Ei» Kampf in der Luft.
Ueber einen Kampf in den Lüsten, den er auf seiner Tour zu überstehen hatte, erzählt ein deuischer Flieger, wie wir dem „Nieuwe Notterdamschen Courant" entnehmen, folgendes: Ich hatte den Auftrag bekommen, die Stellungen der englischfranzösischen Truppen nach der englischen Niederlage bei Mons festzustellen. Ein Offizier ging als Beobachter mit. Wir flogen zuerst in südlicher Richtung die Hauptstraße nach Paris entlang, die durch einen prächtigen Wald führt, in dem etwa 40000 Einwohner aus dieser Gegend Zuflucht gesucht haben. Nach einem etwa einstündigen Fluge, bei dem wir seststrllen konnten, daß die Engländer sich zurückzogen — wir sahen noch etwa 100 verlassene Autos nicht allzu entfernt von der Stelle, wo die französische Artillerie gemeinsam mit der englischen Infanterie eine neue Stellung einnahm —, machte der Beobachtungsoffizier eine Skizze, und wir kehrten um. In
I diesem Augenblick erblickte ich etwa 300 Meter über I mir einen Bristol-Doppeldecker, der uns verfolgte. Wir befanden uns in etwa 1600 Meter Höhe. Da mein Eindecker eine geringere Schnelligkeit besaß als der Bristol, holt« er uns bald ein. Vergebens § machte ich den Versuch, über den Feind zu kämmen; es gelang mir aber nicht. Im Gegenteil, der Bristol hielt sich immer genau über uns. Mein Gott, wann wird die Bombe, die wir jeden Augenblick erwarteten, einschlagen! Der Doppeldecker ließ sich weiter und weiter herab und war noch kaum 150 Meter über uns. Wir hatten das Gefühl, das ein Vogel haben muß, wenn der Falke über ihm schwebt. Wir glaubten, daß der Feind näher herankam, um ein sicheres Ziel für seine Bombe zu haben. Wir zogen unsere Repetierpistolen und begannen zu schießen. Es war uns inzwischen glücklicherweise klar geworden, daß der Engländer keine Bomben besaß oder daß er sie nicht vorn aus seinem Flugzeug werfen konnte, da Motor und Propeller vorn angebracht waren. Es war ein entsetzlich aufregender Moment. Der
Zweidecker war noch weiter gesunken, und jetzt begann das Gefecht auf beiden Seiten. Beobachter und Führer des Doppeldeckers eröffnet«« ihr Feuer, als wir in gleicher Höhe in etwa 150 Meter Abstand flogen. Offenbar halten sie nur Pistolen und wagten nicht, näher zu kommen, aus Angst, daß wir unserseits mit Bomben werfen könnten. Minute auf Minute verlief. Es schienen uns Stunden. Ich hatte das Gefühl, daß meine Maschine ermattete, und glaubte jeden Augenblick, mein Ende sei ge- kommen. Das dauerte eine halbe Stunde. Dann stieß mich mein Beobachter an die Schulter und zeigte mir, etwa 300 Meter höher, einen kleinen französischen Bleriot, der in rasender Fahrt heran- sauste, um dem Bristol-Doppeldecker beizustehen. In Kreisen fuhr er um uns herum, und die Kugeln pfiffen uns um die Ohren. Aber da hörten wir plötzlich durch das Knattern des Motors Kanonenschüsse. Wir waren über den deutschen Truppen angelangt, die den Bristol und Bleriot beschossen.
Druck und Verlag der C. Meeh'schen Buchdruckerei des EnztLlers. — Verantwortlicher Redakteur C. Meeh in Neuenbürg.