RunSschau.

München, 2. April. Der Dichter Paul Heyse ist heute nachmittag 5.20 Uhr im 85. Lebensjahre an den Folgen einer schweren Lungenentzündung gestorben.

In Oesterreich macht ein neuer Wehr­pflichtskandal von sich reden. Er spielt an der ungarisch-galizischen Grenze, wo nach vorläufigen Feststellungen bislang über 18 000 Gestellungspflich­tige durch ein vom Kaufmann Groß geleitetes, wohl- organsiertes Auswandrrungsbureau der allgemeinen Wehrpflicht entzogen und ins Ausland befördert worden sind. Groß selber hat sich der ihm drohenden Verhaftung durch die Flucht entzogen. In die Skandalaffär sind eine ganze Anzahl Gendarmen verwickelt; 2 von ihnen haben Selbstmord begangen.

In Petersburg ist ein größerer Arbeiter­streik ausgebrochen. Bis Mittwoch mittag betrug die Zahl der Streikenden bereits etwa 70 000. Beim Verlassen der Fabriken kam es vielfach zu Demon­strationen. Es wurden revolutionäre Lieder gesungen und rote Flaggen entfaltet. Die Polizei verhaftete hundert Personen und zerstreute die Demonstranten. In einem Stadtteil mußte ein Schutzmann, der von der Menge bedrängt wurde, den Revolver gebrauchen. Zwei Arbeiter wurden verwundet. In Petersburger politischen Kreisen befürchtet man, daß der Streik unter Umständen einen revolutionären Charakter an­nehmen könnte, falls nicht rasch seine Wiederbeileg­ung erfolgen sollte.

London, 27. März. Das Besitztum des Majors M. W. Calmont. genannt Abbcylands, in Antrim (Irland) ist niedergebrannt. Man vermutet einen Anschlag von Anhängrrinnen des Frauenstimmrechts. Der Schaden beträgt 200000 Mark.

Mailand. 1. April. Am Kleinen St. Bern­hardt erreichte der Schnee eine Höhe von 5 in. Die Lawinenstürze haben ungeheuer» Schaden angerichtet.

Bex (Kanton Waadt), 2. April. Bei einem gewaltigen Lawinensturz wurden 5 Landhäuser verschüttet. Personen sind nicht verletzt.

Die wirtschaftliche Entwicklung Argen­tiniens im Jahre 1913 wird in dem vor kurzem erschienenen Heft 2 derMitteilungen des Deutsch-Argentinischen Zentralverbandes" besprochen. Die allgemeine Lage war danach zu Beginn des Jahres nicht besonders glänzend, denn wenn die Weizen-, Leinsaat- und Haferernte auch einigermaßen befriedigt hatte, so entsprach doch die Maisernte nicht den Erwartungen. Der Viehbestand des Landes halte unter den in verschiedenen Vorjahren aus­getretenen Dürren nicht unerheblich gelitten, und als nun im Frühjahr zwischen der englisch-argentinischen und der nordamerikanischen Gruppe der Fleisch- gefrieranftalten ein heftiger Kampf um den englischen Markt ausbrach, brachte dies dem argentinischen Viehzüchter zwar hohe Preise, bewirkte jedoch andererseits, daß sich die Neubeftockung der Weiden nicht mit der wünschenswerten Schnelligkeit vollzog.

Die Anspannung auf dem internationalen Geldmärkte führte zu starken Krediteinschränkungen, die im Verein mit den des öfteren geschilderten Auswüchsen der Bodenspekulation den Handel in eine Krise führten, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Auch auf dem Gebiete der inneren Politik machte sich ein gewisser Stillstand geltent, zum Teil hervorgerufen durch die andauernde Krankheit des Präsidenten, die eine energische Durchführung des Regierungsprogramms verhinderte. Obwohl sich also eine ganze Reihe ungünstiger Einflüsse geltend machte, kann jedoch auf keinem der großen Wirtschaftsgebiete ein wirklicher schädlicher Rückschlag feftgestellt werden, vielmehr darf im ganzen genommen höchstens von einem Stillstand im Fortschritt der wirtschaftlichen Ent­wicklung gesprochen werden, und wenn es auch ungewiß ist, ob man von einer nahen Zukunft eine erhebliche Besserung der Gesamtlage wird erwarten dürfen, so besteht doch andererseits kein Grund zu der Befürchtung, daß sich die gegenwärtige Ver­stimmung bedeutend verschärfen und zu einer all­gemeinen Krisis führen könne.

Deutsche Weltbund-Ausstellung Köln 1914.

Der Schwabentag am Rhein, den der unter dem Protektorate der Fürstin Pauline zu Wied, Prinzessin von Württemberg, stehende Würt­temberg» Verein in Köln im Rahmen der im Sommer 1914 dort stattfindenden Deutschen Werkbund- Ausstellung vorbereitet, begegnet überall im Reich, wie weit über seine Grenzen hinaus, wo Kinder des schönen Schwabenlandes wohnen, begeistertem Inter­esse. Ist es im allgemeinen die Ausstellung an sich, die in ihrer Großzügigkeit und Eigenart eine ge­waltige Anziehungskraft ausübt, so erfüllt es die Württemberger mit besonderem Stolze, daß gerade ihre engere Heimat daran hervorragend beteiligt ist und daß an der Spitze des Deutschen Werkbundes, der die Ausstellung gemeinsam mit der Stadt Köln veranstaltet, ihr Landsmann Hofrat Peter Bruck­mann-Heilbronn steht. Aus diesem Empfinden heraus hat sich der Gedanke, einen Schwabentag am Rhein zu veranstalten, entwickelt und zu froher Tat entfallet. Auf Grund der zahlreichen Zustimmungen aus allen Himmelsrichtungen konnte der mit den Vorarbeiten betraute Ausschuß bei der Ausstellungs­leitung bereits die Tage vom 27. bis 29. Juni für das Landsmannschaftsfest der Württemberger fest­legen. das sich aller Voraussicht nach zu einer ebenso eindrucksvollen wie herzlichen Kundgebung der Schwabentreue und Heimatliebe gestalten wird. Württembergs Königstochter selbst, die jetzt als Ge­mahlin des Fürsten zu Wied am sonnigen Rhein residiert, hat für den Hauptfesttag am 28. Juni ihren Besuch auf dem Schwabentag in Aussicht ge­stellt. So wird dieser nicht nur auf die in Rhein­land und Westfalen, in Belgien lebenden Landsleute seinen Einfluß ausüben, sondern auch auf die eigent­liche Heimat, aus der Tausende kommen werden, um das in der Ausstellung gebotene überzeugende Bild von der modernen deutschen Qualitätsarbeit in sich aufzunehmen, Belehrung und neue Anregungen

zu gewinnen und zugleich im festlichen Kreise lieber Landsleute fröhliche Stunden zu verleben. Um die Reise für die aus der Heimat kommenden Freunde möglichst billig zu gestalten, wird der Württemberger Verein in Köln im Einvernehmen mit der Ausstell­ungsleitung die Bereitstellung von Sonderzügen zu ermäßigten Fahrpreisen beantragen. Ebenso schweben Verhandlungen zwecks Gestellung von Sonderdampfern zur Rheinfahrt von Mainz bis Köln, die ja mit ihren bestrickenden Reizen zu den schönsten gehört, was unser deutsches Vaterland an landschaftlichen Schönheiten zu bieten vermag. In diesem Falle würde also ein Teil der Sonderzüge aus Württem­berg nur bis Mainz geleitet werden, während die anderen bis Köln durchlaufen. Beruflichen und ge­sellschaftlichen Vereinen, sowie sonstigen Jnteressenten- gruppen, die sich am Schwabentag am Rhein be­teiligen wollen, wird empfohlen, besondere Ortsaus­schüsse zu bilden, um möglichst frühzeitig einen Ueberblick darüber zu gewinnen, wie die Verkehrs- verhältnisfe und die Unterkunftsfrage in Köln zu regeln sein würden. Jede Anregung in dieser Richt­ung wird von dem Ausschuß für den Schwabentag am Rhein dankbar begrüßt werden; bezügliche Zu­schriften werden an den Vorsitzenden des Württem­berg» Vereins in Köln, Buchhändler Fr. Binder, Fleischmengergasse 26, erbeten.

Württemberg.

Stuttgart, 30. März. An die Stelle der bis­herigen, im Jahre 1899 erlassenen Vorschriften über das Verfahren der Schätzungsbehörden bei der amtlichen Schätzung von Grundstücken ist eine Ver­fügung des Justizministeriums vom 18. März ds. Js. getreten, die in der letzten Nummer deS Amtsblatts veröffentlicht ist. Die neue Anleitung schließt sich zwar an die frühere Verfügung an, baut aber diese auf Grund der inzwischen gemachten Er­fahrungen und an der Hand wertvoller Anregungen, die von Schätzungsbehörden und Gerichten, sowie aus dem Kreis der wegen der Grundstücksbeleihung inte­ressierten Banken, Sparkassen und Versicherungs­gesellschaften des Landes gegeben wurden, weiter aus. Vor allem werden die von den Schätzungs­behörden bei ihrer Tätigkeit zu beachtenden Gesichts­punkte näher dargelegt; auch will die Verfügung darauf hinwirken, daß die Schätzungsurkunden mehr als bisher die einzelnen Grundlagen der Schätzung erkennen lassen. Wenn auch die Schätzungen der württembergischen Schätzungsbehörden im allgemeinen an ihrem früheren Ansehen keine Einbuße erlitten haben, so haben doch gerade die oben genannten, für die Entwicklung des Realkredits in Württemberg wesentlich in Betracht kommenden Institute den dringenden Wunsch geäußert, daß die Verwertbarkeit der Schätzungsurkunden durch eingehendere Angaben über den Gegenstand der Schätzung gefördert werden sollte.

Stuttgart. 31. März. Ueber die Gewährung von Aufwandsentschädigungen an soldaten­reiche Familien sind vom Bundesrat allgemeine Bestimmungen erlassen worden, wonach Familien,

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Mary a.

Noman von C. Crone.

89s (Nachdruck verboten.)

Ich bin herzlich dankbar für ein so liebens­würdiges Anerbieten, Herr Baron, aber Onkel Vastor und Tante Ulla sind an der Grenze ihrer Geduld angelangt. Ich werde nächstens zn den Lieben zurück­kehren. WaS noch an Kräften fehlt, muß mein alter, treuer Freund, die Haide, ersetzen."

Jedenfalls bitte ich Sie. nicht gleich nach meiner Ankunft Ulmenhos zu verlassen", sagte er freundlich und reichte ihr die Hand.Mir war es ein lieber Gedanke, Sie bei meiner Frau zu wissen. Fanny hat Sie von Herzen lieb, und ihr wird sonst wenig Freude zu teil."

Die erste Andeutung von Seiten Haunibals", dachte Marga.

Ob er die Worte mit Bedacht gesprochen hatte, oder waren sie den Lippen unbewußt entflohen?

Arm an Freuden sind nur engherzige Menschen, Herr Baron", erwiderte Marga, indem eine feine Röte ihr die Wangen färbte.Fanny ist zu reich begabt, um nicht auch den unscheinbarsten Vorkommnissen im täglichen Leben ein verständnisvolles Interesse ent­gegenzubringen, was einsbedeutend mit mancher stillen Freude ist. Wie sie für Freud und Leid ihrer Mit­menschen einen empfänglichen Sinn, ein warmherziges Mitgefühl besitzt, so läßt sie auch keinen Sonnenstrahl, keine Blume unbeachtet. Alltägliche Kleinigkeiten, an denen andere achtlos vorübergehen, erscheinen ihrer fein­

fühligen Natur oft als etwas Besonderes. Fannys liebe­volles Herz hat für alles Raum."

Ich weiß", klang die Antwort kurz und rauh.

Fannys Eintritt ins Zimmer unterbrach das Gespräch.

Um die Unterhaltung nicht stocken zu lassen, erzählt« Baron Hannibal viel von seiner Reise.

Im Sprechen gewann er allmählich an Lebhaftig­keit und kleine Erlebnisse, die er mit einem Anflug von der früheren humorvollen Frische wiedergab, fesselte die beiden Znhörerinnen in so hohem Grade, daß auch Fanny mitunter eine Bemerkung dazwischen einslocht. Eine Wahrnehmung, die Hannibal sichtlich wohl that. Er sprach viel von der Schwester.

Ellinor soll der Gräfin Ferrari sehr ähnlich sehen", bemerkte Fanny.Mama behauptet, auch die Charaktere weisen viele bekannte Züge auf."

Es ist so lange her, seitdem ich Tante Hildegard gesehen, daß ich kein klares Bild von der Persönlich­keit habe", erwiderte Hannibal.Jetzt werden wir sie jedoch bald unter uns haben. Am Tage vor meiner Abreise haben wir nämlich die Nachricht bekommen, daß Onkel Ferrari hoch oben im Norden gestorben ist. So­bald Tante Hildegard und Arco das Unumgänglichste geordnet haben, bleiben sie dauernd auf ihren italienischen Besitzungen. Vorher aber gehen sie auf einige Zeit nach Rom. Die Großeltern haben ja die Tochter viele Jahre nicht gesehen. Wahrscheinlich bleiben die Eltern und Ellinor so lange im Süden, um mit den Verwandten dort zusammenzutreffen.

Fanny und Marga wechselten einen schnellen Blick.

Dann dürfte man sicher auf den erwünschten Ans­gang hoffen.

Gottlob!

Margas Gesicht war um einen Schein bleicher geworden, aber die Augen blickten klar und frei, und der Hand, die so emsig an der feinen Stickerei arbeirete. sah man nicht das leiseste Beben an.

Tue kommende Thatsache schien ihre Ruhe nicht mehr zu gefährden.

Als die Hausgenossen sich an diesem Abend trennten, war es mit einem Gefühl, als seien die Stunden un­gewöhnlich schnell vergangen.

Sech zehnles Kapitel.

Der Hoffnungsschimmer, den Marga an diesen Anfang knüpfte, erwies sich jedoch als trügerisch.

Fast unmerklich, aber doch unaufhaltsam, glitt da- tägliche Leben in die altgewohnten Bahnen zurück.

Man sah sich bei Tisch, sonst verlebten die Dame« den Tag allein, während Baron Hannibal entweder an seinem Schreibtisch saß oder die Felder besichtigte, wenn er sich nicht mit den jungen Anpflanzungen beschäftigte, deren Gedeihen er besondere Beachtung schenkte.

Als Marga ins Pfarrhaus znrückkchrte, nahm sie das drückende Bewußtsein mit, daß man sich auf dem Ulmenhof ferner denn je stand.

Unter diesen Umständen war es ein willkommener Ausweg, dem sich immer unerträglicher gestaltenden Leben auf dem Ulmenhof zu entgehen, als eine Ein­ladung des Fürsten Baron Hannibal und Gemahlin nach dem Schloß Souncnblick rief.