der dem Großwesir darauf eine Erklärung über- , mittelte, die als einer der allerletzten diplo­matischen Schritte anzusehen sei, die Rußland in dieser Frage noch unternehme.

Württemberg.

Ein neues Wahlverfahren für den Land­tag ist in den letzten Tagen zur öffentlichen Diskussion gestellt worden. Ein Schramberger Geometer, der bei den letzten Wahlen selber als Kandidat mit- wirkte, hat in einer Broschüre Verbefferungsvorschläge für den erst seit acht Jahren gellenden Wahlmodus gemacht. Er empfiehlt ein Bezirkswahlsystem unter Sicherung eines gerechten Verhältnisses zwischen Ge­samtstimmenzahl und Abgeordnetenzahl etwa derart, daß jeder Bezirk mindestens ebensoviel Abgeordnete, als er bisher hatte, wieder erhalten und die bis­herigen 17 Proporzsitze für die beiden LandeShälftrn auf die einzelnen Wahlkreise in der Weise aufgeteilt werden sollen, daß Stuttgart zwei und die größeren Wahlbezirke des Landes je einen davon bekommen. Infolgedessen ist die Wahl in einem einzigen Wahl­gang zu vollziehen. Die absolute Mehrheit in einem Bezirk sichert die Wahl eines Abgeordneten; das nächste Anrecht haben in zweiter Linie die Kandidaten, die bezüglich der Stimmenzahl in ihrem Bezirk an erster Stelle stehen, also die relative Mehrheit haben. Kandidaten mit weniger als 15Proz. der im Bezirk abgegebenen gültigen Stimmen kommen nur dann in Betracht, wenn eine Partei diese Mindestgrenze nicht sovielmal erreicht, als ihr entsprechend ihrer Gesamtstimmenzahl im Lande Abgeordnete zugeteilt werden. Stuttgart mit acht Abgeordneten hat nach gebundenen Listen zu wählen. In den Bezirken mit zwei Abgeordneten erhält als zweiter Abge­ordneter zunächst der Kandidat den Vorzug, der dem ersten Abgeordneten an Stimmen am nächsten kommt, vorausgesetzt, daß er das Minimum von 15 Proz. und seine Partei überhaupt noch Anspruch auf weitere Sitze hat. Ersatzwahlen gibt es nicht mehr; der Ersatz regelt sich wie jetzt beim Proporz. Diese Vorschläge sind, wie man sieht, recht kompliziert. Da sie eine Stimmenzählung nur für die Parteien, nicht für die einzelnen Kandidaten vorsehen, hat der Wähler keine Gewähr dafür, daß er auch einen Abgeordneten erhält, der mit den Verhältnissen und Bedürfnissen des Bezirkes .ichtig vertraut ist; viel­mehr werden die Abgeordneten von den Parteien sozusagen ernannt. Auch erhalten die relativen Mehrheiten einen viel zu großen Einfluß, denn sie decken sich keineswegs immer mit den Anschauungen und Zielen der wirklichen Mehrheit und kommen oft aus eine sehr bedenkliche Weise zustande. Des­halb glauben wir nicht, daß diese Vorschläge eine Wirkliche Abhilfe gegen die bei den letzten Wahlen ? aufgetretenen Mängel des Wahloerfahrens bedeuten. Es wird gut sein, noch reichere Erfahrungen und ! zuverlässige Unterlagen für Reformvorschläge abzu- ! warten. Es ist überhaupt die Frage, ob man je ein Wahlrecht finden wird, das im strengsten Sinne des Wortes als gerecht bezeichnet werden kann.

Stuttgart. 22. Aug. (Mänövereingabe.) Die Abgeordneten Vogt-Mergentheim, Berroth- Crailsheim, Stiefel-Hall, Karges-Künzelsau, Karle-Oehringen haben an das württ. Kriegs- miaifterium eine Eingabe gerichtet, worin sie auf die überaus schwierige Lage der Landwirtschaft Hinweisen und die Bitte aussprechen, die in den nächsten Wochen stattfindenden Brigade-, Divisions- und Korpsmanöver möglichst abzukürzen und zwar wegen der möglichst raschen Bergung der Getreideernte. Die Erntebeurlaubungen, und wo es angebracht ist, militärische Hilfe in weitgehendster Weise gewähren zu wollen. Zur Begründung ihrer Eingabe führen sie aus: Die Witterungsverhältnisse sind Heuer denen des letzten Jahres ganz ähnlich, ja teilweise sogar noch schlimmer. Der durch die regnerische Witterung der letzten Wochen verursachten Verspätung der Ernte ist nun militärischerseits dadurch Rechnung getragen worden, daß die schon für Ende dieses und Anfang nächsten Monats angesetzt gewesenen Uebungen der Feldartillerie im Manövergelände allgemein, nicht bloß, wie gemeldet, für die Ulmer Garnison abge­kürzt und teils auf den Truppenübungsplatz, teils in die Umgebung der Garnisonen verlegt worden sind. Da die Manöver nun erst am 11. September ihren Anfang nehmen, ist durch diese Maßregel erheblich Zeit für die Einbringung der Ernte gewonnen. Hiebei auf Anfordern durch Gestellung von Hilfs­kräften unterstützend einzugreifen, ist den Truppen aufgegeben worden.

Stuttgart, 22. August. Das Grenadier- Regiment Nr. 119 ist heute mit der Eisenbahn nach dem Truppenübungsplatz Münsingen befördert

worden. Nach Erledigung der Uebungen wird das Regiment mit dem Jnf.-Regt. Nr. 125 ins Manöver­gelände befördert. Die Rückkehr beider Regimenter nach Stuttgart erfolgt nach Schluß der Herbst­übungen am 24. September.

Stuttgart, 22. Aug. (Der kälteste Juli seit 139 Jahren.) Es ist eine der auffallendsten Er­scheinungen in unseren Witterungsverhältnissen, daß sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts die großen Witterungsabnormiiäten förmlich häufen. So halten wir nach demNeuen Tagblatt" 1902 den kältesten Mai. der seit 1755 beobachtet wurde. 1905 den kältesten Oktober, 1906 den wärmsten November und voriges Jahr den kältesten September, sowie überhaupt den kältesten Herbst seit 1775. Nun schließt sich diesem Rekord derjenige des heurigen Juli an, der umso bemerkenswerter ist, als wir erst im vorigen Jahr einen August hatten, der zu den kältesten zählt, der je bei uns vorgekommen ist. Der letzte Juli, der solch tiefe Temperatur aufweist wie der heurige, war der des Jahres 1774.

Neckarsulm, 22. August. Die bürgerlichen Kollegien haben in der gestrigen Sitzung als Termin für die Wahl des neuen Stadtoberhaupts den 2. Oktober bestimmt. Der Endtermin, bis zu dem sich die Kandidaten gemeldet haben müssen, ist auf 7. September festgelegt.

Ebingen, 22. August. Auf dem Truppen­übungsplatz Stetten am kalten Markt sollen bis April nächsten Jahres 60 weitere Neubauten errichtet werden.

v. Freudenstadt, 21. August. Der ertrag­reichste württ. Staatsforst ist seit Jahren der­jenige in Pfalzgrafenweiler OA. Freudenstadt, wo im letzten Berichtsjahr eine Bruttoeinnahme von 815 979 Mk. und ein Reinertrag von 664969 Mk. bezw. auf 1 Hektar 239 Mk. 95 Pf. erzielt wurden; dieser Gesamtreinertrag macht etwa den 25. Teil des »Reinertrags sämtlicher württ. Staatswaldungen aus. Zurückzuführen ist dieses außerordentlich günstige Resultat auf die prächtigen Hochwaldungen des Pfalzgrafenweiler Forsts, der auch die höchsten und ältesten Tannen Württembergs aufweift. Das gegen­teilige Bild zeigt der Forstbezirk Beilstein OA. Mar­bach. wo nach Abzug des Anteils an den allgemeinen Ausgaben der Forstverwaltung überhaupt kein Rein­ertrag erzielt wurde, sondern ein Defizit eintrat.

Aus StaSt» Besirlr uns Umgebung.

Neuenbürg. (Sitzung der bürgerlichen Kollegien am 21. Aug.) Die Abhör der Armen- und Schulkassen.Rechnung pro 1911/12 war vor­zunehmen; dies geschah unter Prüfung der sämtlich vorhandenen Schuld-Dokumente, wobei sich keinerlei Anstände ergaben. Der Vorsitzende teilte mit, daß nunmehr die neuen Pläne für den projektierten Brücken- und Wehrbau fertiggestellt seien und solche an den nächsten Tagen zur Einsichtnahme aufliegen; die amtliche Weiterbehandlung der Sache werde sich hieran anschließen. Der Stadlbaumeister referierte über die Belohnungssätze des Pflästerers und machte Vorschläge für die Neuregulierung derselben, die an­genommen wurden. Ein Kaufs-Anerbieten für ein städt. Grundstück und ein Gesuch um Ueberlassung eines Platzes zur Aufstellung eines Schuppens werden in nächster Sitzung vollends erledigt werden. Der Gemeinderat entschied hierauf über eine Einsprache, die gegen ein Baugesuch erhoben wurde. Bestimmt wurde, daß, insolange die Oberfeuerschau alljährlich vorgenommen werde, die Ortsfeuerschau nicht in Tätigkeit treten solle.

Neuenbürg, 22. Aug. Wie wir hören, sind zu dem an diesem Sonntag in Calmbach stattfindenden Bezirkskriegertag zahlreiche An­meldungen eingelaufen. Auch das Präsidium des Württ. Kriegerbundes wird eines seiner Mitglieder zu dem Feste entsenden. Der Festort Calmbach ent­faltet eine emsige Tätigkeit, um sich den Gästen im schönsten Festkleide zu zeigen. So ist zu hoffen, vorausgesetzt, daß der Himmel einiges Einsehen hat und diese Hoffnung scheint nach der endlich einge­tretenen Besserung der Witterungsverhältnisse be­rechtigt zu sein, daß der Kriegertag in Calmbach, der erste unter dem neuen Bezirksobmann, sich seinen Vorgängern würdig an die Seite stellen wird. Den vielen Kameraden aber, die von nah und fern her­beikommen, um sich nach 7jähriger Pause wiederzu­sehen und kameradschaftliche Erinnerungen aus der gemeinsam verlebten Militärzeit auszutauschen, wid­men wir schon jetzt ein freundlichesWillkommen in Calmbach."

Neuenbürg, 20. August. Wie bekannt, wird in Württemberg eine eigene Unterofsizierschule

mit Vorschule eingerichtet. Darin können, wie man erfährt, junge Leute im Alter vom vollendeten 15. (Vorschule) bezw. vom vollendeten 17. (Schule) Lebensjahr ab eintreten. Sie erhalten dort voll­ständig kostenlos, lediglich gegen Uebernahme der Verpflichtung später als Unteroffizier zu dienen (für jedes Ausbildungsjahr in der Anstalt zwei Jahre bei der Truppe) eine vortreffliche allgemeine und militärische Ausbildung, die sie befähigt, die höheren Stellungen als Unteroffiziere und späterhin auch die besseren den Militäranwärlern vorbehaltenen Zivil­stellen zu erlangen. Standort der vereinigten Schulen wird Ellwangen sein. Die Inbetriebnahme der Anstalt ist für Herbst 1915 in Aussicht genommen. Für manche Väter wird diese vorläufige Notiz von Bedeutung sein, indem sie jetzt schon der Frage näher treten können, ob sie unter diesen Umständen ihre Söhne der militärischen Laufbahn zuführen wollen. Bis jetzt ist eine solche Ausbildung zum Unteroffizier nur in den preußischen Unteroffizierschulen und Vor­schulen, an denen Württemberg in begrenzter Weise Anteil hat, möglich gewesen.

§. Schömberg. 22. Aug. Im Aufträge der K. Landesfeuerlöschinspektion wurde heute nachmittag durch Bezirksfeuerlöschinspektor Oberamtsbaumeifter Link aus Neuenbürg die neuangeschaffte Magirus- Patentleiter einer Uebernahmeprüfung unterzogen, welcher anwohnten Schultheiß Hermann mit den Mitgliedern des Gemeinderats, sowie Feuerwehr­kommandant Oehlschläger mit den Chargierten und dem Steigerzuge. Die in allen Teilen auf das sorgfältigste ausgeführte Leiter hat eine Steighöhe von 16 Meter und ergaben alle eingehend vor­genommenen Untersuchungen in Bezug auf verwen­detes Material und Ausführung ein zufriedenstellendes Resultat, so daß die Leiter anstandslos übernommen und in Dienst gestellt werden konnte.

Letzte Nachrichten u. Telegramme

Berlin, 22. August. Im Auswärtigen Amt empfing heute der Dirigent der politischen Abteilung, Hr. von Stumm, die türkische Deputation aus Adrianopel und nahm deren Darlegung, sowie eine schriftliche Aufzeichnung entgegen, die er dem Staatssekretär zur Kenntnis bringen zu wollen, erklärte.

Haag. 22. Aug. Der Friedenskongreß nahm eine Resolution zu Gunsten einer Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich an und befürwortete eine zweite Resolution, daß der die Panamakanalakte betreffende englisch - amerikanische Zwist für den Fall, daß er nicht auf diplomatischem Wege geschlichtet werden könne, dem Haager Schieds­gericht unterbreitet werden solle. Der Kongreß sprach sein Bedauern darüber aus, daß die internationale Finanz während des Balkankrieges die Kriegführenden unterstützt habe und gab dem Wunsche Ausdruck, daß verschiedene Fragen (u. a. die Codifizierung des internationalen Rechts und die Frage des obliga­torischen Schiedsgerichts in allen Streitigkeiten) auf die Tagesordnung der dritten Friedens­konferenz gesetzt und daß unverzüglich vorbereitende Kommissionen gebildet werden sollen, damit die Konferenz im Jahre 1915 zusammentreten könne.

o raus stchLkiche Witterung.

Im Nordwesten ist ein Luftwirbel aufgezogen, der uns zunächst Aufheiterung gebracht hat, aber nicht ohne Störung vorüberziehen wird. Doch wird vorerst noch vorwiegend heiteres und trockenes, nachmittags sogar sommerlich warmes Wetter herrschen.

Vorsorge verhütet Nachsorge. Es sei schon jetzt an den frühzeitigen Bezug für die Herbstbestellung erinnert, um bei dem Riesenumfang, den der Thomasmehlverbrauch angenommen hat, die später so oft unangenehm empfundenen Lieferungsverzögerungen zu vermeiden. Um sich eine Vor­stellung von den 44 Millionen Ztr. Thomasmehl zu machen, welche jährlich von der deutschen Landwirtschaft bezogen werden, sei mitgeteilt, daß dieses Quantum einen etwa 200 Meter hohen und entsprechend breiten und dicken Sack füllen würde, in dem bequem das 142 Meter hohe Straß­burger Münster Platz finden könnte.

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Verantwortlich für den redaktionellen Teil: C. Me eh, für den Inseratenteil: G. Conradi in Neuenbürg.

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