Die Veranstaltungen sind öffentlich; alle Freunde der ländlichen Wohlfahrtspflege sind eingeladen, sich mit ihren Damen an der Tagung zu beteiligen. Der Verein für ländliche Wohlfahrtspflege will den Bewohnern der Landgemeinden das Leben durch Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse, Hebung von Erziehung und Bildung im christlichen Sinne durch Volkstums- und Heimatspflege erträglicher, angenehmer und behaglicher machen. Er will ein Landvolk schaffen, das sich wohl fühlt in seiner Heimat, das Grund hat sich seines Besitzes und Er­werbes zu freuen und frohgemut sich selbst erzieht und weiterbildet durch Veredlung. Erweiterung und Pflege der heimatlichen Gebräuche, Feste und Unter­haltungen. Ein Volk, das festgehalten wird an der Scholle durch die Liebe zu den heimatlichen Ge­filden und das kein Verlangen trägt, die Heimat zu verlassen. Eine Heimat, welche dem Bewohner an Annehmlichkeiten, an Reizen und Erinnerungen so vieles bieten soll, daß ihn die scheinbaren Vor­teile und Annehmlichkeiten der Stadt auch nach längerem Aufenthalt in derselben nicht weglocken können. Er will schaffen ein heimfestes und heim­frohes deutsches Landvolk, so reich an Zahl und Gliederung, so glücklich im Besitz, daß die unheil­vollen Erscheinungender Landflucht" der zunehm­enden Landentvölkerung mehr und mehr entschwinden. Gewiß ein sehr ideales, erstrebenswertes Ziel, ein Wirken, das es wert ist, mit Unverdrossenheit und Ausdauer fortgesetzt zu werden und die Unterstütz­ung und den Dank aller Volksfreunde fordert. Ganz besonders verdient es die Aufmerksamkeit der­jenigen, welche durch Amt und Lebensstellung be­rufen sind und sich berufen fühlen, hiebei mitzu­arbeiten. Unser Städtlein freut sich der uns durch die Abhaltung der Versammlung in'unseren Mauern erwiesenen freundlichen Aufmerksamkeit und entbietet den verehrten Gästen freundlichen Gruß.

Freudental O/A. Besigheim, 6. Okt. Das von dem Stuttgarter Ortskrankenkassenverband in ein Erholungsheim umgebaute Schloß Freuden- tal wurde heute in feierlicher Weise seiner Bestim­mung übergeben. Von Stuttgart hatten sich zu der Feier die Vorstandschaft der Ortskrankenkassen mit Vertretern staatlicher und städtischer Behörden nach Freudental begeben, wo um 12 Uhr unter Böller­schüssen die feierliche Uebergabe des Hauses durch Architekt Liedecke, der mit einer Ansprache dem Vorsitzenden der Ortskrankenkassen, Gemeinderat Würz, den Schlüssel überreichte, erfolgte. Ein an­schließender Rundgang durch das neugeschaffene Heim bestätigte, daß die Krankenkassen keine Mittel und Opfer gescheut halten, um den versicherten erholungs­bedürftigen Mitgliedern alles zu bieten, was die moderne Hygiene kennt, und ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Bei dem fol­genden Festmahl gab zunächst Gemeinderat Würz einen Rückblick auf die Entstehung des Heims. Dann überbrachte Regierungsrat Schäffer die Grüße des Ministers des Innern, v. Pischet, während Re­gierungspräsident v. Kilbel die Glückwünsche der staatlichen Behörden aussprach. Oberamimann Held-

Besigheim toastete auf die gedeihliche Entwicklung des Geschaffenen und Oberregierungsrat Biesen­berger sprach namens der Versicherungsanstalt Württemberg die Grüße und Glückwünsche aus. Oberbürgermeister Lautenschlager betonte das ein­trächtige Zusammenwirken der Stuttgarter Stadtver­waltung mit den Ortskrankenkaffen. Der Verwalt­ungsdirektor der Kassen, Gamer, wies auf die Mühen hin, die die Schaffung des neuen Erholungs­heimes den Kassen verursacht habe und aus deren Bestreben, ein in allen Teilen wohlgelungenes Werk zu schaffen. Nachdem noch Schultheiß Kübler den Dank der Gemeinde Freudental und der Hoffnung auf ein gutes Einvernehmen zwischen der Gemeinde und den Ortskrankenkassen Ausdruck gegeben hatte, folgte ein Rundgang durch den herrlichen Park, dessen beschauliche Stille und landschaftliche Schön­heit auch auf das Gemüt der Erholungsbedürftigen nicht ohne Einfluß bleiben wird. Gegen 5 Uhr traten dann die Stuttgarter Gäste wieder die Rück- reise an, wohlbefriedigt von dem Gesehenen und überzeugt, daß es denen, für die es geschaffen wurde, zum Heile und Segen gereichen wird.

Brackenheim, 7. Oktbr. (Weinlese.) In einer gestern hier abgehaltenen Ortsvorsteherver­sammlung wurde beschlossen, mit der Früh lese Ende der Woche und mit der allgemeinen Lese am Montag den 14. Oktober zu beginnen. Gestern sah man so manchen Weinkäufer hier.

Vom Vorbachtal, 8. Okt. An den letzten Morgen hatten wir im ganzen Vorbachtal 2 bis 3 Grad Kälte, die die Hoffnungen der Wein­gärtner vollends vernichtete. Die Trauben, die schon einen gewissen Reifegrad erreicht haben, werden jedenfalls kommende Woche gekeltert werden und geben dann nach Zusatz von Zucker noch einen ge­nießbaren Haustrunk. Aber in den meisten Wein­bergen ist der in diesem Jahr ausnahmsweise reiche Traubenbehang größtenteils noch grün und deshalb erfroren und vollkommen ungenießbar.

Von der Hornisgrinde, 8. Oktbr. Mit der Erbauung des Hotels auf der Hornisgrinde geht es trotz des von verschiedener Seite eingelegten Widerspruchs rasch voran. Die Bauarbeiten sind ausgeschrieben mit dem 5. Oktober als Endtermin für Einreichung der Angebote.

(Landesproduktenbörse Stuttgart). Bericht vom 7. Okt. Die ruhige Stimmung auf dem Getreidemarkt in den ersten Tagen der adgelaufenen Berichtswoche wurde plötzlich durch die Mobilmachung und Kriegsdrohungen der Baltanstaalen unterbrochen und wenn auch die in Frage ftehenben Länder Bulgarien, Serbien, Montenegro und Griechenland einerseits und die Türkei andererseits für die Gelreideversorgung Europas nicht gar zu sehr in Betracht kommen, ist Loch zu befürchten, daß bei Ausbruch eines Krieges für Len Handel und die Schiffahrt große Schwierig­keiten entstehen, deren Folgen sich heute noch gar nicht über­sehen lassen. Die Angebote von Amerika und Rußland waren höher und das Geschäft recht lebhaft. Unsere Mühlen Verhallen sich Len höheren Forderungen gegenüber noch zurückhaltend und war auf der heutigen Börse wenig Kauf­lust. Mehlpreiseperioo Kuogr. inkl. Sack Mehl Nr. v:

34.50 bis 35 Nr. i: 33.50 dis 34. Nr. 2:

33.50 bis 33.- Nr. 3: 34. bis 31.50 ^ Nr. 4:

27.50 bis 28. Kleie 9.50 ^l bis 10.50 ^l (ohne Sack netto Kasse.)

WürttLMbLi'g.

Stuttgart, 7. Okt. Der vom Württ. Bund für Handel und Gewerbe und verschiedenen Hand­werkerorganisationen einberufene dritte württemb. Handwerkertag fand gestern unter dem Vorsitz von Friseurmeister Wolf-Stuttgart und in An­wesenheit des Vertreters des Handwerks in der Ersten Kammer, Flaschnermeister Lorenz, sowie der Vertreter der 4 Handwerkskammern im Stadt­garten hier statt. Landtagsabg. Hill er erstattete ein Referat über die Steuerbelastung der Handel- und Gewerbetreibenden, worauf eine Resolution an­genommen wurde, in der der Handwerkertag gegen­über der einseitigen und ungerechten Steuerbe- Haftung des Gewerbestandes eine anderweitige Gestaltung der Gewerbesteuer, namentlich unter Be- rücksichligung des Umsatzes und unter entsprechender Schonung der kleineren und mittleren Gewerbe­treibenden, sowie eine anderweitige Regelung der Gemeindebesteuerung durch Schaffung von Höchst­sätzen für den prozentualen Zuschlag der Gemeinde zur staatlichen Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer durch entsprechend höhere Heranziehung des beweg­lichen Kapitals zur Gemeindesteuer und durch Ueber- wälzung des verbleibenden Gemeindeschadens auf die Einkommensteuer fordert. Nach einem Referat von Tapeziermeister Fischer-Stuttgart über das Handwerk und die Architekten wurde eine Resolution angenommen, in der gegen die von ein­zelnen Architekten aufgestellten, das Handwerk schädigenden Sumissivnsbestimmungen protestiert und die Vereinbarung von entsprechenden Verträgen zwischen den Organisationen der Architekten und Bauhandwerker verlangt wird. Ueber die Ver­gebung staatlich er und städtischer Lieferungen sprachen Schuhmacherobermeister Müller- Neustadt und Schneiderobermeister Rebmann- Stuttgart. In einer von der Versammlung angenommenen Erklärung wurde gegen das Bestreben des Staats und der Gemeinde protestiert, immer neue Regiebetriebe zu errichten, und der Ausbau ver Fach- bezw. Jnnungs- organisationen als dringend notwendig bezeichnet. Weiter wurden die Handwerkskammern beauftragt, in einer Denkschrift bei Regierung und Ständen wegen der Beseitigung der Mängel unserer Gewerbe- fteuergesetzgebung vorstellig zu werden. Bei der Neueinrichtung von Gebäuden sollen auch die Hand­werker zu selbständigen Entwürfen und Voranschlägen mehr als bisher herangezogen werden.

Weil der Stadt, 8. Okt. Der Verein für ländliche Wohlfahrtspflege in Württemberg hält am Donnerstag den 10. Oktober (Geburtstag der Königin) in Weil der Stadt seine Herbstver­sammlung ab. Am Vormittag finden von lOff» Uhr ab Führungen durch die alle Reichsstadt mit ihren interessanten alten Bauwerken und Denkmälern und die städtische Urkunden- und Altertumssammlung statt. Der Nachmittag ist Vorträgen gewidmet. Pfarrer Kappus-Gönningen spricht über die Ziele und Aufgaben des Vereins und Amtmann vr. Klumpp-Leonberg überSchmücket das Dorf."

Eine Heirat.

Roman von Wilma Mittelstaedt.

11H (Nachdruck verboten.)

Ich blickte ihn scharf an. Er fuhr ein wenig zusammen, jedoch hatte er sich schnell wieder gefaßt und entgegn ete:

Verhältnis kann man es Wohl nicht nennen, obwohl es müßige Zungen dazu gestempelt haben mögen. Während meines Aufenthalts in Paris kam ich allerdings öfter mit Mad. Marteau zusammen, allein nie anders als in freundschaftlicher Beziehung. Sie ist eine weltgewandte geistreiche Frau und ich mache kein Geheimnis daraus, daß ich ihr gehuldigt habe."

Er gab seine Erklärung kurz, fast schroff und ich mochte nicht weiter fragen. Sie genügte mir auch eigentlich, ich freute mich, daß er die Bekanntschaft mit der Französin nicht ableugnete, eine Regung von Eifersucht verspürte ich merkwürdiger Weise nicht. Ich hatte für gut befunden, Charles unsere ganze Unterredung mitzuteilen.

Wir kamen darauf überein, daß es das beste sei, wenn Charles sobald als möglich abreisen Würde, um später, wenn sich die Gemüter mehr beruhigt hatten, wiederznkvmmen, um den Bund fürs Leben mit mir zu schließen. Wir versprachen aneinander festzuhalten, bis alle Hindernisse beseitigt sein würden und dann gingen wir beide zusammen ins Haus. Charles wollte noch packen, um in der

kommenden Nacht den Schnellzug nach Berlin zu benutzen. Ich ging ins Eßzimmer, um, wie jeden Abend, hier meinen häuslichen Verpflichtungen nachzukommen. Müde und mechanisch erfüllte ich diese. Was war aus mir geworden seit jenem Tage, an dem der Engländer unser Haus betreten hatte!

Vordem war ich ein zufriedenes Menschenkind gewesen. Ich hatte meine täglichen Geschäfte gerne vollbracht, war fröhlich und heiter gewesen, hatte mit meinen Freundinnen und Bekannten verkehrt, viel gelesen, musiziert und hatte init Vorliebe weite Spaziergänge unternommen, die meinem Sinn für Romantik immer neue Nahrung gaben, von denen ich aber stets glücklich und sehr befriedigt nach Haitse zurückgekehrt war.

Jetzt war dies alles dahin! Seit Charles Ankunft und Hiersein hattet! alle meine Lieblings­beschäftigungen geruht; ich hatte sie bis jetzt nicht vermißt, aber, da die Abreise Lawl'ons vor der Thür stand, dachte ich daran.

Es war seltsam die Trennung von meinem Verlobten fiel mir nicht so schwer, als ich geglaubt hatte. Die Verhältnisse im Hause waren so ge­spannt geworden, daß ich es als eine Erleichterung empfand, daß Charles abreiste, damit denn doch einigermaßen die alte Gemütlichkeit und Behaglichkeit wieder hergestellt war, die vor LawMs Ankunft bei uns geherrscht hatte und von der bei seiner An­wesenheit nichts mehr zu spüren war.

Vorher hatte ich merkwürdigerweise nie daran

gedacht; jetzt erst fiel es mir auf, daß es doch eigentlich die ganze Zeit recht ungemütlich bei uns geweM war. Müde lehnte ich meinen Kopf ans Fenster und blickte hinaus in die dunkle Nacht;

Tome trat ins Zimmer, sie eilte auf mich zu, schlang die Arme um meinen Hals und sagte:

Laß ihn gehen, Emilie, gieb ihm sein Wort zurück, es wird ein Glück für Dich sein, für uns alle, und welch einen Kummer würdest Du unserer Mutter ersparen!"

O Tonis, auch Du sagst niir das; ich kann nicht mehr zurück, Charles hat mein Wort und Du weißt, das habe ich noch niemals gebrochen."

In meinem ganzen Leben hatte ich ein gegebenes Wort noch nicht gebrochen; Tonte wußte das und sagte nur noch:

Wenn Du nur diesmal eine Ausnahme machen würdest, wieviel Unheil würdest Du Dir dadurch ersparen."

Sich, Tome, es ist vassclbe, als wenn ich von Dir verlangen.würde, Du solltest Deinem Fritz sein Wort zurückgeben."

O nein", sprach Tonic,es ist nicht dasselbe, denn ich liebe meinen Bräutigam von Herzen und Du liebst Lawson nicht."

Sv? und wer sagt Dir denn, ich liebe ihn nicht? Ich liebe ihn sogar sehr; würde ich sonst soviel um ihn ertragen?"

(Fortsetzung folgt.) _

Druck out, Verlag der L. Me «-'scheu Buchdruckerei de» SuztLler» IJnhaber «. Louradi) iu Neuenbürg.