Zug an. Der brennende Wagen wurde vom Zuge losgekuppelt, eine Strecke weit weggezogen und iso­liert stehen gelassen. An ein Löschen des Feuers war nicht zu denken. Der im Wagen allein befind­liche Nürnberger Postschaffner konnte nur noch im Arbeitskostüm und in Pantoffeln aus dem Wagen springen. Seine ganze Sachen mußte er zurücklassen. Beim Eintreffen des gesamten verfügbaren Personals aus Neuenmarkt hatte das Feuer bereits eine solche Ausdehnung gewonnen, daß man den bis oben mit Paketen vollgepfropften Wagen seinem Schicksal über­lassen mußte; er ist vollständig zerstört. Durch den Unfall erhielt der Zug über 2 Stunden Verspätung. Die verbrannten Pakete gingen aus Württemberg meist nach Sachsen, Schlesien und anderen nordost­deutschen Gebieten.

Aus StaSt» Bezirk uns Umgebung.

Neuenbürg, 9. Oktbr. Auf die Vorteile der freiwilligen Weiterversicherung wird sowohl in den Tageszeitungen, als auch von den zuständigen Behörden immer wieder hingewiesen. Vielfach finden diese Hinweise Beachtung, häufiger aber kommt es vor, daß dies nicht geschieht. Fast täglich müssen die mit dem Vollzug des Gesetzes betrauten Be­hörden die Wahrnehmung machen, daß die auf Grund versicherungspflichtiger Beschäftigung als Lehr­ling, Geselle, Fabrikarbeiter und dergl. erworbenen Rechte und Anwartschaften auf die Gesetzesfürsorge mit Beginn der Selbständigkeit usw. so gleichgültig preisgegeben werden und zwar auch dann, wenn schon während vieler Jahre eine Beitragsleistung stattgefunden hat, und die Ansprüche an das Gesetz recht bedeutende waren. Daß durch das Preisgeben einmal erworbener Rechte und Anwartschaften recht unökonomisch gehandelt wird, daran wird wohl viel­fach nicht gedacht. Man scheut die wenigen Weiler­ausgaben und verzichtet auf große Vorteile. Bei unterlassener Weiterversicherung schadet man nicht den Kassen der Versicherungsanstalten, sondern viel­fach sich selbst. Alle Beiträge, die auf Grund der versicherungspflichtigen Tätigkeit haben geleistet werden müssen, bedeuten durchweg reinen Gewinn für die Versicherungsanstalten, wenn mit Beginn der Selb­ständigkeit (oder auch beim Ueberschreilen der Ver­dienstgrenze 2000 Mk. jährlich) mit der Marken­klebung aufgehört wird, denn in solchen Fällen ent­steht für die Kassen der Versicherungsanstalten niemals mehr eine Belastung. Anders ist es. wenn die Versicherungsanstalten jederzeit gewärtig sein, die gesetzliche Fürsorge leisten zu müssen, wodurch ihnen in der Regel erheblich mehr Ausgaben erwachsen, als sie Beiträge jemals erhalten haben. Der für die freiwillige Weilerversicherung geleistete Aufwand steht in gar keinem Verhältnis zu den großen finanziellen Vorteilen, die den Versicherten durch die Bewilligung der Rente zugeflossen sind. Diese Personen hatten sicherlich am falschen Platze gespart, wenn sie die kleinen Geldopfer für die Weiterversicherung gescheut hätten. Durch die Bewilligung der Rente sind die geleisteten Beiträge nicht nur nicht voll ersetzt worden.

sie und lhre Familien haben bedeutend mehr erhallen. Bei keiner Versicherung wäre mit so wenig Geldopfern die Zubilligung solch namhafter Beträge möglich gewesen, die in Fällen von Krank­heit und Invalidität nicht nur sehr willkommen sind, sondern manche Familie vor sichern! Ruin schützen. Bekanntlich sind nun die Leistungen der Invaliden­versicherung durch die am 1. Januar 1912 in Kraft getretene Reichsversicherungsordnung ganz wesentlich erweitert worden durch Einführung der Hinterbliebenen­versicherung (Witwenrente, Waisenrente, Witwengeld und Waisenaussteuer). Von besonderer Bedeutung ist aber die neue Bestimmung, wonach die Invaliden­rente für jedes unter 15 Jahre alte Kind um ein Zehntel bis zum anderthalbfachen Betrag der Rente erhöht werden muß. Diese Bestimmung hat bewirkt, daß jetzt schon Renten im jährlichen Betrag von 300 Mark und mehr durchaus nicht mehr zu den Seltenheiten zählen. Durch die weitereingeführte Zusatzversicherung (aus dieser Versicherung stehen den Hinterbliebenen allerdings keine Ansprüche zu) kann die Invalidenrente gleichfalls bedeutend erhöht werden. (Jede Zusatzmarke kostet 1 Mk.) Es wird nun keiner weiteren Ausführung mehr bedürfen, um die freiwillige Weiterversicherung zu empfehlen, man kann nur hoffen, daß alle Personen, welchen die Möglichkeit zur freiwilligen Versicherung gegeben ist, von diesem Rechte so rasch als möglich Gebrauch machen. Nach dem 1. Januar 1913 ist das Wieder­aufleben einer erloschenen Anwartschaft wesentlich er­schwert, unter Umständen sogar ausgeschlossen. Ver­säume deshalb niemand die rechtzeitige Weiterver­sicherung. Die Ortsbehörden für die Arbeiterver­sicherung geben auf Verlangen stets gerne Auskunft.

Neuenbürg, 8. Okt. Bei der in diesem Herbst vorherrschenden kühlen Witterung darf angenommen werden, daß die Gärung des Obstmostes kaum gut verlaufen wird. Eine rasche und vollkommene Gärung ist aber eine Hauptbedingung, um einen guten, gesunden und wohlbekömmlichen Most zu er­halten. Verläuft die Gärung langsam und unvoll­ständig, so bleibt der Most gewöhnlich trüb, wird nachher zäh, ölig und oft ganz ungenießbar. Mehr wie in anderen Jahren ist daher bei kaltem Herbst- wetter eine Ueberwachung der Gärung angezeigt. Nach einem oder höchstens zwei Tagen, nachdem das Faß aufgefüllt ist, muß ein starkes Brausen wahrgenommen werden. Ist dies nicht der Fall, so ziehe man pro 100 Liter 1020 Liter Most ab, gebe für 5 ^ Tanin dazu und gieße ihn in heißem Zustande wieder in das Faß. worauf die Gärung fast mit Sicherheit sehr kräftig eintritt. Da auch der Zuckergehalt des Obstes infolge von wenig Sonnenschein ein weit geringerer ist wie in normalen Jahrgängen, empfiehlt es sich, gleichzeitig pro 100 Liter einige Pfund in warmem Wasser aufgelösten Zucker zuzusetzen, besonders dann, wenn viel Nach­druck gemacht, d. h. viel Wasser zugesetzt wurde.

Vom Lande, 9. Okt. Mit Oktober denkt an den Leimring gegen den Frostspanner, da die kleine Mühe sich reichlich lohnt. Legt denselben

z aber entweder oberhalb des Pfahles kurz unter der Krone, oder legt um Stamm und Pfahl in gleicher Höhe je einen Ring. Sorgt vor allem, daß der Schädling nicht oberhalb des Leimrings, etwa durch den Verband mit dem Pfahl, auf den Baum ge­langen kann.

Altensteig, 10. Okt. Dem gestrigen Vieh­markt waren zugeführt: 61 Paar Ochsen und Stiere, 32 Stück Kühe, 39 Stück Jung- oder Schmal­vieh, 106 Stück Läuferschweine, 118 Stück Milch­schweine. Es galten: Ochsen das Paar 870 bis 1440 Mk., Kühe per Slück 280 bis 480 Mk., Jung, oder Schmalvieh per Stück 223 bis 460 Mk., Läufer­schweine per Paar 65 bis 128 Mk., Milchschweine per Paar 34 bis 49 Mk.

vermischtes»

Ein salomonisches Urteil. In einem märkischen Dorfe fuhr ein Radfahrer eine Gans tot. Die Bauersfrau, der die Gans gehörte, eilte sofort herbei, den Fremden für den Schaden haftbar zu machen; sie verlangte ein Reugeld von 8 -4L für die rundliche Gans. Der Radfahrer wollte aber auf ' den erradelten Braten gern verzichten und bot 5 ^ Davon wollte die empörte Besitzerin nichts wissen. Da alles Handeln nichts half, begab man sich zum Obersten deL Dorfes; er solle entscheiden. Nach Anhörung beider Parteien fragteer:Wenn ich dich recht verstanden habe, willst du 8 haben und auf die Gans verzichten? Gut. Sie wollen die Gans auch nicht mitnehmen, aber nur 5 ^ be­zahlen, nicht wahr? Schön. Zahlen Sie der Frau die 5 Gemächlich zog der Ortsrichter einen

Taler heraus, legte ihn zu dem Fünfmarkschein und sagte:Hier deine 8 und Sie können gehen. Die Gans behalte ich." Beide Parteien zogen ver­gnügt ab, und im Hause des weisen Salomo gab es mittags billigen Gänsebraten.

Porzellanhäuser. Eine Vision der Zukunft, in der wir alle in Porzellanhäusern leben werden, beschwört ein englischer Erfinder W. Hales Turner herauf, der von seiner neuen Idee eine Umwälzung in der Architektur erhofft. Die Häuser, die er baut, bestehen aus Porzellanplatten, die ein Stahlgerüst verkleiden.Meine Porzellanhäuser", so erklärt er, haben den Vorzug der besten hygienischen Beding­ungen. Die Wände können abgewaschen werden, wie das Geschirr, nachdem aus ihm gegessen worden ist. War auch der frühere Eigentümer noch so schmutzig, der neue Besitzer braucht nicht mehr als einen Eimer und etwas Seife, um seine Zimmer so blitz und blank zu machen, daß sie keinen Staub, keine Bazillen oder sonstige schädliche Unreinigkeiten mehr enthalten. Sich ein Haus zu bauen, ist das einfachste Ding von der Welt. Man wählt sich das Modell und die Muster aus. die man haben will, das Stahlgerüst und die Porzellanplatten werden an Ort und Stelle gesandt und in einem Tag ist dann der Bau fertig. Zieht man wo anders hin, so packt man sein Haus mit ein und stellt es an einem neuen Ort wieder auf . . (Gut gesagt.)

Noman von Wilma Mittelstacdt.

(Nachdruck verboten.)

Das weißt Tu", sagte ich leise,ich werde mein Wort nicht brechen."

Wenn die Neue nur nicht zu spät kommt, Emilie; hier weist Du eine sichere glückliche Zukunft Von Dir und gehst einer ungewissen und wenn mich nicht alles täuscht, einer trüben Zeit entgegen."

In die Zukunft können wir nicht sehen und es Wird ja alles besser werden, als Du denkst, Charles und ich lieben uns von Herzen."

Es ist gut; wenn Mr. Lawson sich bei mir verabschiede» will, ich bin nicht zu sprechen."

O Mutter, Du bist hart", flüsterte ich.

Mama stand statt aller Antwort aus und ging ins Nebenzimmer; auch ich verließ die Stube, um mich in meine eigene zu begeben. Ich zündete eine Kerze an und öffnete das Etui, das mir Charles gegeben hatte. Es enthielt einen prachtvollen Ring, der aus lauter kleinen Brillanten gebildet war. Er funkelte und strahlte in allen Farben und mußte einen unermeßlichen Wert besitzen.

Unten hielt jetzt der Wagen, der meinen Bräutigam an die Bahn bringen sollte. Ich stand auf und öffnete ein Fenster. Charles trat eben aus der Thür und blickte zu meinem Fenster empor. Noch ein kurzes Grüßen, er stieg ein und fuhr davon; mit einem Seufzer schloß ich das Fenster und begab mich zur Ruhe.

Nach Charles Abreise folgte nun eine Reihe von Tagen, von denen ich sagen konnte,sie gefallen mir nicht."

Es herrschte eine drückende Stimmung im Hause; Mama ging tummervoll umher, Tonie arbeitete an ihrer Ausstattung, Hertha half dabei, während ich viel auf meinem Zimmer war und oft Briefe von meinen: Verlobten emvfing und auch an ihn schrieb.

Ich war eigentlich nie eine große Freundin von häuslichen Beschäftigungen gewesen, auch war es mir unmöglich, uiir meine Ausstattung selbst zu nähen, wie Tonie. Ich las oder schrieb viel lieber. Ich hatte mich aber um Musters willen doch im Haushalt beschäftigt und mich daran ge­wöhnt, meine häuslichen Pflichten aufs Gewissen­hafteste zu erfüllen.

Jetzt that ich mir weniger Zwang an, denn ich fühlte wohl, daß eine Spannung zwsichen mir und meiner Familie eingetreten war. Wenn ich Charles Lawfons Frau wurde, war es ja auch nicht nötig, daß ich mich mit Dingen plagte, die mir nicht kon­vertierten.

Einsam gingen die Tage dahin und das schöne Weihnachtsfest kam immer näher.

Ich hatte meine Mutter gebeten, meine Ver­lobung mit Charles an Weihnachten veröffentlichen zu dürfen. Sie hatte abgelehnt.

Auf Weihnachten keinesfalls. Wenn ich bei meinem Willen beharrte, dann könnte ich mich im Januar oder Februar verloben, mit ihrer Zu­stimmung geschehe diese Verbindung überhaupt nicht,

doch kenne ich es ja ohne ihre Einwilligung thnn. Zugleich teilte sie mir mit, daß sie mir an meinem Vermählungstage mein Heiratsgut, das eine be­deutende Summe genannt werden konnte, einhändigen Werde.

Mamas Starrsinn, wie ich es nannte, in Bezug auf Charles kränkte mich, allein ich beschloß, die Seine zu werden, komme nun, was da wolle.

Ich schrieb Mamas Antwort sofort an Charles und wir setzten bie Veröffentlichung unserer Ver­lobung aus den 18 . Januar fest.

, Unterdessen war Weihnachten herangekommen. Unsere Stimmung im Hause war, wie man sich denken kann, nicht besser geworden. Für mich war das Fest besonders trübselig, denn ich litt unter dein Druck, der auf allen Gemütern lastete und dessen Urheberin ich war, am meisten. Meine beiden Brüder und der Bräutigam Tonics wurden zum Fest erwartet, nur mein Verlobter durfte nicht kommen. Das schmerzte mich tief, aber ich suchte mich zu beherrschen, so gut ich konnte und beteiligte mich auch wieder an den Durch die Gäste vermehrten häuslichen Geschäften.

Es war schon alles geordnet und vorbereitet, der große Tannenbaum war geschmückt, der Tisch gedeckt und die Bescherung fertig. Ich sah auf die Uhr, es war fünf. Um sechs Uhr kamen meine beiden Brüder und Tonics Verlobter, Paul Hartwich. Sie langten mit ein und demselben Zuge an, da Paul in dem gleichen Ort wie Karl Reallehrer war.

(Fortsetzung folgt.)

Druck und Verlag der T. Meeh'schen Buchdruckerei bei EnztLlerg (Inhaber W. Lonradi) in Neuenbürg.