WM. Da im Südwesten von Stuttgart gestern abend von 8 Uhr bis etwa ffs9 Uhr Wetterleuchten beob­achtet wurde, so ist anzunehmen, daß der starke Er­guß über Stuttgart die Folge eines Ferngewitters war, das von Südwest nach West zog. Auch die im ganzen Land erfolgte Abkühlung seit gestern ist ganz beträchtlich. Während das Temperatur­minimum 8,4 Grad C. betrug, die Temperatur von gestern abend 9 Uhr an also um 3.2 Grad C. in der Nacht gefallen ist, wurde im Schwarzwald ein Minimum von 5,6 Grad C. und auf der Alb ein solches von 5 Grad C. verzeichnet.

Heilbronn, 2. Sept. Die am Samstag und Sonntag hier gehaltene Landesversammlung der Sozialdemokraten Württembergs nahm einen zum Teil sehr stürmischen Verlauf. Schon bei der Beratung der Anträge, durch die eine Aenderung des bisherigen für die ländlichen Mitglied­schaften günstigeren Verlretungsmodus aus den Landes­versammlungen herbeigeführt werden sollte, kam es zu erregten Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Westmeyer einigen Stuttgarter Genossen vorwarf, sie hätten sich Mandate für die Landesversammlungen ergaunert", worauf der Landtagsabgeordnele Hilden­brand scharf enlgegnete. Schließlich wurden alle Anträge abgelehnt, die eine Vertretung nach der Größe der Organisationen forderten. Landtagsabge­ordneter Hildenbrand teilte in dem Bericht des Landesvorstands mit, daß die sozialdemokratische Landtagsfraktion durch eine Deputation dem Minister des Innern die außerordentliche Not. die durch die hohen Lebensmittelpreise, insbesondere die hohen Fleischpreise, entstanden sei. geschildert habe. Der Minister habe erklärt, daß er Maßnahmen getroffen habe, um beim Staatsministerium mit besonderen Anträgen vorzugehen. Eine gründliche Besserung könne aber nur durch Maßnahmen des Bundesrats und des Reichstags eintreten. Die Versammlung nahm hierauf eine Resolution an, in der von der Regierung Maßnahmen zur Milderung der Teuerung verlangt und die Einberufung des Reichstags ge­fordert wird. Einen längeren Raum nahm die B«. Handlung der Differenzen in der württ. Partei­organisation ein, wobei insbesondere der Westmeyer'sche Aushungerungsbrief, durch den der Partei großer Schaden zugefügt worden sei, die Differenzen mit der Preßkommission wegen Besetzung der Tagwacht- redakuon und die bekannte Göppinger Zeitungs­angelegenheit erörtert wurden. Schließlich wurde eine Resolution Heymann angenommen, in der die Landesversammlung ihre schärfste Entrüstung darüber ausspricht, daß Genosse Westmeyer in der Frage der Sanierung des Göppinger Parteiblatts und in anderen Fragen durch eine wahrheitswidrige Bericht­erstattung der Partei schweren Schaden zugefügt habe. Die Resolution verlangte, daß gegen solche Genossen statutengemäß vorgegangen werden müsse. Ueber die Tätigkeit der Landtagsfraktion berichtete Landtagsabgeordneter Keil. Ein Antrag, der auf die Vermeidung von Doppelmandaten abzielte, wurde abgelehnt. Die Wahl des Landesvorstands ergab als Vorsitzenden Landlagsabgeordneten Hildenbrand mit 294 Stimmen. Der radikale Vorschlag (Manz- Stuttgarl) fand nur 80 Stimmen.

Untertürkheim, 3. Sept. Am Sonntag wurde in Uhlbach ein Mann aus Cannstatt verhaf­tet, der seit längerer Zeit Kinder in schamlosester Weise belästigte.

Göppingen, 3. Sept. Für den Fall, daß die in der Buntweberei von Butz und Söhne bestehenden Differenzen nicht beigelegt werden, soll der Kündig­ung der Arbeiter in den Buntwebereien eine Kün­digung aller Arbeiter in den Rohwebereien folgen. Von der Aussperrung würden einige Tau­send Arbeiter betroffen werden.

Tübingen, 3. Sept. Als gestern nachmittag die Hebamme Lutz in Ofterdingen in das Zimmer zurückkehrte, in dem sie auf kurze Zeit ihr einjähriges Enkelkind allein gelassen hatte, fand sie das Kind zwischen Tisch und Bank am Kopfe hängend tot vor.

Gmünd, 3. Sept. Auf der Hühnerjagd hatte ein hiesiger Fabrikant das Mißgeschick, einem Jagd­genossen die ganze Schrotladung in Hüfte und Ober­schenkel zu schießen. Der Verunglückte wurde hier­hergebracht und operiert.

Forbach im Murgtal, 3. Sept. Infolge des anhaltenden Regens brachen mehrere Stücke der neuangelegten Notstraße zusammen in einer Aus­dehnung von über 100 in. Auch zeigt die Notstraße auf große Strecken Risse, die weitere Einstürze be­fürchten lassen. Allem Anschein nach ist der Unter­grund der Straße, die einem bedeutenden Verkehr dient, zu wasserhaltig und wenig widerstandsfähig.

Stuttgart, 3. Sept. (Mostobstmarkt.) Dem heutigen Mostobstmarkt auf dem Wilhelmsplatz waren über 1000 Ztr. zugeführt. Preis 2 ^ bis 2,20 per Ztr.

Eßlingen, 3. Sept. Der erste Wagen an Mostobst aus Wangen i. Allgäu steht heute am Güterbahnhof zum Verkauf. Preis 2.20 für den Zentners

Kirchheim u. T., 2. Sept. (Obstmarkt.) Die Zufuhr betrug über 400 Säcke einheimisches Obst Für den Zlr. wurde willig 3,20 uud mehr bezahlt.

Aus StaSt, Bezirk uns Umgebung.

Neuenbürg, 2. Sept. 1912.

Zur Schulhauseinweihung!

Nun endlich ist es unser Haus geworden.

Und freudestrahlend grüßt es unser Blick.

Laßt es uns feiern heul' mit tiefen Worten,

Auf daß sich öffnen seine jungen Pforten Zu unserer lieben Jugend Lust und Glück.

Das Alte war zu eng für uns erfunden.

Die Zahl beweist, es ändert sich die Zeit;

Drum hat ein Neues sich hier eingefunden.

Das mit dem Alten stehe treu verbunden.

Der Arbeit und dem Streben froh geweiht.

Aus Slein und Eisen hat es sich erhoben.

Viel fleiß'ge Hände sah man ineinandergeh'n. Fürwahr, es ist auch diese Kunst zu loben.

Die aus dem Stein, dem felsenfesten groben.

So eine Zierde lassen kann ersteh'n.

Wie Stein und Eisen sei auch unser Mühen, Dem stillen Keim im Kinderherzen trau!

Wir möchten schenken ihm ein glücklich Blühen, Wie Sonnengold, wie Abendhimmelsglühen Und wie des Aethers reines, süßes Blau.

Nur wo in Harmonie die Geister streben.

Wo Eltern üben treue Kinderzucht

Kann Gutes. Wahres. Schönes uns umweben Als ein vernünftig Ziel in diesem Leben,

Als uns'rer Aussaat treu erbrachte Frucht.

So schließ dich auf, du Werkstatt unsrer Jugend Und laß entfalten ein ersprießlich Tun.

Nur wo die Liebe lebt, gedeiht die Jugend, Erwächst der schönste Sieg, erblüht die Tugend Und kann des Himmels hoher Segen ruh'n!

-X- Neuenbürg, 2. Septbr. Schulhaus­einweihung. Das Portal des Schulhauses prangt im reizvollen Schmuck eines Heidekcanzes, vor dem­selben eine fröhlich sich tummelnde Kinderschar in festlicher Erwartung, drüben vor dem neuen Anbau eine stattliche Anzahl festlich gekleideter Männer und Frauen, zum weihevollen Akt bereit. Kurz nach 10 Uhr betrat der leitende Bautechniker, Hr. Stadt­baumeister Stribel, die Stufen zum neuen Portal und erklärte, daß der Neubau mit seinen 6 Schul­sälen und Lehrerzimmern, seiner Niederdruckdampf­heizung mit Badeeinrichtung und Schülerbad nun vollendet sei und seiner Bestimmung übergeben wer­den könne. Er überreichte nun den Schlüssel an Hrn. Stadtschultheiß Stirn, welcher nach einem Ueberblick über die Vorgeschichte des Baues und einem Dankeswort an die Bauleitung das Portal öffnete und die Festgäste zum Eintritt ins neue Schulgebäude einlud, das mit seinem schönen, dem Eintrelenden ein freundlichesGrüß Gott!" ent­bietenden Aufgang, mit seinen weiten, durch köstliche Friese, herrlichen Bildschmuck und sinnvolle Sprüche geschmückten Gängen und seinen geräumigen, praktisch und schön ausgestatteten Schulsälen nur eine Stimme des Lobes laut werden ließ. Im Klassenzimmer der Realschul-Oberklasse sammelte man sich nun zum festlichen Akt, welcher durch Chorgesang verschönt, durch sinnige, gehaltvolle Ansprachen und tief­empfundenes Gebet den richtigen Inhalt bekam und einen wirklich schönen, erhebenden Verlauf nahm. Als erster Redner ergriff Hr. Bezirksschulinspektor Baumann von hier das Wort zur eigentlichen Weiherede. Nach herzlichem Gruß und Dank namens der Oberschulbehörde an die Vertreter der Stadt­gemeinde legte der verehrliche Redner mit kernigen Worten dar, wie seit der Zeit vor 100 Jahren, da nach den Aufzeichnungen in seinen Akten die hiesige Schule noch ein sehr einfaches, fast armseliges Dasein fristen mußte, die Schulverhältnisse äußerlich in Bezug auf Schulräume und Lehrerpersonal, wie innerlich nach der stofflichen Seite hin eine ungeahnte Ausdehnung und Entwicklung genommen haben, ent­sprechend dem allgemeinen wirtschaftlichen Fortschritt unserer Zeit, den wir nicht zum mindesten der Schule und ihrer Arbeit verdanken und mit dessen Wachstum auch Aufgabe und Bedeutung der Schule immer mehr zunehme. Aber noch höhere Güter als tüchtige Kenntnisse muß die Schule vermitteln: unsere Schulen sollen sein Erziehungsanstalten auf gottgeweihtem

Grunde; Menschen sollen hier herangebildet werden mit warmem Herzen, mit guten und großen Eigen­schaften, die nicht aufgehen im wirtschaftlichen Er­werb, sondern auch die höheren Güter des Lebens schätzen und Hochhalten. Nach herzlicher Ermahnung an die Kinder, die Zeit wohl zu nützen und allen den Tugenden nachzueifern, die einen frommen Christen und guten Bürger zieren, schloß der verehrte Redner seine gehaltvollen Ausführungen mit dem Wunsch, daß das neue Haus durch die Arbeit treuer Lehrer zu einer Pflegestätte echter deutscher Tugenden werden möge, den Eltern zur Freude, der Gemeinde zum Segen. Als zweiter Redner betrat nun Hr. Oberlehrer Vollmer die Bretter und führte etwa folgendes aus: Festliche Freude lagert heute auf allen Gesichtern, und sie bezeugt zugleich das rege Interesse, das die Erschienenen an der Schule und ihrer Arbeit nehmen. Aber die meiste Freude haben doch heute die Lehrer und die Schüler, da wir in unsere neue, schöne Wirkungsstätte einziehen dürfen. Am Eingang grüßen uns die Gestalten Pestalozzis, des Vaters der neueren Pädagogik, und Schillers; einGrüß Gott!" öffnet uns die Türe und mahnt uns zum Aufblick nach oben, und von den Wänden berab grüßen herrliche Bilder und inhaltvolle Sprüche. Und dann die schönen, hohen Räume mit ihren neuen Subiellien, die Lehrmittelsammlung, die Bibli­othek, die hübschen Baderäume all das, fürwahr ein herrliches Rüstzeug, das uns geboten ist, und die verehrliche Stadtverwaltung hat sich damit ein bleibendes Denkmal gesetzt. Wir Lehrer aber wollen das neue Haus erfüllen mit dem richtigen Geist. Die Grundsätze dafür sind bereits von dem Hrn. Vorredner erwähnt worden; nur einen möchte ich noch herausgreifcn. den wir uns jeden Tag Vorhalten wollen: Nicht für die Schule, sondern für das Leben! In die eindringliche Mahnung an die Schüler, durch Fleiß, Aufmerksamkeit, Lernfreudigkeit, Ordnungsliebe und gesittetes Betragen sich des neuen Hauses würdig zu erweisen, klang dann die treffliche Rede aus. Als dritter im Bunde endlich führte Hr. Reallehrer Widmaier etwa aus: Mit lebhafter Freude begrüßt auch die Realschule den Tag des heutigen Einzugs ins schöne, neue Heim, das sich, mit seinen beiden schönen Giebeln an klassische For­men erinnernd, schon äußerlich auss vorteilhafteste darstellt, und dessen hohe, lichterfüllte Jnnenräume auf den ersten Blick die kundige Hand erkennen lassen, die hier gewaltet hat. Darum gesellt sich zur Freude auch der schuldige Dank an unsere für ihre Schule treusorgende Stadt Neuenbürg, welche dadurch ihren alten Ruf aufs neue glänzend bewährt hat. Doch was nun geschehen ist, ist nur die äußere Hülle, und darum ist es heute unser herzlichster Wunsch, der zugleich unser Gelöbnis einschließt: Möge aus diesem neuen, schönen Bau alljährlich ein neuer, lebendiger Bau des Geistes herauswachsen, festgegründet auf dem Felsengrund des deutschen Idealismus und gesunder, christlicher Weltanschauung, erleuchtet von den Strahlen der Erkenntnis und durchdrungen von der erquickenden Wärme der Liebe. Wenn dieser Geist im Hause herrscht, dann kann der Segen und der Erfolg nicht fehlen, und ich bin gewiß, daß unsere Jugend beim Austritt aus dem engeren Kreis unserer Schule wie bisher so auch künftig es verstehen wird, ihren Mann zu stellen, ihr selbst zu Nutz und Frommen, zur Ehre aber auch ihrer für die Schule wohl sorgenden Heimatstadt Neuenbürg. Den Reden schloß sich nun das von Hrn. Dekan Uhl gesprochene, schlicht- innige Gebet an, und nach dem Schlußgesang wurden die Schüler mit einer sinnigen Festgabe, einem Schülerheft mit trefflich wiedergegebenen und künst­lerisch erläuterten Gemälden, sowie mit den zwar etwas nüchternen aber immer gern gesehenen Bretzeln erfreut. Ein Rundgang durch das ganze auch in seinem älteren Teil wie neu aufgeputzte Haus führte uns dann noch zu den im Erdgeschoß untergebrachten Bädern, von denen namentlich das in bedeutenden Dimensionen gehaltene Schülerbad, hinreichend für eine Klasse von 3040 Schülern, aufs vorteilhafteste auffiel. Wir können nicht umhin, unseren Gesamt­eindruck dahin wiederzugeben, einer bei aller Ein­fachheit gehaltvollen, schönen Feier angewohnt zu haben, bei der allgemein die Befriedigung über die verständnisvolle Fürsorge der Stadtgemeinde Neuen­bürg wie über die wohlgelungene Art der Ausfüh­rung des ganzen Werkes zum Ausdruck kam.

8 Neuenbürg, 3. Septbr. Seit der außer­ordentlichen Ehrung unserer Veteranen anläßlich des vierzigsten Gedenktages der Schlacht bei Sedan pflegt man auch hier wie anderwärts jenes welt­historische Ereignis mehr in engerem Rahmen zu feiern. So haben auch gestern abend wieder unsere