Zweites

Blatt.

Der «nztSler.

Zweites

Blatt.

^ 73.

Reuen bürg, Freitag den 8. Mai 1914.

72. Jahrgang.

RunSschau.

Berlin, 5. Mai. An den diesjährigen Kaiser- manövern werden das 7., 8., 11., 18. und das 2. und 3. bayerische Armeekorps teilnehmen, ebenso noch Truppen anderer Armeekorps. Damit wird dieses Kaisermanöver das größte und umfangreichste sein, das bisher in der preußischen und deutschen Armee stattgefunden hat. Bemerkenswert ist auch die Art und Weise, mit der das Kaisermanöver diesmal vor sich gehen wird. Im Vorjahre hatte die Manöverleitung den kommandierenden Generalen bestimmte Angaben zugestellt, diesesmal dagegen werden die beiderseitigen Armeeoberkommandos völlig freie Hand haben. Der Beginn der Manöver ist auf den 14. September festgesetzt worden. Letzter Manövertag ist der 18. September.

Paris, 6. Mai. Von den gestrigen Erklär­ungen des Kriegsminsters v. Falkenhayn im Reichstag hat hier das größte Interesse der Hinweis auf den ganz besonders günstigen Gesundheits­zustand in der deutschen Armee im Jahre 1913 gefunden. Durch diese amtlichen Erklärungen wird der hier wiederholt selbst von fachmännischer Seite unternommene Beschwichtigungsversuch hinfällig, die schweren Epidemien in den französischen Garnisonen aus Ursachen zurückzuführen, die für alle großen kontinentalen Armeen die gleichen sein sollen. Stark überrascht hat die Ankündigung des Kriegsministers, daß es Ende 1914, falls sich nicht neuer Bedarf einstellt, keine Lücken mehr im deutschen Unteroffi­zierskorps geben wird. Dieser in aller Stille erzielte Erfolg der deutschen Kriegsverwaltung imponiert hier umsomehr, als alle von französischer Seite gemachten sehr kostspieligen ähnlichen Anstrengungen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind.

Berlin, 7. Mai. Eine Abordnung der nach Deutschland kommenden englischen Arbeiter und Angestellten dürfte am 20. Mai auch durch den Reichskanzler empfangen werden.

Aus Berlin wird berichtet: Auf dem Sport­platz der Hochschule am großen Stern im Grunewald schoß sich vorgestern abend der 30 Jahre alte Monteur Michael Badke eine Kugel in die rechte Schläfe. Er wurde sterbend ins Krankenhaus ge­bracht. Badke wollte sich am nächsten Samstag verheiraten. Er hat die Tat aus Furcht vor der Ehe begangen.

Leipzig. 6. Mai. Heute mittag fand hier die feierliche Eröffnung der Internationalen Aus­stellung für Buchgewerbe und Graphik durch den König von Sachsen statt.

Breslau. 7. Mai. Wie verlautet, soll der vorläufig ermittelte Wehrbeitrag der Provinz Schlesien 57^/4 Millionen Mark erreichen.

Auf der Belchenspitze im badischen Schwarzwald ist der Anwaltsgehilfe Vogel fand auf einer ver­eisten Schneefläche ausgeglitten und 50 Meter tief abgestürzt. Er überschlug sich mehreremale und wurde tätlich verletzt aufgefunden.

Brüssel, 6. Mai. Gestern abend fand hier eine große Kundgebung zugunsten Mexikos statt. Sie war von der südamerikanischen und spanischen Kolonie veranlaßt worden. Zahlreiche, zum Teil recht scharfe Reden wurden gegen die Haltung der Vereinigten Staaten gehalten. Die Zusammenarbeit des lateinischen Amerika wurde wiederholt als zweckmäßig bezeichnet. Nach Schluß der Versammlung zogen die Teilnehmer in geschlosse­nem Zuge durch die Straßen zum mexikanischen, chilenischen und argentinischen Konsulat, wo begeisterte Hochrufe ausgebracht wurden.

In der spanischen Landeshauptstadt Madrid streiken die Bäcker; dadurch ist empfindlicher Brot­mangel eingetreten. Die Militärbäckereien sind des­halb beauftragt worden, auch für die Zivilbevölkerung zu backen.

In dem Dorfe Stenicok in Südwesttirol, das aus 155 Häusern besteht, brach nachts eine große Feuersbrunst aus. Gegen 100 Wohnhäuser sind niedergebrannt. Von den etwa 1000 Bewohnern find über 600 obdachlos. Mehrere werden ver­mißt und sind voraussichtlich in den Flammen um­

gekommen. Die Ursache des Feuers ist noch nicht ermittelt.

Aus Olkuseh wird gemeldet: Im Gouverne­ment Kielce ist in der Stadt Skala ein Brand ausgebrochen. 300 Häuser stehen in Flammen, auch der Verlust von Menschenleben ist zu beklagen.

Württemberg.

Stuttgart, 5. Mai. Die Maikäfer treten Heuer in verschiedenen Gegenden des württemberg- ischen Unterlandes in solchen Massen auf. daß sich bereits einige Ortsverwaltungen veranlaßt gesehen haben, eine Prämie auf deren Vertilgung anszusetzen. Es wird bis zu 1 Mk. pro Simri toter Käfer bezahlt.

Tübingen, 6. Mai. Der frühere langjährige Ephorus des Tübinger Stifts und Professor der evangelischen Theologie, v. vr. Paul v. Buder, ist im Alter von 78 Jahren gestern nach längerer Krankheit hier gestorben. 38 Jahre lang hat er als Lehrer und Erzieher ganzer Theologengenerationen des Landes am hiesigen Stift segensreich gewirkt. 1910 trat er in den Ruhestand. Er genoß weithin große Verehrung und Anhänglichkeit seiner Zöglinge.

Heilbronn, 5. Mai. Die bürgerlichen Kollegien von Böckingen haben sich wieder einmal mit der Eingemeindungsfrage beschäftigt und folgenden Beschluß gefaßt: Die nicht mehr länger zu ver­schiebende Lösung der Rathausfrage und sonstiger einschneidender Fragen drängten die bürgerlichen Kollegien letztesmal zu dem Beschluß, die Heilbronner Stadtverwaltung dringend zu ersuchen, der Ein­gemeindungsfrage näher zu treten und die endgültige Entscheidung zu treffen. Böckingen zählt zurzeit 11 283 Personen.

Heilbronn, 6. Mai. Der Heilbronner Blumentag für die Blindensache hat eine Gesamt­einnahme von 13 362 Mk. ergeben, denen etwa 3000 Mark Ausgaben gegenüberstehen. Somit bleibt der schöne Ueberschuß von über 10 000 Mark.

Tuttlingen, 5. Mai. Auf dem Bahnhof Nendingen wurden in der Nacht zum Montag in eine Einfahrtweiche große Steine eingespannt, außerdem eine große Papierholzrolle quer über die Kreuzung gelegt, daß eine Zugentgleisung herbei- geführt worden wäre, wenn es nicht dem Bahnwärter Walter gelungen wäre, das Hindernis zu entdecken. Zur Aufklärung der Tat wurde von Rottweil ein Polizeihund zugezogen, der die Spur des Täters bis vor die Kammertüre eines 18 Jahre alten Schuh­fabrikarbeiters namens Häcker von Tuttlingen ver­folgte, der in der Nacht von einem Hilfswärter in der Nähe des Bahnhofs bemerkt worden war. Häcker ist flüchtig.

Rottenburg, 6. Mai. Wie sich jetzt heraus­stellt, hat der Reif am Sonntag morgen in den hiesigen Weinbergen großen Schaden angerichtet. Die jungen Triebe des Weinstocks sind fast alle erfroren und die Hoffnungen der Weingärtner auch in diesem Jahre bereits wieder vernichtet. Die Obstblüte blieb unversehrt.

Baiersbronn, 6. Mai. Nicht nur ein Reif in der Frühlingsnacht zerstörte viele Blüten und Fruchtansätze, sondern auch der Hagel, der gestern mittag während eines heftigen Gewitters niederging, setzte den Blüten und Knospen erbarmungslos zu. Der Boden war übersät mit Blüten und glich fast einer Winterlandschaft. Hoffentlich schlägt der Mai bald lindere Töne an und macht die reichen Hoffnungen des Jahres nicht zuschanden!

Freudenftadt, 6. Mai. Auf einem überaus stark besuchten Diözesanverein wurden die beiden Nachbarkollegen Pfarrer Krauß in Schwarzen­berg und Pfarrer Knapp in Besenfeld ver­abschiedet. die nach vierzehn- und zehnjähriger Wirk­samkeit den Schwarzwald verlassen und nach Wein­garten bezw. Kemnat übersiedeln.

Klosterreichenbach, 5. Mai. Am Sonntag abend tagten im Gasthaus zur Rose in Baiers­bronn und in der Sonne in Klosterreichenbach zwei zahlreich besuchte Versammlungen, um Mittel und Wege zu beraten, wie die Auto- und Staub­plage im Murgtal wirksam bekämpft werden kann. Abhilfe ist nachgerade dringend notwendig;

an schönen Tagen hat man schon über 200 Autos gezählt, die durch das schöne Murgtal fahren und zum Teil auch rasen. Die Staubentwicklung ist an diesen Tagen über alle Maßen, und es leiden neben den Fußgängern vor allem auch die an den Straßen liegenden Gebäude- und Grundstücksbesitzer, deren Eigentum zum Teil beinahe wertlos geworden ist. Man will durchaus nicht Sturm laufen gegen die Autos, die man als etwas Unabänderliches hin­zunehmen sich gewohnt hat, aber Abhilfe will man gegen die Auswüchse, als da sind vor allem die entsetzliche Staubplage und dann die sog. Kilometer­fresser, die mit 70 und mehr Kilometer Geschwindig­keiten unser Tal in Aufregung versetzen. Es find vor allem Ausländer, die auf dem Wege nach Baden- Baden oder Freudenftadt keinerlei Rücksicht nehmen. In ruhiger, sachlicher Weise ist die Debatte in den Versammlungen verlaufen und man einigte sich dahin, die b-stehenden schweren Klagen dem Ministerium des Innern in einer Resolution vorzutragen, worin zum Ausdruck gebracht wird, daß der im Murgtale sich immer mehr steigernde Autoverkehr für die ein­heimische Bevölkerung und für Fremde und Besucher der schönen Gegend in hygienischer, wirtschaftlicher und sicherheitlicher Beziehung einen solchen Grad von Unerträglichkeit herbeigeführt habe, daß in der ernftlichsten Weise zur Abweyr geschritten werden müsse. Ein normales Begehen und Befahren der Straße sei geradezu unmöglich geworden. Die an der Straße direkt angrenzenden Grundstücke seien durch die Staubschichten völlig entwertet und das Wachstum hintangehalten. Die vielen Wohngebäude an der Straße können nicht mehr gelüftet werden. Das Gefühl der Verkehrssicherheit sei durch ver­schiedene Autounfälle in den letzten Jahren gesunken. Das Ministerium des Innern möge deshalb bald­möglichst in geeigneter Weise Abhilfe schaffen.

Mettin gen, 7. Mai. Anläßlich der Fertig­stellung des zehntausendsten Wagens durch die Maschinenfabrik Eßlingen wurde gestern nach­mittag in der betreffenden Abteilung des hiesigen Betriebs bälder Schluß gemacht und den Arbeitern des Wagenbaus ein Imbiß in der Speisehalle gereicht. Jeder erhielt 5 Glas Bier, 2 Zigarren, 2 Schützenwürste und 1 Kipf. Die Angestellten und Arbeiter wurden nachher gemeinschaftlich photographiert.

Ein seltenes Fest zu feiern ist dem Ehepaar Elsässer in Rohr a. F. vergönnt, da diese jetzt vor ihrer eisernen Hochzeit stehen. Der Mann, Hansjörg Elsässer, ist am 22. Juni 1823 geboren, somit jetzt 91 Jahre alt. Die Frau, Regine El­sässer, grb. Reitter, erblickte das Licht der Welt am 20. Juni 1822 und steht daher im 92. Jahre. Das Paar, das im Jahr 1849 heiratete, feierte im Jahr 1874 die silberne, im Jahr 1899 die goldene und im Jahr 1909 die diamantene Hochzeit. Der Mann wie die Frau feiern nun demnächst in körper­licher und geistiger Frische die Feier ihrer eisernen Hochzeit.

Hall. 6. Mai. Redakteur Gr oh vom Haller Tagblatt hörte gestern von seiner Wohnung aus Hilferufe einiger Kinder, die am nahen Kocherkanal standen. Er eilte rasch hinzu und es gelang ihm, ein 3 jähriges Kind aus dem Wasser zu holen, das dort an einer tiefen Stelle untergegangen und schon beinahe ertrunken war.

Gerabronn, 7. Mai. In Großbärenweiler hat gestern früh 5 Uhr ein Wirbelsturm mitten im Ort mehrere Wohnhäuser und Scheunen abgedeckt, sowie eine Anzahl Bäume umgeworfen. In wenigen Sekunden war die Naturerscheinung, die den Ort in großen Schrecken versetzte, vorüber. Schon in der nächsten Nachbarschaft wurde von dem Sturm wenig gespürt.

Pinache bei Mühlacker, 6. Mai. Der von hier gebürtige, in Pforzheim wohnende Schmied und Taglöhner Julius Ayasse wurde als Urheber einer Reihe Mansardendiebstähle in Pforzheim verhaftet. In seiner Wohnung fand man ein ganzes von Uhren. Schmuck und dergleichen.

Vom Lande, 5. Mai. Noch vor kurzem wurde berichtet, wie das andauernd naßkalte Weiter im März der Bienenzucht nachteilig sei. Die Bienen konnten ihre Reinigungsflüge nicht ausführen. Rasch

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