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haben werde. Er und seine Freunde seien nicht geneigt, jetzt eine Anklagerede zu halten gegen die Kolonialverwaltung und noch weniger eine Schutzrede für die Hereros. (Beifall.) Wenn der Aufruhr niedergeworfen sein werde, hoffentlich doch in einigen Wochen, dann werde man eher zu urteilen im Stande sein. Präsident Graf Ballestrem teilt nunmehr dem Hause den Eingang eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Reichshaushalts-Etats (Notgesetz) mit. Abg. Schräder (frs. Vg.) erklärt sich mit den Ausführungen des Abg. Richter einverstanden. Der Krieg müsse geführt werden und zwar mit aller Energie. Auch der Budgetkommission würden augenblicklich Aufklärungen kaum gegeben werden können. Seine Freunde würden aber der Verweisung an dieselbe nicht widersprechen. An die Kolonialverwaltung müsse er jedenfalls das Ersuchen richten, daß sie für möglichst schnelle und ausgiebige Information sorge und zwar von Leuten, die direkt der obersten Stelle verantwortlich sind. Es solle direkt eine Instruktion erlassen werden, daß möglichst nach den Grundsätzen der Humanität verfahren werde. Die Frage, ob es möglich sei, die Hereros zu zivilisierten Leuten zu erziehen, sei noch nicht gelöst. Es frage sich auch, ob es human ist, sie ganz wehrlos zu machen. Aber dafür müsse allerdings gesorgt werden, daß sie nicht mehr in großen bewaffneten Haufen ins Feld ziehen können. (Beifall.) Abg. Arendt (Rp.) polemisiert gegen den Abg. Bebel. Abg. Graf Reventlow (Antis.) ersucht die Regierung dringend, nicht zu viel Humanität gegen jene Bestien in Menschengestalt anzuwenden. Abg. Bebel (Soz.) erklärt, man wolle hier jetzt der Erörterung der Schuldfrage aus dem Wege gehen. (Ruf links: Sehr richtig.) Später, wenn der Aufstand niedergeworfen sei, werde es heißen, die Sache ist zu Ende, es ist Gras darüber gewachsen. Deutschland sei mit seiner Ehre engagiert, sich die Ursachen klar zu machen und alles genau zu untersuchen. Weshalb man auf die Missionen so schlecht zu sprechen ist, das verrate zur Genüge der Reichsbote, indem er schreibt: Wenn die Missionare wollten, könnten sie viel erzählen, namentlich auch von dem Treiben der weißen Männer gegen die Herero-Frauen. (Hört. Hört.) Abg. Stöcker (wirtsch. Vg.) sicht die Ursachen des Aufstandes in den Händlerfragen. Aber die Schuld liege auf beiden Setten, auch bei den Hereros. Noch keinem einzigen Missionar sei ein Haar gekrümmt, das beweise ihre Vertrauensstellung bei den Hereros. Die Regierung solle daher diese Missionarkräfte mehr als bisher gutachtlich heranziehen. Die Hereros land- und rechtlos zu machen sei das größte Unrecht. Abg. Semmler (natl.) bestreitet, daß das Haus der Kritik ausweichen wolle. Tatsächlich sei die Situation für eine Kritik noch nicht klar. Nach weiteren Bemerkungen der Abg. Graf Rcnventlow
und Arendt geht die Vorlage an die Budget-Kommission. Sodann beginnt die Beratung des Marine- Etats. Beim Titel Staatssekretär kommt Abgeord. Bebel auf den Fall Hüssener zurück. Das milde Urteil des Oberkriegsgerichts habe in Widerspruch gestanden zu der Stimmung im Volke und zu der Auffassung der überwiegenden Mehrheit des Hauses. Staatssekretär v. Tirpiz erwidert, Hüssener sei verurteilt worden wegen rechtswidriger Benutzung der Waffe mit tödlichem Ausgange. Es seien ihm aber wegen der Erregung, in der er sich befand, mildernde Umstände zugebilligt worden. Abgeord. Semmler (nationalliberal) verbreitet sich über die ungünstige wirtschaftliche Lage von Wilhelmshaven und äußert Wünsche betreffend Gehalts-Aufbesserung für verschiedene Beamten-Kategorien. Staatssekretär von Tirpitz erwidert, die Marineverwaltung habe ein lebhaftes Interesse an Wilhelmshaven. Das beweise auch der Zuschuß, der im Etat für diese Stadt verlangt werde. Schatz- sekretär von Stengel führt aus, auch die Regierung habe ein dringendes Interesse, daß die Beamten bis zum untersten ein möglichst gutes Auskommen haben. Deswegen erhöhe ja auch der gegenwärtige Etat alle Beamten mit bisher 700 auf 800 Aber man solle nicht aus dem geschlossenen Besoldungs-System einzelne Kategorien herausnehmen und für dieselben Gehalts-Verbesserungen verlangen. Hauptsache sei, daß jetzt erst einmal der Haushalt des Reiches selber zum Bilanzieren gebracht werde. Er warne das Haus daher dringend, ihm Petitionen zur Berücksichtigung zu empfehlen. Abg. Gamp (Rp,) bedauert, daß die Kommission so viel gestrichen habe am Marine- Etat und polemisiert gegen eine Gotheinsche Darlegung vom 10. Februar über die heimische Fleisch- Konserve-Jndustrie. Entgegen Gotheins Behauptung liefere diese Industrie gute Ware. Staatssekretär von Tirpitz erklärt es für richtig, daß die Marine-Verwaltung nicht in der Lage sei, ausländische Konserven zu beschaffen, weil es ihr verboten sei. Die inländischen Konserven seien brauchbar und hätten sich immer mehr gebessert. Ein schwerer Punkt sei dabei nur, daß die inländischen Konserven noch nicht haltbar genug sind. Abg. Gothein (frs. Vg.) erwidert dem Abg. Gamp, er habe keineswegs die heimischen Konserven-Fabriken schlecht gemacht, sondern nur Wahres gesprochen. Es sei festgestellt, daß bei einem Prämien-Ausschreiben die Marineverwaltung für heimische Konserven eine Prämie nicht habe erteilen können. Es sei damals konstatiert worden, daß ein den amerikanischen Produkten gleichwertiges deutsches noch nicht habe geliefert werden können. Abg. Graf Bohna-Schlo- bitten (kons.) wünscht Förderung der Küstenfischerei in Ostpreußen durch Entnahme von Waren von düsen Fischern und empfiehlt weiter Fürsorge für
Pillau, welcher Ort im Rückgänge begriffen sei. Staatssekretär von Tirpitz sagt in elfterer Beziehung Entgegenkommen zu. Pillan zu helfen, sei er nicht in der Lage. Hierauf erfolgt Vertagung.
Paris, 17. März. Zwischen einem Redakteur der „Petit Republique" und einem Offizier des 25. Dragonerregiments fand gestern wegen eines in dem genannten Blatte erschienenen für den Offizier beleidigenden Artikels ein Duell statt, bei welchem der Redakteur verletzt wurde.
Paris, 17. März. Alle hier vorliegenden Krtegsdepeschcn weisen immer wieder auf Niutschwang als den Hauptpunkt hin, wo eine große Landung der Japaner erwartet werde. Der „Matin" veröffentlicht eine Depesche aus Tokio die angeblich aus sicherer Quelle stammende Nachricht über die militärische Situation. Japan habe mit seiner eisten Armee, 70000 Mann stark, den Norden Koreas besetzt; eine zweite ebenso starke Armee sei in Gensan gelandet und bereit, demnächst nach einem unbekannten Bestimmungsort eingeschifft zu werden. Die Mobilisation einer dritten Armee habe seit dem 7. März begonnen.
Vigo, 17. März. Bei dem Besuch des Königs Alfons beim deutschen Kaiser auf dem „König Albert" waren der Marineminister und der Bautenminister zugegen. Kaiser Wilhelm erwartete den jungen König oben auf der Treppe. Die Begrüßung der beiden Monarchen war sehr herzlich. Die Unterredung, die nach dem Empfang in der Kabine ohne Zeugen stattfand, dauerte 45 Minuten. Bei dem eine Viertelstunde darauf erfolgenden Gegenbesuch des Kaisers auf der königlichen Jacht Giralda fand noch eine einstündige Unterredung zwischen den beiden Monarchen statt. Der Kaiser sah ausgezeichnet aus. Bei dem Bankett, das an Bord des „König Albert" stattfand, unterhielt sich der Kaiser äußerst freundlich mit Allen. Er sprach besonders mit General Bolavieja. Das Bankett war um Mitternacht beendet. Nach Schluß desselben promentierten der Kaiser und der König auf Deck, rauchend und sich auf deutsch unterhaltend.
Vigo, 17. März. Kaiser Wilhelm hat den König von Spanien zum Admiral der deutschen Flotte ernannt.
Gottesdienste.
Sonntag -Inüiea, 20. März. Vom Turm: 265. Prcdigt- lied: 134. 9'/- Uhr: Vormittags-Predigt, Herr Stadtpfarrer Schmid. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen.
Donnerstag, 24. März. 8 Uhr abends: Bibelstnnde im Vereinshaus, Herr Dekan Wurm.
Aeiertog Mariä Ankündigung, 26. März. 9>/- Uhr: Pedigt und Beichte im Vereinshaus, Herr Stadtpfarrer Schmid.
Amtliche und PrimtMyrigeA.
MMMlßchklW.
Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen die auf Markung Ernstmühl belegenen, im Grundbuch von Ernstmühl Heft 6, Abteilung I Nr. 1 bis 7, zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerkes auf den Namen des
Karl Michael Weber, Bäckers und Wirts in Ernst- >_
mühl und dessen Ehefrau Marie geb. Wieland allda eingetragenen Grundstücke:
9000
200
gemeinderätl. Schätzungswert
3 n 72 gm Wohnhaus mit Staffel, Wohnungsanbau, Abtritt, Hofraum u. Schuppen — die Wirtschaft zum „Bären" — oben im Dorf
1 u 38 gm Gras- und Baumgarten an der Ortsgasse
6 a 53 gm Acker in hohen Acckern ....
08 „ Acker im Dietersbach. 260 ^
39 „ Baumacker in hohen Aeckern . . . 300
07 „ Baumacker in hohen Aeckern und Hausäckern . 200
„ „ 66 9 „ 59 „ Wiese in Lauberwiesen. 400 ^
am Mittwoch, de« 4. Mai 1904, nachmittags S Uhr, auf dem Rathause in Ernstmühl versteigert werden.
Der Versteigerungsvermerk ist am 4. März 1904 in das Grundbuch eingetragen.
Es ergeht die Aufforderung, Rechte, soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerkes aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen,
Geb. Nr. 28
Parz. Nr. 8
Parz. Nr. 92 „ „ 79 11
„ „ 94/2 11
.. 94/4 7
widrigenfalls sie bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bet der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Ansprüche des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden.
Diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, werden aufgefordert, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes tritt.
Calw, den 14. März 1904.
Kommissar
Bezirksnotar Krayl.
Gechingen OA. Calw.
Ltammholzverkauf.
Am Montag und Dienstag, de« 28. und 29. März ds. Js., kommen aus dem hiesigen Grmeindewald Abteilung Herdweg, Buschäcker, Kohlplatte, Torwartsgrund, Gerber- und Heiligenwald zum Verkauf:
581 Stück Lang- und Klotzholz und zwar: Langholz I. Kl. 30.55 Fm., II. Kl. 61,44 Fm., III. Kl. 75,88 Fm., IV. Kl. 81,12 Fm., V. Kl. 6,41 Fm.,
Sägholz I. Kl. 98,43 Fm., II. Kl. 63,54 Fm., III. Kl. 52,33 Fm., IV. Kl. 12,47 Fm., worunter 58 Stück Eichen bis zu 69 6M Durchmesser, sowie 41 Stück Glattbuchen schönster Qualität bis zu 10 m Länge und 47 am Durchmesser.
Sämtliches Nadelholz ist gereppelt; dasselbe besteht zu V- aus Tannen, zu '/- aus Fichten und zu aus Forchen. Die Qualität ist durchaus sehr schön. Abfuhr günstig.
Zusammenkunft je Morgens 9 Uhr beim Rathaus. Die Eichen und Buchen kommen erst am zweiten Tag zum Verkauf.
Registerauszüge wollen sofort beim Waldmeisteramt bestellt werden.
Gemeinderat.