Extrablatt bes EnMns.
Ausgegeben: Neuenbürg, den 23. September 1915, mittags 12 Uhr.
Ttlt-MMt drs Walff'sihta Karos an den „CaMr".
(WTB.) Den 22. Sept. 1918, nachm. 6.00 Uhr.
Stuttgart, 22. Sept. (WTB.) Das stettv. Generalkommando gibt bekannt: Heute 8 Uhr 15 Minuten vormittags fand ein Angriff feindlicher Flieger mit deutschen Kennzeichen auf Stuttgart statt. Es wurden mehrere Bomben auf die Stadt abgeworfen. Vier Leute wurden dadurch getötet und eine Anzahl von Militär- und Zivilpersonen verletzt. Der Sachschaden ist ganz unbedeutend. Die Flieger, von den Ab- wehrkommandos beschossen, entfernten sich gegen 8 Uhr 30 Minuten vormittags in südlicher. Richtung. Auf die Benützung deutscher Abzeichen ^ und dem zufälligen Umstand, daß kurz zuvor (7.45 Uhr vormittags) den zuständigen militärischen Stellen der Anflug eines deutschen Fliegers gemeldet worden war, ist es zurückzuführen, daß die Bevölkerung erst verhältnismäßig spät gewarnt werden konnte. — 9.30 Uhr vormittags erschien der vorher angesagte deutsche Flieger über Stuttgart, wurde kurz beschossen, ehe er als deutscher Flieger sicher zu erkennen war und landete sodann unverletzt in der Nähe der Stadt.
Großes Hauptquartier, 22. September. Amt!.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Zwischen Souchez und Neuville, sowie östlich von Roelincourt griffen die Franzosen gestern abend an. Die Angriffe brachen im Feuer vor unfern Hindernissen zusammen. In der Champagne wurden nordöstlich des Gehöftes Beau- söjour neue französische Schanzarbeiten durch konzentrisches Feuer zerstört. Stärkere Patrouillen, die teilweise bis zur dritten feindlichen Linie durchstießen, vervollständigten die Zerstörung unter erheblichen Verlusten für die Franzosen, machten eine Anzahl Gefangener und kehrten befehlsgemäß in unsere Stellung zurück.
Ein englisches Flugzeug wurde bei Villerval (östlich von Neuville) von einem deutschen Kampfflieger abgeschossen. Der Führer ist tot, der Beobachter wurde verwundet gefangen genommen.
Oestlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenvurg:
Südwestlich von Lennewaden (an der Düna) nordwestlich von Friedrichsstadt machten die Russen einen Vorstoß. Es wird dort noch gekämpft. Oefilich von Smelina (südwestlich von Dünaburg) brachen unsere Truppen in die feindliche Stellung in einer Breite von 3 Kilometern ein, machten 9 Offiziere und 2000 Mann zu Gefangenen und erbeuteten 8 Maschinengewehre. Nordwestlich und südwestlich von Oschmjana ist unser Angriff im weiteren günstigen Fortschreiten. Der Gavia-Abschnitt beiderseits Subotniki ist überschritten. Der rechte Flügel ist vis in die Gegend von Nowo-Grodoc vorgekommen. j
Der Krieg.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold v. Bayern:
Der Molczadz-Abschnitt ist auch südöstlich des gleichnamigen Ortes überschritten. Russische Stellungen aus dem westlichen Mischanka-User beiderseits der Bahn Brest-Litowsk—Minsk wurden erstürmt und dabei 1000 Gefangene gemacht, 5 Maschinengewehre erbeutet. Weiter südlich wurde Ostrow nach Häuserkampf genommen. Ueber den Oginski-Kanal bei Telechany vorgegangene Abteilungen warfen die Russen in Richtung Dovroslawka zurück.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen:
Oestlich von Logischin fanden kleinere Kämpfe statt.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Nichts Neues.
Oberste Heeresleitung.
Wien, 22. Skplbr. Amtlich wird verlautbart vom 22 Sept. 1915 mittags: In Ostgalizien und in Wolhynien ist die Lage unverändert. AnderJkwa kam es an einigen Abschnitten zu heftigen Artillerie- kämpfen. Vereinzelte Versuche der Russen, über den Fluß vorzudringen, scheiterten bald am Feuer unserer Batterien. — Die in Litauen kämpfenden K. u. K. Streitkläste haben gestern im Raume Nowaja Misz eine russische Stellung durchbrochen. 960 Mann zu Gefangenen gemacht und 3 Maschinengewehre erobert. — Auf dem italienischen Kriegsschauplatz unterhielt gegenüber dem Nordabschnitt der Hochfläche von Lafraun die feindliche Infanterie heute durch mehrere Stunden vor Tagesanbruch ein sehr heftiges Feuer, ohne jedoch vorwärts zu kommen. Im Dolomitengebiete erhöhte die italienische Artillerie ihre Tätigkeit gegen den Monte Piano und das Gebiet beiderseits dieses Berges. — Südöstlicher Kriegsschauplatz. An der Save und unteren Drina Ar- tillerirkämpfe und Geplänkel. Pozarevac und vk. Gradiste wurden mit Bomben belegt. — Montenegrinische Artillerie beschoß Teodo.
Die deutsche Offensive gegen Serbien.
äxk. Berlin, 20. Sept. „Wir haben starke Armeen zu neuen Schlägen frei" sprach vor Monatsfrist der Reichskanzler unter dem Beifall der versammelten Volksvertreter bei der Reichstagseröffnung am 19. August. Diese Worte des leitenden deutschen Staatsmannes fanden in der gesamten Welt ein Echo und angstvoll begann man im Lager der Gegner Deutschlands und Oesterreich-Ungarns ein Rätselspiel, zu raten, wohin diese neuen Schläge treffen sollten. Ein kurzer Satz im Bericht der obersten Heeresleitung erzählt's dem aufhorchenden Europa. Am nördlichen Donau-Ufer stehen gegenüber von Semendria deutsche Batterien, die mit ihrem gewaltigen Baß die Ouvertüre einleiteten zu dem neuen Heldenepos des deutschen Kampfes gegen Serbien. Fast Jahre hatte der Kampf gegen Serbien geruht, jetzt wird er wieder ausgenommen und wie auf galizischem, polnischem und russischem Boden deutsche und österr.-ungarische Truppen Schulter an Schulter kämpfend die Waffenbrüderschaft zwischen den beiden mitteleuropäischen Kaiserreichen besiegelten, so stehen jetzt deutsche und österr.-ungarische Krieger vereint zur Bestrafung des Serbenvolkes, dessen jahrzehntelange Jntriguen gegen den Weltfrieden im Mord von Serajewo gipfelten und zur Entfachung des gewaltigsten Kriegsbrandes aller Zeiten führten.
Berlin, 21. Sept. (WTB.) Aus dem Großen Hauptquartier wird uns geschrieben: Der Kaiser begab sich vor einigen Tagen an die Ostfront zu erneuter Besichtigung der Festung Nowo Georgiewsk
und der Festung Kowno. Im Hafen von Nowo- Georgiewsk lag, über die Toppen beflaggt, unsere Weichselflotte. Unter Glockengeläut« und den Klängen der Nationalhymne erfolgte der Einzug in die Stadt, deren Mittelpunkt die im giößten Stil angelegte Zitadelle mit ihren für die Unterbringung von 10,000 Mann ausreichenden Kasernements bildet. Am Wohngebäude der Kommandantur hatte eine deutsche Granate den Weg in das Arbeitszimmer des ehemaligen Kommandanten gefunden und dort arge Verwüstungen angerichtet. Nach Besichtigung des Parks der über 3600 erbeuteten russischen Geschütze wurde die Fahrt zu den Forts angetreten, wobei namentlich Fort 2, von deutscher Landwehr erstürmt, eingehend besichtigt wurde. Vor der Weiterreise fanden Besprechungen mit dem Generalgouverneur von Warschau, General der Infanterie von Beseler, und dem Chef der dortigen Zivilverwaltung, Exzellenz von Kries, statt. — Auf der Fahrt nach Kowno wurden in Nasielks deutsche Truppen besichtigt und eine große Anzahl tapferer Kämpfer persönlich durch die Hand des obersten Kriegsherrn mit der wohlverdienten Auszeichnung des Eisernen Kreuzes geschmückt. Am Bahnhof Kowno empfingen den Kaiser Generalfeldmarschall von Hindenburg und Generaloberst von Eichhorn, aus deren Munde er einen Vortrag über die Kriegsereigniffe entgegennahm. Der Kaiser bestieg darauf mit dem Feldmarschall den Kraftwagen zur Fahrt über die von deutschen Pionieren im feindlichen Feuer über den Njemen geschlagene schwimmende Kriegsbrücke in die sahnen- und blnmrngeschmückte Stadt durch das Spalier der in begeisterten Jubel ausbrechenden Truppen und Krankenschwestern. Glockengeläute und Salut aus den eroberten russischen Batterien begleiteten die Fahrt. Kinder streuten Blumen vor den kaiserlichen Kraftwagen. Nach einer Parade auf dem Marktplatz wurde die römisch-katholische Kirche besucht, vor der unter Glockengeläute und Orgelklang großer Empfang durch die gesamte katholische Geistlichkeit von Kowno ftattfand. Es folgte eine Besichtigung der Festungs- anlagrn, wo besonders ein Volltreffer im Munitionsmagazin der Anschlußbatterie des Fort 4 die verheerende Wirkung unserer 42 om-Haubitzen deutlich vor Augen führte. Auf Hunderte von Metern waren die Granaten aus dem Munitionsmagazin und große Betonblöcke herumgeschleudert. Zur Abendtafel waren Generalfeldmarschall von Hindenburg, General von Eichhorn und der deutsche Gouverneur der Festung Kowno geladen.
Berlin, 23. Sept. (WTB.) Dem „Berliner Lokalanz." zufolge schreibt ein Kopenhagener Blatt über die Kämpfe bei Wilna, die Ruffenfront sei durchbrochen. Die Russen seien in schnellem Rückzug. Die sehr gefährliche Lage der Russen spreche für eine bald eintretende Katastrophe.
Petersburg. 22. Sept. (WTB.) Der „Rjetsch" veröffentlicht ein Manifest deS Zaren vom 13. Sept. betreffend Einberufung des ungedienten Landsturms. Der Aufruf besagt, daß der Feind ins Land eingebrochen und es deshalb nötig sei, mit neuen jungen Kräften die Armee zu stärken.
Lugano, 22. Sept. Die italienische Presse äußert sich sehr niedergedrückt über die Lage der russischen Armeen. „Corriere della Sera" hofft einen eiligen Rückzug der Russen, der sie der Hindenburgschen Zange entziehen werde. Auch der „Srcolo" hält die Lage der Russen für äußerst kritisch.
Wien, 23. Sept. (GKG) Dem „Deutschen Volksbl." zufolge meldet der Petersburger „Invalid" die Erkrankung des Großfürsten Nikolajewitsch in Tiflis. — General Rennenkampf wurde vom Zaren mit der Verteidigung von Petersburg betraut.
Berlin, 22. Sept. Aus Zürich meldet die „Nationalztg.": Der „Tagesanz." meldet aus Bukarest, der Ministerrat habe sich angesichts der neuen Balkanlage für das Verharren Rumäniens in der Neutralität entschieden.