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Neuenbürg, Samstag den 13. Juni 1914.

72. Jahrgang.

RunSrchau.

Der Kaiser weilt zur Stunde wiederum auf Schloß Konopischt in Böhmen als Jagdgast des Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand von Oesterreich, mit welchem den Kaiser, wie man weiß, längst eine innige persönliche Freundschaft verbindet. Bald nach Beendigung seines jüngsten Besuches in Schloß Konopischt tritt Kaiser Wilhelm seine gewohnte allsommerliche Reisetournee an. Sie führt ihn diesmal zunächst nach Hannover, wo er am 19. und 20. Juni anwesend sein wird. Am 20. Juni nachmittags begibt er sich nach Hamburg weiter, wo er dem Stapellaufe des dritten neuesten Riesendampfers der Hamburg-Amerika-Linie beiwohnt und auch seine Taufe vollzieht. Weiter wird er dann bei den Rennen in Horn und der Wettfahrt des norddeutschen Regattevereins auf der Untsrelbe zugegen sein. Am 24. Juni nimmt der Kaiser an der Feier anläßlich der Vollendung der Erweiterungsbauten am Kaiser Wilhelms-Kanal in Holtenau teil, woraus dieKieler Woche" nachfolgt. An sie schließt sich wiederum die norwegische Erholungsreise des Kaisers an.

Berlin, 12. Juni. Der Einspruch aus­ländischer Regierungen gegen eine Heran­ziehung fremder Staatsangehöriger zum Wehr­beitrag ist. wie derDeutsche Kurier" erfährt, von der deutschen Regierung glatt abgelehnt worden. Die Antwort an die holländische Regierung, die zuerst Beschwerde erhoben hat. ist kürzlich ergangen und stützt sich auf die unwiderlegliche Tatsache, daß der Wehrbeitrag keine Kriegssteuer im Sinn der Handelsverträge ist, sondern eine normale Friedens- steuer in einer von dem Herkömmlichen abweichenden Erhebungsform. Es könne daher keine Rede davon sein, daß Ausländer von der Bezahlung des Wehr- beitrags befreit werden. Gleichlautende Antworten dürften auch die anderen beschwerdeführenden Re­gierungen. darunter Belgien, Frankreich und Ruß­land. erhallen.

Berlin, 12. Juni. Das Abgeordnetenhaus nahm die Besoldungsvorlage in dritter Lesung an.

Karlsruhe, 10. Juni. Der Großherzog empfing heute vormittag den Vorsitzenden des Prä­sidiums der Deutschen Gesellschaft für Kaufmanns- Erholungsheime. Kommerzienrat Baum Wies­baden, den stellvertretenden Vorsitzenden und andere. Der Großherzog sprach seine hohe Befriedigung darüber aus, daß es der Gesellschaft dank der Opfer­willigkeit der deutschen Industrie und der Kaufmann­schaft möglich sei, in den drei Jahren ihres Bestehens schon sieben Heime zu eröffnen, bezw. in Bau zu nehmen. Es erfüllte ihn mit besonderer Freude, daß die Gesellschaft sich entschlossen habe, auch in dem badischen Schwarzwald ein Heim zu eröffnen. (Hoffentlich ist damit der württemb. Schwarzwald nicht ausgeschaltet.)

Was der französischen MinifterkriLis von Anfang bis zu der nunmehrigen Lösung den Stempel aufdrückte, das ist der von uns von jeher betonte große Widerstreit zwischen den einzelnen Parteigruppen, die ihre Macht rest- und skrupellos ausnützen, bei denen es keine Teilung, fordern nur einen rücksichts­losen Kampf um den Brotkorb gibt. Man kann einem Manne, wie dem Senator Ribot, der trotz seines hohen Alters von mehr als siebenzig Jahren die Lenkung des verfahrenen Karrens in die Hand genommen hat. die Anerkennung nicht versagen, aber die Verhältnisse wird auch er nicht bessern, es sei denn, daß er zunächst eine Weiterführung der parla­mentarischen Arbeiten dadurch versucht, daß er von der Lösung der beiden Hauptfragen, der Militär- dienftzeit, die ja eigentlich erledigt ist und nur von den radikalen Gruppen neu angeschnitten werden will, und der Einführung der progressiven Einkommens­steuer, absieht, sie dilatorisch zu behandeln, sie hinaus­zuschieben versucht. Sobald aber diese Fragen wieder aufs Tapet gebracht werden, werden sich auch die

alten Gegensätze in unverminderter Schärfe wieder einstellen.

Mit Ach und Krach ist endlich in Frankreich ein neues Ministerium unter Ribot als Ersatz für das zurückgetretene Kabinett Doumergue zustande gekommen. Da indiß die jetzige radikal-sozialistische Mehrheit der Deputiertenkammer im neuen Kabinett nicht vertreten ist, so wird es sich wohl schwerlich lange zu halten vermö'gen. Bereits hat denn auch die Gruppe der bürgerlichen Radikalen zusammen mit jener der Vereinigten Sozialisten Stellung gegen das Ministerium Ribot genommen. Beide Gruppen traten am Mittwoch nachmittag zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen, um die Lage zu besprechen. Das hierüber aufgenommeNe Protokoll besagt, daß die Gruppe der Radikalen und Sozialistisch Radikalen einmütig erklärt habe, daß das Ministerium Ribot durch seine Zusammensetzung nur auf eine Mehrheit der Rechten sich stützen könne, und daß die Partei der Radikalen und der Sozialistisch-Radikalen die Pflicht habe, ihm ihr Vertrauen zu verweigern. Die Gruppe beschloß durch geheime Abstimmung mit 109 gegen 4 Stimmen, daß alle Mitglieder der Gruppe mit diesem Beschlüsse sich einverstanden erklären und in demselben Sinne abstimmen müßten.

Paris, 12. Juni. In der Kammer sind die Tribünen gesteckt voll, und auf den Treppen drängt sich noch eine Menschenmenge, in der Hoffnung, noch einen Platz zu bekommen. Auch die Diplomatenloge ist gut besetzt, denn nicht nur Frankreich, sondern ganz Europa wartet mit Spannung aus den Ausgang der heurigen Kammsrsitzung. Um 2 Uhr eröffnet Deschanel die Sitzung und erteilt sofort dem Ministerpräsidenten Ribot das Wort zur Verlesung der ministeriellen Erklärung. Man klatscht Beifall, als er sagt, Frankreich habe eine Regierung nötig, die sich vor allem mit den Lebensinteressen der Nation befaßt. Als er von Marokko spricht, wird von sozialistischer Seite gerufen:Nieder mit Marokko!" Ribot erklärt dann weiter, daß er nur mit einer republikanischen Mehrheit regieren wolle. Der royalistische Abgeordnete Delahaye pro­testiert dagegen und wird zur Ordnung gerufen. Ribot kam dann auf die wichtigste Stelle seines Programms, seine Stellung zum Dreijahres­dienst. Er sagte: Da sich bisher nichts an dem militärischen Gleichgewicht Europas geändert habe, könne Frankreich nichts an dem kaum in Wirkung getretenen Gesetz über die dreijährige Dienstzeit ändern, wolle es sich nicht jeder Sicherung und des mora­lischen Erfolges begeben, der durch die Annahme des Gesetzes erzielt worden sei, und die Frage offen lassen, was sich bei einer Verschiebung des militä­rischen Stärkeverhältnisses für Mittel und Wege finden lassen werden, um eine Aenderung des drei­jährigen Dienstes herbeizuführen. Ribot fuhr fort, im Gegenteil müßte noch mehr geschehen, und die Regierung sehe sich gezwungen, die Kammer zu bitten, so schnell wie möglich ein Gesetz anzunehmen, das den militärischen Vorbereilungsunterricht für die Jugend obligatorisch macht. Bei Verlesung dieses Abschnitts wird der Redner stürmisch unterbrochen, und mehrere Sozialisten riefen: Nieder mit der drei­jährigen Dienstzeit, während das Zentrum und die Rechte Beifall klatschen. Im Hinblick auf die äußere Politik sagt Ribot. daß sich Frankreich von den bisherigen Gesichtspunkten leiten lassen werde. Der Anschluß an Rußland werde im Interesse des allgemeinen europäischen Friedens aufrecht erhalten bleiben. Bei der Besprechung kam zuerst Dalimier zu Wort, er greift das Ministerium ebenfalls an, das die Radikalen nicht bezwingen werde. Er bringt alsdann folgendes Mißtrauensvotum ein: Die Kammer ist. indem sie den Willen der Wählerschaft respektiert, entschlossen, nur einer Regierung ihr Vertrauen zu bewilligen, welche fähig ist, die Einigkeit der Kräfte der Linken zu verwirklichen. Darauf erhob sich Sem bat, der

dem Ministerium Ribot alle Fähigkeit obspricht, das Land zu befriedigen. Die Wähler hätten nach den Wahlterminen sicher etwas anderes erwartet, als ein Ministerium Ribot. Die Radikalen verlangen, daß zuerst das von Dalimier eingebrachte Mißtrauens­votum zur Abstimmung gebracht werde. Ribot aber, um den Vorzug eines Vertrauensvotums, das ihm roa andrer Seite gestellt wurde, zu erhalten, lehnte den Antrag der Radikalen ab. Es wird ab­gestimmt. Die Abstimmung ergibt überraschender­weise, daß der radikale Antrag mit 306 gegen 262 Stimmen angenommen wi:d. Dadurch befand sich das Ministerium in der Minderheit und Ribot mit seinen Mitarbeitern verlassen die Ministerbank. Verfaffungsgemäß hat er also demissioniert. Das Mißtrauensvotum Dalimiers wird alsdann mit 374 gegen 187 Stimmen angenommen, und die Kammer vertagte sich. Dis große Mehrheit, die sich gegen das Kabinett aussprach, hat selbst unter den Geeinigten Radikalen Ueberraschung hervorgerufen. In parlamentarischen Kreisen nimmt man es als selbstverständlich an, daß der Präsident der Republik einen der Führer der Geeinigten Radikalen mit der Bildung des neuen Kabinetts betrauen müsse. (N. d. Straßb. P.)

Der Alarm, der durch den Zwischenfall von Durazzo verursacht worden ist, war weiter nichts als die Bestätigung, daß bei dem Wechselbalg, den man mit Albanien unter die europäischen Stoatengebilde eingereiht hat, die Zwietracht und das Mißtrauen zwilchen Italien und Oesterreich an der Wiege ge­standen sind. Keiner der beiden Staaten traute dem andern, keiner wollte dem andern Einfluß in dem neuen Ländchen gewähren, und so sind sie soweit gekommen, daß jeder den andern überwacht, ja daß sie sich geradezu durch Parteinahme ihres eigenen Ansehens begeben. Oesterreich protegiert die christliche Bevölkerung des Landes, gut, so protegiert Italien die muhammedanische, da diese beiden Faktoren um die Vorherrschaft streiten, so ist auch der schönste Widerstreit zwischen den beidenProtektoren" da mit der Folgeerscheinung, daß, wenn es sich um wichtigere Fragen handelt, der einehebt" und der andere nicht fahren" läßt. Hilflos zwischen allen aber steht der Fürst ohne Land, Fürst Wilhelm von Albanien.

Die Regierung des Fürsten Wilhelm will jetzt gegen die albanischen Aufständischen endlich tatkräftig Vorgehen, zu welchem Zwecke sie von den Regierungsstreitkräften gleichzeitig von drei Seiten aus angegriffen werden sollen. Wohl als Einleitung zu dieser «»gekündigten Offensive gegen die Auf­ständischen ist eine Parade zu betrachten, welche Fürst Wilhelm am Dienstag in Durazzo über die dort zusammengezogenen Streitkräfte der Regierung, be­stehend aus Malifforen, Miriditen und Gendarmen, abnahm.

Durazzo, 11. Juni. Unter 2000 Albanern, die auf Befehl der Regierung gegen die Auf­ständischen marschieren sollten, gab es gestern einige Widerspenstige. Es kam bei der Entwaffnung zu einem kleinen Handgemenge, bei dem zwei Mann getötet wurden. In Durazzo ist alles ruhig. Im Lager der Aufständischen in Schiak befinden sich gegenwärtig nur noch die Banden, die gegen Ent­lohnung unter den Waffen geblieben sind. Die übrige Bevölkerung ist zum größten Teil in ihre Dörfer zur Feldarbeit zurückgekehrt. In Tirana befinden sich nur etwa 300 Mann unter den Waffen, mit denen die übrige Bevölkerung, die gleichfalls die Feldarbeit wieder ausgenommen hat, nicht gemeinsame Sache macht. Die unter den Aufständischen aus­gebrochene Uneinigkeit tritt auch hier zutage.

In Bulgarien dauern die Ausschreitungen gegen die dortige griechische Bevölkerung fort. Die griechische Regierung hat der bulgarischen Re­gierung bereits Schadenersatzforderungen unterbreiten lassen. Das Scheitern des in Berlin unter­nommenen Anleiheversuches Bulgariens wird