Kirchen, Schulen und Vereine, ein Verzeichnis der selbständigen Einwohner, die Namen der Gewerbetreibenden, sowie die Telephonteilnehmer-Verzeichnisse und, daß gar nichts fehle, die ortspolizeilichen Vorschriften von Wildbad.
Neuenbürg, 2. Sept. Im Geschäftsleben kommt es fast alltäglich vor, daß an jemanden, sei es von einem Geschäftsfreund, sei es sonst von einem Bekannten das Ansinnen gestellt wird, ihm Bürgschaft zu leisten. Dabei läßt sich der Bürge in vielen Fällen durch die Versicherung, die Unterschrift sei nur Formsache, er werde daraus niemals haftpflichtig gemacht, zur Abgabe der Bürgschaftserklärung bestimmen. Zur Warnung vor leichtsinniger Abgabe von Bürgschaftserklärungen sei darauf hingewiesen, daß nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichte derartige mündliche Zusicherungen auf die Giltigkeit der Bürgschaftserklärung und die Haftpflicht des Bürgen von keinerlei Einfluß sind. In einem erst kürzlich im „Recht" veröffentlichten Urteil des Reichsgerichts wird ausgeführt: „Wollte man solchen mündlichen Erklärungen Rechtswirksamkeit beimessen, so würde damit nicht bloß der Unterzeichnung unzweideutiger Haftbarkeitserklärungen Sinn und Zweck genommen, sondern auch der geschäftliche Verkehr in einer Weise gefährdet werden, die sich mit Treu und Glauben nicht in Einklang bringen ließe." Es kann daher nicht genug gewarnt werden vor Eingehung leichtsinniger Bürgschaftserklärungen, da der Bürge, der vom Gläubiger in Anspruch genommen wird, vom Schuldner nur in seltenen Fällen Ersatz erlangt.
Pforzheim, 4. Septbr. Der Knabe Max Linder, der am 5. Juni von der hohen Brücke in Weißenstein sprang, ist jetzt als vollständig geheilt aus dem Kinderkrankenhaus Siloah entlassen worden. Der 10 jährige Knabe stürzte aus 13 Meter Höhe herab und schlug auf die Felsen auf. Die Beinbrüche und die anderen Verletzungen find so vorzüglich geheilt, daß er ohne Krücken und ohne zu hinken wieder gehen kann. Daß er mit dem Leben davonkommen und im ungehinderten Besitz seiner Glieder bleiben werde, diesen erfreulichen Ausgang hatte niemand zu hoffen gewagt. Der Fäll ist sicher noch in aller Erinnerung; der Knabe hatte einen Geldbeutel mit einer beträchtlichen Geldsumme gefunden und dem Verlierer sofort zugestellt. Er wurde nachträglich beschuldigt, Geld zurückbehalten zu haben; als er von der Polizei zum Verhör auf die Wache geführt werden sollte, sprang er über die Brücke. Die Beschuldigung stellte sich später als unwahr heraus.
Vom Schwarzwald. Augenblicklich steht die Erika in schönster Blüte. An den Flächen, wo sich die Erika ausgebreitet hat, herrscht ein Surren und Summen, denn das Pflänzlein wird wegen seines Honigreichtums mit Vorliebe von den Bienen ausgesucht. Der erbeutete Honig ist zwar zäh und scharf, gibt aber immerhin mit anderem Honig und Bienenfutter vermischt für die Insassen des Jmmenhauses eine kräftige Nahrung. Die Ausbeutung der Heideblüten wird in diesem Jahr durch das warme Som-
DokLor Stillfried.
Humoristischer Roman von Dora Duncker.
661 (Nachdruck verboten.)
„Wie war es damit. Herr Rektor?" sagte Gustava.
Der alte Herr bewegte lachend den feinen Kopf zur Abwehr.
„Das ist nichts für einen alten Griechen, diese tolle, moderne Jagd nach dem Glück."
Die Brüder hatten sich ein paar Augenblicke lang stumm gegenüber gestanden. Dann sagte Richard rasch und kalt:
„Was das schöne Mädchen da zwischen uns gebracht hat natürlich keine bindende Geltung. Ich will mein Kind nicht allzu schwer enttäuschen, sonst ginge ich auf der Stelle nach meinem ersten Vorhaben — Deine Gastfreundschaft nehme ich in keinem Fall an." Er machte eine kurze Wendung. Fritz hielt ihn zurück. „Du bist mir feindlich gesonnen. Richard — Du — Du denkst klein von mir?"
Der Schauspieler zuckte die Achseln. „Kann ich anders?"
' „Nun, ich meine," gab Fritz gereizt zurück, „gerade Du hast am wenigsten ein Recht dazu. Ein Mann, der seine Familie verhungern läßt um verrannter Künstlermarotten halber —"
Der Schauspieler fuhr auf. „Ich verbiete Dir, in diesem Ton mit mir zu reden. Jeder andere hat das Recht dazu. Du nicht. Ich habe gefehlt, ja, niemand fühlt das tiefer als ich selbst, aber ich war wenigstens ehrlich — ich habe das Elend dem Schwindel vor- gezogen —"
merwelter begünstigt; im vorigen Jahr war das Wetter bekanntlich so schlecht, daß die Bienen nichts leisten konnten, und im Jahre 1911 waren die der Erika wegen der großen Dürre nicht zur richtigen Entwicklung gelangt.
Neuenbürg. 4. Sept. Dem mit dem heutigen Krämermarkt verbundenen Schweinemarkt waren 45 Stück Läuferschweine und 72 St. Milchschweine zugeführt. Für elftere wurden 70—140 für letztere 30—40 ^ je pro Paar bezahlt.
vermischtes.
Horb, 4. Sept. Gestern nachmittag trieb sich in Altbeim ein etwa 36 Jahre alter Mann von südländischem Typus vollständig nackt auf den Feldern umher, verzehrte Gras und bestieg Bäume und war mit einem eisernen Stab ausgerüstet. Er wurde von Feldarbeitern und dem Polizeidiener aufgegriffen und. nachdem er notdürftig bekleidet war, mit dem Fuhrwerk in das Oberamt Horb eingeliefert. Vor der Abfahrt wickelte er sich eine „Zigarre" aus Gras und Blättern zurecht und zündete sie unter der Heiterkeit der Zuschauer an.
Von Ratten angefressen wurde ein drei Monate altes Kind in Landstuhl. Zum Glück kam die Mutter noch rechtzeitig zu dem in einer Kammer schlafenden Kinde, um noch das Schlimmste zu verhüten.
Ein Jubiläumsgeschenk aus Kohle für den Kaiser. Von einem eigenartigen Jubiläumsgeschenk für den Kaiser erfährt man, wie der „Inf." mitgeteilt wird, erst jetzt. Es handelt sich um das Geschenk eines einfachen Mannes, des Lokomotivführers Alois Klammer von der Grube in Arzegow, der aus Kohle der dortigen Grube einen kunstvollen Obelisken mit symbolischen Darstellungen gemeißelt und durch die Grubenverwaltung an das Kaiserliche Oberhofmarschallamt gesandt hat. Der Obelisk stellt Deutschland im Frieden dar. Ein auf der obersten Kante stehender Adler breitet seine Flügel weit über die Ränder des Obelisken und hält im Schnabel einen Eichenlaubkranz aus Kohle mit der Zahl 25. Der Kaiser nahm das Geschenk mit großem Interesse entgegen und verlieh dem Lokomotivführer als Gegengabe eine, ein verschlungenes und eine mit Brillanten besetzte Krone zeigende goldene Busennadel.
Ein Klub von Jungverdorbenen. In Lüttich halten sich eine Anzahl junger Leute, deren Verstand durch das Lesen von Schundromanen etwas verwirrt worden war, zu einem Klub zusammengetan, deren Angehörige sich töten mußten, wenn das Los auf sie fiel. Gestern abend sollte sich also demgemäß ein junger Mensch von 17 Jahren erschießen. Man hatte ihm 20 Franks gegeben, um sich dafür einen Revolver zu kaufen, und der junge Mensch hatte dies auch wirklich getan. Die Polizei kam aber früh genug, da die Mutier des Jünglings durch einen anonymen Brief gewarnt worden war.
Wahres Geschichtchen. Der alte Hanse, ein Maurer aus der Münchener Vorstadt Au, dem.
Fritz fuhr zufammen.
„Ich bitte Dich, Richard, nicht so laut."
„Ich werde Dich nicht verraten, sei ohne Sorge."
Wieder lag totes Schweigen zwischen den Männern. Dann trat der ältere auf den jüngeren Bruder zu.
„Ich will Dir meinen Rat nicht aufdrängen, Fritz. Daß es eine Zeit gegeben hat, zu der ich Dir Vater war, hast Du vergessen. Gut, so vergeß ich es auch. Aber höre wenigstens das eine zum Dank, daß Du meinem Kinde Obdach gabst. Daß Du damals Deine Pflicht nicht getan —" Fritz zuckte nervös zusammen — „meinetwegen sagen wir Pech gehabt hast, das kommt vor. Aber daß Du den Schein erwecktest und auffecht hieltest —"
„Um Himmelswillen, sprich leise, Richard!"
„Also immer weiter Heimlichkeiten — Vertuschen —" Er schüttelte traurig den grauen Kopf.
„Nur kurze Zeit noch — nur —"
Aus dem Gebüsch trat Gustava. „Alles erledigt," sagte sie heiter. „Walker war begeistert, für den Herrn Rektor einspannen zu dürfen. Fräulein Mariechen läßt Sie bitten, auf ihr Zimmer zu kommen, Herr Stillfried. Sie ist rasch voran gelaufen. Sie besteht darauf, daß Sie mindestens heute nacht ihr Logirgast sind."
Schweigend ging Richard davon, auf den dunkelsten Wegen dem Hause zu.
Die beiden blieben allein. Stillfried stand mit zusammengezogenen Brauen da. Seine Hand zupfte nervös am Schnurrbart herum. Gustava wartete, bis
wie den meisten seiner Standesgenoffen, der Montag als Feiertag galt, konnte sich gar nicht recht in die Neuzeit finden, wo jeder „blaue Montag" mit Arbeitsentlassung bestraft wird. Nachdem ihm das einigemale passierte, bequemte er sich, auch am Montag pünktlich zur Arbeit aufzustehen. Sein einziger Trost waren nun die „Regen-Feiertage", das sind Tage, an denen wegen Regenwetter nicht gearbeitet werden kann. Jeden Montag war nun beim Erwachen die erste Frage an seine Frau: „Rest, regnet's?" — „Woaß net, Hansel" — „Na tua d' Hand außi!" — Gehorsam streckte die Frau Resl die Hand aus dem Dachbodenfenster. — „I g'spür m'xl" sagte sie und zog die Hand wieder zurück. — Aber der Hanse entgegnete ihr hoffnungsfroh: „Laß nur no a wengerl drauß, vielleicht regnl's do no!"
TklkMM an den „EnMer".
Mühlhause« a. E., 5. Septbr. (Telegramm an den Euztäler, vorm. 10 Uhr.) Heute nacht ff,2 Uhr hat der Schwiegersohn des Adlerwirts, ein Hanptlehrer aus Degerloch, der offenbar wahnsinnig war, an 4 Stelle« den Ort äuge- zündet. Es brannten 3 Scheunen nieder. Als man ihn ergreife« wollte, sch oh er mit seiner Browuing.Pistole acht Personen nieder und verletzte zehn Personen. Alsdann flüchtete er sich in einen Stall, wo er einen Stier nieder- schoh. Als er ergriffen wurde, wurde er mit Gerätschaften so zugerichtet, daß au seinem Aufkommen gezweifelt wird. Er soll 250 Patronen bei sich gehabt haben. In der Nachbarschaft rinquarlierte Soldaten wurden zu Hilfe gerufen.
Degerloch, 5. Septbr. (Telegramm an den Euztäler, 12 Uhr mittags.) Die Wohnung des Mordbrenners von Mühlhausen a. E., des 35 Jahre alten Lehrers Wagner, wurde heute vormittag von der Staatsanwaltschaft geöffnet. Wagner hatte, bevor er sich nach Mühlhausen begab, seine Ara« u«d seine vier Kinder ««gebracht. Mau fand die Frau mit durchschnittener Kehle im Bett vor. Anch die vier erstochenen Kinder lagen im Bett.
Voraussichtliche Witterung.
In Nordeuropa herrscht Hochdruck. In Mitteleuropa dagegen sind noch immer einzelne Störungen, die sich ungeachtet der Zunahme des Drucks an den meisten Stationen noch nicht ausgeglichen haben. Trotzdem ist zunächst ziemlich heiteres, trockenes und dabei warmes Wetter in Aussicht. Strichweise werden aber Gewitterwolken sich zeigen, ohne jedoch kräftige Entladungen zu bringen.
Verantwortlich für Len redaktionellen Teil: C. Meeh, für den Inseratenteil: G- Conradi in Neuenbürg.
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er sprechen, würde. Endlich fragte er mit Überwindung :
„Sie haben alles gehört, Gustava?"
Sie nickte mit ernster Freundlichkeit. „Was ich hörte war mir nichts Neues."
Fritz fuhr erschreckt zurück. „Sie wußten, Gustava? Nun begreife ich, warum alles anders zwischen uns geworden ist."
Ernst schüttelte sie den schönen Kopf.
„Ich zürnte Ihnen nicht der Sache halber. Das wäre erbärmlich klein gewesen, sondern weil Sie mir die Wahrheit verschwiegen hatten. Ich war Ihnen in ehrlicher Freundschaft zugetan gewesen —"
„Gustava!"
„Da schmerzt ein solcher Mangel an Vertrauen."
„Und jetzt — Ihr Zorn — Ihr Schmerz — ?"
Sie schüttelte milde abwehrend das Haupt.
„Das ist nun alles vorüber. Sie waren mir ein Stück tastender Jugend, auf das man lächelnd zurück sicht, wenn man ihre goldenen Jrrtümer erkennt."
Stillfried seufzte beklommen.
„Sie hatten einen Platz in meiner Vergangenheit, lieber Freund, ich scheue mich dieses Eingeständnisses nicht. Das Heut und Morgen aber gehört mir, an dem haben Sie keinen Teil." Sie sprach es mit stolzer Freudigkeit. „Wenn ich Sie aber aus alter Freundschaft etwas bitten darf, so spielen Sie ehrliches Spiel. Nicht allein um Ihrer selbst willen, auch um einer edeln Frauenseele halber, die es um Sie verdient." (Fortsetzung folgt.)