Lage nach den Reichstagswahlen sprach Reichstags­abgeordneter Konrad Haußmann. Den Landtags­bericht erstattete Abg. Eisele, worauf Reichstags- abg. v. Payer sich über die kommenden Landtags­wahlen in einem Referat äußerte, über das an anderer Stelle berichtet wird. In zwei Resolutionen wurden den Reichstagsabgeordneten, den Landtags­abgeordneten und der Parteileitung einmütig Aner­kennung. Dank und Vertrauen ausgesprochen. Zum Schluß wurde dem Abg. v. Payer eine schöne, eindrucksvolle Vertrauenskundgebung dargebracht, für welche v. Payer mit bewegten Worten dankte. So sehr ihn dlese Vertrauenskundgebung ehre, bedaure er, seinen Entschluß nicht ändern zu können aus Gründen, die die Rücksicht auf seine Gesundheit Payer vollendet demnächst sein 65. Lebensjahr gebieten. Mit herzlichen Worten versicherte er, daß er nicht aus dem politischen Leben ausscheiden werde, daß er in der Partei und im Reichstag bleiben werde. Die Versammlung nahm unter lebhafter Zustimmung folgende Resolution einstimmig an: Die Landesoersammlung spricht ihren aufrichtigsten und wärmsten Dank für die außerordentlichen Dienste aus, die Friedrich Payer als Präsident der Kammer um Land und Freiheit sich erworben und die in der politischen Geschichte eingeschrieben sind. Die Partei bittet Friedrich Payer, im Land- und Reichstag ihr Führer zu bleiben." Mit einem Hoch auf die Volks­partei schloß dann der Leiter der Versammlung, Reichstagsabg. Hähnle, die Landesversammlung.

Stuttgart, 27. April. Oberbürgermeister a. D. Paul Hegelmaier, der seit seiner Pensionierung in Heilbronn seinen Wohnsitz in Stuttgart genommen hatte, ist in der vergangenen Nacht gestorben. Er war, wie in allgemeiner Erinnerung steht, einst eine vielumstrittene Persönlichkeit. Hegelmaier hat den Feldzug von 1870/71 als Portepeefähnrich des 1. Infanterieregiments mitgemacht und nach der Schlacht bei Champigny das Eiserne Kreuz 2: Kl. erhalten. Als Staatsanwalt in Heilbronn halte er sich das Ansehen eines Mannes erworben, der ohne Ansehen der Person durchzugreifen verstehe, und gerade diese Eigenschaft hatte ihn den Heilbronnern wünschenswert gemacht, als sie im Jahre 1884 Hegelmaier auf den erledigten Stadtschultheißenposten wählten. Es war nicht zu leugnen: es zog mit Hegelmaier ein frischer Wind auf das Heilbronner Rathaus. Mit unermüdlicher Arbeitskraft förderte er die Hebung der Stadt. Ein rasches und scharfes Denken, eine kraftvolle Initiative, ein starker Wille gegenüber Sonderinteressen zeichneten ihn vorteilhaft aus. Die Stadt bekam unter ihm eine glänzende Entwicklung. Sein energischer Wille und sein rasches Temperament waren ungezügelt; er wurde unver­träglich und kam so von einem Streitfall zum andern.

Neuenbürg, 25. April 1912.

Appenzell und Säntis.

Wie aus einer Anzeige im Enztäler ersichtlich, hat der hiesige Schwarzwaldverein im Sinne, seine diesjährige Pfingsttour in die Schweiz auszu­dehnen, und unter der sachkundigen Leitung seines Vorstandes von Appenzell aus eine Hochtour auf den vielbesuchten Säntis auszuführen. Säntis und Appenzell sind zwei Namen, die jedem, der sich halbwegs um die Touristik etwas kümmert, wohlbe­kannt sind. Von Appenzell, diesem voralpinen Länd- chen am Fuße des weithin das Landschaftsbild be­herrschenden, durch V. Scheffel verherrlichten Säntis, ist jeder Besucher entzückt, fühlt sich jeder auf einmal in einer anderen Welt. Berge und Täler sind ganz eigenartig, in engen Rahmen zeigen sie dem Blicke in mannigfaltigen Abwechslungen gar eigenartige Naturschönheiten, wie man sie in dieser Art anderswo nur selten antrifft; auch das an der Scholle fest­hängende Völklein erscheint im ersten Moment eigen­artig zu sein, und doch mutet einem alles dies wohl bald an und gerne verweilt man inmitten dieser wundervollen Natur bei dem fröhlichen Appenzeller- völklein. Für den von der nervösen Hast werktägigen Getriebes beeinflußten Städter bildet dieser Fleck Schweizererde ein vielbesuchter Erholungsgarten. Den Touristen aber locken die große Pracht der Berge, die idyllische Ruhe der Täler, das Grün der Hügel zu genußreichem Aufenthalt. Der Hauptort des Ländchens ist Appenzell, mit 2 Eisenbahnen mit St. Gallen, dem Handelszentrum der Ostschweiz ver­bunden, mit seinen 4600 Einwohnern in einer Höhe von 774 m reizend an der Sitter gelegen. Reichlich versehen mit einer großen Anzahl moderner Hotels bietet Appenzell manche Sehenswürdigkeit, die man nicht versäumen sollte im Vorbeigehen, wenn auch kurz zu betrachten; so der Landgemeindeplatz, auf

Schon in den ersten Jahren seiner Amtstätigkeit begannen die Konflikte, mit den bürgerlichen Kol­legien oder mit einzelnen Mitgliedern, mit städtischen Verwaltungen, mit der Kreisregierung und mit dem Ministerium des Innern. Beschwerden über Ge- waltätigkeit. Anträge auf Amtsentsetzung. Disziplinar­strafen, Suspension, Beobachtung auf Geistesgesundheit, ^ schließlich der 14tägige Prozeß vor dem Disziplinar- ! gerichtshof. DieHegelmaierfrage" hatte unter dem Ministerium Schmid allmählich auch einen politischen Charakter angenommen und die Verhältnisse waren unleidlich geworden, bis der bald nach dem Amts­antritt des Staatsministers v. Pischek durchgeführte Disziplinarprozeß (April 1894) eine Klärung brachte. Hegelmaier kehrte auf seinen Amtssitz zurück und es ! trat eine gewisse Beruhigung ein, so daß Ober- ? bürgermeister Hegelmaier sein Amt noch bis 6. Jan. i 1904 weiterführen konnte. Nachdem die bürgerlichen ! Kollegien in seine schon früher angebotene Pensio­nierung gewilligt hatten, trat er vom Amte zurück. Von 1898 bis 1903 vertrat er den 3. Wahlkreis ! (Heilbronn) im Reichstag; er stand politisch auf dem l Boden der Deutschen Reichspartei, die damals 23 Mitglieder zählte, darunter zwei von Württemberg. Hegelmaier und der Oberndorfer Kommerzienrat Paul Mauser. Hegelmaier hatte in den letzten Wochen in Baden bei Zürich geweilt und kam schwer krank von dort zurück, ohne daß die Aerzte über seine Krankheit sich klar werden konnten. Die Leiche ist heute mittag seziert worden. (Anm. d. Red. Hegelmaier war auch in Neuenbürg eine bekannte ! Persönlichkeit. Da sein Schwiegervater, der bekannte Oberamtsrichter und Dichter W. Ganzhorn, hier geweilt hat, und da die Schwiegermutter eine geb. Alber vom Rößle in Conweiler war, so hatten ihn j Familienbeziehungen immer wieder hierher geführt. > Der letzte Besuch des gern gesehenen Gastes war ^ hier anläßlich des Schwarzwaldvereinsfestes)

! Stuttgart, 26. April. Das Autotechnikum Stuttgart, G. m. b. H. in Stuttgart, ist von der Fahrschule des K. W. Automobilklubs, G. m. b. H. in StuttgartCannstatt angekauft worden. Die dem Autotechnikum von der Zentralstelle unter dem 27. März, 20. Juni und 22. August erteilte Ermächtig­ung zur Ausbildung von Führern von Kraftfahr­zeugen ist hierdurch erloschen.

Stuttgart, 26. April. Die Deutsch-amerika­nische Petroleumgesellschaft hat dem Verein für Vogelfreunde in der Nähe ihrer Anlage im Gewand Vogelfang pachtweise drei Morgen Böschungen für seine Zwecke zur Verfügung gestellt. Die Vorsitzende des Vogelschutzvereins, Frau Kommerzienrat Hähnle, hat die Anpflanzung der Böschung mit geeigneten Gehölz- und Straucharten übernommen.

dem im Frühjahr alle ehr- und wehrhaften Bürger von Appenzell-Jnner-Rhoden zur Wahl der Landes­behörden und zur Gesetzgebung zusammenkommen. Dieser volkstümliche Landtag, der dem altgermanischen Thing gleicht, ist durch die malerischen Trachten und die altertümlich-feierlichen Bräuche von besonderem Interesse. In der Nähe des Bahnhofs befindet sich ein sehenswertes Landrelief über die Säntisgruppe, besuchenswert ist die reich ausgestattete Kirche, das Rathaus, das Landesarchiv, das Kapuzinerkloster. Nicht lange wird sich der Tourist innerhalb Appen­zell aufhalten, locken doch jeden die herrliche Um­gebung, die in den Himmel ragenden Berge. Durch prächtige Wiesen längs der Sitter gelangt man in 40 Minuten nach Weißbad, 819 w hoch gelegen, den Ausgangspunkt für Bergbesteigungen im Säntis- gebiel, allwo man in verschiedenen Hotels vorzügliche Unterkunft findet.

Von Weißbad aus steht dem Touristen eine sehr große Auswahl der schönsten Gebirgstouren zur Ver­fügung, nennen wir nur kurz die bekanntesten wie Wildkirchli, Seealpsee, Ebenalp, Hoher Kasten, Säntisersee, Fählensee, und als Hochtouren Altmann und Säntis, lauter Punkte, die Scheffel in seinem Eckehard so herrlich besungen hat, die günstigsten Touren für den gemütlichen Talbummler sowohl als für den gewandten Bergfexen. Die weitaus größte Anzahl der Hochtouristen wird nur der höchste Gipfel des Appenzeller Ländchens, der alles beherrschende 2504 m hohe Säntis anziehen, den man von Weiß­bad aus in 5 bis 6 Stunden erreicht. Die Be­steigung des Säntis wird heute zu den harmlosen Hochtouren gezählt, der gewöhnliche Weg (es gibt deren 5) ist ganz gefahrlos und selbst für Damen , leicht gangbar, er führt von Weißbad den Schwende- - bach entlang, der dem Seealpsee entfließt, nach ! Wasserauen, von wo aus der sogen. Katzensteig als ! bequemer aber steiler Weg in die Höhe führt, mit

Stuttgart, 27. April. Auf einer Baustelle der Adlerstraße fuhr gestern nachmittag ein Fuhrmann mit seinem Lastfuhrwerk über ein mit Dielen be­decktes, 7ff« Meter tiefes Fundament. Die Dielen brachen und die beiden Pferde stürzten in die Tiefe. Beim Heben der Tiere durch die Berufsseuerwache verendete das eine, das andere mußte, um gehoben zu werden, durch Revolverschüsse getötet werden.

Bundestag des Württ. Kriegerbundes. In den Tagen vom 15.17. Juni findet, wie be­kannt, der 21. Bundestag des Württ. Kriegerbundes in Göppingen statt. Schon seit Wochen beschäftigt sich ein größerer Festausschuß, dem eine Reihe von Unterausschüssen beigegeben ist, mit den Vorarbeiten für das Fest. Den Vorsitz im Festausschuß führt Oberbürgermeister Dr. Keck. Mit ihm teilt sich der Vorsitzende der Kampfgenossenschaft Göppingen, Be­zirksobmann Georg Wieland, in die Leitung der umfangreichen Vorbereitungen. In besonders schöner Lage, in unmittelbarer Stadtnahe ist der Festplatz gewählt worden. Ec befindet sich an der Straße nach Lorch, am Schockenste und bietet eine schöne Aussicht auf die Höhenzüge der Alb. Der Festplatz umfaßt eine Fläche von ca. 70 000 qm. Das Pro­gramm ist in den Hauptpunkten folgendes: Samstag, 15. Juni, 4 Uhr, Sitzung des Gesamtpräsidiums des Württ. Kriegerbundes; abends Bankett. Sonn­tag, 16. Juni: 8.30 Sitzung des Bundestages, 11.30 Festessen im Apostelsaale, 1 Uhr Festzug zum Fest­platz. Montag 17. Juni: Ausflüge auf den Hohen­staufen usw. Bei genügender Beteiligung ist ein Son­derzug nach Maitis-Hohenstaufen auf der bis dahin eröffneten neuen Bahn Göppingen-Gmünd in Aus­sicht genommen. Für Nacht- und Standquartiere der auswärtigen Gäste ist in ausreichender Weise Sorge getragen worden. Für den Hauptfesttag, Sonntag, den 16. Juni, wird auf das Erscheinen von 15000 bis 16000 Kriegervereinsmitgliedern ge­rechnet.

Rottenburg, 27. April. Domkapitular Paul v. Moser, Mitglied der Ersten Kammer, ist heute vormittag 9 Uhr, nachdem er noch vorher die Messe zelebriert hatte, an einem Schlaganfall überraschend schnell gestorben. Er erreichte ein Alter von 55 Jahren. Moser war früher als Stadtpfarrer in Göppingen tätig und wurde 1903 zum Domkapitular und Dompfarrer in Rottenburg ernannt.

Heilbronn, 26. April. Wie Landgerichts- direklor Fischbach in der letzten Schwurgerichtssitzung mitteilte, hat der am 23. ds. Mts. zu 2'/- Jahren Zuchthaus verurteilte Steinhauer Fr. Martin von Pinache, der bis zum Schluß die Tat hartnäckig in Abrede gestellt hatte, am Mittwoch ein Geständnis nachträglich abgelegt, wonach er zugibt, daß er den Brand, der ihm zur Last gelegt wurde, in der von

prachtvollen Blicken auf den Felsenkessel des Alt­manns. auf den gewaltigen Abschluß des felsen­starrenden Seealptales, aus dem sich der Säntis in majestätischer Ruhe erhebt. Nach 3 Stunden von Weißbad erreicht man Meglisalp, 1520 m hoch, ein gutes Berggasthaus, von wo aus nun der Säntis über die Wagenlücke in 3 Stunden erstiegen werden kann. Die letzte Strecke, die mehr oder weniger je nach der Jahreszeit über ewigen Schnee führt, er­fordert bei Alleingänger schon etwas Bergkenntnis, ist aber ganz gefahrlos. Geübtere Bergsteiger können andere Aufstiege wählen, die alle schwieriger sind, Kletterer können am Altmann, an Altenalptürmen und Kreuzberg ihre Kräfte üben, der gewöhnliche Tourist wird sich mit dem Säntis begnügen. Genießt er doch von dessen Gipfel, auf dem sich ein Gast­haus und eine Wetterwarte befindet, eine Aussicht, wie sie wenige Berge der Schweiz aufweisen können, liegt doch das ganze Hochgebirge von der Zugspitze und dem Ortler bis zu den Eisriesen des Berner Oberlandes vor ihm ausgebreitet, die Mühe des Aufstieges reichlich belohnend. Dieser gewaltige Anblick allein schon würde genügen, um eine Tour ' nach Appenzell lohnend zu machen, wenn dann aber am Pfingstmontag das an hoher Felswand klebende Wildkirchli und Ebenalp, mittags der Hohe Kasten bestiegen werden soll, der Rigi der Ostschweiz, von dem der Abstieg andern Tags ins Rheintal ausge- geführt wird, wenn dort eine der Schluchten, die Taminaschlucht bei Ragaz oder die Rappenlochschlucht bei Dornbirn noch besucht wird, so ist, wenn man auf Hin- und Rückfahrt die Bodenseeorte noch be­sichtigt, eine Fülle von Schönheit beieinander, wie man sie wohl nicht besser zusammenstellen kann und wäre es zu wünschen, daß auch das Wetter ein Einsehen hätte, so daß alles programmgemäß aus­geführt werden kann. H. L.