Abonnement verbunden war, betraf nur Unfall aber nicht Umfall.
Schwenningen, 6. Nov. Am 6 September hat der Gemeinderat beschlosfen, die beiden Jahrmärkte aufzuheben. Jetzt will er sie an den seitherigen Tagen belassen. Die Kgl. Kreisregierung, die die Aufhebung genehmigt halte, soll nun wieder um Genehmigung der Weiterbelassung angegangen werden.
Marbach a. N, 6. Nov. Daß der Beruf eines Gerichtsvollziehers zuweilen recht dornenvoll ist, beweist folgendes Vorkommnis. Zu einem Weingärtner kommt der Gerichtsvollzieher, um seines Amtes zu walten. Er trifft ihn zu Hause an und letzterer ist bereit, die Schuld zu bezahlen. Das Geld wird auf den Tisch des Hauses gezählt, doch — o Jammer — es reicht nicht aus zur Bezahlung der Summe. Der Weingärtner streift das Geld wieder ein und verspricht dem Manne des Gesetzes, den fehlenden Betrag bei einem Bekannten zu holen, er möge nur einstweilen in der Stube warten. Anstatt aber das Geld zu holen, schließt er die Stube ab, steckt den Schlüssel ein und begibt sich in eine Wirtschaft, wo er bald nicht mehr an den Hausleerer dachte. Der Letztere aber, dem wohl das Warten etwas lange geworden zu sein schien, nahm inzwischen Platz und wartete und wartete — vergebens I Jetzt erst bemerkte er, daß er eingeschlossey war und mußte Nachbarn herbeirufen, die ihn aus seiner Gefangenschaft befreiten. Für den Wein gärtner dürfte der Spaß wohl unangenehme Folgen haben.
Leutkirch, 6. Nov. Bei Waldershofen stürzte infolge eines Defekts an der Steuerung ein Auto- omnibus die Straßenböschung hinab und überschlug sich vollständig. Glücklicherweise befand sich in dem Fahrzeug kein Passagier, sonst wäre der Unfall von schweren Folgen begleitet gewesen.
Kus StaSI, Bezirk unS Umgebung.
Neuenbürg, I. Nov. Spanische Schwindelbriefe. In letzter Zeit wurden wieder mehrere in Württemberg wohnende Personen durch spanische Schwindelbriefe belästigt. Die Briefe waren meist in Madrid aufgegeben und wimmelten von falschen Vorspiegelungen, z. B. der Briefschreiber befinde sich ; wegen Bankerotts in Haft und bedürfe zur Auslösung eines beschlagnahmten, die Summe von 800 000 Francs in Banknoten enthaltenden Koffers der Hilfe des Adressaten; dieser solle sich nach Madrid begeben, die Prozeßkosten des Briefschreibers bezahlen und den Koffer auslösen, wogegen er den dritten Teil der im Koffer befindlichen Summe als Belohnung erhalte. — Dem Publikum wird unter nachdrücklicher Warnung vor diesem Schwindel empfohlen, derartige Briefe der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Kenntnis zu bringen.
Unterreichenbach, 5. Nov. Gestern nacht hat es hier wieder gebrannt. Es brannte die Top- pelscheune nebst Stallungen des Altankerwirts Fritz Gengenbach und der Jakob Gengenbachwitwe nieder.
Alten steig, 7. Novbr. Ein Bürgersohn, der die Kontrollversammlung nachgeferert hatte, spielte mit einer brennenden Zigarre an einer Militärpatrone, die plötzlich explodierte. Seine Kleider fingen Feuer und er zog sich erhebliche Brandwunden zu. Auch ein Zimmerbrand brach aus, der aber von den Hausbewohnern gelöscht wurde.
Pforzheim, 7. Nov. Die zahlreichen Musikfreunde im Enztal seien darauf aufmerksam gemacht, daß das II. Konzert des Musikoereins in dieser Saison am Montag den 11. ds., abends 8 Uhr im Saalbau stattfindet. Es wird die Meininger Hofkapelle unter persönlicher Direktion ihres berühmten Leiters Max Reger konzertieren. Als Solisten treten dabei auf: Konzertmeister Hans Treichler (Violine) und Professor Karl Pliening (Violoncsll.)
Bayerisches Brauhaus A G. in Pforzheim. Der Geschäftsbericht für 1911/12 sagt u. a.: „Im Bierabsutz ist trotz der schlechten Witterung im August und September, die sehr hemmend auf den Bierkonsum wirkte, eine nennenswerte Aenderung nicht eingetreten, da in den ersten zehn Monaten eine Steigerung des Absatzes zu verzeichnen war. Die Preise für Malz und Hopfen waren sehr hohe, desgleichen auch die für Futtermittel. Doch waren letztere für uns weniger stark fühlbar, da durch Anschaffung eines dritten Lastautomobils eine weitere Anzahl von Pferden entbehrlich wurde. Durcb Verbesserung unserer Eismaschinen-Anlage und der Warmwasserbereitung ließ sich eine beträchtliche Ersparnis an Brennmaterial erzielen". — Es sollen wieder 5 Prozent Dividende und 9367 Mk. Tantiemen an Vorstand und Aufsichtsrat verteilt und 15 918 (i. V. 13 838) Mk. auf neue Rechnung vorgetragen werden. Ueber die Aussichten sagt der Vorstand: Da wir ohne nennenswerten Bestand an vorjährigem Hopfen in's neue Jahr eingetreten sind und neue Ware bester Qualität bereits sehr preiswürdig eingekauft haben, so wird im neuen Jahre das Hopfenkonto eine beträchtliche Minderausgabe ausweisen. Gutes Malz ist dagegen sehr teuer. Dennoch hoffen wir, diese erhöhte Aufwendungen durch verstärkten Absatz wieder ausgleichen zu können.
Literarisches.
Den Wählern bei den bevorstehenden Landtagswahlen wird das im Verlag von I. Heß, Stuttgart erschienene Werk willkommen sein:
Das württemb. LandtagZwahlgesetz mit Vollzugs- Verfügungen. einer Einleitung, behandelnd die Verhältniswahl. Vollzugsversügung betr. die Wahl der ritterschaftlichen Abgeordneten und einem Sachregister, unter Benützung der Akten des Kgl. Ministeriums des Innern, der Verband, lungen der Ständeversammlung und des Nieder'schen Kommentars, erläutert und herausgegeben von Oberamtmann Scholl in Stuttgart-(Hohenheim). Preis gebunden 2.80.
Das Werk gibt Auskunft über alle Fragen des Wahlrechtes, der Verhältniswahl, der Wahlhandlung selbst und kann jedem Wähler und den Behörden bestens empfohlen werden. Das >906 erschienene Werk ist durch Ergänzungen auf den neuesten Stand gebracht und durch die C. Meeh'sche Buchhandlung zu beziehen.
Württemberg.
Stuttgart, 4. Nov. Das Ministerium des Innern hat auf eine Eingabe des K. württ. Automobilklubs folgenden Erlaß an die ihm unterstellten Behörden gerichtet: Vielfach sind an Wegweisern mehrere Arme derart in gleicher Höhe angebracht, daß sich die Arme gegenseitig verdecken. Wo dieser Uebelstand besteht, empfiehlt es sich, die Arme der Wegweiser nicht in derselben Höhe, sondern unter einander anzubringen. Außerdem sollte Bedacht darauf genommen werden, daß da, wo die Rückseite eines Wegweiserarmes von einer anderen Straße aus in die Augen fällt, auch diese Rückseite beschrieben wird.
Stuttgart. 5. Nov. Der heutige Spätjahrsbaummarkt in der Gewerbehalle war mit Bäumen und Beerensträuchern gut befahren. Die Preise waren im wesentlichen die gleichen wie auf dem Frühjahrsmarkt. Von Hochstämmen kosteten Aepfel 1 bis 1.50 Birnen 1 ^ bis 1,20 ^
Stachelbeeren kosteten 12 Johannisbeeren 6 Himbeeren 4 per 100 Stück.
Stuttgart, 6. Nov. Von der Amtskörperschaft Maulbronn wurde in der Oberamtsstadt ein Stenographiekurs eingerichtet, an dem Justiz- und Ver- walrungsbeamte aus dem ganzen Bezirk samt den Vorständen des Oberamts und des Amtsgerichts, Lehrer, Gewerbe- und Handeltreibende, sowie eine Anzahl Damen sich beteiligen; auch die Mehrzahl der Schüler des evangelisch-theologischen Seminars benützt diese günstige Gelegenheit zur Erlernung der Gabelsbergerschen Schnellschrift. Die Unterrichtstunden werden im Seminar gegeben und von Kammerstenograph Haas-Stuttgart geleitet.
Tuttlingen, 4. Nov. Die Arbeiten zur Erforschung der Donauversinkung sind nunmehr in Angriff genommen worden. Bekanntlich plant der Stuttgarter Gelehrte, Professor Dr. End riß. einen Einstieg in das Hattinger Loch. Zu diesem Zweck ist eine starke hölzerne Schachtrundung in die trichterförmige Senkung hinabgelassen worden, in der der Einstieg versucht werden soll.
Pfullingen, 6. Nov. Als gestern vormittag ff, 9 Uhr der Zug in Unterhausen einlief, sollte ein Schwein ausgeladen werden, das aber entlief und unter die Lokomoiive kroch. Alle Versuche, das Tier unter der Lokomotive hervorzuholen, blieben zunächst vergeblich und der Zug konnte nicht weiterfahren bis der Lokomotivführer auf den Einfall kam, Dampf abzulassen. Das Borstentier war mit dem Brühen vor der Schlachtung augenscheinlich nicht einverstanden und verließ schleunigst seinen Schlupfwinkel, worauf der Zug die Fahrt fortsetzen konnte.
Schwenningen, 7. Nov. Die hiesigen „Neuesten Nachrichten", die nach ff. jähriger Pause in diesem Frühjahr aufs Neue ins Leben gerufen wurden, haben ihr Erscheinen bereits wieder ein- a^tellt. Da das Abonnementsgeid für das laufende Äuartal bereits eingezogen sein dürfte, sind die vertrauensseligen Abonnenten wie das erste mal wieder die Leidtragenden. Die Versicherung, die mit dem
Eine Heirat.
Roman von Wilma Mittetstaedt.
31) (Nachdruck verboten.)
ES ist ja doppelt hart, einen teuren Menschen durch den Tod zu verlieren, während man in der Fremde weilt I So ging die Zeit hin.
Maud war mittlerweile siebzehn Jahre alt geworden. Sie half nur nun beim Nähen, denn ich hatte immer noch dieselbe Beschönigung wie srüher. Wir konnten uns auf diese Weise doch wenigstens durchbringen. Von der Vergangenheit sprachen wir fast nie.
Eines Abends jedoch, als wir bei der Arbeit faßen, bemerkte ich, wie Maud nicht bei der Sache war. Alle Augenblicke ließ sie ihre Näherei in den Schoß sinken und blickte sinnend vor sich nieder. Sie mußte etwas auf dem Herzen haben. Ich nähte eifrig fort, da die Arbeit am nächsten Tage ab- geliefert werden sollte.
„Mama", begann Maud etwas zaghast, „ich muß eine Frage an Dich richten, die mich schon lange beschäftigt, fast seit meiner Kindheit, und die Du mir jetzt hoffentlich ausführlich beantworten wirst, denn ich bin nun erwachsen und glaube deshalb ein Recht zu haben, diese Frage zu stellen."
Ich wußte jetzt, was kommen würde, der Moment
war da, wo ich meinem Kinde über meine Handlungsweise Rechenschaft oblegen mußte. Mauds Frage ließ denn auch nicht auf sich warten.
„Was ist es eigentlich mit meinem Vater? Ich erinnere mich doch, daß wir einst in glänzenden Verhältnissen lebten und auf einmal wohnten wir in diesem Dachstübchen und waren ganz arm und von Papa sprachst Du nie wieder zu mir und ich, ich getraute mich nicht, nach ihm zu fragen."
Maud schwieg und sah mich erwartungsvoll an. Ich legte meine Arbeit beiseite und ergriff ihre Hand. Und daun erzählte ich ihr, zwar schonend, aber doch alles, was ich wußte. Ich war so in die Vergangenheit vertieft, daß ich nicht weiter auf Maud geachtet hatte. Ein gellender Schrei führte mich in die Wirklichkeit zurück; Maud war neben niir zufammengebrochen. Sie lag leblos aus dein Boden ausgestreckt. Ich versuchte alles, sie ins Leben zurückzurufen — vergebens.
In meiner namenlosen Angst lief ich hinüber zu der Frau, bei der ich wohnte, und es gelang uns beiden, meine arme Maud aufs Bett zu tragen. Zum Bewußtsein brachten wir sie nicht. Mrs. Smith sandte zum Arzt und bis er kam, verlebte ich eine qualvolle Stunde am Bett meines einzigen Kindes.
Wie lag Maud so bleich vor mir! Ich halte nicht gedacht, daß sie meine Erzählung so erschüttern Würde. Und einmal hätte sie ja doch erfahren müssen, warum wir hier lebten.
Die Gewißheit war schrecklich für sie, aber die Ungewißheit tonins n'cht ewig bleiben Es mußte das zart veranlagte feinfühlige Mädchen ja lies ergreifen, zu erfahr en, sie iei die Tochrer eines Verbrechers. Sie war in ihren kindlichen Gefühlen Ai schwer verlebt worden.
Alles mochte sie erwartet haben, aber auf diese uiedmchmctrerude Mitr-ilung war sie nicht gefaßt gewesen, die war ihr gänzlich unvermutet gekommen. O, ich hätte mich anklagen mögen, daß ich cs war, die Maud dielen großen Schmerz bereiten mußte. Mußte? Vielleicht war es doch unnötig gewesen! Vielleicht hätte sie es nie erfahren brauchen.
Ach, was nützten meine Selbstvorwürfe? Es war geschehen, ich hatte gesprochen und es für meine Pnicht gehalten, Maad die Wahrheit zu sagen; ich hatte rvoht dabei auch ein ticin wenig an mich gedacht, ich wollte meine Handlungsweise, meine Flucht ans dem Hause meines Gatten meiner Tochter gegenüber rechtfertigen.
Nach einer bangen halben Stunde kam endlich der Arzt. Er untersuchte Maud, flößte ihr Rum ein und rieb Stirn und Brust mit stärkenden Essenzen. Cie schlug nach einer Weile die Augen auf; mit einem tiefen Seufzer schloß sie sie aber gleich wieder.
Angstvoll hingen meine Blicke an den Zügen des Tvttors. Keine Bewegung feines Gesichts verriet jedoch, was er dachte.
(Fortsetzung folgt.)
Druck und Verlag der L. Meeh'schrn Bachdrackerei de» Luztäler» (Inhaber V. Lonradt) t» Neuenbürg.