen Vereine beim Adler zum Feftzug nach der Turnhalle. Daselbst hielt der Gauvorstand Clemens von Ostheim eine Ansprache und übergab den Schlüssel dem Turnwart Ziegler. Nachher bewegte sich der Zug zum Festplatz, wo Begrüßung und Festrede durch den Gauvorstand und später Preisverteilung stattfand.
Tübingen, 13. Juni. Der 20jährige Uhrmacher Heinrich Meroz aus Sonvillier, Kanton Bern, bestahl gestern nachmittag einige Fußballspieler, die ihre Kleidungsstücke in einem Zimmer des Gasthofs zum Bahnhof abgelegt hatten und nahm die Portemonnaies aus denselben heraus mit zusammen etwa 36 ^ Dem Polizeiunteroffizier Gulde gelang es die Spur des Diebes zu ermitteln, so daß letzterer heute in Kirchentellinsfurt festgenommen werden konnte.
Reutlingen, 13. Juni. Am Samstag und Sonntag war in Stuttgart der Kreisturnausschuß versammelt, um über die Durchführung der turnerischen Arbeit bei dem Reutlinger Feste zu beraten. Die Zahl der Turner, die an den Uebungen teilnehmen, wird eine ungeahnt hohe werden, wodurch man auf einen sehr starken Fest- bcsuch schließen darf. Bis jetzt haben schon 130 Vereine Vereinsriegen angemcldet mit über 2000 Teilnehmern. Die höchste Zahl der Riegen war bisher 96 (in Cannstatt.) Da alle diese Vereins- wettturner an den allgemeinen Stabübungen teilnehmen müssen, so werden sich diese zu einer Vorführung gestalten, wie sie in Württemberg noch nie gesehen wurde. Beim letzten Fest in Schwenningen beteiligten sich bei den Stabübungen 1400, beim vorletzten Fest in Cannstatt 1700 Turner. Da auch die Zahl der Einzelwettturner eine sehr große sein wird, so dürfte das Reutlinger Fest in turnerischer Beziehung alle seine Vorgänger weit übertreffen.
Reutlingen, 14. Juni. Das altbekannte Hotel-Restaurant und Cafe zum „Hirsch" hier wurde um die Summe von 145 000 ^ an Herrn Paul Schüle z. Zt. im „Ochsen" in Lustnau verkauft. Die Uebernahme erfolgt Anfang Juli.
Ulm, 14 Juni. Die hiesige deutsche Partei wird aus Anlaß der Abstimmung der ersten Kammer in .Sachen der Schulnovelle, sei es allein, sei es im Verein mit anderen politischen Parteien, eine Versammlung einberufen, um gegen diese einseitige Vertretung ultramontaner Interessen Verwahrung einzulegen.
Vom oberen Kinzigtal, 13. Juni. Die Heuernte ist in den Talorten in vollem
Gang, das Gras ist auf Tal- und Bergwiesen schön und dicht, so daß ein Erträgnis an Dürrfutter zu erwarten ist, welches an Menge dasjenige der letzten Jahre weit übersteigt. Der üppige, schon über mannshohe Roggen steht in schönster Blüte, und auch die Sommerfrüchte erfreuen bas Auge überall durch ihren vorzüglichen Stand. Leider haben starke Gewitterregen da und dort schon eine Lagerung der Früchte verursacht, was die Bildung und Entwicklung vollkommener und schwerer Körner beeinträchtigt. Die Setzwaren stehen schön und sind gut angewachsen; die feuchtwarme Witterung trägt zu rascher Entwicklung bei. Die Kartoffeln zeigen durchweg einen üppigen und gesunden Stand und haben nur noch kurze Zeit bis zur Blüte. Was die Obstaussichten betrifft, so zeigen die Birnen nicht den vollen Behang, den man nach der Blüte erwartete. Bei den Apfelbäumen, welche rasch und günstig verblühten, ist der Fruchtansatz sehr reichlich. Die gute Witterung der letzten Zeit hat das Wachstum der Früchte sehr gefördert. Das Steinobst hat durch die naßkalte Witterung zu Anfang des vorigen Monats etwas notgelitten; immerhin ließen die Fruchtansätze bei Zwetschgen, Pflaumen und Kirschen noch eine recht befriedigende Ernte erwarten, wenn nicht durch massenhaftes Auftreten von Schädlingen aller Art die Hoffnung auf einen guten Ertrag von Tag zu Tag herabgemindert würde. Aus dem ganzen Tal laufen Klagen ein über die ungewöhnlich starke Raupenplage. Insbesondere richten die kleinen Räupchen deS Apfel- und Zwetschgenwicklers große Verheerungen an. Manche Zwetschgenbäume sind nahezu kahl gefressen, was ein baldiges Abfallen der jungen Früchte zur Folge haben wird. Ein energisches Einschreiten gegen diese Schädlinge ist dringend anzuraten. In Heidelbeeren steht Heuer eine günstigere Ernte in Aussicht als in den letzten Jahren. Bei dem vollen Ausfall dieser Frucht im Vorjahr ist die diesjährige bessere Ernte doppelt willkommen, denn die Heidelbeeren verschaffen den Schwarzwaldbewohnern eine gute Einnahme.
Köln a. Rh.. 14. Juni. Der Kölnischen Zeitung wird aus Tokio telegrafisch gemeldet: Die japanischen Siege werden durch glanzvolle Umzüge unter ungemein starker Beteiligung der Bevölkerung gefeiert. Während eines solchen Festzuges, an dem auch Engläuder und Amerikaner sich beteiligten, entstand auf einer Brücke ein derartiges Gedränge, daß 19 Personen getötet und eine große Anzahl verwundet wurden.
Berlin, 14. Juni. Der Spezial-Berichterstatter des Lokalanzeiger erfährt von zuverlässig unterrichteter Seite, daß die Japaner damit rechnen, 10 000 Mann bei der Eroberung von Port Arthur opfern zu müssen.
Dresden, 14. Juni. Das Befinden König Georgs hat sich wesentlich gebessert. Die gestrige Nacht verlief ohne wesentliche Anfälle von Atemnot und Beklemmungen. Der Kräftezustand ist befriedigend.
Petersburg, 14. Juni. Am 12. Juni trafen zwei russische Offiziere aus Port Arthur in Liaoyang ein, die sich durch die Wachtposten der Japaner durchgeschlichen hatten. Sie erzählten, daß die Japaner die Festung eng umschlossen hätten. Vorräte seien in Port Arthur genügend vorhanden und auch sonst stehe dort
und Sie — verzeihen Sie meine Aufrichtigkeit — sind Ihrer Unerfahrenheit nicht gewachsen. Dieser Ullmann gründet sein Unternehmen auf die Gianelli und den jungen Garzoni." Sein Auge ruhte prüfend auf ihr, während sie, seinen Vorwurf anhörend, vor sich bl ckte. „Dieser hat schon gestern Abend in einem Lindenrestaurant von einer jungen, wunderbar begabten, durch Ullmann zu engagierenden Sängerin gesprochen; er war also eingeweiht!" Er betonte dieses Wort.
„Sie wissen nicht," fuhr er nach einer Pause fort, daß ein Manager, ein Impresario, namentlich ein fahrender, wie Ullmann, Strakosch u. a., die Sklaven ihres „stur," ihres Sternes sind, den sie bei guter Laune erhalten müssen, denn wenn er sich ausschließt, so haben sie vor sich den trostlosen Abgrund einer leeren Kaffe. Mit welchem Wohlwollen dieser Stern also auf eine jugendlich schöne Anfängerin blicken wird, mögen Sie sich vorstellen. Sie wird Ihrem Impresario das ganze Repertoir unterwerfen durch ihre Jntriguen und ihre junge Rivalin wird beim besten Willen ihm nicht aus der Verlegenheit helfen können, weil sie kein Repertoir besitzt; all diese Anziehungskraft, die sonst für seine Einnahme übt, wird feinen Ruin nicht hindern können und er muß zu Kreuze kriechen, d. h. die letztere fallen lassen, wenn er nicht das seltene Glück eines Ersatzes findet, was innerhalb der Saison, außerdem sein ganze- Programm stören würde. Sie wagen sich also jung und unerfahren auf das offene Meer hinaus, auf welchem Ihnen die Gefahr droht, in Ihrer kaum begonnenen Künstlerfahrt zu stranden» namentlich wenn dieser Impresario auf Grund eines seiner Paragraphen den Kontrakt löst und Sie fern im fremden Land hilflos dastehen. Erwägen Sie, was ich Ihnen sage, so lang« eS noch Zeit ist. Aber nicht wahr ... er hat
alles gut. Das Vorgehen der Russen nach Süden halte unter kleinen Scharmützeln an. Saimatsu wurde von den Japanern geräumt, nachdem ihnen der Weg nach Norden verlegt war.
Petersburg, 14. Juni. Wie man im Generalstab versichert, ist das 17. Armee-Korps ganz, das 10. bereits zur Hälfte auf dem Kriegsschauplatz eingetroffen. Kuropatkin verfügt' nunmehr über 310000 Mann aller Truppengattungen. Davon sind in der Umgebung von Liaoyang 140000 Mann, die durch keinerlei Pacificiruugs-Aufgaben aufgehalten vollständig gefechtsbereit stehen.
London, 10. Juni. Ueber einen neuen Waffenerfolg der Japaner bei Kaitschau telegraphiert der Kriegsberichterstatter des „Daily Mail" aus Niutschwang vom 13. ds. Mts: Die Japaner erschienen am Morgen des 11. in beträchtlicher Stärke vor einer verschanzten russischen Stellung, machten einen Scheinangriff und zogen sich alsdann zurück. Die Russen waren erfolgreich. 3000 Russen verfolgten die Japaner zum Jastung- Paß. Hier machten die Japaner Halt und unterstützt von verborgen gehaltenen Verstärkungen griffen sie die verfolgenden Russen an, welche nach Verlust von 800 Toten und Verwundeten in Unordnung flüchteten. Einige der geschlagenen Russen kamen am Sonntag in Niutschwang mit 285 Transportkarren an. Sie zeigten furchtbare Ermüdung und Niedergeschlagenheit. Viel hatten schlimme Hiebwunden im Gesicht und auch die Pferde hatten Wunden. Abends wurde eine starke Abteilung abgeschickt, um den Rückzug der übrigen zu decken, welche nach einer Inspektion durch Kondradowitsch per Eisenbahn nach Liaoyang geschickt wurden.
Uermischtes.
— Dampfer „Prinzeß Irene" als Retter in der Seenot. Vor einiger Zeit wurde gemeldet, daß der Dampfer „Prinzeß Irene" des Norddeutschen Lloyd auf der Fahrt von Genua nach New Aork die Mannschaft der österreichischen Barkcntine „Marije" aus Ragusa vom sicheren Untergange gerettet habe. Hierüber wird jetzt näher berichtet:
Als die „Prinzeß Irene" das kleinere Fahrzeug, welches das Notsignal gehißt hatte, in Sicht bekam, wurde die „Marije", der zur Zeit hochgehenden See hilflos preisgegeben, wie eine Nußschale umhergcworfen. Ihre Boote waren über Bord gespült worden und das Schiff selbst war halb mit Wasser gefüllt. Die acht Mann ihrer Besatzung lagen zusammengekauert und sich mit Mühe an Bord haltend, auf dem Achterdeck, wo sie sich mit Mühe auf das Dach des Deckhauses geflüchtet hatten. Kapitän G. Tanncmann forderte Freiwillige zur Rettung der Schiffbrüchigen heraus, und bald war ein Boot unter dem Befehl des 4. Offiziers mit Matrosen des Dampfers auf dem Wege nach der Barkentine. Nachdem die Mannschaft des verunglückten Fahrzeuges unter vielen Gefahren in Sicherheit gebracht war, wurde die Barkentine in Brand gesetzt und ihrem Schicksal überlassen. Sie war völlig zum Wrack geworden.
Kapitän Bartolozzi sagte, daß die „Marije" auf ihrer Fahrt von Aruba, Venezuela, mit einer Ladung Guano nach Genua bestimmt, auf hoher See in einem schweren Orkan ihre Masten verlor. Das Schiff füllte sich so schnell mit Wasser, daß
auch von Ihnen schon eine schriftliche Verpflichtung? Er ließ Sie ein Papier unterzeichnen?"
Verwirrt antwortete Allegrina durch ein Kopfnicken.
„So kann nur Ihr Vater durch seine Nichtbestätigung . .."
„Niemals!" rief sie bestürzt. „Ullmann beteuerte mir mit warmen Worten, daß er alles aufbieten werde, um mir den Weg zu bahnen; fein Programm, das er schon in den nächsten Tagen zu veröffentlichen im Stande, werde mich davon überzeugen!"
In Allegrina hatten diese Vorstellungen notwendig ein banges Gefühl bewirkt. Sie sah sich, wie sie heute im Probesaal des Impresario gesungen. Mehrere Herren, die Regisseure, waren außer diesem zugegen gewesen; hinter der zu einem Nebenzimmer führenden Tür hatte sie auf einem Sopha eine Dame im Halbschleier sitzen gesehen, die sie aufmerksam, und wie sie aus den durch den Schleier blitzenden schwarzen Augen geschloffen, keineswegs wohlwollend anschaute. Eine andere war zu dieser getreten, hatte sich zu ihr gebeugt, dann ihrem Gesang zugehört und als dieser geendet, spöttisch die Achseln gezuckt.
Sie hatte das vergessen; jetzt erinnerte sie sich auch, wie die beiden Damen, ohne sie ganz zu Ende zu hören, an ihr vorüber durch den Saal gerauscht und sie keines Blickes gewürdigt. Das mußte sie gewesen sein, von welcher der Fürst ihr eben gesprochen! . . . Aber, mein Gott, dachte sie, wie sie an den bangen Morgen zurückdenkend, vor sich blickend dasaß, was hat diese Gefeierte, über deren Triumphe sie fest Jahren gelesen, von ihr, der armen Anfängerin, zu fürchten, die ja so gern bereit gewesen wäre, ihr die Schuhriemen zu lösen, um ihre Gunst zu erwerben. (Fortsetzung folgt.)