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^ 183.

Reuenbürg, Samstag de» 16. November 1912.

7V. Jahrgang.

RunSlchau.

Der Krieg auf dem Balkan.

Bukarest, 15. Novbr. In Bukarest laufen Meldungen aus Sofia ein, wonach die so ängstlich geheim gehaltenen Verluste der bulgarischen Armee ungeheuer seien. Die Angaben über die Zahl der Toten und Verwundeten schwanken zwischen 60 000 und 80 000 Mann. Manche Infanterie­regimente! sind bis auf 300 Mann zusammenge­schmolzen. Die Kavallerie ist fast ganzlick vernichtet und nur die Artillerie hat verhältnismäßig wenig Verluste erlitten. Viele Verwundete starben infolge des mangelhaften Sanitätsdienstes. Um die ent­standenen Lücken wieder auszufüllen, wurden 16- bis 18jährige Burschen eingestellt.

London, 15. Nov. Reuterbureau meldet aus Sofia: Privatberichten zufolge ist es den Bulgaren gelungen, die Linie von Tschataldscha zu durch­brechen und Hademkiöj zu besetzen.

Wien, 15. Nov. Der Kriegsberichterstatter der Reichspost meldet aus dem Hauptquartier der Bul­garen vom 14. d. M.: Der türkische Armeekommandant hat in das bulgarische Hauptquartier einen Par­lamentär mit dem Ersuchen um einen Waffen­stillstand entsandt. Es wurde noch keine end­gültige Antwort erteilt.

Das Gebiet der Tagespolitik wird noch fast ausschließlich von dem Balkankrieg und seiner Einwirkung auf die gesamte europäische Politik beherrscht. Und der Fragen sind gar viele und die eine so wichtig, so schwierig und brenzlich wie die andere. Und doch möchten wir fast behaupten, sind wir über ein gut Teil der Gefahren, nicht der Schwierigkeiten, schon hinweg, und zwar deshalb, weil zwei der Hauplfaktoren auf friedlichem Wege miteinander Fühlung genommen haben: Oesterreich, dessen Interessen bei der bevorstehenden Aufteilung der europäischen Türkei in erster Linie in Frage kommen, und Bulgarien, das als der tonangebende der vier Balkanstaaten eben durch seine Fühlung­nahme mit Oesterreich den festen Willen bekundet hat, einen Ausgleich der Interessengegensätze herbei­zuführen. Oesterreich und Italien haben Ser­bien zu verstehen gegeben, daß sie seine Festsetzung in Albanien, dem Küstenlande zwischen Griechenland und Oesterreich, wenn man den kleinen montene­grinischen Streifen dazwischen ausschaltet, nicht dulden werden, und ebenso ist mit Nachdruck betont worden, daß der Dreibund überhaupt in der ganzen Frage zusammenhält. Man könnte nun meinen, das müßte die Gegner des Dreibundes erst recht reizen, Serbien den Rücken zu steifen, aber da kommt eine Frage, die dem ganzen das richtige Gesicht gibt: England macht nicht mit. Gewiß nicht aus Sympathie für den Dreibund, so sentimental ist der Engländer nicht, aber aus kluger Berechnung. Es gilt wohl so ziem­lich als feststehend, daß bei der großen Teilung für Rußland mindestens die Erfüllung seines alten Wunsches, die Durchfahrt durch die Dardanellen frei zu bekommen, herausspringt, und da heißt es für England vorsichtig sein, denn Rußland im Mittel­meer, zugleich als Vormacht des Balkanbundes, und Rußland hinterGroß Serbien", das sich am Adria­tischen Meere festsetzt, das ist wohl auch für einen Ententegenossen ein bischen viel auf einmal. Und so haben wir gerade da, wo es sich darum handeln konnte, das Gewicht der russisch-französisch-englischen Entente gegen den Dreibund auszuspielen, die eigen­artige Erscheinung, daß der entscheidende Teil, Eng­land, versagt, weil es sich keinen seiner Freunde über den Kopf wachsen lassen will. Neben diesen Fragen europäischer Weltpolitik sind die Kriegsereignisse fast ganz in den Hintergrund getreten, und doch steht die Kriegslage gerade jetzt in einem der interes santesten Stadien, jetzt kämpft die Türkei den wnk-

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lichen Entscheidungskampf, und wenn dieser bis zum blutigen Ende ausgefochten wird, dann wird die Chronik der Kriegsopfer auch eine grausige Bereicher­ung erfahren. Die furchtbaren Opfer, die dieser noch fordern wird, könnten gespart werden, wenn der Ehrgeiz sie nicht alles hintansetzen läßt. Gehts auf Konstantinopel, dann gilts den Kampf aufs Messer, und der könnte vermieden werden.

Wenn man für große europäische Verwick­lungen von der Haltung Rußlands nicht ganz mit Unrecht befürchtet hat, so ist diese Gefahr ab­geschwächt worden durch einen Faktor, den bis vor wenigen Tagen noch niemand in Rechnung gestellt halte: durck ein unvermutetes Engagement Rußlands im fernen Osten, in China bezw. näherhm in der Mongolei. Diese hat die durch die chinesische Revolution, aus der die Republik China hervorging, entstandenen Wirren benutzt, um ihre Unabhängigkeit und Selbständigkeit zu erklären, und um diese zu stützen, hat sie sich an Rußland gewandt oder viel­mehr sich von diesem protegieren lassen. Dies hat nun zu einemAbkommen" zwischen Rußland und der Mongolei geführt, das dem Anscheine nack der politischen Unabhängigkeit des Mongolenreichs Rech­nung trägt, dieses aber dafür völlig um seine wirt­schaftliche Unabhängigkeit gebracht hat, derart, daß Rußland die Ausbeutung der reichen Bodenschätze sich gesichert hat, wofür es Rußland seine politische Unabhängigkeit garantiert. Mit dieserGarantie" ist aber China nicht einverstanden, das ernstlich daran denkt, die Mongolei zurückzuerobern. Damit kann Rußland in den schönsten Konflikt mit China kommen, ein Umstand, der seine Aufmerksamkeit wesentlich von dem Balkan ablenken, jedenfalls aber dazu beitragen wird, seine etwaigen Kriegsgelüste zu dämpfen. Denn für einen Kampf nach zwei Fronten wäre es unter keinen Umständen gewachsen, und schließlich ist in China doch mehr zu holen als in der sehr unsicheren Balkanzukunft.

In der französischen Deputiertenkammer ist ein Gelbbuch über Marokko zur Verteilung gelangt. Es gibt bemerkenswerte Aufschlüsse über die deutsch­französischen Verhandlungen während der Marokko­krisis.

Die großen japanischen Flottenmanöver sind soeben mit einer glänzenden Flottenparade vor dem Kaiser in der Bucht von Dokohama zu Ende gegangen. Die Flottensckau war die größte An­sammlung von Kriegsschiffen, welche bislang in Japan stattgefunden hat.

Berlin, 14. Nov. Das Reichsbankdirek­torium hat in seiner heutigen Sitzung den Diskont von 5 auf 6 Prozent und den Lombardzinsfuß von 6 auf 7 Prozent in die Höhe gesetzt.

Aus Staöt, Begii-K unS Umgebung.

Zum Erntedankfest.

Uralte biblische Weisheit redet davon, daß nimmer und niemals aufhören solle Same und Ernte, und dieses Natürliche, sich alljährlich Wiederholende wird ins Licht einer ewigen Gottesgnade gerückt. Man feiert in den Kirchen Erntedankfest. Am leben­digsten und stärksten ist der Sinn dafür selbstver­ständlich auf dem Lande. Hier ist ja die Ernte das große Hauptereignis des Jahres. Hier ist ein un­mittelbar persönliches Zusammengehörigkeitsgefühl mit Ackergefühl und Erdgeruch, und hier spürt man's be­sonders, was es heißt, zur rechten Zeit das rechte Wetter und dementsprechend das rechte Wachsen und Reifen zu haben. Wie oft sah der Landmann ge­rade in diesem Jahre sorgenvoll zum Himmel, und wie mancher Seufzer war eine Bitte an den Herrn des Himmels und der Erde, daß doch der schöne, reiche Feldsegen auch wohlbehalten unter Dach und Fach kommen möchte! Ja, der Bauer feiert sein kirckliches Erntedankfest aus vollem Herzen und es sieb! :dm sifft ans de'selben L>' ie w>e ^i.

Ostern und Pfingsten. Aber auch in der Stadt und bei denjenigen, die nicht Landwirtschaft treiben, kann und soll ein Danken für die Ernte sein. Ihr Aus­fall im guten oder geringeren Sinne berührt doch schließlich alle Volkskreise; denn es ist wahrlich eine Angelegenheit, die mit weitesten wirtschaftlichen Fol­gerungen verknüpft ist, ob nämlich das tägliche Brot teurer oder billiger ist. Und dann ist Erntedankfest überhaupt eine gute Gelegenheit, wieder einmal recht kräftig an die einfache, oft so vergessene Glaubens­tatsache zu erinnern: Was wir haben, sind Gottes Gaben! Wir erinnern an ein schlichtes Kirchenlied, und zwar ein solches, das für den Fall einer dürftigen Ernte gedichtet wurde von Benjamin Schmolck: Was Gott tut. das ist wohlgetan!

Wie er es nun gefüget.

So nehmen wir es billig an Und sind dabei vergnüget.

Er, unser Gott,

Weiß, was uns not.

Laßt in Geduld uns fassen.

Er wird uns nicht verlassen!"

Neuenbürg, 16. Nov. Wie aus dem heutigen Inseratenteil ersichtlich ist, hält der Evang. Jüng­lingsverein am morgigen Sonntag in der Turnhalle seinen Familienabend ab. Bei dem regen Interesse, das trotz allem auch hier dem Verein immer wieder entgegengebracht wird und das beweist, daß ab auch hier noch viele Freunde der Jugend in des Wortes wahrstem und edelstem Sinn gibt, darf die Hoffnung auf zahlreichen Besuch der schönen Feier eine wohl begründete und freudig er­wartungsvolle sein. Dies gilt umso mehr gerade diesmal, da der jüngste Zweig der edlen Jugendsache, unserePfadfinder", vor der Oeffentlichkeit sich vorstellen und in munterem Spiel und ernstem Tun zeigen werden, was sie sind und was sie wollen. Schon manchmal zogen sie vorbei, die frohen Ge­stalten mit den schmucken Uniformen in Trommel­wirbel und Schall der Posaunen, und manch freund­liches Auge schaute wohlgefällig der strammen Schar nach. Nun wollen sie nicht nur sich sehen lassen, sondern reden und handeln in inhaltsreicher Aufführ­ung, edlen Deklamationen und bedeutungsvollen lebenden Bildern, damit jedermann sehe, daß gerade hier, wie nirgends sonst, der Jugend rechter Frohsinn und Freude winken und dem Vaterland tapfere Söhne entsprossen, weil alles die Weihs empfängt vom goldenen Wort:Heilig ist die Jugendzeit." Diese Losung muß allen wichtig sein, nicht nur den Eltern und Lehrherren und Erziehern, sondern allen Freunden der Jugend und des Vaterlandes, und so ist jedermann herzlich eingeladen auf morgen abend 7 Uhr in die Turnhalle, um selbst zu hören und zu sehen und sich mitzufreuen mit unseren christlichen Jünglingen am Festtag des evang. Jünglingsvereins.

Neuenbürg, 15. Nov. Heute wurden drei junge Leute im militärpflichtigen Alter aus Loffenau wegen Sittlichkeitsverbrechen (Notzucht) an das Kgl. Amtsgericht eingeliefert.

Schömberg, 15. Novbr. Gestern abend fand hier in der Linde eine Versammlung für die Kan­didatur des Hrn. Karl Comm ereil in Höfen statt. Sie war gut besucht und verlief im Gegensatz von Calmbach und andern Orten in wirklich würdiger Form. Nachdem Hr. Notar Schaufler die Ver­sammlung mit einleitenden Worten eröffnete, trug Hr. Commerell sein Programm in klarer, eindrucks­voller und sicherer Weise frei vor. Der Kandidat erntete mit seinen Ausführungen lebhaften Beifall. Die Diskussion eröffnete Hr. Dr. Koch, der den Kandidaten zur Wahl warm empfahl, davon aus­gehend, daß unfern Bezirk wirksam zu vertreten nur Hr. Commerell geeignet sei, der Land und Leute kenne, an dem nickt das Geringste auszusetzen sei und wisse, wo es not tue. Hr. Haupllebrer Grün-