Extrablatt -cs EnMcrS.

Ausgegeverr: Neuenbürg, den 22. Dezember 1914, mittags 12 Uhr.

Der Krieg.

Telegramm des Wölfi schen Büros an denEnztäler".

(WTB.) Den 21. Dez., 6.30 Uhr nachm.

Großes Hauptquartier, 21. Dez., vorm. Amtlich.

Französische Angriffe bei Nierrport wurden auch gestern abgewiesen. Zwischen Richebourg l'Avoue und dem Kanal d'Aire a la Bassee griffen unsere Truppen die Stellungen der Engländer und Inder an. Die feindlichen Schützengräben wurden gestürmt. Der Feind wurde unter schweren Verlusten aus seinen Stellungen geworfen. Wir erbeuteten 1 Ge­schütz, 5 Maschinengewehre, 2 Minenwerfer und nahmen 275 Engländer und Inder, darunter 10 Offiziere, gefangen.

Der bei Notre Dame de Lorette an den Gegner verlorene Schützengraben wurde wieder zurückerobert. In der Gegend Souain-Massiges, nordöstlich Cha- lons, griffen die Franzosen gestern heftig an und drangen an einer Stelle bis in unsere Vorgräben vor. Ihre Angriffe brachen jedoch gänzlich in unserem Feuer zusammen. 3 Offiziere, 310 Mann ließen die Franzosen in unseren Händen. Eine große Zahl gefallener Franzosen liegt vor unseren Stellungen.

In den Argonnen nahmen wir eine wichtige Waldhohe, le Four de Paris, eroberten 3 Maschinen­gewehre, 1 Revolverkanone und machten 275 Fran­zosen zu Gefangenen. Die mit großer Heftigkeit geführten Angriffe der Franzosen nordwestlich Verdun scheiterten gänzlich.

Die große Regsamkeit der Franzosen vor unserer Front ist erklärlich durch folgenden, bei einem ge­fallenen französischen Offizier gefundenen Heeres­befehl des Generals Joffre vom 17. Dez. 1914: Seit 3 Monaten sind die heftigen und ungezählten Angriffe nicht imstande gewesen, uns zu durchbrechen. Ueberall haben wir ihnen siegreich widerstanden. Der Augenblick ist gekommen, um die Schwäche uuszunützen, die sie uns bieten, nachdem wir uns verstärkt haben an Menschen und Material. Die Stunde des Angriffs hat geschlagen. Nach­dem wir die deutschen Kräfte in Schach gehalten haben, handelt es sich darum, sie F brechen, um unser Land endgültig von den Eindringlingen zu befreien. Soldaten! mehr denn je rechnet Frankreich auf eueren Mut, euere Energie und eueren Willen, um jeden Preis zu siegen. Ihr habt schon gesiegt an der Marne, an der User, in Lothringen und in den Vogesen. Ihr werdet zu siegen verstehen bis zum schließlichen Triumph. Joffre."

In Ost- und Westpreußen ist die Lage un­verändert.

In Polen fortschreitende Angriffe gegen die Stellungen, in denen der Feind Front gemacht hat.

Oberste Heeresleitung.

Rom, 21. Dez. Fürst Bülow verhandelte ern mit Salandra und wurde dann vom König Audienz empfangen.

Berlin, 21. Dez. Aus Rosendaal wird dem ckalanzeiger« gemeldet: Wut und Entrüstung >r England sprechen aus den erregten Schilde- gen der hier eintreffenden Flüchtlinge belgischer stenorte. Angesehene Einwohner erzählen, daß sie Le Havre die Zusicherung erhalten hätten, ein mbardement der Küste würde nicht mehr vorge- amen. Trotz aller osfizieller Versprechungen hätten Engländer den Angriff wiederholt. Der Haß en dierücksichtslosen Mordbrenner" entlädt sich kräftigen Beschimpfungen. Man lobt das Bor­en der Deutscken und gesteht zu, daß sich die

Landwehrleute bescheiden und einfach benehmen. Sie begnügen sich mit dem, was wir ausbringen können und machen uns die bösen Tage feindlicher Herrschaft so erträglich, wie es den Umständen ent­spricht".

Berlin, 21. Dez. Aus Amsterdam wird der Nationalzeitung" gemeldet: Der auf Seiten der verbündeten Armeen befindliche Berichterstatter der Tidende" teilt mit, daß neue Truppen aus England angekommen und in Le Havre an Land gesetzt sind. Der Berichterstatter knüpft an diesen Vorgang die Folgerung, daß die Engländer nunmehr ihr Augen­merk aus den Kanal vor Zeebrügge nach Gent ge­richtet haben und alles daran setzen wollen, um Ostende wiederum zu gewinnen. In den Fab­riken von Schneider-Creuzot wird mit Hochdruck gearbeitet.

Berlin, 21. Dez. Aus Turin wird demBer­liner Tageblatt" gemeldet: DerMattino" meldet aus London, daß demnächst eintausend Mann starkes italienisches Freiwilligenbataillon aus London nach dem Kriegsschauplatz in Frankreich abgehen wird. In dem Bataillon befinden sich auch Spanier, Mexi­kaner und Argentinier. Das Garibaldi-Korps, das bereits in Frankreich steht, ist inzwischen auf 20000 Mann angewachsen.

Berlin, 21. Dez. (WTB.) Aus Mailand wird demLokalanzeiger" gemeldet: DerCorriere della Sera" erklärt auf Grund von an bester auswärtiger Stelle eingezogenen Erkundigungen Mitteilen zu können, daß man in Tokio zwar durch die Einladung Frank­reichs sehr geschmeichelt sei, aber weder die Absicht, noch den Wunsch hege, Truppen nach Europa zu senden.

Genf, 20. Dez. Für die gestrige Schlappe der Verbündeten bei Neukappel in Flandern, wo die Deutschen große Reihen gegnerischer Lauf­gräben einnahmen uns zahlreiche Gefangene machten, sind nach dem Wortlaut der Note des Generalissimus Joffre die Engländer allein verantwortlich. Dagegen gesteht der amtliche Tagesbericht zu, daß bei Mur-. court eine deutsche Kompanie durch Handgranaten die Franzosen aus ihren vorgestern bezogenen Stell­ungen vertrieb und daß der von den Deutschen bei St. Hubert im Argonnenwald errungene Gelände- vorteil noch verstärkt wurde.

Genf, 20. Dez. Die Gazette Lausanne meldet ein bedeutsames Eingeständnis ihres Pariser Kor­respondenten wegen der Mißstimmung zwischen Frankreich und England. Das Volk murre überall auf den Straßen, in den Kaffees und in den Salons. Die Erbitterung sei unverkennbar. Englands Armee entspreche nicht Englands Politik. Die bisherige Hilfe sei unbedeutend und England mache jetzt allzu langsame Anstrengungen, es wolle den Krieg absichtlich zu eigenem Vorteil in die Länge ziehen. Ein solches Phlegma sei jetzt unangebracht, weil Belgien zertrümmert sei und Frankreichs unter fremdem Joch schmachte. Das könne unmög­lich so weiter gehen. Falls das Volk überzeugt sei, daß England egoistisch auf seinen sicheren Inseln sitze, anstatt Hilfe in vollem Umfang zu leisten, werde das Volk den Einflüsterungen nachgeben und einen Sonderfrieden mit Deutschland schließen.

Amsterdam, 21. Dez. Wie derVoss. Ztg." mitgeteilt wird, meldet derTelegraaf" auf Sluis: Die Verbündeten kämpfen an der User auf Booten und Flößen, vor allem aber auf den trockenen Lünenkämmen bei Lombarzyte, wo der Kampf am heftigsten tobt. Bei Krymaeejen ist das Ziel des Kampfes, die Deutschen zur Räumung von Dix- muiden zu zwingen. Ter englische Bericht über einen Durchbruch bei Mittelkerte ist wieder falsch; auch daß Roussrlaere durch die Verbündeten besetzt sei, ist zu bezweifeln.

Wien, 2l. Dez. (WTB.) Amtlich wird ver­lautbart am 21. Dez., mittags: In den Karpathen machte unser Angriff im oberen Flußgebiet der Latorcza gute Fortschritte. Nordöstlich des Lupkower Passes an der Front nördlich KrosnoTuchow und am unteren Dunaje wird weiter gekämpft. Die Lage in Südpolen hat sich nicht geändert.

Wien, 21. Dez. Mehrere tausend Genüssen stießen nach Ueberschreitung der ägyptischen Grenze

mit indischen Truppen zusammen und schlugen diese. Sie sind bereits bis Gara an der Karawanenstraße nach Kairo vorgedrungen.

Berlin, 21. Dez. Aus Konstantinopel wird dem Lokalanzeiger" gemeldet: In einer Unterredung mit dem Korrespondenten desBerliner Lokalanzeigers" betonte Feldmarschall von der Goltz, daß die Türkei jetzt den richtigen glücklichen Moment wählte, um die Offensive zu ergreifen, und daß er zu den jungen leitenden Kräften großes Vertrauen habe.

Rom, 21. Dez. Die Zahl der bei Livorno an den Strand geschwemmten englischen Helme mehren sich zusehends. Heute sind es ihrer schon über vierzig. Außerdem sahen, wie sich dasBerl. Tagebl." berichten läßt, Fischer auf dem Meere bei der Insel Gorgia Hunderte und aber Hunderte eng­lischer Helme treiben. Auch Rettungsgürtel wurden vielfach angeschwemmt. Es handelt sich also offen­bar um den Schiffbruch eines englischen Truppen- transportschiffes.

Berlin. 21. Dez. (WTB) DieNordd. Allg. Ztg." meldet: S. M. der Kaiser empfing vor seiner Abreise zur Front Hrn. Prof. W. Lukas von Cra- nach, unseren bekannten Schmuckkünstler, zur Ueber- reichung eines Kriegsringes. Der Kaiser sprach dem Künstler, wie uns mitgeteilt wird, seine Befriedigung über die künstlerische Arbeit aus.

Zur Verlustliste Nr. 35 sind folgende Name zu verzeichnen:

Infanterie-Regiment 125, Stuttgart 2. Kompanie:

Landwehrm. Ernst Holl, Pfinzweiler, bish. vermißt,

ist verletzt.

6. Kompanie:

Reservist Paul Dietrich, Neuenbürg, bish. vermißt,

war erkrankt.

8. Kompanie:

Musketier Friedrich Gall II, Dennach, bish. vermißt,

war verwundet.

10. Kompanie:

Musketier Ernst Aßmann, Birkenfeld, bish. vermißt,

ist verwundet.

11. Kompanie:

Landwehrm. Friedrich Faaß, Höfen, bish. vermißt,

war verwundet.

Zur Verlustliste Nr. 51 sind folgende Namen zu verzeichnen:

Infanterie-Regiment 125 10. Kompanie:

Reservist Hermann Barth, Calmbach, bish. vermißt,

verwundet.

Zur Verlustliste Nr. 68 sind folgende Namen zu verzeichnen:

4. Kompanie:

Ersatzreservist Friedrich Theurer, Calmbach, bisher

vermißt, ist verwundet.

5 Kompanie:

Musketier Emil Adam. Loffenau, bish. vermißt, ist

verwundet.

Leiste Nachrichten u» TelMramW--

Den 22. Dezember 1914, mittags.

Kopenhagen. (Privattel.) Zum Schutze gegen Zeppeline und Flieger hat die Herzogin von Marl- borough, wie andere wohlhabende Leute, ihre Häuser in London durch Eisengitter schützen lassen. Vielfach werden Feuerwachen aufgestellt. Aus der Nationnalgallerie wurden die wertvollsten Gemälde entfernt.

Rotterdam. (Pnv.-Tel.) Dover ist für den gewöhnlichen Cchiffahrtsverkehr geschlossen. Auch der Personenverkehr von Folkestone nach Calais ist eingestellt.

Basel. (Priv.-Tel.) Das Kriegsgericht in Rennes verurteilte den deutschen Kriegsgefangenen Heinrich Vollmershausen zu 1 Jahr Gefängnis, weil er in einem französischen Hause einige französische Order.sdekorationen als Andenken angeblich eingesteckt hatte.

Budapest. (Privattel.) Zwei russische Dampfer mit 9 Schleppdampfern, Soldaten und Munition beladen, sind in Serbien gelandet.

Druck und Verlag der C. Meeh'schen Buckdruckerei des EnztLlers. Verantwortlicher Redakteur C. Meeh in Neuenbürg.