Erscheint
Montag, Mittwoch, Kreitag und Samstag.
vierteljLhrl.: ß» Neuenbürg IL5. Nurch die Post bezogen? K« Mrts- und Nachbar- s«t».Verkehr ^ 1.39. S« sonstigen inILnd- Vrrkehr ^ 1.40; hiezu ze 20 ^ Bestellgeld.
A-»m,»ments nehmen alle »nstaHen »nd Postboten jederzeit entgegen.
Der «nztäler.
NnzsigLf wr Sas Lnztal unS Umgebung.
Amtsblatt wr sen VbLramlsbezirk Neuenbürg.
Anzeigenpreis:
die S gespaltene Zeile oder deren Raum 12 bei Auskunftserteilung durch die Lxped. 15^.
Reklamen die Sgesp. Zeile 25
Bei öfterer Insertion entsprech. Rabatt.
Fernsprecher Nr. 4.
Telegramm-Adresse: »EnztLler, Neuenbürgs
97.
Neuenbürg, Freitag den 18. Juni 1915
73. Jahrgang.
Der Krieg.
ckpk. Berlin, den 16. Juni 1915.
Di« Beute der deutschen Truppen in Galizien wächst ungeheuer. Seit dem 12. Juni bat allein die Armee des Generalobersten von Mackensen über 40000 Mann gefangen genommen und 69 Maschinengewehre erbeutet. Die Kämpfe dauern mit großer Hartnäckigkeit an, die geschlagenen russischen Armeen versuchen immer wieder und wieder an jeder ihnen geeignet erscheinenden Stellung erneut Widerstand zu leisten, doch wurden sie nach hartem Kampf geschlagen und weiter verfolgt. Nur zwischen den Dnjestr- Sümpfen und Zurawno gelang es den Russen sich etwas Luft zu machen und Raum zu gewinnen, die Gesamtlage wird jedoch dadurch nicht beeinflußt. Auf dem weiter nördlich liegenden östlichen Kriegsschauplatz erneuten die Russen ihre Angriffe östlich von Auguftow und nördlich von Bolimow ohne jedoch irgendeinen Erfolg verzeichnen zu können. Sie wurden überall mit blutigen Köpfen heimgeschickt, wahrend die im Nachbarabschnitte einsetzende deutsche Offensive von Erfolg gekrönt war, wie auf der Linie Lopowo- Kalwarja, wo die Deutschen mehrere Ortschaften eroberten, über 2000 Gefangene machten und drei Maschinengewehre erbeuteten.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz sind Franzosen und Engländer nochmals zur Offensive über» gezappen. Wie wir es an dieser Stelle bereits zu wiederholten Malen betont haben, daß diese westliche Offensive in starkem ursächlichem Zusammenhang mit den Niederlagen der Russen steht, so betont auch diesmal der Generalftabsbericht diese Zusammenhänge. Die Engländer griffen bei Ipern mit großen Kräften an und drückten die deutschen Linien etwas zurück, ohne jedoch eine Entscheidung zu erlangen, da um den Besitz der in Frage kommenden Geländeabschnitte noch gekämpft wird. Ein von vier englischen Divisionen unternommener Angriff am Kanal von La Bassee wurde zweimal von den westfälischen Regimentern und Teilen der Garde unter schweren Verlusten für die Engländer zurückgeworfen. Auf dein südlichsten Teil der Westfront in den Vogesen scheiterte gleichfalls ein Durchbruchsoersuch der Franzosen. Nur an einigen kleineren Uebergängen wird noch gekämpft.
Petersburg, 15. Juni. Eine bedeutende militärische Persönlichkeit soll sich demnächst nach Frankreich begeben, um dort die recht kritisch gewordene Lage der russischen Feldarmee darzulegen und die westlichen Verbündeten (Frankreich und England) zum energischen Vorgehen anzuspornen. Wie die „Voss. Ztg." versichert, ist diese Reise auf den Rat des Großfürsten Nikalai Nikolaijewitsch zurückzuführen, der dem Zaren schon klipp und klar erklärt hat, er könne für nichts einstehen, wenn England und Frankreich sich nicht sofort zu einer gewaltigen Offensive entschließen würden, die allein die deutschen Kräfte von der Ostfront nach Westen abzuleiten vermöge. Andernfalls müsse er seinen Rücktritt ins Auge fassen, da er außer Stande sei. mit seiner erschöpften Armee der gewaltigen Stoßkraft der Feinde Stand zu halten. Auch der Kriegsminister Suchomlinow ist in den letzten Tagen mehrfach zum Zaren berufen worden. Er äußerte sich dahin, daß der Zar höchst erstaunt darüber sei, daß die Verbündeten ihre militärischen Operationen so wenig den russischen anpaßten, so daß die Russen den Krieg allein auf ihren Schultern tragen müßten. Meratoff. der Gehilfe des Ministers des Aeußern, äußerte sich französischen militärischen Agenten gegenüber noch deutlicher, in dem er meinte, die westlichen Verbündeten geben durch ihre militärische Passivität dem Gerüchte über einen russischen Separatfrieden mit Deutschland und Oesterreich nur neue Nahrung. In ähnlichem Sinne spricht sich in den letzten Tagen die russische Presse aus.
Budapest. 17. Juni. Gefangene Offiziere erzählen. daß die russischen Sanitätsbehörden einen schweren, aber bisher erfolglosen Kampf gegen die Cholera führen. Die Krankheit soll namentlich unter den Truppen, die aus der Bukowina gedrängt sind, an Ausdehnung gewinnen. — „Pesti Naplo" berichtet über die heftigen Kämpfe, die vor Grodeck im Gange find und an Bedeutung gewinnen. Die deutschen Truppen haben hier festen Fuß gefaßt und erweitern die Bresche, welche die Verbündeten in die russische Front geschlagen haben. Die russischen Truppen- ttansporte sind noch nicht beendet. Die Verbündeten befinden sich neu ausgerüsteten Regimentern gegenüber, ein Beweis dafür, daß die Russen sich auf eine hartnäckige Verteidigung Lembergs vorbereitet haben. Der Großfürst Nikolai soll Befehl gegeben haben, Lemberg zu halten, und wenn es das Leben von Millionen kosten sollte.
Bukarest, 17. Juni. Nach hier vorliegenden Meldungen erklärte Sassonow einem Redakteur des „Rjetsch", daß Rußland fick auf keinen neuen Winterfeldzug vorbereitet, da der Krieg nach seiner Meinung viel eher beendet sein werde. Nach anderen vorliegenden Meldungen sind es innere Gründe, die Rußland bestimmen werden, den Krieg möglichst bald zu beenden.
Petersburg, 17. Juni. Die Berliner „Morgenpost" meldet, daß auf Grund eines Geheimberichts des Generalgouverneurs Fürst Jussupoff an den Minister des Innern, Maklakoff, in Moskau Unruhen ausgebrochen sind, die sehr ernster Natur waren. Auf der Hauptstraße, der Twerskaja, entfalteten Studenten und Arbeiter rote Fahnen und riefen: „Nieder mit den Volksmördern und dem blutigen Krieg!" Die Unruhen nahmen solchen Umfang an, daß bereits Truppen aufgeboten waren; nur auf Bitte des Stadlhaupts sah man von deren Eingreifen ab. Etwa 150 Verhaftungen wurden vorgenommen.
Wien. 17. Juni. Amtlich wird verlautbart: An der Jsonzofront schlugen unsere Truppen bei Plava wieder mehrere Angriffe unter schweren Verlusten für den Gegner ab. Im Felsgebiet des Krn dauern die Kämpfe der Gebirgstruppen fort. In Tirol wurden feindliche Vorstöße geaen das Tilliacher Joch im Tofane-Gebiet bei Tre Sassi Buchenstem und auf den Monte Coston (östlich Folgaria) zurückgeworfen.
Zürich. 17. Juni. Berichte des „Tagesanzeig." aus italienischem Gebiet beziffern die bisherigen Verluste der Italiener auf 7000 Mann. Große Erbitterung errege es, daß in Mailand bereits alle Lazarette überfüllt seien und die Namen der Verwundeten streng geheim bleiben müssen. Auch jede Benachrichtigung an die Familien sei untersagt. — Ein Runderlaß des italienischen Ministeriums an die Presse verbietet die fernere Veröffentlichung von Todesanzeigen für Angehörige des Heeres.
Köln. 16. Juni. Laut der „Köln. Zeitung" bereitet die Lage der italienischen Truppen in Libyen in Rom starke Sorge. Der „Corriere della Sera" erfährt, es dürfte unter keinen Umständen darauf verzichtet werden. Verstärkung dorthin zu schicken.
Fiume. 17. Juni. Das vernichtete italienische Lrnkluftschiff „CittL di Ferrara" hatte, wie die Untersuchung ergeben hat, 200 Bomben an Bord. In der Gondel wurde u. a. ein Verzeichnis der Baulichkeiten gefunden, die mit Geschossen belegt werden sollten. Die beiden Führer des Luftschiffes verübten sofort nach der Landung Selbstmord, um nicht in Gefangenschaft zu geraten.
London, 17. Mai. (Reuter.) Bei dem letzten Zeppelin an griff auf die Nordostküste wurden 16 Personen getötet und 40 verwundet. Das Pressebureau berichtet noch, bei dem Angriff am 6. Juni wurden 24 Personen getötet und 49 verwundet.
Compiögne. 16. Juni. (WTB. Agence Havas.) Am Montag abend zwischen 5 und 7 Uhr vernahm
man zwei furchtbare Explosionen. Man glaubte zuerst. Laß feindliche Flieger Bomben fallen ließen, erkannte dann aber, daß es Geschosse von deutschen Batterien waren, die 24 km von Compiöqne entfernt abgefeuert wurden. Die Geschosse fielen in einen Wald. Jedes von ihnen in den Boden gerissene Loch ist 10 m tief.
Stockholm. 17. Juni. (WTB.) Beim Ministerium des Aeußern eingelaufenen Nachrichten zufolge ist der englische Kohlendampfer „Arndale", nach Archangelsk unterwegs, am 12. Juni auf eine Mine gestoßen und 13 Seemeilen südlich Kap Orlow gesunken. — Mehrere Kapitäne teilen mit, daß sie Minen am Eingang des Weißen Meers gesehen haben.
London. 17. Juni. Die „Mornivgpost" gibt bekannt, daß die deutschen Unterseeboote während der letzten Woche 46 Schiffe, sowie 2 englische Torpedoboote versenkt haben. Von den 46 Schiffen waren 4 norwegische. 1 dänisch. 1 schwedisch, 2 französisck, 2 belgisch und 1 russisch. Die übrigen 34 Schiffe waren englische. Dazu kommen noch 2 Fischerboote, die von einem Zeppelin vernichtet wurden.
Haag, 17. Juni. Nach einer im Unterhause gemachten Mitteilung des Ministers Asquith betragen die Verluste der englischen Flotte seit Kriegsbeginn 13 547 Mann, einschließlich 804 Offiziere. Von den letzteren sind 549 tot, 181 verwundet und 74 werden vermißt. Von den Mannschaften fielen 7696, verwundet wurden 2272, vermißt werden 2785.
Paris, 16. Juni. (WTB.) Der „Temps" meldet: Die Liga der Menschenrechte hat die französische Regierung gebeten, amtliche Zahlen über die Verluste an Toten und Gefangenen bekannt zu geben, da ungeheuerliche Zahlen im Umlauf seien. Das Volk sei berechtig», die Wahrheit zu wissen. (Das Ersuchen ist nicht das erste; ob es mehr Aussicht haben wird als die früheren?)
Karlsruhe, 17. Juni. Das „Karlsruher Tageblatt" schreibt: Es ist vielleicht nicht ohne Bedeutung und läßt auf die Gemütsverfassung der feindlichen Flieger schließen, daß viele Bomben in der Nähe von Lazaretten niedergeworfen wurden. Ohne Zweifel sollte die ganze Stadt in Aufregung versetzt und in Mitleidenschaft gezogen werden; denn der Weg der Flieger führte von der Gerwigstraße bis hinaus zur Westftadt in die Jorkstraße. Man darf also wohl annehmen, daß hier mit den rohesten Mitteln ein „Erfolg" nach französischer und englischer Art konstruiert werden sollte. — Die Zahl der Toten wäre aber lange nicht so groß, wenn das Publikum nicht in ganz unverantwortlicher Weise seiner Sensationslust gefröhnt und sich auf der Straße aufgehalten hätte. Das geht mit Sicherheit schon daraus hervor, daß in einem Haus niemand getötet wurde. Die Anweisungen, die durch Behörden usw. in den Zeitungen veröffentlicht wurden, fanden viel zu wenig Beachtung. Sicher ist aber auch, daß die Vorkehrungsmaßnahmen noch nach allen Richtungen verstärkt und zuverlässiger ausgestaltet werden müssen, so daß schon beim Nahen eines feindlichen Fliegers Alarm gemacht wird und nicht erst, wenn Opfer gefallen sind oder die feindliche Absicht ohne weiteres klar geworden ist. Andererseits darf das Publikum sich nicht in Sorglosigkeit wiegen und eine feindliche Aktion als ein seltenes Schauspiel genießen wollen. Es war betrübend, sehen zu müssen, daß das Publikum der ihrer Pflicht obliegenden Schutzmannschaft gegenüber das Benehmen eines eigensinnigen Kindes zeigte.
Karlsruhe, 17. Juni. (WTB.) Der Großherzog telegraphierte heute dem Oberbürgermeister Siegrist, der Kaiser habe ihm seine tiefe Empörung über den ruchlosen Angriff auf das liebe Karlsruhe telegraphisch ausgedrückt. Die armen unschuldigen Opfer der Bürgerschaft, mit der er sich in Freud und Leid verbunden fühlte, hätten ihn sehr betrübt.